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Was tun bei Verbrennungen?

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VerbrennungenBremen (rd_de) – Immer wieder kommt es zu Verbrennungen bzw. Verbrühungen. Derartige Unfälle und die sachgerechte Behandlung des Patienten stellen für den Rettungsdienst eine Herausforderung dar. Deshalb ist es nicht nur für den Laien, sondern auch für Rettungsdienst-Mitarbeiter wichtig zu wissen, was zu tun ist, um Verbrennungen zu behandeln.

Verbrennungen entstehen durch Einwirkung von extremer Hitze auf die Haut. Hieraus resultieren Schäden in unterschiedlicher Tiefe. Diese führen zum teilweisen oder vollständigen Absterben der Haut. Will man eine solche Verbrennung behandeln, ist es unter anderem wichtig, den Grad der Schädigung abzuschätzen.

Grad der Verbrennung:

  • 1. Grades: Rötung (oberflächliche Epithelschädigung ohne Zelltod
  • 2 a Grades: Blasenbildung, roter Untergrund, stark schmerzhaft (Schädigung der Epidermis und oberflächlicher Anteile der Dermis mit Sequestrierung)
  • 2 b Grades: Blasenbildung, heller Untergrund, schmerzhaft (weitgehende Schädigung der Dermis unter Erhalt der Haarfollikel und Drüsenanhängsel)
  • 3. Grades: Epidermisfetzen, Gewebe nach Reinigung weiß, keine Schmerzen (vollständige Zerstörung von Epidermis und Dermis)
  • 4. Grades: Verkohlung (Zerstörung weitgehender Schichten mit Unterhautfettgewebe, eventuell Muskeln, Sehnen, Knochen und Gelenken)

Unabhängig vom Lebensalter des Betroffenen erfolgt die Einteilung einer Brandverletzung nach Ausmaß und Tiefe der verbrannten Körperoberfläche (KOF). Zur Bestimmung der betroffenen Fläche können beim erwachsenen Patienten entweder die Neunerregel nach Wallace oder die Handflächenregel angewandt werden.

Als Faustformel gilt: Die Handfläche des Brandopfers entspricht etwa einem Prozent seiner KOF.

Bei Kindern bis zum neunten Lebensjahr muss differenzierter vorgegangen werden. Hier wird zwischen Säugling (< zwölf Monate), Kleinkind (1 – 5 Jahre) und Schulkind (6 – 9 Jahre) unterschieden. Aufgrund der verschiedenen Proportionen ist je nach betroffener Körperregion ein unterschiedlicher Prozentsatz der KOF von der Verbrennung betroffen. So wird beim Säugling der Kopf beispielsweise mit 21 Prozent gewertet. Beim Kleinkind sind es hingegen 19 Prozent, während es bei einem Schulkind nur noch 15 Prozent der KOF sind.

Wundversorgung eines Verbrennungsopfers. Foto: Markus Brändli

Wundversorgung eines Verbrennungsopfers.

Was tun bei Verbrennungen?

Die Kühlung mit Wasser wird heute als Akuttherapie gewertet, um Verbrennungen behandeln zu können. Sie gilt als Maßnahme der Ersten Hilfe und sollte daher vom Rettungsdienst nicht mehr praktiziert werden.

  • Kühlungsmaßnahmen sollten von Ersthelfern nur vorgenommen werden, wenn weniger als 30 Prozent KOF betroffen sind.
  • Die Kühlung sollte mit etwa 20 °C warmem Wasser erfolgen und nicht länger als zehn Minuten durchgeführt werden. Andernfalls droht die Gefahr einer Unterkühlung.
  • Ideal zum Kühlen geeignet ist Leitungswasser. Andere trinkbare Flüssigkeiten bergen die Gefahr in sich, Infektionen hervorzurufen.

Für den Rettungsdienst stehen die Wundversorgung und der Wärmeerhalt des Patienten im Vordergrund. Wichtig ist es, Kombinationstraumen abzuklären. Auch wenn thermische Schäden die Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollten, können Begleitverletzungen eine größere Dringlichkeit besitzen. Bei Verdacht auf ein Inhalationstrauma muss 100-prozentiger Sauerstoff verabreicht werden. Die Frage, ob Indikationen für eine Intubation erfüllt sind, muss frühzeitig gestellt werden. Eine prophylaktische Intubation gilt es aber zu vermeiden.

Wie sollten Verbrennungen behandelt werden? Foto: Markus Brändli

Wie sollten Verbrennungen behandelt werden?

Einsatzberichte zum Thema Verbrennung:

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt, Ausbilder in Erster Hilfe; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 22.03.2017)


Bauchaortenaneurysma und Mesenterialinfarkt: Symptome frühzeitig erkennen

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Bauchaortenaneurysma_580Bremen (rd_de) – Bauchaortenaneurysma, Mesenterialinfarkt und das seltenere Leriche-Syndrom stellen Notfälle dar, die zunächst vielfach als unklares Abdomen interpretiert werden. Dadurch vergeht mitunter viel Zeit, ehe die lebensgefährliche Situation erkannt und behandelt wird.

Bauchaortenaneurysma

Von einer Aortendissektion ist die Rede bei einem lebensgefährlichen Einriss der Gefäßwand mit der daraus folgenden Ausbildung eines zusätzlichen falschen Gefäßlumens. Zu den besonders gefährdeten Personen zählen Patienten mit Arteriosklerose oder Bluthochdruck. Akute Auslöser sind Blutdruckentgleisungen und Traumata. Leitsymptom ist der plötzlich, heftig einschießende, stechende Schmerz.

Rupturiert ein Bauchaortenaneurysma komplett, kommt es rasch zur Ausbildung eines schweren Volumenmangelschocks mit einem häufig tödlichen Ausgang. Bei Verdacht auf eine Aortendissektion muss neben der symptomatischen Therapie und Kreislaufstabilisierung umgehend – am besten nach entsprechender Voranmeldung – der Transport in eine geeignete Klinik erfolgen. Ziel bei der Kreislaufstabilisierung sollte ein Blutdruck im niedrig normalen Bereich sein, um die Blutung nicht durch „unnötig hohe“ Blutdruckwerte zu verstärken.

Skills-Training fuer Notfallsanitaeter_Titel_100Die wichtigsten Fertigkeiten (Skills), die Notfallsanitäter kennen und beherrschen müssen, finden Sie in diesem eDossier.

 

 

Mesenterialinfarkt

Bei einem Mesenterialinfarkt kommt es meist im Rahmen eines Vorhofflimmerns zu einer Minderperfusion von Darmabschnitten. Nachfolgend tritt eine Infarzierung auf. Im weiteren Verlauf nekrotisiert das Gewebe.

Bei dem phasenhaften Krankheitsverlauf treten zunächst stärkste Bauchschmerzen kolikartigen Charakters auf, gefolgt von einer vorübergehenden Besserung der Beschwerden. Im weiteren Verlauf verstärken sich die Schmerzen wieder. Es tritt eine rasch zunehmende Peritonitis auf und ein paralytischer Ileus entsteht.

Leriche-Syndrom

Bei einem Leriche-Syndrom handelt es sich um einen Verschluss der Aorta abdominalis unterhalb des Abganges der Nierenarterien.

Wie bei einer arteriellen Embolie klagen die Patienten beim Leriche-Syndrom über teils massive Schmerzen, Lähmungserscheinungen und Gefühlsstörungen in den Extremitäten. Zusätzlich können blasse Extremitäten, fehlende Fußpulse und Schockzeichen auffallen.

Besteht der Verdacht auf ein (sehr seltenes) Leriche-Syndrom, ist eine adäquate Analgesie, Schockbekämpfung und Kreislaufstabilisierung mit anschließend schnellstmöglichem Kliniktransport vorrangiges Ziel.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; 23.03.2017)

Psychologische Erste Hilfe: Tipps für die Praxis

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Psychologische Erste Hilfe_580Bremen (rd_de) – Nicht nur Verletzte, auch psychisch traumatisierte Menschen brauchen Hilfe. Freunde oder Angehörige sind jetzt wichtig. Sie stehen aber nicht immer und sofort zur Verfügung. Auch Notfallseelsorger oder das Kriseninterventionsteam benötigen Zeit, um zur Einsatzstelle zu kommen. Jeder Notfallsanitäter, Rettungsassistent und Rettungssanitäter sollte daher auch ohne Ausbildung in Krisenintervention die Grundlagen der psychologischen Ersten Hilfe kennen.

  1. Leisten Sie „psychische Erste Hilfe“: Heutzutage kann es als Qualitätsmerkmal eines ganzheitlich ausgerichteten und professionellen Rettungsdienstes betrachtet werden.
  2. Unterstützung von nahestehenden Menschen: Verwandte und Freunde kommen hier primär in Frage. Da diese an einer Einsatzstelle aber nicht immer zur Verfügung stehen, fällt Mitarbeitern des Rettungsdienstes eine wichtige Rolle zu.
  3. Eigene Ressourcen mobilisieren: Krisenintervention ist größtenteils Hilfe zur Selbsthilfe.
  4. Die Handlungsfähigkeit wieder herstellen: Dabei gilt es abzuwägen, welche Handlungen man einem Betroffenen zumuten kann bzw. welche Handlungen eine Überforderung darstellen würden.
  5. Struktur ins Chaos bringen: Krisenintervention durch Einsatzkräfte kann Betroffene auch darin unterstützen, das gerade Erlebte zu begreifen und das Gedanken- und Gefühlschaos zu strukturieren.
  6. Informieren: Eine Person, der die Todesnachricht eines nahen Verwandten mitgeteilt wurde, möchte die Umstände erfahren. Ihr nach und nach diese Informationen zu geben, hilft, das Geschehene zu begreifen.
  7. Aufmerksamkeit verlagern: Auf unbeschwerte Momente, schöne Erlebnisse in der Beziehung zwischen dem Betroffenen und dem gerade Verstorbenen hinzuweisen, ist kein Ablenken von der Realität, sondern sorgt für Entlastung.
  8. Setting schaffen: Komplexität des Notfallerlebens für den Betroffenen reduzieren, gleichzeitig deutlich machen, dass seine Bedürfnisse berücksichtigt werden. Vorsicht, Bevormundung vermeiden!
  9. Dosierte Informationen: Den Betroffenen mit Details nicht „überfluten“. Nur Relevantes mitteilen. Er kann dann durch Nachfragen selbst bestimmen, wann er weitere Informationen wünscht.
  10. Psychoedukation: Informationen darüber, welche körperlichen und emotionalen Reaktionen in der Zeit nach einem belastenden Ereignis auftreten können.
  11. Individuelles Vorgehen: Die beschriebenen Interventionsformen haben sich in vielen Fällen als hilfreich erwiesen. Eine Garantie, dass sie immer wirksam sind, gibt es nicht.
  12. Effektive Hilfe: Der Rettungsdienst-Mitarbeiter darf darauf vertrauen, dass der Betroffene in der Lage ist zu signalisieren, ob ein Angebot für ihn hilfreich ist.

(Text: Timo Grünbacher, kath. Theologe, Sozialpädagoge, Rettungssanitäter und Mitarbeiter des ASB-Kriseninterventionsteams, München; Symbolfoto: Johanniter; zuletzt aktualisiert: 27.03.2017)

Herzrhythmusstörungen – was Sie wissen sollten

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Frankfurt/Main (rd_de) – Allein in Deutschland werden jedes Jahr über 400.000 Patienten aufgrund von Herzrhythmusstörungen in Kliniken eingeliefert. Laut dem „Herzbericht 2016“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie steigt gerade bei der Herzrhythmusstörung die Sterblichkeit weiter an. Die häufigste Herzrhythmusstörung ist das Vorhofflimmern. Etwa 1,8 Millionen Menschen leiden darunter in Deutschland. Hier die wichtigsten Fakten zu Herzrhythmusstörungen.

 

Das Herz:

Es befördert das Blut durch unseren Kreislauf und versorgt damit die Organe unseres Körpers mit Sauerstoff, Nährstoffen und anderen lebensnotwendigen Substanzen. Das Herz ist ein Hohlmuskel, der sich regelmäßig 60- bis 90-mal pro Minute (100.000-mal pro Tag) zusammenzieht und wieder erschlafft. Dabei werden 4 – 6 Liter Blut pro Minute (rund 7.000 Liter am Tag) durch die Blutgefäße gepumpt.

Herzfrequenz:

Normale Herzschlagfolge: 60 – 90 Schläge pro Minute. Bei seelischer oder körperlicher Belastung: 160 bis 180 Schläge pro Minute, Anstieg normal. Nachts sinkt die Herzfrequenz auf 45 – 55 Schläge pro Minute. Als untere Grenze zum krankhaften Befund gelten etwa 40 Schläge pro Minute. Als krankhaft gilt, wenn es zu einem schlagartigen Umspringen von normaler Herzschlagfolge auf sehr hohe/sehr niedrige Herzfrequenz kommt.

Vorhofflimmern:

Blutgerinnsel im linken Vorhof.

Blutgerinnsel im linken Vorhof.

Häufigste Herzrhythmusstörung, etwa 1,8 Million Betroffene in Deutschland, in Europa etwa 9 Millionen, verursacht 30.000 Schlaganfälle pro Jahr in Deutschland.

Das Herz gerät dabei völlig aus dem Takt; es rast mit einem Puls von bis zu 160 Schlägen pro Minute, selten sogar noch schneller. Oft sind Herzstolpern und Herzrasen verbunden mit innerer Unruhe, Angstgefühlen, Abgeschlagenheit, einer Neigung zu schwitzen, Atemnot und einer Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Das Risiko, von Vorhofflimmern betroffen zu werden, steigt mit dem Alter. Die Häufigkeit liegt bei Menschen unter 50 Jahren deutlich unter 1%, bei den über 60-Jährigen liegt sie bei 4-6% und bei den über 80-Jährigen bei 9-16%.

Akuter Herzinfarkt:

Ein akuter Herzinfarkt kann durch die entstandene Gewebeschädigung am Herzen eine Ursache für Herzrhythmusstörungen sein. Wenngleich die Sterblichkeit bei Herzrhythmusstörungen weiter zunimmt, geht das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, weiter zurück. Zwischen den Jahren 1990 und 2013 ist laut „Herzbericht 2015“ ein Rückgang um rund 40 Prozent festzustellen.

Dazu tragen unter anderem verbesserte therapeutische Maßnahmen wie beispielsweise ein Notfall-Kathetereingriff bei. Ebenso konnte die Zeit im Rettungswagen bis zum Erreichen des Krankenhauses verkürzt und das Notarztsystem in den letzten Jahren ausgebaut werden.

Herzschrittmacher:

Er gibt bei starker Verlangsamung des Herzschlags regelmäßig elektrische Impulse ab und erregt dadurch das Herz so, dass es sich zusammenzuzieht. Der erste Herzschrittmacher wurde im Jahre 1958 implantiert. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 108.193 Herzschrittmacher implantiert (stationär).

Defibrillator:

Mit Hilfe eines Defibrillators wird Kammerflimmern durch elektrische Schocks beendet. Bei Herzrasen und zu langsamen Herzschlagfolgen gibt er die rettenden Impulse. Bei implantierten Defibrillatoren wird ein Langzeit-EKG aufgezeichnet, das kontinuierlich auch alle Herzrhythmusstörungen seines Trägers registriert. Neuere Geräte können sich selbst überwachen. Der erste Defibrillator wurde im Jahre 1980 implantiert. Implantationen (stationär) in Deutschland: 58.677 ICD im Jahr 2014.

Katheterablation:

Hierbei werden Herzzellen mithilfe der Kathetertechnik gezielt durch Hochfrequenzstrom oder Kälte so verödet, dass Herzrhythmusstörungen nicht mehr entstehen können. Weltweit wird dieses Verfahren jährlich bei mehr als 100.000 Patienten durchgeführt.

Reizleitungssystem des Herzens.

Reizleitungssystem des Herzens.

Plötzlicher Herztod:

In Deutschland wird die Zahl der Menschen, die einem plötzlichen Herztod erliegen, je nach Definition mit 65.000 bis 200.000 (pro Jahr) angegeben. In etwa 80% der Fälle wird der Herz-Kreislauf-Stillstand durch eine sehr schnelle Herzrhythmusstörung (Kammertachykardie, Kammerflattern, Kammerflimmern) hervorgerufen. Von 100 Menschen, die einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden, werden lediglich acht erfolgreich wiederbelebt. In 75% der Fälle liegt dem Plötzlichen Herztod eine koronare Herzkrankheit zugrunde, die durch Verengungen in den Herzkranzgefäßen charakterisiert ist.

Erste Hilfe:

  1. Vergewissern Sie sich, dass die betroffene Person bewusstlos ist, indem sie nicht auf lautes Zurufen, auf Zwicken oder Kneifen reagiert und nicht normal atmet. Wichtig: Schnappen und Röcheln gelten nicht als normale Atmung!
  2. Rufen Sie als nächstes den Rettungsdienst über die Nummer 112.

    Den Rettungsdienst über die Nummer 112 verständigen.

  3. Danach beginnen Sie sofort mit der Wiederbelebung. Verschwenden Sie keine Zeit damit, nach dem Puls zu suchen!
  4. Legen Sie die betroffene Person auf den Rücken auf eine harte Unterlage (am besten auf den Boden).
  5. Greifen Sie mit einer Hand an die Stirn der bewusstlosen Person und heben mit der anderen das Kinn leicht an. Prüfen Sie, ob Speisereste oder etwas anderes im Mund sind und die Atemwege blockieren. Entfernen Sie Fremdkörper.

    Der bewusstlosen Person wird das Kinn leicht angehoben.

    Der bewusstlosen Person wird das Kinn leicht angehoben.

  6. Führen Sie sofort die Herzdruckmassage durch. Dazu knien Sie sich neben die bewusstlose Person. Legen Sie einen Handballen in der Mitte zwischen den Brustwarzen auf das Brustbein. Dann legen Sie den Handballen der anderen Hand auf Ihre erste Hand und strecken die Ellbogen durch. Jetzt drücken Sie mit Unterstützung durch Ihr eigenes Gewicht das Brustbein mindestens 5 cm tief ein und lassen dann den Druck wieder nach, so dass das Brustbein wieder in seine Ausgangslage zu rückkehren kann. Darauf folgt die nächste Herzdruckmassage. Das Tempo ist optimal, wenn Sie das Brustbein pro Minute mindestens 100-mal eindrücken.
    Das Brustbein pro Minute mindestens 100-mal eindrücken.

    Das Brustbein pro Minute mindestens 100-mal eindrücken.

    Das sind fast zwei Kompressionen pro Sekunde. Setzen Sie die Herzdruckmassage fort, bis der Rettungsdienst eintrifft. Sind mehrere Helfer anwesend, wechseln Sie sich alle 2 bis 3 Minuten ab, denn Herzdruckmassage ist anstrengend.

    Das Brustbein wird mindestens 5 cm tief eingedrückt.

    Das Brustbein wird mindestens 5 cm tief eingedrückt.

  7. Wenn Sie in Herz-Lungen-Wiederbelebung ausgebildet sind und die Mund-zu-Mund-Beatmung sicher beherrschen: Beginnen Sie ebenso mit der Herzdruckmassage. Nach 30-maligem Drücken werden dann zwei Atemspenden gegeben. Wiederholen Sie diese beiden Schritte aus 30-mal Herzdruckmassage und 2-mal Atemspenden so lange, bis der Rettungsdienst eintrifft.

(Informationen, Grafiken und Fotos: Deutsche Herz-Stiftung; Titelfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 29.03.2017) 

10 Tipps zum Umgang mit Angehörigen im Einsatz

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Angehoerige_580Bremen (rd_de) – Angehörige an der Einsatzstelle können für das Rettungsteam Segen und Fluch gleichermaßen sein: Niemand kennt den Patienten und seine gesundheitlichen Probleme besser als Vater, Mutter oder der Ehepartner. Allerdings ist niemand emotional stärker mit dem Betroffenen verbunden als eben diese Personen. Die Kunst besteht für den Rettungsdienst darin, sich die positiven Faktoren zunutze zu machen. 10 Tipps zum Umgang mit Angehörigen im Einsatz.

1. Das Rettungsteam sollte versuchen, einen Blick für die Emotionen der Angehörigen zu entwickeln. Dem Ehepartner oder den Eltern eines Kindes droht eine psychische Traumatisierung und ist insofern ein indirektes Notfallopfer.

2. Stellen Sie sich als Rettungsfachkraft namentlich kurz vor. Das schafft eine Vertrauensbasis und nimmt ein Stück weit die Anonymität. Indem Sie erklären, dass Sie zum Beispiel Rettungsassistent oder Notfallsanitäter seien und den Patienten jetzt kurz untersuchen müssten, signalisieren Sie Kompetenz.

3. Angehörige in der Nähe des Patienten zu belassen, kann sich positiv auf die Psyche des Erkrankten bzw. Verletzten auswirken. Er spürt den seelischen Beistand, was seinen Stress reduziert.

4. Nicht jeder Mensch hat in seinem Leben schon medizinische Notfallsituationen kennengelernt. Er reagiert daher aus Sicht des Rettungsteams vielleicht paradox, ist überängstlich oder zu sorglos. Versuchen Sie als Rettungsfachkraft, dem Betroffenen die Situation in allgemeinverständlichen Worten sachlich zu erläutern.

5. Auf dem Rettungsteam ruhen sehr große Erwartungen seitens der Angehörigen. Die Realität kann diese Hoffnungen jäh zunichtemachen. Stellen Sie sich darauf ein, dass sich die Enttäuschung gegen Sie richten kann. Bleiben Sie dann ruhig und versuchen Sie, dem Betroffenen die Ausgangslage und die durchgeführten Maßnahmen zu erklären.

6. Stellen Sie fest, dass bei einem Angehörigen Schuldgefühle aufkommen, kann das Rettungsteam diesen in einem Gespräch behutsam entgegenwirken. Frühzeitig daran denken, die Notfallseelsorge oder ein Kriseninterventionsteam nachzufordern.

7. Besonders wenn Kinder verletzt oder schwer erkrankt sein sollten, ist zu überlegen, die Eltern bei der Versorgung einzubeziehen. Vater und/oder Mutter wird so das Gefühl der Hilfslosigkeit genommen.

Angehörigen können kleinere Aufgaben übertragen werden.

Angehörigen können kleinere Aufgaben übertragen werden.

8. Angehörigen können kleinere Aufgaben wie das Halten einer Infusion oder das Zusammenstellen der vom Hausarzt verschriebenen Medikamente übertragen werden. Verantwortungsvollere Tätigkeiten wie eine Thoraxkompression kommen hingegen nicht infrage. Unsinnige Aufgaben – für einen Intubierten ein Glas Wasser holen – führen zu Misstrauen und Ärger.

9. Verfolgen Angehörige eine (erfolglose) Reanimation selbst mit, kann das für die Verarbeitung des Erlebten von Vorteil sein. Sie sehen, dass das Rettungsteam alles Menschenmögliche unternommen hat, der geliebte Mensch aber nicht gerettet werden konnte.

10. Ist der Patient ansprechbar, ist er für das Rettungsteam die Hauptansprechperson. Mit ihm und nicht mit dem Angehörigen werden in erster Linie Diagnose und mögliche Prognose besprochen. Die beste Lösung ist ein gemeinsames Gespräch von Patient, Angehörigem und zum Beispiel Notarzt.

(Text und Fotos: Herbert Mannel, Rettungsassistent, Krankenpfleger, Ausbilder, Einsatzleiter Rettungsdienst und KIT; zuletzt aktualisiert: 31.03.2017)

PSNV für Rettungsfachkräfte: eine Todesnachricht überbringen

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Bremen (rd_de) – Der Tod eines jungen Menschen birgt immer eine besondere Tragik in sich. Notärzte, Rettungsfachkräfte und Mitarbeiter von PSNV-Teams müssen deshalb wissen, wie sie eine Todesnachricht überbringen, wenn ein Kind verstorben ist. Was es zu berücksichtigen und vermeiden gilt, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

Der Tod eines jungen Menschen hinterlässt die Hinterbliebenen, aber auch die Helfer hilflos und oft sprachlos. Kommt die Nachricht, dass das eigene Kind von einem Unfall oder einem „Großschadensereignis“ betroffen sein könnte, konzentrieren sich die Familien meist auf wenige wichtige Fragen:

•    Lebt mein Kind?
•    Ist es verletzt und wenn ja, wie schwer?

Die Angehörigen brauchen dann möglichst rasch genaue, sachliche Informationen über das Geschehen. Wer eine Todesnachricht überbringen muss, sollte die Information so schnell und deutlich wie möglich mitteilen.

Hinterbliebene sind auch unter Schock in der Regel klar im Denken und Aufnehmen. Sie wissen, was sie wollen, und spüren instinktiv, wie viel sie verkraften können. In dieser ohnehin traumatischen Situation wird ihre Hilflosigkeit verstärkt, wenn wohlmeinende Helfer sie entmündigen und ihnen vorschreiben, was zu tun ist oder wie sie sich zu verhalten haben.

Die meisten Eltern haben zunächst nur einen Wunsch: das Kind so schnell wie möglich zu sehen, es vielleicht in den Arm zu nehmen, einfach bei ihm zu sein. Diese Möglichkeit sollte jeder Hinterbliebene sobald als möglich haben, auch wenn der Verstorbene schwer verletzt ist. Es gibt hier nur wenige Ausnahmen, zum Beispiel Brandopfer.

Genauso ist zu respektieren, wenn die Angehörigen es sich nicht zutrauen, den Toten nochmals anzuschauen. Der Begleitende kann Hilfsangebote machen. Beispiel: „Ich begleite Sie, damit Sie nicht alleine sind.“ Er sollte aber keinesfalls einen klar geäußerten Wunsch beeinflussen.

Die meisten wissen, dass es keine lindernden Worte für Eltern gibt, deren Kind gerade gestorben ist. Trotzdem kann das Verlangen, etwas Tröstliches sagen zu wollen, übermächtig werden, schon allein um das schreckliche Schweigen zu brechen. Doch in der akuten Situation gibt es keine Worte des Trostes, die gut tun. Sie helfen lediglich dem Begleiter in seiner eigenen Hilflosigkeit.

Todesnachricht überbringen – das ist zu berücksichtigen:

•    Informieren Sie die Angehörigen so schnell wie möglich.
•    Sprechen Sie klar und deutlich. Wiederholen Sie die Information, falls notwendig. Versuchen Sie, behutsam Blickkontakt herzustellen.
•    Sagen Sie die Wahrheit, auch wenn sie schwer ist und es Ihnen schwerfällt.
•    Nennen Sie den Verstorbenen beim Namen, denn er ist als Person präsent.
•    Geben Sie den Hinterbliebenen die Möglichkeit, den Verstorbenen anzusehen.
•    Versuchen Sie genau hinzuhören und zu spüren, was die Trauernden/Traumatisierten brauchen und wollen.
•    Denken Sie an praktische Hilfsangebote, delegieren Sie wenn möglich.
•    Vergessen Sie nie, die Geschwisterkinder mit zu betreuen.
•    Achten Sie die Grenzen der Betroffenen.
•    Achten Sie auf Ihre eigenen Grenzen und holen Sie sich Hilfe, wenn Sie diese brauchen.

Todesnachricht überbringen – das ist zu vermeiden:

•    Vermeiden Sie leere Worte und falsche Tröstungsversuche.
•    Bestimmen Sie nicht, was für die Trauernden/Traumatisierten gut ist, denn Sie wissen es nicht.
•    Vermeiden Sie das Wort „müssen“.
•    Vermeiden Sie jede Form von Schuldzuweisung.
•    Urteilen Sie nie über Reaktionen oder Verhaltensweisen der Hinterbliebenen.
•    Verfallen Sie nicht aus Hilflosigkeit in Aktionismus.
•    Überlassen Sie die Angehörigen nach der traumatischen Situation nicht sich selbst, sondern sorgen Sie für ein stabilisierendes Umfeld.
•    Lassen Sie nicht bei Betroffenen das Gefühl entstehen, abgeschoben und abgewiesen zu werden.
•    Vermeiden Sie scheinbare Hektik, schauen Sie nicht auf die Uhr.
•    Vermeiden Sie eine allzu starke Identifikation mit den Hinterbliebenen, indem Sie Ihre Aufgabe abschließen.

Text: Hanne Shah, 1. Vorsitzende des Arbeitskreises trauernde Eltern und Geschwister in Baden-Württemberg (ATEG-BW ist Regionalstelle von VEID/Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland); Beate Bahnert, Pressesprecherin des Bundesverbandes Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 03.04.2017

Akute Appendizitis: Zeichen und Diagnostik

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Appendizitis_580Bremen (rd_de) – Eine akute Appendizitis ist eine Entzündung des Blinddarms. Die Erkrankung tritt mit einer Häufigkeit von 100 pro 100.000 Einwohner im Jahr auf – und keinesfalls nur bei Kindern, wie mancher glaubt.

Rund sieben Prozent der Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Blinddarmentzündung.

Der allgemein bekannte Schmerz im rechten Unterbauch ist eigentlich erst die zweite Beschwerdephase. Meist beginnt die Symptomatik einer akuten Appendizitis mit Schmerzen im Epigastrium und in der Region um den Bauchnabel. Erst danach verlagern sie sich in Richtung des Blinddarms. Begleitend leiden die Patienten unter Übelkeit, Unwohlsein und Erbrechen. Zusätzlich treten die allgemeinen Symptome eines Infektes wie Fieber, Verschlechterung des Allgemeinzustands und Tachykardie auf.

Titel_RM_eDossier2015_Antiemetika_100Übelkeit? Erbrechen? Alles Wichtige zu diesen Symptomen in unserem eDossier „Rettungsdienst: Welches Medikament gegen Übelkeit?“

Allgemein bekannt ist der McBurney-Punkt im rechten Unterbauch, an dem sich der typische Loslassschmerz provozieren lässt. Der Lanz-Punkt liegt im linken Unterbauch und kann bei Druckschmerzhaftigkeit ebenfalls auf die Erkrankung hinweisen.

Bei Kindern denken viele bei dieser Symptomkonstellation sofort an eine akute Appendizitis. Aber auch bei älteren Patienten kommt dieses Krankheitsbild vor und darf in den differenzialdiagnostischen Überlegungen eines Akuten Abdomens nicht fehlen.

Nach wie vor erfolgt bei einem ausreichend begründeten Verdacht die zeitnahe operative Entfernung des Blinddarmes (Appendektomie). Ein abwartendes Vorgehen mit konservativer Therapie kann begründet sein. Allerdings zeigt sich bei knapp einem Drittel der Patienten bei einer Operation bereits eine Appendix-Perforation. Diese geht mit einer Sterblichkeitsrate von bis zu zehn Prozent einher.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; 30.03.2017)

Kohlenmonoxid-Melder: Warum ein CO-Messgerät so wertvoll ist

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BilderBremen (rd_de) – Immer wieder sorgen Fälle für Schlagzeilen, bei denen Personen eine starke Kohlenmonoxid-Vergiftung erlitten haben. Da das giftige Kohlenmonoxid-Gas sowohl farb- als auch geruchslos ist, sind die eintreffenden Rettungskräfte auf ein CO-Messgerät – auch Kohlenmonoxid-Melder genannt – angewiesen. Andernfalls würden sie umgehend selbst zum Kohlenmonoxid-Opfer.

Tritt Kohlenmonoxid aus, schützt sich die Feuerwehr mit umluftunabhängigen Atemschutzgeräten. Der Rettungsdienst hat diese Möglichkeit in der Regel nicht. Der Rettungsassistent, Notfallsanitäter oder Rettungssanitäter muss insofern frühzeitig an die Gefahr denken – oder sich durch einen Kohlenmonoxid-Melder warnen lassen.

Bei einem Kohlenmonoxid-Melder handelt es sich in der Regel um ein Eingasmessgeräte. Ein solches CO-Messgerät ist klein, robust, ergonomisch und wartungsarm. Die Melder haben die Größe eines Handys und überwachen permanent die Umgebungsluft hinsichtlich einer zu hohen Kohlenstoffmonoxid-Konzentrationen. Sollte der kritische Grenzwert erreicht werden, warnt der Kohlenmonoxid-Melder die Einsatzkräfte mittels optischem und akustischem Alarm sowie Vibration.

Kohlenmonoxid-Melder: regelmäßig testen

Eingas-Messgeräte haben bei dauerhaft eingeschaltetem Betrieb eine Standzeit von mindestens 13 Monaten ohne Batteriewechsel und müssen in Deutschland halbjährlich kalibriert werden. Die Hersteller empfehlen zusätzlich einen regelmäßigen Anzeigetest zur Kontrolle der Funktionstüchtigkeit. Dieser kann mit einer Test-Station automatisiert bei Schichtbeginn durchgeführt werden. Während des Tests wird eine definierte Konzentration Kohlenstoffmonoxid auf den Sensor gegeben und so geprüft, ob dieser auf das Gas ordnungsgemäß reagiert und das CO-Messgerät den Alarm korrekt anzeigt. Nur die regelmäßige Überprüfung der Melder garantiert die Sicherheit der Einsatzkräfte.

Die Einsatzkräfte tragen den Kohlenmonoxid-Melder an der Einsatzkleidung oder zum Beispiel am Notfallrucksack. Die Befestigung am Rucksack hat den Vorteil, dass das CO-Messgerät immer mitgeführt werden kann, es die Einsatzkräfte aber nicht zusätzlich behindert.

Der Einsatztoleranzwert für Kohlenstoffmonoxid liegt bei 33 ppm (parts per million). Unterhalb dieses Werts ist die Leistungsfähigkeit der Rettungskräfte bei einem etwa vierstündigen Einsatz nicht beeinträchtigt. Liegt der Wert darüber, müssen sich die Helfer schützen. So ist beispielsweise beim Eingasmessgerät für Kohlenstoffmonoxid Pac 5500 der Voralarm bei 30 ppm und der Hauptalarm bei 60 ppm voreingestellt. Diese Schwellenwerte des Melders lassen sich auch individuell anpassen.

Zum Hintergrund: Kohlenmonoxid wird hauptsächlich über die Atemwege aufgenommen und schränkt die Fähigkeit des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin ein, Sauerstoff zu binden und zu transportieren. Die lokale Sauerstoff-Unterversorgung schädigt das Gewebe. Organe mit einem hohen Sauerstoffbedarf wie Herz und Gehirn sind davon besonders betroffen. Speziell Kinder sind gefährdet. Sie haben aufgrund ihres schnelleren Stoffwechsels einen erhöhten Sauerstoffbedarf und nehmen so schneller als Erwachsene schädliche Konzentrationen auf.

Symptome einer CO-Vergiftung:

< 15 – 20% COHb: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Sehstörunge
21- 40% COHb: Verwirrtheit, Synkopen, Brustschmerz, Atemstörungen, Tachykardie, Tachypnoe, Schwäche
41 – 59% COHb: Arrhythmien, Blutdruckabfall, Atemstillstand, Lungenödem, Krampfanfälle, Herz-/Kreislaufstillstand
> 60% COHb: Tod

Der Spitzenverband Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) veröffentlichte vor Kurzem das Infoblatt „Einsatz von Kohlenmonoxidwarngeräten bei Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen“.

Das Infoblatt ist an der Praxis orientiert. Es soll Führungskräfte der Hilfeleistungsorganisationen und Feuerwehren bei der Einsatzplanung und Einsatzdurchführung im Zusammenhang mit Kohlenmonoxid-Freisetzungen unterstützen. Übersichtlich und grafisch ansprechend erläutert es wichtige Punkte, die beim Einsatz des Kohlenmonoxid-Melder zu beachten sind und gibt Hinweise für den Eigenschutz und die Gefahrenabwehr.

Das Info-Blatt kann unter folgendem Link kostenfrei herunterladen werden:

Einsatz von Kohlenmonoxidwarngeräten bei Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen

(Text: Leif Brünslow, Rettungssanitäter, BSc der Sicherheitstechnik; Symbolfotos: Dräger; zuletzt aktualisiert: 07.04.2017)

Mehr zum Thema Kohlenmonoxid-Melder:

Fachempfehlung zu Einsätzen mit Kohlenmonoxid


Praktikum an Lehrrettungswachen

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Praktikum LehrrettungswacheBremen (rd_de) –Die Ausbildung zum Rettungssanitäter umfasst 520 Stunden und beinhaltet auch ein Praktikum an einer Rettungswache. Nicht überall ist vorgeschrieben, dass dieses Praktikum an einer Lehrrettungswache zu erfolgen hat. Doch es ist wünschenswert. Weshalb, lesen Sie hier.

Angehende Rettungssanitäter (RS) kommen an einem Wachenpraktikum nicht vorbei. Mindestens 160 Stunden müssen nachgewiesen werden, davon möglichst die Hälfte an einer Wache mit Notarztdienst. Insgesamt soll der Praktikant Erfahrungen sowohl auf einem Krankentransportwagen (KTW) als auch Rettungswagen (RTW) oder Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) sammeln. Diese Erfahrungen sind wichtig für seine Ausbildung.

Fragen an ein Praktikum im Rettungsdienst:

• Welche Voraussetzungen muss eine Lehrrettungswache erfüllen?
• Wie und wo finde ich einen Praktikumsplatz?
• Wie erkenne ich eine gute Lehrrettungswache?
• Welche Rolle spielt der Lehrrettungsassistent?
• Welche technische und räumliche Ausstattung muss die Wache besitzen?
• Gibt es ein Abschlussgespräch?

Praktikum an einer Lehrrettungswache: die Voraussetzungen

Lehrrettungswachen sind personell und materiell darauf ausgerichtet, Berufsanfängern das erforderliche praktische Wissen zu vermitteln. Von diesen Besonderheiten abgesehen, handelt es sich um „normale“ Rettungswachen, an denen zumindest ein Rettungswagen im 24-Stunden-Betrieb vorgehalten werden muss.

Die Entscheidung, ob sich eine Wache „Lehrrettungswache“ nennen darf, trifft die zuständige Behörde. In manchen Ländern wird die Zulassung zum Beispiel vom Innen- oder Sozialministerium geregelt. In anderen liegt die Zuständigkeit bei den Bezirksregierungen oder Landkreisen bzw. kreisfreien Kommunen. Durch das Notfallsanitätergesetz haben sich die Kriterien für Lehrrettungswachen verschärft.

Praktikumsplatz: Wie und wo finden?

Obwohl ein Praktikum im Rahmen der Ausbildung vorgeschrieben ist, heißt das nicht, dass die ausbildende Rettungsdienstschule oder der entsendende Verband automatisch Praktikumsplätze an Rettungswachen vermittelt. Für angehende Notfallsanitäter ist dies vorgeschrieben, für Rettungssanitäter hingegen nicht. Es spricht insofern für die Lehranstalt, wenn sie dem RS-Schüler Wachen benennt, mit denen sie regelmäßig kooperiert und die bevorzugt Praktikanten dieser Schule aufnehmen. Dadurch dürfte sichergestellt sein, dass die Lehrrettungswache über den Wissensstand des neuen Praktikanten orientiert ist.

In der Regel bekommen die Schüler von der Rettungsdienstschule aber nur eine mehr oder minder umfangreiche Liste mit Adressen von Lehrrettungswachen. Es bleibt dann den Schülern überlassen, sich selbst um einen freien Platz zu kümmern. Ob die Bewerbung um einen Praktikumsplatz an den Kreis- bzw. Ortsverband der Hilfsorganisation oder die Wache geschickt werden muss, ist unterschiedlich geregelt.

Praktikum an einer Lehrrettungswache: Wie man eine gute Lehrrettungswache erkennt

Abgesehen von subjektiven Faktoren, nach denen man sich für oder gegen bestimmte Lehrrettungswachen entscheidet (zum Beispiel Nähe zum Heimatort), gibt es auch objektiv wichtige Gründe, auf die jeder achten sollte.

Die „Gemeinsamen Grundsätze der ausbildenden Hilfsorganisationen (ASB, DRK, JUH, MHD) für die Ausbildung von Praktikanten an Lehrrettungswachen“ liefern wichtige Anhaltspunkte. Neben den genannten Organisationen richten sich heute auch viele Rettungsdienste in privater oder kommunaler Trägerschaft nach diesen Empfehlungen.

Ein wichtiges Kriterium stellen die personellen Voraussetzungen dar. So sollte jede Lehrrettungswache über einen Arzt mit Rettungsdiensterfahrung verfügen. Der Arzt muss nicht permanent auf der Wache anwesend sein. Seine Aufgabe ist es vielmehr, für eine einheitliche Lehre auf Grundlage der allgemein anerkannten Ausbildungsvorschriften an der Wache zu sorgen. Dadurch wird sichergestellt, dass dem Praktikanten bestimmte Maßnahmen von mehreren Personen nicht widersprüchlich erklärt werden und er in die Lage versetzt wird, seine Kenntnisse später auch in anderen Rettungsdienstbezirken anzuwenden.

Praktikum an einer Lehrrettungswachen: Technische und räumliche Ausstattung

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Wahl der Lehrrettungswache ist die technische und räumliche Ausstattung. Die Vorhaltung eines, in den öffentlichen Rettungsdienst eingebundenen RTW ist vorgeschrieben. Je Rettungswagen und Schicht sollte nur ein Praktikant eingeplant sein. Werden zusätzlich auch KTW und Notarzteinsatzfahrzeug vorgehalten, erweitert das die Möglichkeiten, praktische Erfahrungen auf verschiedenen Rettungsmitteln zu sammeln.

Von den Fahrzeugen abgesehen, muss ein Raum vorhanden sein, der für Unterrichtszwecke geeignet ist. Er muss eine ausreichende Größe haben, um zum Beispiel auch mit Übungsphantomen zu arbeiten. Ferner sind Unterrichtsmittel vorzuhalten. Hierzu gehören vor allem Geräte, mit denen eine Herz-Lungen-Wiederbelebung für Erwachsene sowie Säuglinge simuliert werden kann. Auch Intubations- und Infusionstrainer sind wünschenswert.

Nachschlagewerke und andere Literaturquellen, beispielsweise digitale Datenbanken oder Internetzugang, sind wichtig. Hierdurch kann sich der Auszubildende in der einsatzfreien Zeit fortbilden und Einsätze nachbereiten. Die „Wachenbibliothek“ sollte die gängigen Lehrbücher und Fachzeitschriften ebenso wie thematische Fachbücher (Anatomie, Physiologie, spezielle Krankheitslehre usw.) umfassen und auf dem aktuellen Stand sein.

Wünschenswert am Ende des Praktikums: das Abschlussgespräch

Bevor das Praktikum beginnt, werden dem Auszubildenden der Ablauf seines Praktikums, Lernziele und besondere Regelungen an der Wache erklärt. Hierzu zählt zum Beispiel das System des Dienstplans.

Am Ende des Praktikums sollte ein Abschlussgespräch stattfinden. Es wird von dem Auszubildenden zum Beispiel mit dem Wach- oder Rettungsdienstleiter geführt. Sinn dieses Gespräches ist es, festzustellen, ob der Praktikant die Ausbildung an der Rettungswache erfolgreich absolviert hat. Eine Prüfung findet nicht statt. Die folgt im Anschluss während des Abschlusslehrgangs (40 Stunden) an der Rettungsdienstschule.

(Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 11.04.2017)

Perfusor: 10 Sicherheitstipps für Rettungskräfte

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Bremen (rd_de) – Eine Spritzenpumpe, wie der Braun Perfusor markenneutral heißt, gehört zur Normbeladung eines jeden arztbesetzten Rettungsmittels. Im täglichen Einsatzdienst wird der Perfusor aber eher selten genutzt. Entsprechend ungeübt sind manche Rettungskräfte im Umgang mit diesem Gerät. Die folgenden 10 Tipps sollen die Arbeit mit dem Perfusor sicherer machen.

Grundsätzlich ist das Feld möglicher Anwenderfehler bei Spritzenpumpen wie dem Perfusor sehr komplex. Die Hersteller der Geräte liefern zwar Gebrauchsanweisungen zur korrekten Inbetriebnahme. Allerdings bezieht sich die Einweisung in der Regel auf die korrekte technische Bedienung. Sicherheitshinweise zur Vermeidung von Fehlern bei der Programmierung der Infusionsrate werden in der Regel nicht angesprochen. Gerade dabei passieren jedoch die schwerwiegendsten Fehler.

1. Die Spritze muss zur Spritzenpumpe passen

Spritzenpumpen unterschiedlicher Hersteller weisen trotz desselben Füllvolumens möglicherweise Abweichungen im Aufbau auf. Insofern ist nicht auszuschließen, dass Medikamente fehlerhaft appliziert werden, sollte eine x-beliebige Infusionsspritze verwendet werden. Damit würde die Sicherheit des Patienten gefährdet! Die Hersteller von Perfusor & Co. müssen deshalb bei der Baumusterprüfung festlegen, welche Spritzen und Zubehörteile für ihr jeweiliges Produkt benutzt werden dürfen. Anderes Zubehör darf nicht eingesetzt werden.

2. Ladezustand der Perfusor-Akkus prüfen

Gerade wenn (längere) Transporte bevorstehen, muss der Notfallsanitäter im Umgang mit einer Spritzenpumpe einige Dinge beachten. Dazu gehören vor allem volle Akkus. Durch die dauernde Ladung können je nach Art der Akkus Probleme auftreten (Stichwort: „Memory-Effekt“). Das bedeutet, die Kapazität der Nickel-Cadmium-Akkus verringert sich drastisch. Es kommt zu einem frühen Spannungsabfall und einer verringerten Nutzung des Perfusors, da dieser eine Mindestspannung benötigt. Deshalb sollten zum Transport neben entsprechenden Kabeln zur Stromversorgung (230 Volt, 12 Volt) auch möglichst immer Ersatzakkus mitgenommen oder die (teureren) Lithium-Ionen-Akkus verwendet werden.

Alles Wichtige zum Umgang mit Perfusoren finden Sie in unserem eDossier „Skills-Training für Notfallsanitäter“. Unter anderem: unterschiedliche Bauformen von Spritzenpumpen; klassische Medikamente für die Perfusor-Anwendung; sicherheitstechnische Aspekte usw.

3. Perfusor-Spritzen luftfrei aufziehen

Die Spritzen sind stets luftfrei aufzuziehen. Insbesondere bei Bewegung der Spritzenpumpe während eines Transports oder beim Umlagern kann es zu einer Verschiebung einer möglicherweise vorhandenen Luftblase in den Spritzenansatz kommen. Somit würde die Luftblase in die Spritzenpumpenleitung wandern. Wenn man bedenkt, dass der Inhalt einer solchen Leitung – je nach Hersteller und Länge – zwischen 0,5 und 3 ml beträgt und eine Laufgeschwindigkeit von 5 ml/h eingestellt wäre, würde dies immerhin einen Wirkstoffausfall von mehr als 15 Minuten bedeuten.

Generell ist ein Lufteintritt in die Blutbahn auch in noch so geringer Menge kritisch. Die Folgen stehen in direktem Zusammenhang mit dem Zustand des Betroffenen, dem Luftvolumen sowie der Geschwindigkeit, mit der die Luftmenge infundiert wird. Klinische Komplikationen können ein vermindertes Herz-Zeit-Volumen, Schock und Tod sein.

4. Probleme beim Wechsel der Perfusor-Spritze

Probleme können auftreten, soll eine Spritze gewechselt werden. Erstens kommt es zu einem Wirkstoffverlust während des Wechsels selbst; zweitens besteht in der Folge die Gefahr der ungewollten Bolusinjektion. Diese kann sowohl beim Konnektieren an die Spritzenpumpenleitung als auch beim Einspannen der Spritze in den Perfusor passieren.

Vermeiden lässt sich dies, indem die Medikamentengabe parallel über zwei Spritzenpumpen erfolgt. So kann in der einen Pumpe das Infusat regelrecht appliziert werden, während in der anderen Spritzenpumpe eine neue Spritze „stand by“ zur Verfügung steht. Löst nun der erste Braun Perfusor einen Voralarm aus, kann über einen zwischengeschalteten Dreiwegehahn komplikationslos die Spritzenpumpe gewechselt werden. Der Ausfall der Wirkstoffe wird auf diese Weise auf ein Minimum reduziert.

5. Gefahr durch unkontrollierte Bolusgabe

Auch die Verstopfung eines venösen Zugangs kann zu einer unkontrollierten Bolusgabe führen. Und zwar, sobald sich die Verstopfung wieder löst. Besonders bei kreislaufwirksamen Medikamenten wie beispielsweise Katecholaminen, Beta-Blockern oder Nitraten kann dies schwerwiegende Folgen für den Patienten nach sich ziehen.

6. Niveauveränderung des Perfusors hat Folgen

Untersuchungen haben gezeigt, dass vertikale Niveauveränderungen einer Spritzenpumpe die Flussrate bereits in klinisch relevantem Ausmaß schwanken lassen. Dies kommt beispielsweise beim Umlagern oder während des Transportes in eine Klinik häufig vor und ist besonders kritisch, wenn hochwirksame Medikamente appliziert werden.

Zurückzuführen sind diese Schwankungen auf Veränderungen des hydrostatischen Drucks innerhalb der Infusion: Senkt man die Spritzenpumpe ab, führt das zum „Pooling“; das Infusat strömt hierbei ins Infusionssystem. Wird die Pumpe hingegen wieder auf das Ausgangsniveau angehoben, entleert sich ein Infusionsbolus.

7. Parallelinfusionen vermeiden

Parallelinfusionen sollten nicht erfolgen. Das heißt, die gleichzeitige Kombination von einer Schwerkraftinfusion und einem Perfusor sind ungünstig. Bei der parallelen Benutzung von maschinell verabreichten Lösungen und frei tropfenden Lösungen kann es bei Verschluss der Infusionsleitung zu Komplikationen kommen. Die freie Infusion wird möglicherweise in die maschinell verabreichte Lösung hochgepumpt, ohne dass ein Alarm erfolgt. Folge: Der Medikamentenwirkstoff in der Spritzenpumpe gelangt nicht mehr in den Patienten, sondern vermischt sich mit der Schwerkraftinfusion.

8. Inkompatibilität

Beim Zusammenführen von Pharmaka in Infusionsleitungen kann es zu Inkompatibilitätsreaktionen mit schwerwiegenden Folgen für den Patienten kommen. Für die Durchführung einer sicheren Therapie müssen Entscheidungen zur Wahl geeigneter Trägerlösungen, der Stabilität des Pharmakons in dieser Trägerlösung und zur Wechselwirkung mit anderen Lösungen im Zugang oder System getroffen werden. Zusätzlich ist ein geeigneter Zugang bzw. bei Mehrlumenkathetern das geeignete Lumen auszuwählen.

9. falsche Programmierung

Zu beachten sind auch eventuelle Medikationsfehler, die auf eine fehlerhafte Anwendung von Spritzenpumpen zurückzuführen sind. An erster Stelle steht hier die falsche Programmierung des Perfusors.

10. Vorsicht bei der Propofol-Dosierung!

Eine bekannte Gefahrenquelle stellen die beiden Zubereitungen Propofol 1% und Propofol 2% dar. Wenn auch die beiden Ampullentypen selbst deutlich farblich gekennzeichnet sind, lässt sich die einmal aufgezogene Lösung nicht mehr voneinander unterscheiden. So kann es ungewollt und unbemerkt zur Verdopplung der Propofol-Dosis kommen.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 12.04.2017)

Thoraxdrainage legen: So wird’s gemacht

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Thoraxdrainage legenBremen (rd_de) – Um eine Thoraxdrainage legen zu können, bedarf es guter Anatomiekenntnisse, einer sicheren Beherrschung der Technik und eines zumindest grundlegenden Wissens in Chirurgie. In der Notfallmedizin kommt es immer wieder vor, dass Thoraxdrainagen auch präklinisch gelegt werden müssen. Rettungskräfte assistieren dabei dem Notarzt.

Voraussetzungen, um eine Thoraxdrainage legen zu können, sind Hautdesinfektion, Verwendung steriler Handschuhe und eines sterilen (Loch-)tuchs. Beim wachen Patienten erfolgt eine vorherige Infiltration der Haut mit einem Lokalanästhetikum. Anschließend wird eine Minithorakotomie durch einen 3 bis 4 cm langen Hautschnitt durchgeführt. Danach wird stumpf – also nicht mit einem Trokar! – bis zur Pleura präpariert und diese dann mit dem Finger durchstoßen.

Wichtig zu wissen ist, dass die Gefäße sowie Nerven im Intercostalraum (ICR) am Unterrand der Rippen verlaufen und geschont werden müssen.

Alles Wichtige zum Thema „Thoraxdrainagen legen“ finden Sie in unserem eDossier „Skills-Training für Notfallsanitäter“. Unter anderem: Wie entsteht ein Pneumothorax? Was sind die wichtigsten Basismaßnahmen? Welche Gefahren bestehen bei einer Punktion? usw.

Prinzipiell kommen zwei Punktionsorte in Frage, um eine Thoraxdrainage zu legen: der 2. ICR mediocla-vicular („Monaldi“) oder der 4./5. ICR der mittleren Axillarlinie („Bülau“).

Nachdem sich Blut und Ergüsse eher basal im Pleuraraum sammeln, bietet sich hier die Bülau-Position an. Luft lässt sich hingegen eher apikal durch eine Monaldi-Position drainieren. Die Drainage kann aber auch aus der Bülau-Position nach oben geführt werden und so einen Pneu ebenfalls suffizient entlasten.

Ab Pleuradurchtritt wird die Pleuradrainage etwa 15 bis 20 cm vorgeschoben, anschließend festgenäht und gegen Dislokation gesichert. Beim beatmeten Patienten ist der Anschluss an ein Saugsystem oder ein (Heimlich-)Ventil nicht zwingend nötig, empfiehlt sich aber aus hygienischen Gründen. Beim spontan atmenden Patienten entsteht während der Inspiration ein Unterdruck im Pleuraspalt, weshalb hier ein Ventil erforderlich ist. In der Klinik werden meist Zwei- oder Drei-Kammer-Systeme mit Wasserschloss, Sekretkammer und Anschluss an ein Vakuum verwendet. Alternativ gibt es mittlerweile auch elektrisch betriebene Pumpen.

Thoraxdrainage legen: Komplikationen

Schwerwiegende Komplikationen wie Organperforationen oder massive Blutung sind bei korrekter – insbesondere stumpfer – Durchführung selten. Der größte Risikofaktor für eine Organperforation ist eine vorausgegangene Operation des Thorax. Mögliche Risiken und Komplikationen im Detail:

•    Dislokation oder Verstopfung der Kanülenspitze. Dadurch würde ein neuer Spannungspneumothorax entstehen.
•    Verletzung von Blutgefäßen und/oder Nerven am Unterrand der Rippen im ICR.
•    Organperforation und/oder starke Blutungen durch unsachgemäßes Vorgehen oder vorausgegangene Thoraxoperation.
•    Fehllagen (subkutan, intrapulmonal oder intraabdominell) durch zu starkes bzw. weites Vorschieben des Drains.
•    Infektion, weil unhygienisch gearbeitet wurde.
•    Pleuraempyeme.

Beim beatmeten Patienten sollte die Drainage in der Exspiration erfolgen; dies reduziert das Risiko einer intrapulmonalen Lage. Am häufigsten werden in der Literatur unter dem Aspekt „Komplikationen“ Infektionen und Pleuraemphyseme beschrieben. Dies tritt bei präklinisch angelegten Drainagen interessanterweise nicht häufiger als bei innerklinisch gelegten auf. Fehllagen können zum Beispiel subkutan, intrapulmonal oder intraabdominell sein.

Thoraxdrainage legen in 10 Schritten

  1. Patient wird auf dem Rücken gelagert. Soll eine Bülau-Drainage gelegt werden, muss der Arm an der Seite, an der der Thorax punktiert wird, abgewinkelt gelagert werden. Um eine Monaldi-Drainage zu legen, ist der entsprechende Arm des Patienten anzuwinkeln.

  2. Die Punktionsstelle wird gründlich desinfiziert.

  3. Der entsprechende Thoraxbereich wird mit einem sterilen Lochtuch abgedeckt.

  4. Ist der Patient ansprechbar, wird die Punktionsstelle mit einem Lokalanästhetikum umspritzt.

  5. 3 – 5 cm langer Hautschnitt mittels Skalpell.

  6. Präparierschere einführen und leicht spreizen. Ein Finger übernimmt hierbei die Führung. Auf diese Weise wird ein Tunnel in Richtung der darüber liegenden Rippe geschaffen.

  7. Die Pleura wird mit dem Finger eröffnet.

  8. Während der Finger im Tunnel verbleibt, wird die Drainage an dem Finger vorsichtig vorgeschoben. Hierbei ist der in der Drainage liegende Trokar zurückgezogen.

  9. Naht der Wunde, Anschluss eines Drainagebeutels oder Ventils und Abdeckung der fixierten Thoraxdrainage mittels Kompresse.

  10. Sollte kein Notarzt zur Stelle sein, kann ein Notfallsanitäter zur unverzüglichen Entlastungspunktion eine großlumige i.v.-Kanüle (2,0 mm) im 2. – 3. ICR der betroffenen Seite in der Medioklavikularlinie (Rippenoberrand) platzieren.

(Text: Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 13.04.2017)

Intraossärer Zugang: Die EZ IO im Rettungseinsatz

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Intraossaerer_ZugangBremen (rd_de) – Ein intraossärer Zugang (i.o.) war lange Zeit eine Maßnahme, die in Deutschland nur bei pädiatrischen Notfällen zur Anwendung kam. Mehr als 400 wissenschaftliche Arbeiten haben sich in den letzten Jahrzehnten mit dem i.o.-Zugang beschäftigt. Erst die ERC-Guidelines von 2005 führten dazu, dass sich Notfallmediziner hierzulande stärker für diesen alternativen Zugangsweg zu interessieren begannen. Teilweise dürfen mittlerweile auch Rettungsassistenten den i.o.-Zugang nutzen. Am Beispiel der EZ IO erklären wir die korrekte Handhabung.

Und so wird’s gemacht:

Intraossärer Zugang, hier die EZ IO von Fa. Vidacare.

Intraossärer Zugang, hier die EZ IO von Teleflex.

 

Ertasten der Punktionsstelle an der proximalen Tibia.

Ertasten der Punktionsstelle an der proximalen Tibia.

 

Die Haut wird nach der Desinfektion an der Punktionsstelle durchstochen, bis der Widerstand des Knochens gespürt wird.

Die Haut wird nach der Desinfektion an der Punktionsstelle durchstochen, bis der Widerstand des Knochens gespürt wird.

 

Die EZ IO wird senkrecht nach oben entfernt und zur Seite gelegt.

Die EZ IO wird senkrecht nach oben entfernt und zur Seite gelegt.

 

Der Trokar wird mit 2 - 3 Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn aus der i.o.-Nadel gezogen.

Der Trokar wird mit 2 – 3 Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn aus der i.o.-Nadel gezogen.

 

Aufspülen des Intraossärraums mit 10 ml Kochsalzlösung.

Aufspülen des Intraossärraums mit 5 – 10 ml Kochsalzlösung.

 

Intraossärer Zugang: 10 Tipps für die Praxis

  1. Alle kritisch kranken oder verletzten Patienten, die innerhalb kürzester Zeit Flüssigkeiten und/oder Medikamente benötigen und bei denen das Legen eines peripher-venösen Zugangs sehr zeitaufwendig ist bzw. nicht gelingt, benötigen einen i.o.-Zugang.
  2. Die benötigte Zeit bis zum Erreichen notwendiger Plasmakonzentrationen ist vergleichbar mit einer Medikamentengabe über einen zentralvenösen Katheter. In dieser Hinsicht ist ein intraossärer Zugang dem peripher-venösen Zugang also deutlich überlegen.
  3. Insbesondere im Hinblick auf den i.o.-Zugang wird die Epiphysenfuge häufig als besondere Gefahrenstelle hervorgehoben. Auch wenn nicht bekannt ist, dass es nach einer versehentlichen Punktion dieser Fuge zu Wachstumsstörungen oder Knochendeformierungen gekommen ist, sollte dieser Bereich zur Punktion gemieden werden.
  4. Dislokationen und eine nachfolgende Extravasation können vermieden werden, wenn die Intraossär-Nadel nach der Platzierung umgehend manuell fixiert und direkte Manipulationen an der Nadel unterlassen werden.
  5. Schmerzen entstehen beim i.o.-Zugang kaum. Auf einer Skala von 0 bis 10 wird der Punktionsschmerz bei Patienten (GCS ≥ 13) mit 3,3 bzw. 3,4 angegeben.
  6. Ein intraossärer Zugang darf nicht verwendet werden, wenn der für die Punktion vorgesehene Knochen frakturiert ist. Insbesondere dann, wenn die Fraktur proximal des geplanten Punktionsortes liegt.
  7. Untersuchungen haben gezeigt, dass beispielweise nach Punktion des proximalen Humerus höhere Infusionsraten, eine schnellere Wirksamkeit von Medikamenten und geringere Schmerzen bei der Applikation der Flüssigkeiten oder Medikamente erzielt werden konnten.
  8. Unabhängig, für welchen Punktionsort man sich entscheidet, direkt nach dem Aufsuchen muss der Punktionsort ausreichend desinfiziert werden. Es ist darauf zu achten, dass die Einwirkzeit des Desinfektionsmittels eingehalten wird.
  9. Zuerst durch die Haut stechen, bis der Widerstand des Knochens spürbar ist. Erst jetzt wird bei der EZ IO der Bohrerschalter bedient und die Nadel in den Knochen gedreht. Hierbei ist es wichtig, dass ohne Kraftaufwand gebohrt wird. Die EZ IO allein verrichtet die Arbeit.
  10. Während der Infusionstherapie sollte die Punktionsstelle immer wieder kontrolliert werden. So lassen sich Probleme frühzeitig erkennen und rechtzeitig beheben.

Bericht auf rettungsmagazinTV zur EZ IO:

(Text und Fotos: Thomas Semmel, Notfallsanitäter, Dozent im Rettungsdienst, ERC Educator und ALS-Instruktor; zuletzt aktualisiert: 18.04.2017)

10 Fakten zum anaphylaktischen Notfall

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Anaphylaktischer-Notfall_580Bremen (rd_de) – Eine Anaphylaxie wird von diversen Faktoren beeinflusst. Viele gehen vom Patienten aus. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um altersbedingte Faktoren oder Vorerkrankungen, unter anderem Asthma. Das Wesentliche, was ein Rettungsdienst-Mitarbeiter zum anaphylaktischen Notfall wissen muss, haben wir hier in 10 Punkten zusammengefasst.

Eine Anaphylaxie kann eine Reihe von Zeichen und Symptomen hervorrufen. Keines davon ist spezifisch für das Vorliegen einer Unverträglichkeitsreaktion. Typische Kombinationen legen allerdings den Verdacht nahe, dass es sich um eine Unverträglichkeit handelt. Wenn also alle drei nachfolgend genannten Kriterien vorliegen, ist eine Anaphylaxie sehr wahrscheinlich:

•    plötzlicher Beginn und schnelle Verschlechterung der Symptome,
•    lebensbedrohliche Atemwegs- und/oder Atmungs- und/oder Kreislaufprobleme,
•    Veränderungen von Haut und/oder Schleimhaut, zum Beispiel Flush, Urtikaria, Angioödem.

Anaphylaktischer Notfall: Die 10-Punkte-Liste

1. Allem voran steht auch bei Patienten mit Verdacht auf eine Anaphylaxie die Beurteilung und Behandlung nach der ABCDE-Regel. Lebensbedrohliche Symptome wie eine Verlegung des Atemwegs müssen sofort behandelt werden. Zur Erinnerung: A – Airway (Atemweg), B – Breathing (Atmung), C – Circulation (Kreislauf), D – Disability (neurologisches Defizit), E – Exposure (Exposition, Umfeld).

2. Das Basismonitoring umfasst Puls- und Blutdruckmessung, Ableitung eines EKG und Ermittlung des Sauerstoffgehalts im Blut (SpO2). Liegen Zeichen eines Schocks vor, sollten zwei bis drei großlumige Zugänge gelegt und vom Rettungsdienst-Mitarbeiter eine kristalloide Infusionslösung verabreicht werden.

3. Der Patient sollte beruhigt werden. Sofern es die Situation erfordert, ist ein Notarzt nachzufordern. Wie üblich, ist der Betroffene vor Wärmeverlust zu schützen.

4. Ursachen bzw. Symptome für Atemwegsstörungen sind häufig Stridor, Schwellung von Zunge, Rachen und/oder Kehlkopf sowie heisere Stimme.

5. Eine Atemstörung zeigt sich durch ein pfeifendes Atemgeräusch, zunehmende Ermüdung, Kurzatmigkeit, Verwirrtheit aufgrund der Hypoxie und Atemstillstand.

6. Zu den typischen Kreislaufstörungen gehören blasse, feuchte Haut als Zeichen eines Schocks, gesteigerte Pulsfrequenz, Blutdruckabfall, veränderter Bewusstseinszustand, myokardiale Ischämie und Herz-Kreislauf-Stillstand.

7. Die Lagerung hat der Situation angepasst zu erfolgen, bei Kreislaufproblemen zum Beispiel in Flachlage auf dem Rücken, sonst Oberkörperhochlagerung (30 – 45 Grad)

8. Nach Möglichkeit ist die Allergenzufuhr umgehend zu stoppen. Eine mögliche Schwellung zum Beispiel infolge eines Insektenstichs sollte gekühlt werden.

9. Alle Patienten mit einer Anaphylaxie benötigen früh eine hoch dosierte Sauerstoffgabe (10 – 15 l/min über Maske).

10. Adrenalin ist das wichtigste Medikament zur Behandlung einer anaphylaktischen Reaktion. Der Wirkstoff wird in diesem Fall intramuskulär (i.m.) appliziert.

Hinweise für Ersthelfer:

Wespenstich-im-MundFür Ersthelfer gilt nach einem Insektenstich: Ist der Stachel zu sehen, ihn vorsichtig mit einer Pinzette entfernen. Danach kann die Körperstelle rund um den Stich mit kalten Umschlägen gekühlt werden, damit die Schwellung schneller abklingt. Menschen, die über ihre Allergie auf Insektengift Bescheid wissen, haben oft eigene Notfallmedikamente dabei. Als Ersthelfer kann man ihnen bei der Einnahme helfen. Das Lutschen von Eis hilft, das Zuschwellen der Atemwege zu vermeiden. Sollten Allgemeinsymptome wie Atemnot oder Kreislaufprobleme auftreten, unbedingt den Notruf 112 wählen.

Quelle: ÖRK

(zuletzt aktualisiert: 19.04.2017; Symbolfoto: Markus Brändli)

Larynxtubus-Anwendung: Schritt für Schritt erklärt

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Larynxtubus_580Bremen (rd_de) – Die Larynxtubus-Anwendung (LT) hat längst Eingang in den rettungsdienstlichen Alltag gefunden. Der LT hat die notfallmäßige, chirurgische Atemwegssicherung im Rettungsdienst zu einer Ultima-Ratio-Maßnahme gemacht. Eigentlich als Rückfallebene bei schwieriger bzw. unmöglicher endotrachealer Intubation gedacht, wird aber vor allem im Rettungsdienst das Larynxtubus-Set oft auch primär angewandt. So wird der Larynxtubus gerade in Reanimationssituationen häufig noch vor Eintreffen des Notarztes vom Rettungsfachpersonal eingesetzt. In diesen Situationen sollte grundsätzlich ein Larynxtubus mit zusätzlichem Drainagekanal verwendet werden.

(Text: Thomas Semmel, Notfallsanitäter, Dozent im Rettungsdienst, ERC Educator und ALS-Instruktor; Fotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 20.04.2017)

Und so wird’s gemacht:

1. Larynxtubus-Set: Larynxtuben werden in verschiedenen Größen für Kinder und Erwachsene angeboten.

1. Larynxtubus-Set: Larynxtuben werden in verschiedenen Größen für Kinder und Erwachsene angeboten.

 

3. Vor Einführung des Tubus muss der Cuff entblockt und der Tubus mit Gleitmittel versehen werden.

2. Vor Einführung des Tubus muss der Cuff entblockt und der Tubus mit Gleitmittel versehen werden.

4. Mund öffnen und Tubus bis zur mittleren Zahnreihenmarkierung in den Mund-Rachen-Raum einführen.

3. Den Mund idealerweise mit dem so genannten Kreuzgriff öffnen und den Larynxtubus in den Mund-Rachen-Raum bis zur oberen Zahnreihenmarkierung einführen.

5. Mittels Farbcodierung ist das erforderliche Füllvolumen für den Cuff einfach zu applizieren. Hierbei verlagert sich der Tubus nochmals leicht.

4. Den Cuff mittels der farbcodierten Spritze mit dem empfohlenen Volumen füllen. Hierbei verlagert sich der Tubus nochmals leicht. Anschließend mit einem Cuffdruckmesser den Cuffdruck kontrollieren.

5. Tubuslage und anschließende Beatmung mittels Kapnografie überwachen. Zusätzlich kann auch eine Auskultation erfolgen.

 

7. Korrekte Lage des Larynx-Tubus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Grand mal-Anfall: Ursachen und Symptome

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Grand mal AnfallBremen (rd_de) – Ist von einem epileptischen Krampfanfall die Rede, wird dieser Begriff häufig unscharf verwendet. Er hält als genereller Sammelbegriff für einen zerebralen Krampfanfall her. Als klassischer Krampfanfall gilt für viele der Grand mal-Anfall.

Typischerweise stellen solche Anfälle meist unwillkürliche „Zuckungen“ oder „Krämpfe“ des gesamten Körpers oder verschiedener Körperregionen dar. Insofern wird hier zwischen generalisierten und fokalen Krampfanfällen unterschieden. Diese werden durch gleichzeitige Erregung vieler verschiedener Nervengruppen im Gehirn, mit daraus resultierenden unwillkürlichen Entäußerungen ausgelöst. Sie können mit und ohne Bewusstseinsverlust einhergehen.

Eine Unterscheidung wird hierbei auch zwischen dem Grand mal-Anfall und dem Petit mal-Anfall getroffen. Die Einteilung der Anfälle kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen; also zum Beispiel tonisch oder klonisch, generalisiert oder fokal.

Grand mal: Phasen des Anfalls

Der so genannte Grand mal-Anfall oder auch tonisch-klonischer Krampfanfall genannt, läuft typischerweise in mehreren Phasen ab. Manche Patienten haben eine gewisse unspezifische Vorahnung, die jedoch meist nicht genauer definiert werden kann und unterschiedlich lange dauert. Mediziner sprechen in solch einem Fall von einer Aura. Eine Aura ist aber nicht zwingend Bestandteil eines zerebralen Krampfanfalles.

Mehr zum Grand mal-Anfall und Status epilepticus in unserem eDossier „Zerebraler Krampfanfall“, das hier heruntergeladen werden kann.

Die nächste Phase geht mit Bewusstlosigkeit und plötzlich eintretenden Versteifungen aller Muskeln einher. Dies ist die tonische Phase des Anfalls, die in der Regel sehr kurz dauert. In dieser Phase kommt es durch die plötzliche Muskelversteifung – kombiniert mit dem Bewusstseinsverlust – häufig zu Stürzen mit teils schweren Begleitverletzungen. Letztere treten auf, da sämtliche Abwehr- oder Abstützreaktionen beim Sturz fehlen. In diesem Teil des Krampfanfalls entsteht auch der typische Zungenbiss. Häufig geben die Patienten einen so genannten „Initialschrei“ von sich.

Anschließend geht der Anfall in die klonische Phase über, die mehrere Minuten dauern kann. Selten hält sie länger als drei Minuten an. Hier entstehen durch die abwechselnde Kontraktion und Entspannung verschiedener Muskelgruppen die typischen Zuckungen.

Da die zur geordneten In- und Exspiration erforderliche Muskulatur ebenfalls dieser unkontrollierbaren Muskelarbeit ausgesetzt ist, erfolgt auch keine suffiziente Atmung. Die Folge ist eine teils ausgeprägte Zyanose. Zusätzlich zeigt sich vielfach ein starkes Speicheln, was sich als „Schaum vor dem Mund“ darstellt.

Im Anschluss daran tritt die postiktale Phase (Erholungsphase) ein. Hier befindet sich der Patient in einem bis zu Stunden dauernden sehr tiefen Schlaf. Bis die volle Orientierung wieder zurückkehrt, dauert es unterschiedlich lange. Diese Erholungsphase ist Ausdruck des enormen Energieverlustes in erster Linie des Gehirns, aber auch der Muskulatur. Neben Kopfschmerzen und Schmerzen aufgrund eines möglichen Zungenbisses leiden die Patienten häufig auch unter einem stark ausgeprägten Muskelkater.

Status epilepticus kann lebensbedrohlich sein

Der Großteil der zerebralen Krampfanfälle klingt von allein ab. Besteht der Anfall jedoch fort oder kommt es in kurzer Zeit zu immer wieder auftretenden Anfällen, liegt ein Status epilepticus vor. Dieser kann durchaus lebensbedrohlich sein und bedarf der umgehenden medikamentösen Therapie.

Neben den teils schweren Sturzverletzungen liegt die potentielle vitale Bedrohung vor allem an dem möglichen Übergreifen der neuronalen Übererregbarkeit auf das Stammhirn. Hier befinden sich das Atem- und das Kreislaufzentrum.

Im klinischen Alltag hat sich eine pragmatische Definition des Status epilepticus durchgesetzt: Mediziner sprechen im Allgemeinen von einem solchen generalisierten tonisch-klonischen Anfallsstatus, wenn er länger als fünf Minuten dauert oder mehrere Sequenzen ohne vollständige Erholung in Folge auftreten. Handelt es sich um einen fokalen Anfall oder eine Abscence, wird ab einer Dauer von 20 bis 30 Minuten von einem Status epilepticus gesprochen.

Epilepsie: Erste-Hilfe-Maßnahmen

Sollte der Patient beim Eintreffen des Rettungsdienstes noch krampfen, ist möglichst schnell ein venöser Zugang zu legen. Durch diese Behandlung kann der Anfall medikamentös durchbrochen werden.

Erfahrungsgemäß gestaltet sich die Venenpunktion jedoch in genau diesen Fällen ausgesprochen schwierig. Deshalb gilt: Sollte die zeitnahe Punktion einer peripheren Vene nicht gelingen, darf auch vor einem intraossären Zugang nicht zurückgeschreckt werden. Über diesen können die antikonvulsiven Medikamente analog der intravenösen Dosierung verabreicht werden.

Allerdings stehen auch weniger invasive Wege der Medikamentenapplikation zur Verfügung. Mittlerweile gut etabliert ist die nasale Applikation zum Beispiel von Midazolam über einen Zerstäuber (Vorsicht, Off Label Use!). Tavor kann sublingual bzw. buccal (in die Wangentasche) verabreicht werden. Insbesondere bei Kindern bietet sich auch die rektale Diazepamgabe über ein Zäpfchen oder eine Rektiole an.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; 20.04.2017)


Rauchgasvergiftung: Symptome und Therapie

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Reanimation_580Bremen (rd_de) – Eine Rauchgasvergiftung ist die häufigste Todesursache bei Wohnhausbränden. Der Brandrauch ist toxisch, und die Zusammensetzung der Rauchgase kann ganz unterschiedlich sein. Sie hängt nicht zuletzt von den verbrannten Gegenständen ab. Kohlenstoffdioxid (CO2) kann bei Zimmerbränden eine Konzentration entwickeln, die innerhalb von einer Minute zum Tod führt. Nicht nur der Feuerwehr sollte das bekannt sein.

Fast täglich erreichen uns Nachrichten, wonach Bewohner von Häusern zum Opfer von Brandrauch geworden sind. Die Ursachen sind sehr verschieden. In allen Fällen aber haben die Betroffenen die im Rauch enthaltenen Atemgifte aufgenommen. Diese Gifte können durch Veränderung der Durchlässigkeit des Lungengewebes zu einem toxischen Lungenödem führen.

Dies muss allerdings nicht zwangsläufig sofort entstehen. Je nach Konzentration der inhalierten toxischen Substanzen kann es auch erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung entstehen. Deswegen wird empfohlen, Patienten mit einer vermuteten Rauchvergiftung für 24 Stunden stationär zu überwachen. Dies gilt selbst dann, wenn zunächst kaum Symptome vorliegen. Zweifellos handelt es sich dabei aber um eine sehr individuelle Entscheidung. Wichtig ist im Falle einer ambulanten Behandlung aber, dass die Patienten eingehend aufgeklärt werden.

Rauchgasvergiftung: Therapie im Rettungsdienst

Die empfohlene Therapie besteht in der Akutphase vor allem in der Inhalation von Sauerstoff. Die früher standardmäßig applizierten kortisonhaltigen Inhalativa wie Auxiloson oder Ventolair verlieren zunehmend an Bedeutung. Der Nutzen scheint nicht eindeutig belegt zu sein. Allerdings schaden sie nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht.

Anders sieht es beim intravenös verabreichten Cortison aus. Davon wird mittlerweile auch bei bestehender Bronchospastik abgeraten. Es hat sich gezeigt, dass das Outcome von Patienten, die Kortisonpräparate bei einer schweren Rauchgasvergiftung erhalten haben, deutlich schlechter war als bei Patienten ohne diese Therapie. Einer der Gründe hierfür liegt in der immunsuppressiven Wirkung von Kortikoiden.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; 25.04.2017)

eDossier DyspnoeWelche Maßnahmen der Rettungsdienst ergreifen muss, sollte er Patienten mit akuter Atemnot antreffen, erfahren Sie in unserem eDossier „Leitsymptom Dyspnoe“, das Sie hier herunterladen können.

Überregionaler Stromausfall: Die Folgen für den Rettungsdienst

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shooting füer RettMag Thema StromausfallBremen (rd_de) – Was wäre, wenn in ganz Norddeutschland für 18 Stunden der Strom ausfiele? Vor welchen Herausforderungen stünden Einsatzleitung und Rettungsfachpersonal in einer solchen Situation? Anhand eines fiktiven Beispiels zeigen wir die möglichen Folgen eines Stromausfalls für den Rettungsdienst.

In der Nacht zum 29. August 2016 war plötzlich ganz Norddeutschland ohne Elektrizität. In Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen brach das Stromversorgungsnetz zusammen.

Der Ausfall der Stromverbindung in den nördlichen Bundesländern überlastete die von Westen und Osten kommenden Versorgungstrassen. Die Folge war ein Dominoeffekt, der die Stromversorgung in Norddeutschland zum Kollabieren brachte.

Manchem mag dieses Szenario wie aus einem Science-Fiction-Roman vorkommen. Tatsache ist aber, dass alle elf Jahre die Sonne eine erhöhte Aktivität zeigt. Astronomen erkennen diese Aktivitäten an der Zahl der Sonnenflecken.

Und einen großflächigen Blackout durch einen Sonnensturm hat es schon einmal gegeben: Am 13. März 1989 brach das Netz eines regionalen Stromversorgers in der Provinz Quebec (Kanada) zusammen. Binnen 90 Sekunden saßen sechs Millionen Menschen im Dunkeln – für neun Stunden.

Der durch die Teilchenstrahlung erzeugte Magnetsturm koppelte sich in die langen Überlandleitungen ein; die Verteilerstationen und Transformatoren brachen daraufhin unter der Fremdlast zusammen.

Rettung im Licht von Pupillenleuchten

Im fiktiven Beispiel neigt sich die Nachtschicht auf der Rettungswache langsam dem Ende zu. Auch hier haben die Einsatzkräfte den Stromausfall registriert. Kurz danach geht um 05.30 Uhr der Piepser los.

Im fahlen Licht der Fluchtwegebeleuchtung macht sich das Rettungsteam auf den Weg zum Einsatzfahrzeug. Der Funk ist stark gestört. Minuten brauchen die Rettungsassistenten, um mit der Notkurbel das schwere Rolltor hochzuziehen. Geprobt wurde so etwas noch nie.

Auf dem Weg zur Einsatzstelle sind die Straßen leer und dunkel. Alle Ampeln sind ausgefallen. Eintreffen am Einsatzort; der Notarzt ist schon da. Auch hier: Alles ist stockdunkel. Das Rettungsteam nimmt Handscheinwerfer aus den Fahrzeugen mit. Die Finsternis macht der Patientin Angst und verstärkt ihre Atemprobleme.

Eine Versorgung quasi im Lichtkegel von Pupillenleuchten hat keinen Zweck. Nachbarn leuchten deshalb mit Taschenlampen den Weg aus, als die Frau durch das Treppenhaus zum RTW getragen wird.

Züge bleiben stehen

Es ist mittlerweile 06.45 Uhr: der Berufsverkehr hat eingesetzt. Obwohl die wenigsten Menschen an ihrem Arbeitsplatz ohne Strom viel ausrichten können, versuchen unzählige an ihre Arbeitsplätze zu gelangen. Wer kann, macht sich im Auto auf den Weg. Schnell sind die Straßen verstopft. Es kommt zu zahlreichen kleineren Unfällen.

Übung mit THW, Feuerwehr, DRK auf dem Truppenübungsplatz bei Stetten am kalten Markt. Julian Bauder

Käme es zu einem langandauernden, umfangreichen Stromausfall, wären auch die Betreuungseinheiten der Hilfsorganisationen gefordert.

Ein Nachtzug und drei Regionalzüge sind beim Stromausfall auf freier Strecke stehengeblieben. Die Züge müssen von Einsatzkräften evakuiert werden. Immerhin sind die U-Bahnen in vielen Städten so abgesichert, dass sie noch den nächsten Haltepunkt erreichen.

„3-83-1, fahren Sie mal Hinkebeinstraße 19. Meldung kam über ein paar Ecken, unklarer internistischer Notfall.“ Am Einsatzort steht eine Altenpflegerin mit einem Beatmungsbeutel in der Hand neben einem privat gepflegten Tracheostoma-Patienten. Der Akku des Beatmungsgeräts ist leer. Der Mann muss dringend in einer Klinik weiter beatmet werden.

Auch die KTW-Besatzungen haben alle Hände voll zu tun. Sie wollen die vorbestellten Fahrten abarbeiten, stoßen allenthalben auf Probleme. Die Krankenhäuser berichten über volle Ambulanzen, Arztpraxen können nur manuelle Untersuchungen durchführen. Eine Dialysepraxis nimmt wegen des Stromausfalls derzeit keine Patienten auf. Eine KTW-Besatzung muss deshalb ihre Patientin unverrichteter Dinge wieder ins Pflegeheim zurückbringen.

Dialyse fällt heute aus

Der Oberbürgermeister stellt aufgrund der Lage um kurz nach 08.00 Uhr den Katastrophenfall fest. Damit kann nun im großen Umfang Unterstützung des Technischen Hilfswerks (THW) und der Bundeswehr angefordert werden.

Der Krisenstab bittet das THW, besonders zu schützende Einrichtungen mit Notstrom zu versorgen. Welche Einrichtungen das sind, bestimmt der Notfallplan.

Nachdem die Energieversorger nur wenig Hoffnung machen, die Stromversorgung in den nächsten Stunden wieder herstellen zu können, rückt die Frage nach der Sicherstellung der Treibstoffversorgung in den Mittelpunkt der Bemühungen. Bundesweit gab es 2008 gerade einmal 15 öffentliche Tankstellen mit eigenem Notstromaggregat.

Um für die zu treffenden Maßnahmen Zeit zu gewinnen, werden alle Rettungs- und Krankenwagen angewiesen, nach Übergabe von Patienten am Zielort Standwache zu beziehen. So sollen unnütze Leerfahrten vermieden werden.

Die Stadtverwaltung möchte derweil am Güterbahnhof vier Zapfsäulen notstromfähig machen lassen. Die Zapfsäulen sollen ausschließlich Einsatzfahrzeugen zur Verfügung stehen. Für das Vorhaben soll eine Elektrikerfirma beauftragt werden. Wegen Problemenmit der telefonischen Erreichbarkeit suchen Mitarbeiter des Ordnungsamtes schließlich das Unternehmen gegen 08.30 Uhr persönlich auf.

An der Tankstelle am Güterbahnhof stellt eine DRK-Bereitschaft das Aggregat ihres Lichtmastfahrzeugs bereit. Die Elektriker sollen nun einen provisorischen Stromeinspeisepunkt und eine Erdung herstellen, damit die Zapfsäulen sicher in Betrieb gehen können.

Rettungswagen im Verlegungsstress

In der Zwischenzeit melden sich zwei Pflegeheime fast zeitgleich in der Leitstelle und bitten dringend um Hilfe: Die unterbrechungsfreien Stromversorgungen der Pflegestationen sind aufgebraucht. Auch hier gibt es beatmete Pflegepatienten.

shooting füer RettMag Thema Stromausfall

Das Öffnen eines elektrischen Garagentors von Hand dürften die wenigsten Einsatzkräfte geübt haben.

Um nicht weitere Rettungswagen mit Beatmungspatienten zu blockieren, sollen pneumatische Beatmungsgeräte aus Katastrophenschutzbeständen eingesetzt werden. So will man die Zeit überbrückt, bis die Patienten nach und nach in Krankenhäuser verlegt werden können. Der Plan schlägt allerdings fehl, weil die Pflegepatienten assistiert beatmet werden sollen. Es hilft nichts: Der Rettungsdienst muss die Beatmungsfahrten sofort durchführen.

Im Beispielszenario scheint sich gegen 10.00 Uhr die Lage zu beruhigen. Immer weniger Notrufe erreichen die Leitstelle. Der Grund für die scheinbare Entspannung liegt allerdings darin, dass inzwischen das Mobilfunknetz weitgehend ausgefallen ist.

Die Netzknoten sind mit Notstromdieseln zwar für bis zu einer Woche gegen Stromausfall gesichert. Die gewöhnlichen Mobilfunkmasten halten bei Stromausfall den Betrieb mit Akkus aber nur für sechs bis 18 Stunden aufrecht. Durch die hohe Netzlast sind die Akkus an den Sendemasten der Mobilfunknetze schnell aufgebraucht.

Notrufproblem erzeugt Fehlfahrten

Immerhin: Das Telefon-Festnetz, ISDN und sogar Internet-DSL sind noch betriebsbereit. Das Telefonnetz kann für mehrere Tage per Notstrom aufrechterhalten werden. Ein Problem ist aber, dass die wenigsten privat genutzten Telefone über einen Akku zur Überbrückung eines Netzstromausfalls verfügen. Die Leuchten an NTBA und DSL-Splitter signalisieren also unverdrossen Betriebsbereitschaft. Das DSL-Modem benötigt aber eine externe Versorgungsspannung, die beim Stromausfall fehlt.

Das Internet könnten Notebook-Nutzer mit eingebautem Analogmodem und vollem Akku noch nutzen – vorausgesetzt, sie haben die Zugangsnummer eines Internet-by-call-Anbieters zur Hand.

Einen Notruf abzusetzen, ist in dieser Situation also schwierig. Viele Betroffene wenden sich daher hilfesuchend an Krankenhäuser, Rettungswachen, Feuerwehrhäuser und Polizeistationen. Sogar Taxistände werden aufgesucht, um Notfälle zu melden.

Telefonverbindungen zwischen Feuer- und Rettungsleitstellen sowie der Polizei – in manchen Städten auch zu Krankenhäusern – sind ausfallsicher. Vorausschauend wurden sie in einem separaten analogen Schalttelefonnetz zusammengeschlossen. Strenggenommen ein Relikt aus den Zeiten des Kalten Krieges. Heute fallen sie deshalb nicht selten den aktuellen Leitstellenmodernisierungen zum Opfer.

Kein Digitalfunk mehr in Niedersachsen

Das Notrufproblem sorgt für Unruhe in der Bevölkerung. Viele müssen feststellen, dass sie sich auf den Notruf 112 nicht mehr wie gewohnt verlassen können. Folge: Der Rettungsdienst registriert einen deutlichen Anstieg von Fehlfahrten, weil die Patienten zwischenzeitlich mit anderen Transportmitteln ins Krankenhaus gebracht wurden.

Stromausfall_Rettungsdienst_Global Blackout_Krisenmanagement

Zum Vergrößern anklicken!

Derweil kann der digitale Einsatzfunk in Bremen und Niedersachsen nicht mehr genutzt werden. Die Funkzellen des digitalen BOS-Funks sind in den beiden Bundesländern nur mit zwei Stunden Akku-Überbrückung versehen.

Zwar schlossen die Länder Kooperationsverträge mit dem THW, um sich für solche Situationen zu schützen. Allerdings können die Versorgungsaggregate nach DIN 14 685 derzeit noch nicht an die Basisstationen angeschlossen werden. Nur in Hamburg kann noch digital gefunkt werden, weil dort viele TETRA-Basisstationen mit festen Notstromaggregaten ausgestattet worden sind.

In Niedersachsen wurden fünf von 430 TETRA-Basisstationen zwar mit Wasserstoff-Notstromeinrichtungen ausgerüstet, die wenigstens 48 Stunden Strom liefern sollen. Doch die Kapazitäten sind zu schwach, um den Digitalfunk in dieser Situation zu „retten“.

Treibstofflogistik organisieren

Der Krisenstab entscheidet daher, zwei analoge BOS-Relaisstationen mit externem Notstrom zu versorgen. Hier sind die Einspeisepunkte und Erdungsmöglichkeiten der Anlagen genau bekannt. Zwei mobile Stromerzeuger werden vom DRK bereitgestellt.

Die Frage nach der Treibstofflogistik wird drängender. Auch das Technische Hilfswerk weist auf dieses Problem hin, kann materiell aber nicht weiterhelfen. Die THW-Stützpunkte bevorraten nämlich keine Gefahrstoffe, also auch kein Benzin für solche Schadenslagen. Die ersten Notstromaggregate sind in Betrieb, ihre Laufzeiten hängen von der entnommenen Stromlast ab. Genau Angaben, wann welches Stromaggregat leerläuft, gibt es nicht.

Stromausfall_Rettungsdienst_Global Blackout_Krisenmanagement_III

Versorgungszüge sind darauf eingestellt, binnen kurzer Zeit eine größere Zahl von Personen mit Essen und Trinken zu versorgen.

Im hier geschilderten fiktiven Szenario geht die Tankstelle für Einsatzfahrzeuge gegen 12.00 Uhr in Betrieb. Die Leitstelle beordert die Rettungsmittel in kleinen Gruppen zur Tankstelle, weil sich sonst ein großer Stau bilden würde.

Die Stadtwerke melden gegen 14.00 Uhr einen verminderten Wasserdruck im Stadtgebiet. In der Regel sind die Grundwasserpumpstationen mit einer Notstromversorgung gekoppelt, die eine Wasserversorgung für Zeiträume zwischen zwölf und 24 Stunden gewährleistet. In Hochhäusern oder Hanglagen werden die Druckerhöher jedoch nicht mit Notstrom abgedeckt. Fließendes Wasser gibt es in Städten deshalb vermutlich nur noch bis zum dritten Obergeschoss.

Auch die Feuerwehr muss sich auf den geringeren Druck einstellen. Die Hydranten werden weniger Wasser liefern als üblich. Gleichzeitig steigt die Zahl von Bränden. So endet der Versuch einer Frau, einen alten Campingkocher in Betrieb zu nehmen, mit einer Verpuffung. In den Abendstunden verursachen unbeaufsichtigte Kerzen zahlreiche Zimmerbrände. Darüber hinaus erleiden diverse Personen Kohlenmonoxid- Vergiftungen, weil sie unwissend Holzkohlegrills im Wohnzimmer angezündet hatten.

Hilfsorganisationen haben mittlerweile an diversen Stellen in der Stadt Feldküchen aufgebaut. Hier gibt es kostenlos Tee und eine warme Mahlzeit für die Bevölkerung. Langsam bekommt man die Lage in den Griff. Die Maßnahmen greifen, das Chaos lichtet sich. Und gegen 22.00 Uhr gehen tatsächlich in den ersten Bezirken die Lichter wieder an. Der Alptraum geht zu Ende.

(Text: Mario Gongolsky, Rettungsassistent, OrgL, Absolvent der Weiterbildung „Management in Hilfeleistungsunternehmen“; Fotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 02.05.2017)

Partydrogen: Symptome erkennen, richtig behandeln

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Intoxikation Partydroge

Bremen (rd_de) – Cannabis, Ecstasy, Kokain, Christal Meth und andere Amphetamine sind als beliebte „Partydrogen“ weit verbreitet. In den letzten Jahren rückten weitaus härtere Substanzen in den Fokus. Der Begriff „Partydroge“ verharmlost dabei die hohe Suchtgefahr und führt immer wieder dazu, dass die Wirkungen und damit auch die Risiken unterschätzt werden. Wir geben einen Überblick über aktuelle Substanzen und welche Maßnahmen vom Rettungsfachpersonal durchgeführt werden können. 

Eine so genannte „Partydroge“ ist keinesfalls als Synonym für ein ungefährliches Rauschmittel zu verstehen. Die Bezeichnung geht vielmehr darauf zurück, dass die entsprechenden Drogen zumeist auf Partys bzw. in Discotheken, Clubs und Bars eingenommen werden. Die Konsumenten wollen durch die Substanzen in einen schwerelosen, ungehemmten Rauschzustand gelangen und Ermüdungserscheinungen des Körpers ausblenden, um möglichst lange feiern zu können.

Entsprechende Drogen finden aber auch bei anderen Gelegenheiten Verwendung, etwa um die Leistung zu steigern, sich sexuell zu stimulieren oder eine euphorische Stimmung zu entwickeln. Ein Konsumschwerpunkt ist erfahrungsgemäß vor allem in Discos und Clubs mit elektronischer Musik (Techno, Elektro, House) zu finden.

So erklärt sich auch, dass Cannabis nicht (mehr) zu den Partydrogen gezählt wird, obwohl der Konsum gerade im Rahmen von bzw. nach entsprechenden Feierlichkeiten stattfindet. Cannabis wirkt eher beruhigend und ermüdend, verfehlt also die gewünschte Wirkung. Gelegentlich wird Cannabis nach einer durchfeierten Nacht eingenommen, um den Körper nach Einnahme einer modernen Partydroge wieder „herunterzuregeln“ und so ein wenig Schlaf zu finden.

Auch Kokain ist nur noch eingeschränkt als Partydroge zu sehen. Zwar entfaltet Kokain eine entsprechende Wirkung. Doch letztendlich findet der Konsum in der Party-Szene erheblich seltener statt, da die Preise sehr hoch sind. Als typische Partydroge werden daher aktuell eher Speed, Ecstasy, LSD, GHB oder Crystal Meth bezeichnet.

Gerade – aber nicht nur – in Großstädten wird der Rettungsdienst immer häufiger mit Drogenintoxikationen konfrontiert. Auch der Sanitätsdienst, zum Beispiel bei Musikfestivals, muss sich vermehrt um entsprechende Patienten kümmern.

Crystal Meth

Crystal Meth gilt derzeit als eine der härtesten Drogen weltweit. 18 Millionen Menschen schniefen, rauchen oder spritzen den Stoff. Crystal Meth hat die USA bereits fest im Griff. Von Tschechien aus schwappt die Welle gerade nach Deutschland herüber.

Erstaunlicherweise handelt es sich bei Crystal Meth keineswegs um eine neue Substanz. Ein japanischer Chemiker synthetisierte sie im Jahr 1919 erstmalig; 1930 gelangte der Stoff dann nach Deutschland. Hier wurde er für den Einsatz im militärischen Bereich weiterentwickelt und kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs als Pervitin auf den Markt gebracht. Unter dem Begriff „Panzerschokolade“ konsumierten die Soldaten den Stoff, der sie zu immer neuen Höchstleistungen antrieb. Auch Hitler selbst soll regelmäßig Pervitin eingenommen haben. Erst 1988 wurde Pervitin vom Markt genommen.

Laut Bundeskriminalamt wurde 2011 in Deutschland eine Rekordmenge von rund 1,4 Tonnen Amphetamin und Methamphetamin beschlagnahmt. Vor allem bei Crystal Meth fanden die Sicherheitsbehörden deutlich größere Mengen als im Jahr zuvor. Der Grund für den rapiden Anstieg liegt nicht zuletzt in Tschechiens Drogenpolitik. Seit 1. Januar 2010 dürfen die Bürger unseres östlichen Nachbarlandes zwei Gramm Crystal Meth legal bei sich führen.

Crystal Meth bzw. Methamphetamin ist ein starkes Psychostimulans auf Amphetamin- Basis. Im Vergleich zu gewöhnlichem Amphetamin (Speed) wirkt Crystal Meth etwa fünfmal stärker. Die Substanz ist in kristalliner Form oder als Pulver erhältlich, gelegentlich auch in Form von Kapseln. In kristalliner Form erinnert der Stoff an Eiskristalle oder Glassplitter, deshalb auch die Bezeichnung „Crystal“ (Kristall). Crystal kann geschnieft, geraucht, gespritzt und geschluckt werden. In Deutschland ist vor allem das Schniefen verbreitet.

Die Wirkung von Crystal Meth ist abhängig von Dosis, Wirkstoffgehalt, der individuellen Gewöhnung, der Verabreichungsform sowie der körperlichen und psychischen Verfassung des Abhängigen. Es bewirkt eine vermehrte Ausschüttung der Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin sowie Dopamin im Gehirn und führt dem Körper keine Energie zu, sondern täuscht eine plötzlich auftretende Gefahrensituation vor. Folglich steht der Organismus unter Dauerstress. Die körperlichen Warnsignale wie Hunger, Durst, Schmerzempfinden und Müdigkeit werden unterdrückt oder gar nicht mehr wahrgenommen.

Der Konsum von Crystal Meth führt sehr schnell zu einer schweren psychischen Abhängigkeit. Rasch werden hohe Konzentrationen im Körper und besonders im Gehirn erreicht. Nebenwirkungen wie beispielsweise Tachykardien nimmt der Betroffene deutlich weniger wahr. Crystal Meth kann also höher dosiert werden als herkömmliches Speed. Der Körper gewöhnt sich auch schneller an Methamphetamin als an Speed oder Kokain. Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, muss folglich die Dosis stetig erhöht werden. Der Mediziner nennt dies Toleranzentwicklung.

Crystal Meth gilt als starkes Nervengift. Es zerstört Nervenzellen und führt zu Schädigungen im Gehirn. Das bedeutet, Abhängige bauen mit der Zeit nicht nur körperlich, sondern vor allem auch geistig ab. Da der Körper immer unter Dauerstress steht, kommt es in der Folge zu wesentlichen körperlichen Veränderungen: Anstieg der Körpertemperatur sowie des Blutdrucks, Tachykardie und -pnoe. Schmerzempfinden und Schlafbedürfnis werden unterdrückt, Hunger und Durstgefühl sind herabgesetzt. Es bestehen ein starker Bewegungsdrang, vermehrtes Schwitzen, aufgerissene Augen und ein ausgesprochener Rededrang. Typisch sind auch starke Euphorie, übersteigertes Selbstbewusstsein, erhöhte Risikobereitschaft, eine luststeigernde, enthemmende Wirkung, Gedankenflucht mit Gedankensprüngen, Wortfindungsstörungen und ein gestörtes Zeitempfinden.

Typische kurzfristige Nebenwirkungen einer Crystal-Meth-Einnahme sind Tachykardien, Schweißausbrüche, Zittern, Muskelkrämpfe, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit und Halluzinationen. Nach der euphorisierenden Wirkung kommt es zu ausgeprägten, oftmals tagelangen Nachwirkungen. Ursächlich sind vermutlich die leeren Dopamin- und Noradrenalin-Speicher im Gehirn, die sich nur sehr langsam wieder auffüllen. Diese Nachwirkungen werden von den Abhängigen oftmals als Entzugserscheinungen empfunden, was zu erneuter Drogeneinnahme führt.

Typische Nachwirkungen sind beispielsweise depressive Verstimmung, starke Müdigkeit, Erschöpfungs- und Katerstimmung, Antriebs- und Interessenlosigkeit, Schlafstörungen, die Tage bis Wochen dauern können, sowie Konzentrationsschwierigkeiten und generelle Gedächtnisbeeinträchtigungen. Crystal Meth ist eine hochpotente Substanz. Das Risiko lebensgefährlicher Überdosierungen ist sehr groß. Mögliche Anzeichen einer Überdosierung können Hyperthermie, starkes Schwitzen, starke Kopfschmerzen, trockener Mund, Übelkeit und Erbrechen, plötzlicher Blutdruckabfall, Lähmungserscheinungen, Bewusstlosigkeit oder eine Intoxikationspsychose mit einem Realitätsverlust und Angst sein. Im schlimmsten Fall kann es zum Herzstillstand kommen.

Wird Crystal Meth über einen längeren Zeitraum eingenommen, kommt es zu körperlichen Langzeitwirkungen. Fast alle chronisch Abhängigen leiden an starkem Gewichtsverlust, Störungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit, chronischen Hautentzündungen („Crystal Akne“), Schädigungen der Zähne bis zum Zahnausfall, Magenerkrankungen (Magengeschwür bis hin zur Perforation), Herzrhythmusstörungen, Störungen des Monatszyklus, Schwächung des Immunsystems mit erhöhter Infektionsanfälligkeit, einem beschleunigten, vorzeitigen Alterungsprozess oder Nieren- und Leberschäden. Auch ein Apoplex kann sich im Rahmen der dauerhaften Einnahme entwickeln.

Mindestens ebenso gefährlich sind die psychischen Langzeitwirkungen wie Depressionen, Angstzustände und Panikattacken, aggressives Verhalten gegen sich selbst und andere, Verfolgungswahn, Halluzinationen, Zwangsgedanken und -handlungen, starke Persönlichkeitsveränderungen, ständige körperliche Unruhe, Schlafstörungen, Essstörungen und ein erhöhtes Suizidrisiko.

GHB/GBL – „Liquid Ecstasy“

Gamma-Butyrolacton (GBL) ist ein Grundstoff zur Herstellung von Gammahydroxybuttersäure (GHB). Die Substanz wird auch „Liquid Ecstasy“ genannt, obwohl es keinerlei chemische Verwandtschaft zu Ecstasy aufweist und auch von seiner Wirkung her Ecstasy nicht ähnelt. In der Vergangenheit wurdeGHB unter dem Namen „K.o.-Tropfen“ bekannt.

GHB wurde 1960 als verschreibungspflichtiges Medikament mit der Anwendung als Anästhetikum, Antidepressivum und Wachmacher zugelassen, aber auch als Entzugsmittel bei Suchtkrankheiten, vor allem bei Alkohol und Opiaten.

KO-Tropfen

Heute wird GBL als Lösungsmittel in der Industrie und als Ausgangsstoff zur Herstellung von Pharmazeutika und Chemikalien eingesetzt. Es ist in seiner Wirkung dem GHB sehr ähnlich. GBL wird im Körper zu GHB umgewandelt und kann daher dieselben tödlichen Vergiftungserscheinungen hervorrufen. GBL ist schwieriger zu dosieren als GHB, da die Substanz individuell unterschiedlich aufgenommen und unterschiedlich schnell umgewandelt wird.

GHB unterliegt seit März 2002 dem Betäubungsmittelgesetz. GBL zwar nicht, wurde jedoch als bedenkliches Arzneimittel eingestuft. GHB ist eine geruchs- und farblose Flüssigkeit. Selten taucht die Substanz in Pulverform auf.

Nach der oralen Einnahme kommt es bereits nach fünf Minuten zu einer ein- bis dreistündigen Wirkung. In Einzelfällen kann die Wirkung auch bis zu einem Tag dauern. Der Effekt von GHB ist stark dosisabhängig und variiert darüber hinaus auch je nach individueller Empfindlichkeit von Mensch zu Mensch. Die Wirkung kommt einem Alkoholrausch sehr nahe: Es tritt ein Zustand der Entspannung, starker Euphorie, sexueller Anregung, Antriebssteigerung sowie intensiverer Wahrnehmung der Umwelt ein. Höhere Dosen führen zu Schläfrigkeit bis hin zum komatösen Tiefschlaf. Kurzeitig kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindelgefühl, Hypotonie, Benommenheit, Muskelverspannungen, Verwirrtheit sowie vorübergehendem Gedächtnisverlust kommen.

Wird der Rettungsdienst zu einer Person gerufen, bei der der Verdacht auf die Verabreichung von K.o.-Tropfen besteht, ist schnelles Handeln angesagt. Die Nachweiszeit von GHB/GBL im Blut beträgt lediglich zwölf Stunden für eine eventuell notwendige Untersuchung (Verdacht auf Vergewaltigung oder ähnliches). Bei häufigem Konsum kann die Leber- und Nierenfunktion beeinträchtigt werden. Nicht selten kann es bei langfristiger Einnahme zu anhaltenden Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen kommen. Wird die Substanz abgesetzt, kommt es zu starken Entzugserscheinungen, ähnlich einem Benzodiazepin-Entzug.

Speed

Speed ist eine Mischung verschiedener Amphetamine mit unterschiedlichen Verschnittstoffen. Meistens wird Speed als weißes, gelegentlich eingefärbtes Pulver angeboten. Seltener wird es in Tabletten- bzw. Kapselform oder als Tropfen in Umlauf gebracht.

Speed wird häufig mit Koffein, Milchpulver, Ephedrin oder Paracetamol gestreckt. Es ist ein indirektes Sympathomimetikum und hat somit eine anregende Wirkung auf das Zentralnervensystem.

Die Erstsynthese des Amphetamins gelang 1887 an der Berliner Humboldt-Universität. Ursprünglich wurde es als Bronchospasmolytikum und zur Gewichtskontrolle eingesetzt. Die heutige medizinische Verwendung beschränkt sich auf die Behandlung der Narkolepsie und der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADS/ADHS).

Seit den 1960er-Jahren wurde das Amphetaminderivat Fenfluramin als Appetitzügler eingesetzt, ehe es 1997 aufgrund von Nebenwirkungen vom Markt genommen werden musste. Amphetamin wird im Sport auch als Dopingmittel verwendet.

Die pulverförmige Substanz wird üblicherweise geschnieft, kann aber auch oral eingenommen werden. Viel seltener wird es geraucht oder injiziert. Bei der Injektion von Amphetamin kann es sehr schnell zu einer akuten Vergiftung durch Überdosierung kommen.

Durch die Freisetzung der Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin steigt die Körpertemperatur, Puls und Atmung werden beschleunigt, der Blutdruck erhöht. Schmerzempfinden, Hunger und Schlafbedürfnis werden unterdrückt.

Speed steigert die körperliche Leistungsfähigkeit und ermöglicht so ein nächtelanges Durchtanzen, ohne subjektiv empfundene Ermüdungs- und Erschöpfungszustände. Wichtige Signale wie Hunger, Durst und Müdigkeit werden unterdrückt. Kontaktfähigkeit und Rededrang sind erhöht. Bei höherer Risikobereitschaft ist die Kritikfähigkeit herabgesetzt. Es kann aufgrund des Schlafmangels zu visuellen und akustischen Halluzinationen kommen. Die Wirkdauer von Speed beträgt durchschnittlich vier bis zehn Stunden.

Als Kurzzeitwirkung tritt beim Schniefen ein starkes Brennen an der Nasen- und Rachenschleimhaut auf, bei langfristiger Einnahme kann es zu einer Schädigung bis zur Auflösung der Nasenscheidewand kommen, ähnlich wie bei Kokain.

Zusätzlich können auftreten: Pupillenweitung, Tachykardie, Zittern, Muskelkrämpfe, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Übelkeit, erhöhte Körpertemperatur sowie Rhythmusstörungen. Auf psychischer Ebene finden sich Unruhe, Nervosität, Angstzustände, Verfolgungswahn, Aggressionen und Schlafstörungen.

Medizinische Maßnahmen nach Drogenkonsum

Nach dem Abklingen der Rauschwirkung treten starke Erschöpfungszustände und ein großes Schlafbedürfnis, Konzentrationsmangel, Gereiztheit und Heißhunger auf. Möglich sind auch Depressionen. Dauerkonsum führt zu massiven Schlaf- und Kreislaufstörungen, Nervosität, Unruhe, Gewichtsverlust sowie Magenschmerzen. Durch die starke Belastung des Herzens ist eine dauerhafte Blutdruckerhöhung möglich. Die Schwächung des Immunsystems bewirkt eine gesteigerte Infektionsanfälligkeit. Das Hirn wird langfristig geschädigt, es kann zu paranoiden Wahnvorstellungen bis hin zur Amphetaminpsychose kommen.

Intoxikation Partydroge

Die wichtigste Erstmaßnahme beim Eintreffen am Einsatzort ist der Selbstschutz. Dieser umfasst die Beurteilung der Umgebungssituation, hier vor allem mögliche anhaltende Gefahren für Patient und Retter. Zum Selbstschutz gehören in solchen Situationen besonders die Beurteilung des Einsatzortes und das Erkennen möglicher Gefahren, beispielsweise durch umherliegende Gegenstände wie gebrauchte Spritzen. Zu achten ist auch auf mögliche aggressive Drittpersonen sowie eine zusätzlich Gefährdung, beispielsweise durch Suizidabsichten des Patienten.

Das Risiko kann im Einsatz zwar nie gänzlich ausgeschlossen werden. Umso wichtiger ist es daher, durch ein kurzes Innehalten beim Betreten des Einsatzortes mögliche Gefahren und Risiken aktiv zu suchen und entsprechende Bedenken auch zu äußern.

Als Konsequenz kann es unter Umständen zu einer zeitlichen Verzögerung der Patientenversorgung kommen. Beispielsweise, weil erst die Polizei zur Sicherung der Situation erforderlich ist. Derartige Verzögerungen müssen im Interesse des Eigenschutzes in Kauf genommen werden.

Der chronische Konsum von Drogen führt zu pathophysiologischen Veränderungen zahlreicher Organsysteme. Für die präklinische Notfallmedizin sind vor allem Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems, des Herz-Kreislauf-Systems und der Atmung von Bedeutung.

Am Einsatzort steht in den meisten Fällen kein Drogenschnelltest zur Verfügung. Der Rettungsdienst ist deshalb auf die Eigen- und Fremdanamnese angewiesen. Die Einsatzkräfte sollten zum Beispiel möglichst genau erfragen, wann welche Drogen in welcher Menge eingenommen wurden. Nicht selten liegen Mischintoxikationen vor – beispielsweise GHB/GBL mit Alkohol oder Amphetamine mit Marihuana. Deswegen wird die Therapie im Rettungsdienst in den meisten Fällen symptomorientiert erfolgen.

Die initiale Therapie beginnt damit, dass die Vigilanz des Patienten überprüft wird. Dies geschieht durch steigende Reizintensität:

  1. Ansprechen
  2. Berühren
  3. Setzen eines Schmerzreizes

Aus der Reaktion hieraus resultiert der erste Eindruck zur Bewusstseinslage. Oberste Priorität hat die Sicherung der Vitalfunktionen. Bei Bewusstseinsminderung und Koma ist die Gefahr eines verlegten Atemweges und fehlenden Schutzreflexen mit erhöhter Aspirationsgefahr besonders groß.

Bei vorhandener Spontanatmung kann der Patient in die stabile Seitenlage gebracht werden. Tief komatöse Patienten (GCS ≤ 8) müssen in der Regel wegen erhöhter Aspirationsgefahr und insuffizienter Atmung intubiert werden. Bei unklarer Bewusstlosigkeit muss stets eine Blutzuckerbestimmung erfolgen.

Weiterführende Links:

http://mindzone.info/

www.checkyourdrugs.at

www.drogen-aufklaerung.de/ice-bzw-crystal-meth

Nach der Vigilanzprüfung werden die Vitalparameter (Blutdruck, Puls, O2-Sättigung) gemessen und ein EKG abgeleitet. Wünschenswert ist es, wenn ein venöser Zugang gelegt und eine Ringer-Acetat-Lösung (500 ml) zum Offenhalten angeschlossen wird. Einen i.v.-Zugang zu legen, wird bei diesen Patienten nicht immer gelingen. Grund: Eine mögliche Nebenwirkung der Drogeneinnahme ist aggressives Verhalten. Auch durch beruhigendes Zureden wird sich das nicht immer abbauen lassen. Im Zweifelsfall sollte der Versuch unterlassen werden, einen venösen Zugang zu legen. Anschließend sollte nach den ABC-Regeln untersucht und symptomatisch behandelt werden.

Durch Partydrogen kommt es zu „erregenden“ somatischen Begleiterscheinungen. Stellt sich zum Beispiel ein Hyperventilationssyndrom ein, resultiert daraus, dass das Kohlendioxyd im Blut sinkt und der pHWert steigt. Als Folge entwickelt sich eine respiratorische Alkalose mit relativer Hypokalziämie. Begleitend treten oft Kopfschmerzen, Schwindel, Sehstörungen, Parästhesien und sogar Lähmungen der Extremitäten auf.

Möglicherweise kann dem Patient durch beruhigendes Zureden und der Anleitung, langsam zu atmen, geholfen werden. Eventuell hilft auch die Rückatmung in eine Plastiktüte. Helfen diese einfachen Maßnahmen nicht, können Benzodiazepine wie Diazepam 1-mg-weise bis zur gewünschten Wirkung verabreicht werden. Dabei ist vorsichtig vorzugehen, da die Gefahr einer Atemdepression besteht.

Intoxikationen mit Sympathomimetika, wie sie Amphetamine darstellen, können eine Bronchialobstruktion bis hin zu schwersten Asthma bronchiale-Anfällen auslösen. Therapeutisch stehen dann die Behandlung der Hypoxie und die Reversion der Bronchialobstruktion im Vordergrund. Der Patient sollte mit erhöhtem Oberkörper gelagert werden, um die Atmung zu erleichtern. Sauerstoff sollte am besten über eine Maske mit dem Zielwert SpO2 > 92 Prozent angeboten werden.

Zur Bronchodilatation erfolgt die Aerosol- Gabe eines rasch wirkenden Beta-2-Sympathomimetikums, zum Beispiel 2 bis 4 Hübe Fenoterol, Salbutamol oder Terbutalin. Zur Therapie gehört auch die Gabe von 50 bis 100 mg Prednisolon i.v.

Tachykardien zählen zu den häufigsten somatischen Begleiterscheinungen im Rahmen von Drogennotfällen. Liegen Zeichen einer Kreislaufinstabilität vor, muss eine entsprechende Therapie erfolgen.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 05.05.2017)

Berufseinstieg: 20 Tipps damit es klappt (Tipps 1 bis 5)

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Malteser NT auf dem Festplatz OberboihingenBremen (rd_de) – Rettungsdienst hat viel mit Routine und Erfahrung zu tun. Neulingen mangelt es hieran zwangsläufig. Wir haben 20 Tipps zusammengestellt, die den Einstieg in den Berufsalltag erleichtern werden. In diesem Beitrag geht es beispielsweise um die Kommunikation im Rettungsdienst und die Zusammenarbeit mit dem Notarzt. Hier die ersten 5 von 20 Tipps.

Tipp 1: Den Rettungswagen richtig abstellen

Auch nach dem Erreichen der Einsatzstelle ist Sicherheit – wie schon auf der Anfahrt – das höchste Gebot. Ein oftmals vernachlässigter Aspekt ist dabei die korrekte Parkstellung des Rettungswagens.

Um die Einsatzstelle als solche zu markieren, sollte neben dem schon bei der Anfahrt eingeschalteten Abblendlicht und der Warnblinkanlage grundsätzlich das blaue Blinklicht und – wenn vorhanden – die Umfeldbeleuchtung genutzt werden. Dies hat zweierlei Gründe: Zum einen werden vorbeifahrende Fahrzeugführer daran erinnert, ausreichend Sicherheitsabstand zu halten. Zum anderen ist die Einsatzstelle für nachrückende Rettungsmittel wie Notarzt- Einsatzfahrzeug oder Rettungshubschrauber schon von weitem bzw. aus der Luft erkennbar.

Die Einsatzstelle sollte zudem möglichst „überfahren“ werden. Das bedeutet, dass nicht unmittelbar vor einem Wohnhaus gehalten werden soll, sondern fünf bis zehn Meter weiter. So kann die Patientenfahrtrage direkt im Eingangsbereich vorbereitet werden, ohne sich selbst im Weg zu stehen.

Handelt es sich um einen Verkehrsunfall, muss individuell entschieden werden, wo der Rettungswagen zum Halten kommen soll. Entweder, der Fahrer stellt seinen RTW vor der Unfallstelle ab, um diese vor dem noch laufenden Verkehr zu schützen. Oder er überfährt, wie oben beschrieben, die Einsatzstelle, um in einem sichereren Bereich arbeiten zu können.

Rettungsdienst - Notarzt

Abgestellte Rettungswagen an der Einsatzstelle.

Ist die Feuerwehr zwecks technischer Hilfeleistung ebenfalls erforderlich, daran denken, dass zum Beispiel ein Rüstwagen relativ dicht an die unmittelbare Unfallstelle platziert werden muss. Zuvor eingetroffene Rettungsfahrzeuge können da leicht zu Hindernissen werden. Zum Teil gibt es regionale Absprachen zwischen den Fachdiensten, wie geparkt werden sollte.

Prinzipiell ist es ratsam, Rettungswagen in einer schrägen Parkposition abzustellen. Gerade bei einem Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten (MANV) oder bei der Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Polizei, ist das wichtig. So können die Rettungsfahrzeuge problemlos abrücken, und das Ein- bzw. Ausladen beispielsweise der Trage wird ebenfalls nicht behindert.

Tipp 2: Notarzt – ja oder nein?

Wird ein RTW-Team ohne Notarzt zu einem Notfall geschickt, gilt es, vor Ort möglichst zügig herauszufinden, ob nicht doch ein Arzt erforderlich ist.

Um in allen Situationen und auch unter Stress richtig entscheiden zu können, empfiehlt es sich, nach Algorithmus vorzugehen. Auch wenn es anfangs ungewohnt sein mag, immer dieselben Fragen zu stellen und dieselben Arbeitsschritte durchzuführen, ist es wichtig, konsequent vorzugehen.

Am verbreitetsten dürfte das ABCDE-Schema sein. Egal, ob Unterschenkelfraktur oder Herzinfarkt, Hyperventilation oder Schlaganfall – immer gilt es abzuklären: Sind die Atemwege frei? Ist die Atmung suffizient? Wie ist die Kreislaufsituation? Zeigt der Patient neurologische Ausfälle und wie ist der Blutzucker? Liegen Begleitverletzungen vor und wie sind die äußeren Umstände der Verletzung bzw. der Erkrankung? Außerdem gilt es, die Schmerzsituation zu beachten.

Ist ein Organsystem gestört, mit Komplikationen zu rechnen oder ist die Situation nur mit erweiterten medizinischen Maßnahmen zu beherrschen, muss ein Notarzt nachalarmiert werden. Auch wenn sich ein Patient dazu entscheidet, den Transport zu verweigern, sollte ein Notarzt hinzugezogen werden.

Prinzipiell gilt: Wer im Zweifel ist, ob ein Notarzt benötigt wird oder nicht, sollte ihn nachfordern.   

Tipp 3: An den Eigenschutz denken!

Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) dient der Einsatzkraft als Schutz vor diversen Gefahren unterschiedlichster Art. Angefangen bei der Kontamination mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten bis zu herabstürzenden Gegenständen, kann die PSA wortwörtlich lebensrettend sein.

Standard bei jedem Einsatz sind S3- Sicherheitsschuhe zusammen mit einer Einsatzhose mit Reflexstreifen und einem T-Shirt bzw. Poloshirt oder einem Hemd. Letztere sollten grundsätzlich in der Hose getragen werden, um einem Hängenbleiben vorzubeugen.

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Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) dient der Einsatzkraft als Schutz vor diversen Gefahren unterschiedlichster Art. Foto: Maximilian Kippnich

Konsequent sollten möglichst schon auf der Anfahrt Einmalhandschuhe angezogen werden. Diese sind während der gesamten Einsatzdauer zu tragen bzw. gegen neue auszutauschen. Bei einigen Meldebildern kann es indiziert sein, ein zweites Paar überzuziehen. Eine Ausnahme stellt der Fahrer dar. Er sollte während der Fahrt noch keine Einmalhandschuhe tragen oder diese mit Erreichen des Zielortes gegen ein neues Paar austauschen. Die Gefahr, dass die Handschuhe während des Fahrens Schaden nehmen und dadurch ihre Schutzwirkung einbüßen, ist groß.

Erweitert wird die PSA bei schlechtem Wetter, bei Einsätzen im Straßenverkehr sowie bei der technischen Rettung um eine genormte Einsatzjacke. Bei Bränden, Verkehrsunfällen oder der Rettung aus einem Gefahrenbereich muss die PSA um einen Helm ergänzt werden. Auch schwerere „TH-Handschuhe“ können beim Umgang mit Schaufeltrage, Spineboard und Tragestuhl im engen Treppenhaus hilfreich sein.

In angloamerikanischen Rettungsdiensten ist es bereits vorgeschrieben, Schutzbrille und Mundschutz bei invasiven Maßnahmen wie Intubation, Legen einer Thoraxdrainage oder einer großlumigen i.v.-Kanüle anzuziehen. Besteht die Gefahr, mit Körperflüssigkeiten des Patienten in Kontakt zu kommen, sollte daran gedacht werden.

Tipp 4: Was mitgenommen werden sollte

Das Meldebild der Leitstelle kann stark von der tatsächlich Situationen abweichen, auf welche die Rettungskräfte vor Ort treffen. Aus diesem Grund ist es schwer vorherzusagen, welche Geräte und welche Ausrüstung bei der Versorgung des Notfallpatienten benötigt werden.

Mit Notfallrucksack, EKG/Defi, Beatmungsgerät sowie Absaugpumpe lassen sich in der Regel alle Szenarien beherrschen. Deshalb sollte diese Ausrüstung standardmäßig mit zum Notfallpatienten genommen werden.

Eine wichtige Ausnahme stellen Kindernotfälle dar. Taucht bei der Meldung ein Hinweis auf ein beteiligtes Kind oder einen Jugendlichen auf, ist das erwähnte Set um den Kindernotfallkoffer zu ergänzen.

Zusätzliche Spezialausrüstung wird oft auf Notarzt-Einsatzfahrzeugen mitgeführt. Vom NEF-Fahrer muss daher auf der Anfahrt überlegt werden, ob bestimmte Ausrüstungsgegenstände benötigt werden könnten. Ist eine Reanimation zu erwarten, wäre dies zum Beispiel eine automatisierte Thoraxkompressions- Hilfe.

Bei traumatologischen Notfällen bzw. Einsatzstellen in größerer Entfernung empfiehlt es sich, Spineboard mit Zervikalstütze, Notfallrucksack, Absaugpumpe und Sauerstoffeinheit mit Beatmungsgerät auf die Fahrtrage zu legen und das gesamte Equipment zum Patienten mitzunehmen. Das spart Kraft und Zeit.

Tipp 5: Kommunikation im Rettungsdienst ist das A und O

Der Team-Gedanke sollte bei einer RTW-Besatzung einen hohen Stellenwert haben. Um im Einsatz als Einheit zu funktionieren, ist Kommunikation das A und O. Alle sollten zu jedem Zeitpunkt auf demselben Informationsstand sein und wissen, was die anderen im Team gerade machen.

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Um im Einsatz als Einheit zu funktionieren, ist Kommunikation das A und O. Foto: Markus Brändli

Umso mehr Rettungskräfte an der Patientenversorgung beteiligt sind, desto schwieriger wird dies. Deshalb ist es von größter Bedeutung, jeden Arbeitsschritt und jede Information klar an alle Teammitglieder weiterzugeben.

Das kann wie folgt aussehen: Der Rettungsassistent überträgt dem Rettungssanitäter die Aufgabe, ein 12-Kanal-EKG anzulegen. Erst wenn alle Elektroden angebracht sind, ein EKG von guter Qualität angezeigt wird, der QRS-Ton eingeschaltet ist und ein Rhythmusstreifen ausgedruckt wurde, meldet der Rettungssanitäter Vollzug: „Das 12-Kanal- EKG ist ohne Probleme angelegt, hier der Rhythmusstreifen.“

Aus diesem recht einfachen Satz kann der Rettungsassistent mehrere Schlüsse ziehen. Der Prozess ist abgeschlossen; es gab keine Schwierigkeiten. Der Rettungssanitäter ist bereit für seine nächste Aufgabe.

Auch wenn ein Notarzt hinzukommt, sollte so verfahren werden. Laut und deutlich sollte der Arzt zum Beispiel seine Verdachtsdiagnose dem Team mitteilen. Nur so können Rettungsassistent und -sanitäter mitdenken und die weiteren Schritte angehen.

Zusammengefasst: Es müssen immer klare Aufträge formuliert werden und diese dem Durchführenden mitgeteilt werden. Dieser bestätigt den Auftrag und gibt Rückmeldung, sobald er seinen Auftrag erfüllt hat.

(Text: Dr. Maximilian Kippnich, Bereitschaftsarzt und Zugführer im Bayerischen Roten Kreuz; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 08.05.2017)

Berufseinstieg: 20 Tipps damit es klappt (Tipps 6 bis 10)

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Bremen (rd_de) Der Einstieg in den Berufsalltag beim Rettungsdienst kann gerade für Neulinge herausfordernd sein. Zwar sollte in der Ausbildung das nötige Wissen auch in der Praxis vermittelt worden sein. Woran es aber Neulingen im Rettungsdienst zwangsläufig fehlt, ist die Routine. Wir haben 20 Tipps zusammengestellt, die die Grundlagen der Arbeit im Rettungsdienst zusammenfassen und den Einstieg in den Berufsalltag erleichtern. Im zweiten Teil, mit den Tipps 6 bis 10,  geht es beispielsweise darum, wie Blutungen effektiv gestillt werden können, und um die korrekte Sauerstoffgabe.

Tipp 6: Was das EKG verrät

Das EKG ist in der Notfallmedizin ein wichtiges Hilfsmittel. Nicht nur im Rhythmusmonitoring und aufgrund der Möglichkeit, einen Patienten kontinuierlich zu überwachen. Auch in der verhältnismäßig einfachen Infarktdiagnostik liegen Vorteile eine EKG.

Im Verlauf eines Notfalleinsatzes muss immer ein EKG angelegt werden. Wann dafür der richtige Zeitpunkt ist, hängt vom Erkrankungsbild bzw. dem Verletzungsmuster ab. Beim internistischen Notfall zählt das Schreiben eines EKGs zu den ersten Maßnahmen. Beim polytraumatisierten Patienten wird es hingegen deutlich nach hinten rücken, da andere – lebenserhaltende – Aufgaben eine höhere Priorität besitzen.

Jeder Rettungssanitäter, -assistent, Notfallsanitäter und Notarzt muss grundlegende Veränderungen im EKG erkennen und diese richtig deuten können. Der europäische Rat für Wiederbelebung schlägt hierfür sechs Schritte vor:

  • Ist eine elektrische Aktivität vorhanden?
  • Wie hoch ist die ventrikuläre Frequenz?
  • Ist der QRS-Komplex schmal oder verbreitert?
  • Ist der QRS-Rhythmus regelmäßig oder unregelmäßig?
  • Ist Vorhofaktivität erkennbar?
  • Stehen Vorhofaktivität und Kammeraktivität miteinander in Beziehung?

Bei jedem internistischen Notfallpatienten, nach jeder Reanimation und bei allen unklaren Erkrankungsbildern muss ein 12-Kanal-EKG geschrieben werden. Dadurch können zusätzlich in den Brustwandableitungen (V1 – V6) Infarktzeichen erkannt werden. Hierzu zählen ST-Strecken-Hebung, ST-Strecken-Senkung und T-Negativierung. Außerdem lassen sich Blockbilder wie Linksschenkelblock als Hinweis auf einen akuten Herzinfarkt und Rechtsschenkelblock als Hinweis auf eine Lungenembolie feststellen.

Tipp 7: Die Sache mit dem ABC…

Die Basisdiagnostik orientiert sich am ABCDE-Schema. Zur orientierenden Beurteilung der Atmung eignet sich das Pulsoxymeter. Wird der Signalton zusätzlich eingeschaltet, erhält das Team quasi nebenbei wichtige Informationen über Pulsfrequenz und -rhythmus.

Zum Abschnitt „Airway“ und „Breathing“ gehört es außerdem, das Hautkolorit zu beurteilen, die Atemfrequenz auszuzählen und die Luge zu auskultieren. Dabei lassen sich womöglich einige Differentialdiagnosen der akuten Atemnot ausschließen.

Durch seitenvergleichendes Abhören sollte herausgefunden werden, ob die Lunge beidseits belüftet ist. Foto: Markus Brändli

Durch seitenvergleichendes Abhören sollte herausgefunden werden, ob die Lunge beidseits belüftet ist. Foto: Markus Brändli

Zuerst sollte durch seitenvergleichendes Abhören herausgefunden werden, ob die Lunge beidseits belüftet ist. Ist dies nicht der Fall, liegt der Verdacht eines (Spannungs-) Pneumothorax nahe. „Brodelt“ der Patient, besteht Verdacht auf ein Lungenödem. Ist das Geräusch eher giemend, könnte es sich um Asthma, eine allergische Reaktion oder COPD handeln.

Der Abschnitt „Circulation“ im ABCDE-Schema beginnt damit, den Puls zu fühlen. Herzfrequenz, Pulsqualität und Rhythmus sind entscheidend.

Die Kreislaufsituation kann zudem mit der Nagelbettprobe eingeschätzt werden. Hierbei wird auf das Nagelbett eines Fingers gedrückt, sodass das Blut in den Kapillaren unter dem Fingernagel entweicht. Innerhalb von zwei Sekunden muss sich das Nagelbett wieder rosig zeigen, andernfalls kann ein Schock vorliegen.

Sind diese schnell durchführbaren Tests abgeschlossen, sollte manuell Blutdruck gemessen, ein EKG angelegt und der QRS-Ton eingeschaltet werden. Auch das Aussehen der Haut kann wichtige Hinweise liefern.

Es folgt eine grobe neurologische Untersuchung. Hierfür wird der Patient räumlich, zeitlich, situativ und zur Person befragt: Wo befinden wir uns gerade? Welcher Tag ist heute?

Den Pupillenstatus zu erheben, die Glasgow Coma Scale auszurechnen und Motorik sowie Sensorik zu prüfen, sind weitere Arbeitsschritte. Nicht zu vergessen ist der aktuelle Blutzuckerwert.

Damit schließt im ABCDE-Schema der Punkt D wie „Disability“ ab. Um die Basisdiagnostik zu komplettieren, muss der Patient je nach Situation allerdings noch entkleidet werden, um einen vollständigen Bodycheck durchzuführen.

Wichtig: Das ABCDE-Schema wird nur dann in dieser Reihenfolge abgearbeitet, wenn nicht akut vital bedrohliche Probleme vorliegen, die ein sofortiges Eingreifen erfordern. 

Tipp 8: Blutungen effektiv stillen

Penetrierende Verletzungen mit starken Blutungen sind im zivilen Rettungsdienst eher selten. Wenn, dann treten sie in der Regel nur im Zusammenhang mit einem Polytrauma auf. Deshalb ist es wichtig, die Blutung zeitnah zu kontrollieren, um den Patient zu retten.

Im ABCDE-Algorithmus zählt bei C wie „Circulation“ neben der Diagnostik auch die unmittelbare Therapie dazu. Noch bevor mehrere großvolumige intravenöse Zugänge gelegt werden, müssen erst Blutungen gestoppt werden. Durch den Verdünnungseffekt, den die Infusion auf das Blut hat, würde sich andernfalls die Gerinnung verschlechtern. Folge: Die Blutung würde forciert, statt gestoppt.

Als erstes muss ein Druckverband angelegt werden. An Körperstellen, die schwierig zu verbinden sind, muss improvisiert werden. Bei stark spritzenden Wunden am Bauch oder Becken nach Oberschenkelamputation empfiehlt es sich, manuell mit sterilen Wundauflagen Druck auszuüben. Diese einfache Maßnahme hat erfahrungsgemäß den größten Erfolg.

Nachteil dieser Methode ist, dass ein Helfer dadurch ununterbrochen gebunden ist. Für andere Aufgaben steht er nicht mehr zur Verfügung. Deshalb sollte frühzeitig ein weiteres Team nachgefordert werden.

Aus der Militärmedizin gibt es spezielle Entwicklungen, um massive Blutungen zu beherrschen. Diese Methoden könnten zunehmend auch im zivilen Rettungsdienst Einzug halten. Tourniquets und lokale Hämostyptika – Verbandmittel mit gerinnungsfördernden Substanzen – stehen aktuell in der Diskussion.

Nie zu vergessen ist bei solchen Einsätzen der Faktor Zeit. Wenn es nicht gelingt, die Blutung zu stoppen, zählt nur eins: Der schnellstmögliche Transport in die nächste Klinik. In jedem Krankenhaus mit chirurgischer Abteilung kann eine Blutung operativ zumindest vorübergehend gestoppt werden. Die endgültige Versorgung kann nach Stabilisierung des Patienten in einer Spezialklinik erfolgen.

Tipp 9: Schmerzen einschätzen

Schmerzen werden von Notfallpatienten sehr subjektiv wahrgenommen. Ziel des Rettungsdienstes muss es sein, diese zu objektivieren und daraus Schlüsse für die Therapie zu ziehen. Des gelingt am besten mit der numerischen Ratingskala (NRS). Während ein Patient bei der NRS seine Schmerzen mit einer Zahl zwischen 0 (kein Schmerz) und 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz) klassifiziert, muss er bei der Revised Faces Pain Scale auf ein Gesicht („Smiley“) zeigen. Diese Methode wird vor allem bei Kindern angewendet.

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Bei der Revised Faces Pain Scale muss der Patient auf ein Gesicht („Smiley“) zeigen, um den Grad seiner Schmerzen einzuschätzen. Grafik: Mathias Enter/fotolia

Neben der Selbsteinschätzung müssen auch Vitalparamter wie Tachykardie, Hypertonie und Tachypnoe berücksichtigt werden, um die Schmerzen behandeln zu können.

Zunächst sollten immer Basismaßnahmen wie Lagerung und Schienung, Kühlung, Sauerstoffgabe und psychische Betreuung durchgeführt werden. Zeigt dies keinen Erfolg, muss ein Notarzt nachgefordert werden. Nur er kann medikamentös mit Analgetika eingreifen.

Unterschieden wird zwischen zentral und peripher wirksamen Analgetika. Zu den erstgenannten gehören Opiate, die die Schmerzwahrnehmung in Gehirn und Rückenmark hemmen. Zur Gruppe der Letztgenannten zählt beispielsweise Ibuprofen. Sie unterdrücken die Entzündungsmediatoren, die die Schmerzen erzeugen.

Einige Schmerzsyndrome sind typisch für akut vital gefährdende Erkrankungen. Auf solche muss besonders geachtet und reagiert werden. So kann zum Beispiel abdominaler und thorakaler Vernichtungsschmerz auf eine Aortendissektion, plötzlicher stärkster Kopf- und Nackenschmerz auf eine Subarachnoidalblutung hinweisen.

Tipp 10: Wann und wie viel Sauerstoff?

Die korrekte Dosierung von Sauerstoff (O2) bei Notfallpatienten ist aktuell umstritten. Um in Notfallsituationen sicher zu handeln, müssen deshalb einige Grundregeln beachtet werden.

Zeigt ein Patient Zeichen ausgeprägter Atemnot wie den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, zyanotische Lippen, Ohren, Gesicht, Fingerspitzen oder Angst, sollte ihm hochdosierter Sauerstoff (8 bis 10 l/min) möglichst per Highflow-Maske verabreicht werden. Bis zu einer Besserung des Zustands kann die Menge auf 15 l/min gesteigert werden.

Zeigt ein Patient Zeichen ausgeprägter Atemnot, sollte ihm hochdosierter Sauerstoff per Maske verabreicht werden. Foto: Markus Brändli

Zeigt ein Patient Zeichen ausgeprägter Atemnot, sollte ihm hochdosierter Sauerstoff per Maske verabreicht werden. Foto: Markus Brändli

Sind keine Zeichen für einen Sauerstoffmangel zu erkennen, sollte – bis auf wenige Ausnahmen – auf eine prophylaktische O2-Gabe verzichtet werden.

Bei Trauma-Patienten sind zwei Komplikationen gefürchtet: starke Schmerzen und schwerer Schock. Um auf beides adäquat vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, generell 6 bis 8 l/min Sauerstoff über O2-Brille zu applizieren. So lässt sich das Blut mit Sauerstoff aufsättigen und einer Hypoxie – bedingt durch den verminderten Atemantrieb aufgrund der Analgetika – vorbeugen.

Handelt es sich um schwere Traumata wie Schädel-Hirn-Trauma oder einem Polytrauma, muss der Patient frühzeitig und unabhängig von der pulsoxymetrisch ermittelten Sauerstoffsättigung 15 l/min O2 über eine Highflow-Maske bekommen.

Etwas vorsichtiger muss bei internistischen Patienten vorgegangen werden. Wird zu viel Sauerstoff verabreicht, kann eine Hyperoxämie die Folge sein. Dies verursacht eine Gefäßkonstriktion, was beispielsweise bei einem Herzinfarkt fatal sein kann. Bei Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall werden 2 bis 4 l/min empfohlen.

Der Ziel-SpO2 beträgt 94 bis 98 Prozent. Mit der Insufflation von 2 bis 4 l/ min über Sauerstoffbrille kann sich das Rettungsfachpersonal herantasten. Nasensonden sollten nicht mehr eingesetzt werden. Bei ihnen besteht die Gefahr einer Dislokation und Verletzung. 

(Unser Autor: Maximilian Kippnich, cand. med. Universitätsklinikum Würzburg, Rettungssanitäter, Zugführer, Foto: Maximilian Kippnich; zuletzt aktualisiert: 10.05.2017)

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