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ABCDE-Schema: Das kleine Einmaleins für Rettungskräfte

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ABCDE-SchemaBremen (rd_de) – Das ABCDE-Schema dient der systematischen, nach Prioritäten geordneten Beurteilung sowie Behandlung von Notfallpatienten. Jeder Mitarbeiter im Rettungsdienst – egal, ob Rettungshelfer, Rettungssanitäter oder Notfallsanitäter – sollte das ABCDE-Schema verinnerlicht haben und es sicher umsetzen können. Es wird sowohl bei internistischen als auch traumatologischen Patienten angewandt.

Trifft der Rettungsdienst-Mitarbeiter an der Einsatzstelle ein, verschafft er sich zunächst einen ersten Eindruck. Er beurteilt im Sinne des Eigenschutzes die Szene, Sicherheit und Situation (SSS), und erst dann widmet er sich der Behandlung des Patienten. Dafür schätzt er diesen als potenziell kritisch oder unkritisch ein. Hierfür registriert der Rettungsdienst-Mitarbeiter, ob und wie der Patient in der Lage ist zu sprechen und welchen Eindruck sowohl dessen Puls als auch Haut machen. Wird hierbei eine Apnoe oder ein Kreislaufstillstand festgestellt, ist mit der Reanimation zu beginnen. Andernfalls geht der Rettungsdienst-Mitarbeiter nach dem ABCDE-Schema vor.

abcde-schema„Notfall kompakt“ nennt sich eine beliebte und erfolgreiche Serie im Rettungs-Magazin. In ihr werden alle klassischen Notfälle vorgestellt, mit denen sich Rettungskräfte im Einsatz konfrontiert sehen. Die Serie steht auch in elektronischer Version zur Verfügung. So lässt sich „Notfall kompakt“ als preiswertes Nachschlagewerk zum Beispiel auch auf dem Smartphone lesen.

ABCDE-Schema – A wie Airway (Atemweg)

Als erstes hat der Rettungsdienst-Mitarbeiter sicherzustellen, dass der Atemweg des Patienten frei ist. Obstruktionen können für den Betroffenen eine Hypoxie mit Schäden unter anderem des Gehirns zur Folge haben. Der Atemweg kann mit einfachsten Hilfsmitteln freigemacht werden, beispielsweise mittels Esmarch-Handgriff, Wendl- oder Guedel-Tubus. Falls erforderlich, wird im Zuge der Überprüfung der Atemwege auch die Halswirbelsäule des Patienten stabilisiert.

ABCDE-Schema – B wie Breathing (Atmung)

Der Rettungsdienst-Mitarbeiter hat an dieser Stelle diverse Aspekte „seines“ Patienten zu überprüfen:

•    Atemfrequenz?
•    Atemgeräusche (unter anderem Auskultation des Thorax)?
•    Atemhilfsmuskulatur aktiv?
•    Atemrhythmus?
•    Deformierung der Brustwand?
•    Halsvenen gestaut?
•    Hämatome?
•    Hautemphysem?
•    paradoxe Atmung?
•    Prellmarken?
•    Schwitzen?
•    Zyanose?

ABCDE-Schema – C wie Circulation (Kreislauf)

Bei Punkt C muss der Kreislauf des Patienten überprüft werden. Erste Maßnahme ist hierbei das Ertasten des Pulses, üblicherweise am Handgelenk des Betroffenen (Radialispuls). Der Rettungsdienst-Mitarbeiter ermittelt dabei die Frequenz und Qualität sowie den Rhythmus des Pulses. Zugleich prüft er Farbe (blass?), Temperatur (erhöht?), Feuchtigkeit (Schwitzen?) und Rekapillarisierungszeit (2 Sekunden) der Haut des Patienten.

Im Anschluss wird nach eventuellen äußeren Blutungen gesucht. Sollten massive äußere Blutungen vorliegen, wird nach dem C-ABCDE-Schema verfahren. Das heißt, zunächst muss die Blutung kontrolliert werden (Kompression, Tourniquets), ehe die anderen Schritte des ABCDE-Schemas abgearbeitet werden.

Liegen Zeichen einer Kreislaufzentralisation vor, sollte eine Vollelektrolytlösung (zum Beispiel Ringer Acetat) angelegt werden. Während die Messung des Blutdrucks bei Punkt C im Falle eines internistischen Patienten dazugehört, entfällt sie bei traumatisierten Patienten.

ABCDE-Schema – D wie Disability (neurologischer Zustand)

Der neurologische Zustand eines Notfallpatienten wird anhand des Glasgow Coma Scale und/oder des AVUP-Schemas ermittelt. Ergänzt werden die Ergebnisse durch eine Kontrolle der Pupillen (Größe, Seitengleichheit, Reaktionszeit bei Lichteinfall) sowie des Blutzuckers. Dadurch können Hinweise auf eventuelle Schädigungen des Zentralen Nervensystems bzw. Intoxikationen gewonnen werden.

ABCDE-Schema – E wie Exposure/Environment (Patienten entkleiden)

Traumapatienten müssen immer entkleidet werden, um eventuelle Verletzungen nicht zu übersehen. Bei internistischen Patienten kann die Untersuchung des entkleideten Körpers hilfreich sein, um zum Beispiel Drainagen, implantierte Schrittmacher oder Schmerzpflaster zu finden. Dabei immer darauf achten, dass der Patient nicht auskühlt (Rettungswagen aufheizen; Rettungsdecke auflegen).

Was nach dem ABCDE-Schema folgt

Sofern die Zeit vorhanden ist, schließt sich dem ABCDE-Schema eine zweite, gründlichere Untersuchung an. Sie wird SAMPLER-Anamnese genannt und umfasst unter anderem Kriterien wie Symptome, Allergien, Medikamente, Anamnese, letzte Mahlzeit, Ereignis kurz vor dem Notfall und Risikofaktoren.

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Rettungsassistent, Chefredakteur Rettungs-Magazin; Symbolfoto: Markus Brändli; 11.05.2017)


Berufseinstieg: 20 Tipps damit es klappt (Tipps 11 bis 15)

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SpineboardBremen (rd_de) –  Jeder Berufseinstieg ist schwer. Der Einstieg in den Rettungsdienst kann aufgrund des stressigen Arbeitsumfelds besonders heraufordernd sein. Auch wenn das nötige Wissen in der Ausbildung vermittelt worden ist, kann es helfen sich immer wieder grundlegende Dinge vor Augen zu führen. Dies ermöglicht die nötige Routine zu entwickeln.

Wir haben aus diesem Grund 20 Tipps zusammengestellt. Diese sollen den Einstieg in die Arbeit im Rettungsdienst erleichtern und die Grundlagen zusammenfassen. Im dritten Teil, mit den Tipps 11 bis 15, wird erläutert worauf bei einem venösen Zugang zu achten ist, warum eine Infusion als Teil der Therapie so wichtig ist und wie der korrekte Umgang mit Medikamenten aussieht.  

Tipp 11: Der venöse Zugang

Trifft der Rettungsdienst auf einen kritisch kranken oder schwer verletzten Patienten, wird als eine der ersten Maßnahmen ein intravenöser Zugang gelegt. Wegen der oftmals erschwerten Bedingungen empfiehlt es sich, nach einem festen Schema vorzugehen.

Da die Venenverhältnisse anatomisch bei jedem Menschen variieren, sollte strukturiert nach gut zu punktierenden Venen gesucht werden. Handrücken, radialseitiger Unterarm und Ellenbeuge sind die klassischen Punktionsorte. Je nach Situation kommen auch Fußrücken und die oberflächliche Halsvene (Vena jugularis externa) als Alternative infrage.

Immer gilt es, möglichst peripher mit der Punktion zu beginnen. Misslingt ein Versuch, erfolgt der nächste Versuch proximal. Als Standardgröße sollte im Rettungsdienst ein 18-G-Zugang gewählt werden. Handelt es sich um einen vital bedrohten Patienten – unabhängig, ob internistisch oder chirurgisch –, müssen zwei großlumige Zugänge (16G oder 14G) gelegt werden.

Dient der Zugang zunächst nur zur Medikamentengabe, kann es hilfreich sein, die Infusion erst im Rettungswagen anzuschließen. Gerade bei der Rettung aus einer Wohnung kann so ein versehentliches Herausziehen beim Umlagern verhindert werden.

Mit größter Sorgfalt ist die Fixierung des Zugangs durchzuführen. Neben einem speziellen Fixierpflaster sollten Sicherungsstreifen vor und nach dem Einspritzkonus geklebt werden. Auch an der Infusionsleitung sollte eine Zugentlastung vorgesehen werden. Sie darf aber nicht als Schlaufe ausgeführt werden, da dies die Gefahr einer unbeabsichtigten Dislokation erhöht.

Lässt sich nach drei Fehlpunktionen oder nach maximal 120 Sekunden kein Zugang legen, muss bei vital gefährdeten Patienten als nächster Schritt versucht werden, einen intraossären Zugang zu platzieren. 

Tipp 12: Immobilisation und Transport mittels Spineboard

Zur technischen Rettung stehen auf den meisten RTW verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung. Vielerorts hat sich das Spineboard durchgesetzt.

Voraussetzung, um ein solches Wirbelsäulenbrett einzusetzen, ist eine Zervikalstütze. Zusätzlich sollten Kopf und Halswirbelsäule zum Abschluss der Lagerung noch mit einem am Brett befestigten Fixierungsset immobilisiert werden.

Zunächst aber muss das Spineboard parallel zum Patienten platziert werden. Das Brett ragt dabei rund ein Drittel über den Patienten hinaus. Im Rahmen des Log-Roll-Manövers kann nun der Patient auf Kommando des Helfers am Kopf auf die Seite gedreht werden. Der zweite Helfer greift den Patient dabei an Becken und Schulter, ein dritter an Becken und Oberschenkel. Der zweite, „mittlere“ Helfer kann bei diesem Manöver mit seiner linken Hand die komplette Wirbelsäule des Patienten auf Druckschmerz und Stufenbildung hin untersuchen.

Sodann wird das Spineboard an den Patienten geschoben, sodass der Verletzte auf das Brett gedreht werden kann. In einem weiteren Schritt muss jetzt der Patient nach schräg oben gezogen werden. Mittels eines Gurtsystems wird der Patient nun endgültig auf dem Spineboard befestigt.

Bevor die Gurtspinne angelegt wird, sollte der Patient mit einer Schere entkleidet und mit Rettungsfolie eingewickelt werden. Als erstes müssen die Schulter- und Fußgurte, darauf dann Brust-, Becken- und Oberschenkelgurte angelegt werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass der Schultergurt möglichst weit unten und der Brustgurt möglichst weit oben festgemacht wird. Die Brustwirbelsäule wird dadurch x-förmig auf das Spineboard gedrückt. Je nach respiratorischer Situation des Patienten können diese entsprechend fest gezogen werden.

Besteht der Verdacht auf eine instabile Beckenfraktur, sollte eine Beckenschlinge zur Kompression des Beckens verwendet werden. Alternativ können die Beckengurte dazu genutzt werden. Jetzt kann die bereits erwähnte Fixierung des Kopfes erfolgen. Erst danach darf der Helfer am Kopf mit der manuellen Immobilisation aufhören.

Da jeder Einsatz anders ist, muss individuell entschieden werden, welches Gerät zur technischen Rettung am besten geeignet ist. Bei einem eingespielten Team stellt das Spineboard eine hervorragende Möglichkeit zur achsengerechten Rettung dar.

Tipp 13: Infusionen – mehr als nur Wasser

Spätestens im RTW sollte an jeden Zugang eine Infusion angeschlossen werden. Foto: Markus Brändli

Spätestens im RTW sollte an jeden Zugang eine Infusion angeschlossen werden. Foto: Markus Brändli

In der Regel werden im Rettungsdienst zwei Arten von Infusionen vorgehalten. Kristalloid- und Kolloidal-Lösungen. Letztere stehen auf Grund ihrer möglichen nierenschädigenden Wirkung zunehmend in der Kritik. Die Standard- Infusionslösung im Rettungsdienst sollte ohnehin eine balancierte Vollelektrolytlösung sein.

Spätestens im Fahrzeug sollte an jeden Zugang eine Infusion angeschlossen werden. Je nach Kreislaufsituation des Patienten wird die Flüssigkeit unterschiedlich schnell infundiert. Bei traumatologischen Notfallpatienten im Schock beträgt der Richtwert zwei Liter. Als Zielblutdruck sollten 90 mmHg angestrebt werden. Dieser Zustand wird dann als „permissive Hypotension“ bezeichnet. Durch den niedrigeren Druck verlaufen Blutungen weniger stark oder können sogar zum Stehen kommen.

Jederzeit muss aber darauf geachtet werden, dass lebenswichtige Organe wie Gehirn und Herz genug oxygeniertes Blut erhalten. Das wiederum bedeutet, dass dieser Blutdruck nicht unterschritten werden darf. Dies gilt insbesondere auch bei Patienten mit akutem Schlaganfall, für die „hochnormale“ Drücke empfohlen werden.

Liegt beim Patienten eine Herz- oder Niereninsuffizienz vor, sollte die Infusion nur sehr langsam oder gar nicht gegeben werden. Zu große Flüssigkeitsmengen können zur Dekompensation des jeweiligen Organs führen.

Bei der Versorgung von Notfallpatienten wird sehr viel Zeit für Diagnostik (EKG, Blutdruck, Pulsoxymetrie, Anamnese) aufgewendet. In gewissen Situationen aber profitiert der Notfallpatient nur von der unmittelbaren Therapie – unter anderem der Flüssigkeitsgabe. Aus diesem Grund darf Diagnostik nie die Therapie akut vitalgefährdeter Patienten behindern.

Tipp 14: Alltägliches Problem: der Patiententransport

Der Großteil aller Einsätze ereignet sich im heimischen Umfeld. In der Regel muss der Patient ins Fahrzeug getragen werden. Gerade bei Verdacht auf ein kardiales oder pulmonales Geschehen sollte dies sehr streng gehandhabt werden, da jegliche Anstrengung den Zustand des Patienten erheblich verschlimmern kann.

Folgende Grundregeln sind zu beachten. Zum Wärmeerhalt und zum Wahren der Privatsphäre sollte der Patient mit einer Decke oder Rettungsfolie zugedeckt werden. Außerdem sollte ein minimales Monitoring immer angelegt sein. Ein Pulsoxymeter mit eingeschaltetem Herzfrequenzton ist wegen seiner geringen Größe gut geeignet.

Ist der Patient ansprechbar, orientiert und kooperativ sowie kreislaufstabil, eignet sich für den Transport ein Tragestuhl am besten. Sicherheitsgurte müssen angelegt sein. Zudem sollte der Patient darauf hingewiesen werden, seine Hände vor dem Oberkörper zu verschränken und nicht an Wand oder Treppengeländer zu greifen.

Kann der Patient nicht sitzend transportiert werden, stehen Patientenfahrtrage, Schaufeltrage oder Spineboard sowie das Rettungstuch zur Verfügung.

Beim Patiententransport mittels Drehleiter wird der Betroffene immer vom Notarzt – normalerweise mit Helm – begleitet. Foto: Maximilian Kippnich

Beim Patiententransport mittels Drehleiter wird der Betroffene immer vom Notarzt – normalerweise mit Helm – begleitet. Foto: Maximilian Kippnich

Ein Mitglied des Rettungsteams sollte zeitnah klären, wie die Rettung aus der Wohnung am besten gelingt. Sind die baulichen Verhältnisse ungünstig oder das Patientengewicht zu hoch, muss Tragehilfe nachgefordert werden. Dabei kann es sich sowohl um ein KTW-Team als auch eine Drehleiter mit Korb der Feuerwehr handeln. Letztere empfiehlt sich besonders bei Patienten in Narkose. Der Transport mit einer Drehleiter ist maximal schonend und schnell.

Während sich der Patient zum Beispiel auf einer Schleifkorbtrage am Tragenaufnehmer der Drehleiter befindet, können EKG, Beatmungsgerät und Absaugpumpe im Korb mitgeführt werden. Der Patient wird während der Rettung durchgehend vom Notarzt überwacht.

Kreislaufinstabile und vital gefährdete Patienten sollten mit Schaufeltrage oder Spineboard aus der Wohnung getragen werden. Das Tragetuch sollte wegen der ungünstigen Lagerung des Patienten und der hohen Gefahr einer ungewollten Diskonnektion nur noch im Ausnahmefall eingesetzt werden.

Tipp 15: Richtiger Umgang mit Medikamenten

Nicht selten werden am Einsatzort mehrere Medikamente verabreicht. Da eine Verwechslung von Dosierung oder Medikament für den Patienten sehr gefährlich werden kann, gilt es einige Dinge zu beachten.

Zuerst spielt die Kommunikation eine wichtige Rolle. Der Notarzt sollte den Wirkstoff und die gewünschte Verdünnung nennen. Gibt es auf dem Rettungswagen das Medikament in verschiedenen Dosierungen, muss diese ausdrücklich erwähnt werden. Andernfalls muss das Rettungsfachpersonal nachfragen. In jedem Fall sollte der Auftrag mündlich wiederholt werden.

Spritzengröße und aufzuziehende Menge müssen zueinander passen. Nichts ist peinlicher, als eine zu kleine Spritzengröße gewählt zu haben.

Medikamentengabe

Alle vorbereiteten Spritzen sind zum Beispiel in einer sauberen Nierenschale aufzubewahren. Foto: Maximilian Kippnich

Nach dem Aufziehen sollte die Spritze beschriftet werden. Zum Teil liefern die Hersteller der Medikamente hierfür vorgefertigte Klebeetiketten mit. Neben dem Wirkstoff muss die Dosierung auf der Spritze vermerkt werden.

Aus hygienischen Gründen sollte auf jede Spritze ein Verschlussstopfen gesteckt werden. In manchen Rettungsdiensten hat es sich durchgesetzt, Spritzen mit Katecholaminen mit einer roten Kappe zu kennzeichnen. Alle anderen Substanzen erhalten einen blauen Stopfen.

Bewährt hat es sich, immer nach dem Vier-Augen-Prinzip zu arbeiten. Das heißt, es sollte beim Aushändigen der beschrifteten Spritze immer auch die Ampulle vorgezeigt werden.

Alle vorbereiteten Spritzen sind dann zum Beispiel in einer sauberen Nierenschale aufzubewahren. So verliert man auch in hektischen Einsatzsituationen wie Reanimation und Narkose nicht den Überblick. Wird ein kreislaufwirksames Medikament gespritzt, muss gleichzeitig der Puls des Patienten kontrolliert werden. Darüber hinaus ist auf lokale oder systemische Reaktionen zu achten. Vor jeder Gabe müssen außerdem Unverträglichkeiten und Allergien abgefragt werden.

Unmittelbar nach der Gabe ist die Applikation auf dem Notarztprotokoll zu dokumentieren: Wirkstoff, Dosierung, Menge, Zeitpunkt und eventuelle Zwischenfälle.

(Unser Autor: Maximilian Kippnich, cand. med. Universitätsklinikum Würzburg, Rettungssanitäter, Zugführer, Foto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 12.05.2017)

Berufseinstieg: 20 Tipps damit es klappt (Tipps 16 bis 20)

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EC 135 Einladen eines PatientenBremen (rd_de) – Der Berufseinstieg kann Probleme bereiten. Ein stressiges Arbeitsumfeld und eine verantwortungsvolle Tätigkeit fordern von Anfang an volle Aufmerksamkeit. Um die nötige Routine zu bekommen, ist es wichtig, sich immer wieder auf die Grundlagen zu besinnen. Wir haben 20 Tipps zusammengestellt, die den Einstieg in den Beruf erleichtern sollen. In den Tipps 16 bis 20 wird zum Beispiel erläutert, worauf bei einem RTH-Einsatz zu achten ist und wie die Abwicklung von Großschadenslagen abläuft. 

Vorsicht, Hubschrauber!

Um weder Rettungsteam noch Patient zu gefährden, gibt es einige Grundregeln für den Umgang mit dem Rettungshubschrauber. Vor der Landung müssen am vorgesehenen Landeplatz lose Gegenstände entfernt werden. Untergründe wie gemähtes Gras, Sand, Schotter oder lockerer Schnee sollten gemieden werden, da diese wegen Verwirbelungen bei Start und Landung die Sicht des Piloten und somit die Sicherheit des Hubschraubers erheblich beeinträchtigen können.

Nach der Landung beträgt die Nachlaufphase des Rotors zwei Minuten. So lange muss in angemessenem Abstand gewartet werden. In dieser Zeit kann man lockere Kleidungsstücke wie Mützen, Schals oder Brillen bei sich und beim Patienten entfernen. Nach Handzeichen des Piloten bzw. des HEMS darf sich dem Hubschrauber in gebückter Haltung unter ständigem Sichtkontakt mit dem Piloten genähert werden. Der Pilot sitzt im Rettungshubschrauber vorne rechts.

Will man am Rettungshubschrauber vorbei gehen oder fahren, sollte dies immer vor dem Hubschrauber geschehen. Der schnelle Heckrotor ist kaum zu sehen. Im schrägen Gelände hat der Rotor einen unterschiedlichen Abstand zum Boden. Deshalb hier immer von der Talseite aus nähern.

Generell gilt: Nie an den Hubschrauber heranfahren! Der Gefahrenbereich, der durch Rotor und Heckleitwerk sowie durch den Arbeitsbereich beim Be- und Entladen definiert ist, gilt als absolute Tabuzone für Fahrzeuge. Ein besonderes Augenmerk ist auch auf Passanten, insbesondere Kinder, zu richten.

Wahl der Zielklinik

Das Behandlungsergebnis des Patienten ist zu einem großen Teil davon abhängig, wie schnell er nach dem Notfallereignis in der für ihn geeigneten Zielklinik eintrifft. Prinzipiell sollte der Patient mit den wichtigsten Informationen vorangemeldet werden. Die aufnehmende Klinik kann sich dann bestmöglich vorbereiten.

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Ideal ist es, wenn eine Klinik mit interdisziplinärer Notaufnahme angefahren werden kann. Foto: Klinikum Augsburg

Ideal ist es, wenn eine Klinik mit interdisziplinärer Notaufnahme angefahren werden kann. Präklinisch ist es oft nur schwer möglich, eindeutig die richtige Fachabteilung zu wählen. Unklare Unterbauchschmerzen können beispielsweise verschiedene Ursachen haben.

Bei einigen Krankheitsbildern ist es erforderlich, die Notaufnahme zu umgehen und den Patient direkt in eine Spezialabteilung zu bringen. So sollte ein Patient mit akutem ST-Hebungsinfarkt von der Patientenfahrtrage des RTW direkt auf den Herzkathetertisch umgelagert werden. Der Faktor Zeit beeinflusst entscheidend die Chancen des Patienten, wieder vollständig gesund zu werden.

Ist ein Patient kreislaufinstabil oder sogar reanimationspflichtig, sollte das Transportziel ein Schockraum sein. Die S3-Polytrauma- Leitlinie gibt hierzu einige Indikationen vor, gegliedert nach Vitalparamter, Verletzungsmuster und Unfallmechanismus.

Doch nicht nur traumatologische Patienten, auch alle anderen, die von einem interdisziplinären Spezialisten-Team profitieren könnten, sollten in den Schockraum gebracht werden. Beispiele hierfür sind Patienten mit Verdacht auf Hirnblutung oder Aortendissektion sowie bewusstlose und beatmungspflichte Patienten.

Gerade die Möglichkeit, einen Patienten zeitgleich von einem Anästhesisten, Chirurgen, Internisten und Neurologen behandeln zu lassen, erhöhen die Überlebenschancen des Betroffenen.

Voraussetzung dafür ist aber, dass das Rettungsteam die Kliniken der Region und ihre Möglichkeiten kennt. Oft befinden sich Spezialkliniken und Häuser der Maximalversorgung nicht unmittelbar in der Nähe. Deshalb schon frühzeitig an die mögliche Transportdauer denken und eventuell rechtzeitig einen Rettungshubschrauber nachfordern.

Von Klinik zu Klinik

Vor jeder Verlegung steht die Übergabe in der Klinik. Diese muss aktiv vom Rettungsteam eingefordert werden, um alle nötigen Informationen über den Patienten zu erhalten. Hierzu zählen die Gründe der Klinikaufnahme und Verlegung, die Instrumentierung des Patienten und das nötige Monitoring sowie Besonderheiten im Verlauf des Klinikaufenthalts.

Gerade die Frage nach den Normalparametern des Patienten und nach einem funktionsfähigen Zugang kann in kritischen Situationen äußerst wichtig sein. Darauf muss geprüft werden, ob alle geforderten Überwachungssysteme vorhanden sind und besondere Anforderungen erfüllt werden können. Ist dies nicht der Fall, muss mit dem Klinikarzt besprochen werden, ob eventuell ein Schwerlast-RTW, ein Intensivtransportwagen oder ein Rettungshubschrauber anzufordern sind.

Beatmungsgerät Draeger Oxylog 2000+

Vor jeder Verlegung steht die Übergabe in der Klinik. Foto: Markus Brändli

Erst wenn alle diese Fragen geklärt sind, kann mit der Umlagerung des Patienten begonnen werden. Möglichst schonend, das heißt unter der Mithilfe mehrerer Personen, sollte dies erfolgen. Je nach Verletzungsmuster ist der Transport auf einer Vakuummatratze erforderlich.

Unabhängig von Größe, Monitoring und sonstigen Instrumenten müssen alle Gurte der Patientenfahrtrage angelegt werden. Für Kinder ist ein spezielles Rückhaltesystem vorgeschrieben.

In der Regel wird von der Leitstelle bei der Übermittlung des Auftrags auch das angeforderte Equipment genannt. Minimalausrüstung sollte einsatzunabhängig aber immer ein Pulsoxymeter sein. Bei kritisch kranken, schwer verletzten oder beatmeten Patienten ist jederzeit mit Komplikationen zu rechnen. Deshalb sollte in diesen Fällen die Ausrüstung neben EKG/ Defi, Beatmungsgerät und elektrischer Absaugpumpe auch den Notfallrucksack umfassen. Bei jedem Gerät müssen Alarmtöne ausnahmslos angeschaltet und individuelle Alarmgrenzen eingestellt sein.

Vor Abfahrt muss der Rettungsassistent oder der Verlegungs- bzw. Notarzt noch die Dringlichkeit angeben und somit die Fahrt mit Sonderrechten anordnen. Selbstverständlich müssen alle fahrzeugfremden Geräte wie beispielsweise Spritzenpumpen und Monitore während der Fahrt vorschriftsmäßig fixiert werden können.

Großschadenslagen

Bei einem Massenanfall von Verletzten/ Erkrankten (MANV/E) besteht ein Ungleichgewicht zwischen direkt verfügbaren Rettungsmitteln und zu versorgenden Patienten. Sobald dies der Fall ist, können Patienten nicht mehr individuell behandelt werden. Ziel ist es dann vielmehr, möglichst viele Menschen zu retten.

Tipps5Als Hilfsmittel für solche Situationen hat sich der Führungskreislauf bewährt: Vor jeder Entscheidung ist die Lage zu erkunden und diese dann zu beurteilen. Das Resultat mündet in einen Entschluss, der als Befehl bekanntgegeben wird. Sodann ist die (neue) Lage wieder zu erkunden – der Führungskreislauf beginnt damit von vorn.

Nach Eintreffen an der Einsatzstelle gilt es zunächst, abzuklären, ob sie sicher ist. Dabei wird nach der GAMS-Regel vorgegangen: Gefahr erkennen, Einsatzstelle absichern, Menschenrettung durchführen und Spezialkräfte nachfordern.

Letzteres ist abhängig von der Lagemeldung. Diese sollte neben Unfallhergang bzw. Einsatzsituation und Zahl an Patienten auch Gefahren an der Einsatzstelle und die Nachforderung von weiteren Einheiten enthalten.

Als nächster Schritt steht die Ordnung des Raumes an. Zuerst muss eine Patientenablage ausgewiesen werden, wo dann die Betroffenen gesichtet und lebensbedrohliche Verletzungen versorgt werden können. Diese sollte in sicherem Abstand zum Gefahrenbereich und für Rettungswagen gut erreichbar sein. Es empfiehlt sich, diese mit dem ersteintreffenden RTW zu markieren und auszustatten.

Mit Hilfe des mobilen Equipments ist eine Versorgungsachse zu bilden. Allein mit Spineboard, Schaufeltrage, Vakuummatratze, Rettungstuch, Umbetttüchern und der Patientenfahrtrage können mehrere Behandlungsplätze eingerichtet werden. Die Kopfenden weisen dabei jeweils zur Versorgungsachse.

Zu den ersten Maßnahmen bei einem MANV/E gehört auch die Erkundung eines Rettungsmittelhalteplatzes. Er muss über gute An- und Abfahrtswege verfügen. Oberstes Gebot ist, sich nicht auf die beste Versorgung eines Patienten zu konzentrieren, sondern Strukturen zu schaffen, die die beste Versorgung für alle Patienten ermöglichen.

Schnell einsatzbereit Machen

Ist der Patient in der Klinik übergeben, gilt es, möglichst rasch seine Einsatzbereitschaft wieder herzustellen. Gerade in Regionen, in denen nur relativ wenig Rettungsmittel zur Verfügung stehen, kann es vorkommen, dass der Rettungswagen aus der Klinik zum nächsten Notfall alarmiert wird.

Höchste Priorität haben der Notfallrucksack sowie alle mobilen Geräte wie EKG, Sauerstoffeinheit und Absaugpumpe. Sie müssen nach Einsatzende sofort überprüft und aufgefüllt werden: Sind die EKG-Kabel mit Klebeelektroden bestückt? Fehlen Katheter für die Absaugpumpe? Ist ausreichend Sauerstoff in den Flaschen?

Reportage Nachtarbeiter f¸r teckbote rettungsdienst Kirchheim

Ist der Patient in der Klinik übergeben, gilt es, möglichst rasch seine Einsatzbereitschaft wieder herzustellen. Foto: Markus Brändli

Ist die mobile Notfallausrüstung klar, geht’s an die Patientenfahrtrage. Neben geöffnetem Umbetttuch unter einem frischen Einmallaken gehören eine Decke oder Rettungsfolie, ein Rettungstuch sowie eine Nierenschale zur vollständigen Ausstattung. Im Zuge dessen sollten alle Ausrüstungsgegenstände, die im unmittelbaren Patientenkontakt waren, desinfiziert werden.

Nicht zu vergessen ist, die persönliche Schutzausrüstung wieder zu komplettieren. Mehrere Paar Schutzhandschuhe, zwei Kugelschreiber und Filzstifte, ein Notizblock sowie eine Taschenlampe mit frischen Batterien/ Akkus sollte jeder dabei haben.

Nach dem Einsatz geht es auch darum, die Dokumentation zu vervollständigen: Auftragsnummer und Einsatzzeiten auf dem Protokoll ergänzen sowie die Patienten- und Rettungsdaten für die Abrechnung mit der Krankenkasse eintragen. Abschließend ist eine gründliche Händedesinfektion wichtig.

(Text: Dr. Maximilian Kippnich, Bereitschaftsarzt und Zugführer im BRK Würzburg Stadt, Kreisfeuerwehrarzt der Freiwilligen Feuerwehr Rhön-Grabfeld; Foto: DRF Luftrettung; zuletzt aktualisiert: 15.05.2017)

Medikamentengabe: Standards und Alternativen

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intravenoeser-Zugang_580Bremen (rd_de) – Die Standard-Medikamentengabe erfolgt in der Notfallrettung intravenös. Doch es gibt auch Alternativen. Ob die Medikamentengabe nun zum Beispiel sublingual oder inhalativ erfolgt, hängt nicht zuletzt von der jeweiligen Situation ab. Eine Übersicht über Standards und Alternativen.

Die intravenöse (i.v.) Gabe von Medikamenten spielt in der Notfallmedizin die größte Rolle. Aufgrund des raschen Wirkeintritts und gesicherter Aufnahme sowie Verteilung im Körper eignet sie sich besonders für zeitkritische Situationen mit hohem Handlungsdruck. Sie setzt jedoch die Anlage eines i.v.-Zugangs voraus. Dies stellt bei manchen Patienten wie zum Beispiel Kindern, adipösen Menschen oder Patienten im Zustand nach einer Chemotherapie eine Herausforderung dar.

In speziellen Situationen ist ein intravenöser Zustand sogar unerwünscht: beispielsweise bei Kindern, im Rahmen einer ambulanten Versorgung oder einer Nadelphobie.

Rektale Medikamentengabe

An rektal zu verabreichenden Medikamenten werden für Kinder meist

•    Midazolam-Klistiere (Krampfanfall),
•    Kortikoid- (Pseudokrupp) und
•    Paracetamol- bzw. Ibuprofen-Suppositorien (Fieber)

vorgehalten. Aufgrund der langen Anschlagzeit und relativ geringen analgetischen Potenzen von Ibuprofen und vor allem Paracetamol sind Letztere für die Akuttherapie starker Schmerzen aber kaum geeignet. Über einen Rektalapplikator oder eine kurz abgeschnittene Infusionsleitung kann alternativ beispielsweise Ketamin verabreicht werden (Off Label Use).

intranasale-Medikamentengabe_580Nasale Medikamentengabe

Eine Anschlagzeit von drei bis fünf Minuten wird bei der nasalen Medikamentengabe erreicht. Sie kann sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen angewendet werden. Bei Erwachsenen ergibt sich die Indikation meist dann, wenn es unmöglich ist, eine Venenpunktion durchzuführen.

Steht die Schmerztherapie im Vordergrund, empfiehlt sich die nasale Applikation. Dabei sollte ein Mucosal Atomization Device (MAD) verwendet werden. Es sorgt dafür, dass das Medikament durch Zerstäuben optimal auf der gesamten Nasenschleimhaut verteilt wird. Zu beachten ist, dass pro Nasenloch nicht mehr als 1 ml (besser: 0,5 ml) appliziert werden.

Als Medikamente für den nasalen Applikationsweg bieten sich

•    Ketanest,
•    Midazolam,
•    Morphin,
•    Fentanyl und auch
•    Naloxon

an. Aufgrund inkompletter Resorption muss die Dosierung im Vergleich zur i.v.-Gabe etwas erhöht werden. Neben der Behandlung akuter Schmerzen bietet sich das MAD auch zur Sedation und Anxiolyse (Bekämpfung von Angstzuständen), bei epileptischen Anfällen oder bei der Überdosierung von Opiaten an.

Intraossäre Medikamentengabe

Als Alternative zum i.v.-Zugang kann ein intraossärer Zugang gelegt werden. Je dringender ein Gefäßzugang benötigt wird und je schwieriger die venösen Verhältnisse sind, desto großzügiger ist die Indikationen für eine i.o.-Punktion zu stellen. Dabei handelt es sich um eine Infusion in den Gefäßraum des roten Knochenmarks.

Prinzipiell können alle Notfallmedikamente und Flüssigkeiten, die intravenös gegeben werden, auch intraossär verabreicht werden. Die Dosierungen und Volumina sowie Anschlagzeit und Wirkdauer entsprechen denjenigen der i.v.-Gabe.

Endobronchiale Medikamentengabe

Diese Methode ist wegen unklarer Dosierung sowie Resorption und damit unkalkulierbarer Wirkung im Rahmen einer Reanimation in den Hintergrund getreten. Trotzdem eignet sich die Lunge zur (inhalativen) Medikamentenverabreichung. Beim Pseudokrupp, Asthma-Anfall und der exazerbierten COPD werden Kortikoide, Sympathomimetika wie Salbutamol oder Adrenalin und Anticholinergika, zum Beispiel Ipratropiumbromid, erfolgreich inhalativ eingesetzt. Diese wirken nicht nur lokal in den Bronchien, sondern werden über die Alveolen systemisch resorbiert.

Nitro-Spray_580Sublinguale Medikamentengabe

Sublingual werden vor allem

•    Nitrate (Nitrospray),
•    Ca-Antagonisten (Nitrendipin) und
•    Benzodiazepine (Lorazepam)

verabreicht. Erfahrungsgemäß lassen sich auf diesem Wege verabreichte Wirkstoffe gut über die durchblutete Schleimhaut rasch resorbieren. Sie entfalten dann unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes ihre Wirkung.

Eine sublinguale Therapie mit Nitrendipin oder Lorazepam bietet den Vorteil, keinen i.v.-Zugang legen zu müssen. Dies ist vor allem bei einer ambulanten Versorgung interessant. Für Nitrospray gilt dies allerdings nicht: Vor der Verabreichung sollte hier zwingend ein Zugang gelegt werden. Nur so können mögliche Blutdruckabfälle und Rhythmusstörungen rasch therapiert werden.

Subkutane Medikamentengabe

Die Applikation von (niedermolekularem) Heparin erfolgt im Krankenhaus überwiegend subkutan, wo es seine Wirkung langsam entfaltet. In der Notfallmedizin sind schnelle Wirkspiegel und gesicherte Resorption erwünscht. Aus diesem Grund wird Heparin intravenös gespritzt.

Intramuskuläre und orale Medikamentengabe

Eine intramuskuläre Medikamentengabe ist schmerzhaft und komplikationsträchtig. So drohen zum Beispiel Infektionen und Nervenschäden. Teilweise ist sie aber auch per se kontraindiziert, zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Lyse.

Als Faustformel gilt: Die i.m.-Gabe ist in der Notfallmedizin sicher nie alternativlos und sollte daher keine Rolle spielen.

Oral verabreichte Medikamente setzen einen kooperativen Patienten, funktionierende enterale Resorption und das Tolerieren einer gewissen Zeitspanne bis zum Wirkeintritt voraus. Bereits letztgenannter Punkt macht eine orale Medikamentengabe für die Notfallmedizin unbrauchbar. Ausnahme: Clopidogrel. Es ist nur als Tablette erhältlich und wird beim ST-Hebungsinfarkt häufig bereits präklinisch gegeben.

(Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt, Ltd. Notarzt Landkreis Unterallgäu; Fotos: Markus Brändli; 17.05.2017)

Glasgow Coma Scale: Bei 7 musst Du Tubus schieben…!

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Bremen (rd_de) – Der Glasgow Coma Scale (GCS; auch „Score“ oder „Skala“ genannt) ist eine im Rettungsdienst oft angewandte Möglichkeit, um den Bewusstseinszustand eines Patienten zu bestimmen. Ursprünglich wurde der Glasgow Coma Scale für die Bewertung eines Schädel-Hirn-Traumas entwickelt, heute wird die Skala auch für andere Notfallsituationen genutzt.

Um das Bewusstsein bzw. die Hirnfunktionen eines Verletzten bewerten zu können, wird der Patient vom Rettungsteam anhand dreier Kategorien überprüft:

1. Augenöffnen, zum Beispiel nach Ansprach oder Schmerzreiz,
2. verbale Reaktion, in der Regel durch Ansprache,
3. motorische Reaktion, entweder nach Aufforderung eine Extremität bewegen oder durch Schmerzreiz.

„Notfall kompakt“ nennt sich eine beliebte und erfolgreiche Serie im Rettungs-Magazin. In ihr werden alle klassischen Notfälle vorgestellt, mit denen sich Rettungskräfte im Einsatz konfrontiert sehen. Die Serie steht auch in elektronischer Version zur Verfügung. So lässt sich „Notfall kompakt“ als preiswertes Nachschlagewerk zum Beispiel auch auf dem Smartphone lesen.

Anhand des Glasgow Coma Scale werden die Punkte je nach Reaktion wie folgt vergeben:

Augen öffnen
spontan – 4 Punkte
auf Aufforderung – 3 Punkte
auf Schmerzreiz – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

beste verbale Reaktion
konversationsfähig orientiert – 5 Punkte
konversationsfähig desorientiert – 4 Punkte
inadäquate Äußerungen – 3 Punkte
unverständliche Laute – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

beste motorische Reaktion
folgt Aufforderung – 6 Punkte
gezielte Abwehr – 5 Punkte
ungezielte Abwehr – 4 Punkte
Beugesynergismen – 3 Punkte
Strecksynergismen – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

Die Maximalpunktzahl beträgt 15 Punkte und entspricht einem bewusstseinsklaren Notfallpatienten. Erfolgt hingegen in keiner der drei Kategorien eine Reaktion, wird der Zustand des Patienten mit drei Punkten klassifiziert. Im letzteren Fall liegt eine schwere Bewusstseinsstörung vor.

Daraus ergeben sich für das Rettungsteam folgende Handlungsempfehlungen:

15 – 13 Punkte: keine Bewusstseinsstörung; evtl. leichtes Schädel-Hirn-Trauma; keine Maßnahmen zur Atemwegsicherung erforderlich
12 – 9 Punkte: leichte bis mittelschwere Bewusstseinsstörungen; mittelschweres Schädel-Hirn-Trauma; Monitoring und Intubationsbereitschaft
8 – 3 Punkte: komatös; schweres Schädel-Hirn-Trauma; Intubation

In vielen Quellen werden weniger als 8 Punkte als Indikation für eine Intubation empfohlen. Auf doccheck.de findet sich hierzu die Merkhilfe: „Bei 8 wird noch gelacht, bei 7 musst du Tubus schieben!“

Auch wenn der Glasgow Coma Scale ein sehr hilfreiches Mittel ist, um den neurologischen Zustand eines Patienten zum Beispiel im Rahmen einer Untersuchung nach dem ABCDE-Schema zu überprüfen (Punkt D, „Disability“), darf das Ergebnis des Glasgow Coma Scale nicht zu unüberlegten Maßnahmen verleiten: intubierte Patienten werden im Rahmen einer Reevaluation beispielsweise während des Transports unter „verbale Reaktion“ kaum mehr als 1 Punkt erhalten; für Kinder ist der spezielle Pediatric Glasgow Coma Scale (siehe unten) anzuwenden; Faktoren wie Schock oder Hypoxie können die Tiefe eines Komas ähnlich wie ein Schädel-Hirn-Trauma beeinflussen, und die ermittelte Gesamtpunktzahl bei pflegebedürftigen, desorientierten Menschen wird keine verlässliche Aussage über deren tatsächlichen Bewusstseinszustand erlauben.

Pediatric Glasgow Coma Scale

Augen öffnen
spontan – 4 Punkte
auf Schreien – 3 Punkte
auf Schmerzreiz – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

beste verbale Reaktion
Plappern, Brabbeln – 5 Punkte
Schreien, tröstbar – 4 Punkte
Schreien, untröstbar – 3 Punkte
Stöhnen, unverständliche Laute – 2 Punkte
keine verbale Reaktion – 1 Punkt

beste motorische Reaktion
spontane Bewegungen – 6 Punkte
auf Schmerzreiz, gezielt – 5 Punkte
auf Schmerzreiz, normale Beugeabwehr – 4 Punkte
auf Schmerzreiz, abnorme Abwehr – 3 Punkte
auf Schmerzreiz, Strecksynergismen – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Rettungsassistent, Chefredakteur Rettungs-Magazin; Symbolfoto: Markus Brändli; 18.05.2017)

Meningitis: Symptome bei Kindern frühzeitig erkennen

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Meningitis_580Bremen (rd_de) – Meningitis-Symptome bei Kindern rechtzeitig zu erkennen, ist für die erfolgreiche Behandlung und folgenlose Heilung des jungen Patienten sehr wichtig. Vor allem eine bakterielle, aber auch eine virale Meningitis stellt eine schwerwiegende Erkrankung dar. Rettungsdienst-Mitarbeiter sollten daher wissen, auf welche Meningitis-Symptome sie zu achten haben.

Eine typische Begleiterscheinung bei Meningitis ist neben Kopfschmerzen unter anderem Fieber. Erhöhte Körpertemperaturen treten nicht zuletzt auf, wenn Erreger im Spiel sind, die eine bakterielle oder virale Meningitis hervorrufen. Sie stellt eine der schwerwiegendsten Infektionen im Säuglings- und Kindesalter dar. Im Falle einer Meningokokken-Meningitis können die Erreger über die Blutbahn bei einer Bakteriämie/Sepsis in den Liquorraum eindringen. Auch nach einem offenen Schädel-Hirn-Trauma ist unbedingt auf mögliche Meningitis-Symptome zu achten. Außerdem kann diese Erkrankung infolge von Infektionen wie Mastoiditis – einer akuten Entzündung im Warzenfortsatz des Schläfenbeins – oder einer Nasennebenhöhlenentzündung eintreten.

Besonders bei kleinen Kindern und Säuglingen können die Meningitis-Symptome unspezifisch sein. Die Gefahr einer Fehldeutung ist groß. So gelten als unspezifische Meningitis-Symptome

•    Trinkunlust,
•    Erbrechen,
•    Apathie,
•    Fieber und
•    vermehrtes Schlafen.

Typischer sind hingegen folgende mögliche Meningitis-Symptome:

•    Nackensteifigkeit
•    schrilles Schreien,
•    Krampfanfälle,
•    vorgewölbte Fontanelle oder
•    Bewusstlosigkeit.

Meningitis-Symptome richtig deuten

Die klassischen Zeichen einer solchen Erkrankung wie Meningismus (Nackensteifigkeit), Kopfschmerzen oder positive Zeichen nach Kernig, Lasègue und Brudzinski sind vor allem bei größeren Kindern zu finden.

Kernig-Zeichen: Patient liegt flach auf dem Rücken, Beine werden bei gestrecktem Knie im Hüftgelenk gebeugt. Das Zeichen ist positiv, wenn der Patient schmerzbedingt die Knie beugt.

Lasègue-Zeichen: Patient liegt flach auf dem Rücken. Das gestreckte Bein wird im Hüftgelenk langsam passiv um 90 Grad gebeugt. Das Zeichen ist positiv, falls die Beugung um 70 bis 80 Grad aufgrund von vorher eintretenden Schmerzen in Bein, Gesäß oder Rücken nicht durchführbar ist.

Brudzinski-Zeichen: Patient liegt flach auf dem Rücken. Der Kopf wird kräftig brustwärts gebeugt. Das Zeichen ist positiv, wenn der Patient die Knie anzieht.

Bei der Behandlung bzw. Inspektion können Petechien auffallen. Dabei handelt es sich um eine Vielzahl stecknadelkopfgroßer Blutungen der Haut oder Schleimhäute. Größere, flächenhafte Blutungen deuten auf einen schlimmeren Verlauf mit schlechterer Prognose hin. Aufgrund unterschiedlicher Ursachen sollte die Fremdanamnese durch Befragung der Eltern des jungen Patienten folgende Punkte beinhalten:

•    Bestand Kontakt zu bereits infizierten Personen?
•    Wurde eine Impfung gegen Meningokokken-Meningitis durchgeführt?
•    Ist ein Zeckenbiss bekannt?
•    Bestanden in der Vergangenheit beim Patienten prädisponierende Erkrankungen wie Nasennebenhöhlenentzündung, Mittelohrentzündung, Lungenentzündung oder sind gar Immundefekte bekannt?

Die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung und folgenlose Heilung dieser Erkrankung sind umso größer, je früher die Diagnose gestellt und eine entsprechende Behandlung begonnen wird. Die Sterblichkeitsrate bei Meningitis beträgt etwa fünf bis zehn Prozent.

(Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 19.05.2017)

8 Tipps, damit Retter gesund bleiben

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Gesundheitsfoerderung im RettungsdienstBremen (rd_de) – Prävention und Gesundheitsförderung werden immer noch von vielen Rettungsdienst-Mitarbeitern vernachlässigt. Wir geben acht einfach umzusetzende Tipps, wie sich persönliche Fitness und Wohlbefinden auch im Rettungsdienst-Alltag erzielen lassen.

Selbstlos, Nichtraucher und durchtrainiert – so sieht er aus – der klassische „Retter“ im Film und Fernsehen. Egal ob Polizist, Feuerwehrmann oder Paramedic: In diversen TV-Serien aus dem US-amerikanischen Raum werden Einsatzkräfte gerne als Athleten dargestellt, die auch körperlich herausforderndste Situation meistern.

Wer in der präklinischen Notfallrettung tätig ist, dem wird jedoch bewusst sein, dass körperliche Grenzerfahrungen keine Seltenheit im Einsatzgeschehen sind. Zeit zum Zubereiten gesunder Mahlzeiten oder für das Ausüben von Dienstsport während des Schichtbetriebs ist für viele Kollegen eine reine Utopie. Negative gesundheitliche Folgen bleiben da nicht aus. So weisen Einsatzkräfte unter anderem ein deutlich erhöhtes Risiko für Übergewicht und kardiovaskuläre Erkrankungen auf.

Rettungsdienst-Mitarbeiter verbringen einen Großteil ihres Arbeitstages im Sitzen. Sei es beim Warten auf der Wache oder im RTW auf dem Weg zum Einsatz. Wird das Team zu einem Einsatz alarmiert, erfolgt nach der Anfahrt häufig eine Versorgung des Patienten in körperlich beanspruchenden Positionen, beispielsweise im Knien oder in gebückter Haltung. Der anschließende Transport des Patienten und der Ausrüstung durch ein enges Treppenhaus stellt eine weitere Belastung dar.

Rettungsdienst

Rettungsdienst-Mitarbeiter sind im Einsatz hohen physischen Belastungen ausgesetzt. Foto: AOK Mediendienst

Bereits hier zeigt sich, welchem Mix aus den Risikofaktoren Bewegungsmangel und hohen physischen Belastungen die Rettungsfachkräfte ausgesetzt sind. Unregelmäßige Mahlzeiten, der Griff in die Chips-Tüte als Zeitvertreib, Schlafunterbrechungen und die Konfrontation mit psychisch belastenden Situationen sind weitere Aspekte, die der Gesundheit zu schaffen machen. Es stellt sich die Frage: Wie kann man diesen Problemen begegnen?

Auch wenn einige der genannten Risikofaktoren – wie das Heben schwerer Lasten – an sich nicht beseitigt werden können, so lässt sich dennoch der Umgang mit diesen Faktoren positiv gestalten.

Die folgenden acht Tipps zum gesundheitsförderlichen Arbeiten im Rettungsdienst verfolgen zwei Ziele: 1. Zum einen sollen Ressourcen, mit denen die eigene Gesundheit gefördert werden kann, geschaffen und ausgebaut werden. Stichwort: Gesundheitsförderung. Dies ist beispielsweise dann gegeben, wenn die eigene physische Fitness durch regelmäßiges Sporttreiben verbessert wird. 2. Zum anderen sollen gesundheitlichen Risiken, die typischerweise im Rettungsdienst bestehen, vorgebeugt bzw. reduziert werden. Stichwort: Prävention. So kann beispielsweise starken körperlichen Belastungen vorgebeugt werden, indem zu tragende Lasten auf mehrere Personen verteilt werden.

In den folgenden Hinweisen werden Ansätze der Gesundheitsförderung mit Maßnahmen der Prävention kombiniert.

1. Warm-up zu Dienstbeginn

Dass vor sportlicher Aktivität der Körper aufgewärmt werden muss, ist allgemein bekannt. Verschiedene Tätigkeiten im Einsatzgeschehen sind nicht weniger körperlich anstrengend als Sporttreiben. Man denke nur an Thoraxkompressionen oder das Tragen von Patienten. Daher empfiehlt es sich, zu Dienstbeginn den eigenen Körper auf Betriebstemperatur zu bringen. Kreisende Armbewegungen, Kniebeugen und das leichte Dehnen der großen Muskeln kann hierzu als „Ritual“ ergänzt werden. Quasi als Ergänzung zum täglichen Fahrzeugcheck. Durch das Aufwärmen sollen bei der anschließenden Beanspruchung Verletzungen vorgebeugt und die Leistungsfähigkeit gesteigert werden.

2. Bewegungspausen

Um Bewegungsmangel vorzubeugen und einen gesundheitsförderlichen Anteil an körperlicher Aktivität zu erreichen, sollte sich jeder Rettungsdienst-Mitarbeiter täglich für mindestens 30 Minuten moderat bewegen. Mit moderat ist gemeint, dass man bei der Bewegungsausführung leicht ins Schwitzen gerät und das Atemzugvolumen zunimmt.

Zwischen den Einsätzen können Bewegungspausen etwa durch Tischtennis- oder Federballspielen eingeschoben werden. Die Anschaffung der nötigen Geräte ist meist leicht und kostengünstig zu organisieren. Alternativ kann auch der gemeinsame Spaziergang um das Wachgebäude das tägliche Bewegungspensum sicherstellen – wenn dies das Einsatzaufkommen zulässt.

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Joggen ist eine der beliebtesten Ausdauersportarten. Foto: AOK Mediendienst

3. Präventives Sporttreiben

Selbst ein etabliertes Gesundheitsmanagement wird einige gesundheitliche Risikofaktoren im Rettungsdienst nicht ausschalten können. So bleibt die körperliche Belastung durch das Tragen von Ausrüstung und Patienten unvermeidbar. Doch auch wenn die Last gleich bleibt, kann die körperliche Beanspruchung beeinflusst werden. Kräftigungsübungen für die Bein-, Rumpf- und Armmuskulatur können so beispielsweise dazu beitragen, dass Lasten einfacher gehoben werden können.

Neben dem Training im Fitnessstudio bieten Sportarten wie Volleyball, Schwimmen oder Judo einen förderlichen Effekt auf jene Muskulatur, die im rettungsdienstlichen Einsatzgeschehen besonders beansprucht wird.

Spezielle Rückenschul-Kurse bieten eine zusätzliche Möglichkeit, sich präventiv auf körperlich belastende Situationen vorzubereiten. Generell wird empfohlen einen wöchentlichen Trainingsaufwand von drei Ausdauertrainingseinheiten (20 – 60 Minuten) sowie zwei Kräftigungs- und Beweglichkeitstrainingseinheiten anzustreben.

4. Arbeitshilfen nutzen

Schnell mal eben den Patienten zu zweit umlagern – was häufig nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt, kann in der Summe eine gravierende Belastung für Wirbelsäule und Gelenke von Rettungsdienst-Mitarbeitern darstellen. Es empfiehlt sich daher, vorhandene Hilfsutensilien zu nutzen.

Rollbretter ermöglichen beispielsweise ein weitgehend rückenschonendes Umlagern von Patienten im Krankenhaus. Die Indikation für Tragehilfe durch ein anderes Rettungsmittel sollte großzügig und frühzeitig gestellt werden.

An dieser Stelle sei neben dem Gesundheits- auch auf den Arbeitsschutz hingewiesen: Überschreitet das Gewicht des Patienten bei dessen Bergung mittels Tragetuch das Kraftvermögen der Rettungsdienst-Mitarbeiter, sind Stürze beim Tragen nicht unwahrscheinlich. Hierbei kann das Patientengewicht beim Anheben (Maximalkrafteinsatz) für das anschließende Tragen (Kraftausdauereinsatz) unterschätzt werden.

Das Transportieren von Notfallequipment sollte auf die zur Verfügung stehenden Personen aufgeteilt werden. Hierbei ist auf eine ausgeglichene Lastenverteilung zu achten. Beispielsweise sollten zwei ähnlich schwere Gerätschaften mit je einer Hand getragen werden.

5. Diensttaugliche Mahlzeiten

Um auch bei Diensten mit einer Dauer von bis zu 24 Stunden allzeit leistungsfähig zu sein, muss dem Körper in regelmäßigen Abständen Nahrung zugeführt werden. Dies steht im krassen Gegensatz zu der weit verbreiteten Praxis auf deutschen Rettungswachen. Da gibt es ein Frühstück zu Dienstbeginn und eine üppige Mahlzeit in den Abendstunden, die den angesammelten Hunger beseitigen und bis zum Dienstende fernhalten soll.

Fast Food. Pommes Frites mit Mayonnaise und Ketchup und Currywurst.

Klassiker im Einsatzalltag: Currywurst mit Pommes Frites. Foto: AOK Mediendienst

Bei der Auswahl der Mahlzeiten sollten die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung beachtet werden. So sollten die Mahlzeiten eine vollwertige, ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ermöglichen. Zugleich ist darauf zu achten, dass die Nahrungszunahme stets von Einsätzen unterbrochen werden könnte. Mahlzeiten, die sowohl kalt als auch warm eingenommen werden können, empfehlen sich daher besonders. Schwerverdauliche Nahrungsmittel und große Mengen sollten im Schichtdienst eher gemieden werden.

Es empfiehlt sich, die Nahrungsaufnahme auf mehrere kleine Mahlzeiten zu verteilen. Um den Blutzuckerspiegel stets auf einem leistungsfähigen Niveau zu halten, kann die Vorgabe, fünf Mal täglich Obst und Gemüse einzunehmen, eine sinnvolle Option darstellen. So können kleine Snacks aus Bananen, Äpfeln oder Gemüsestreifen dem Körper in regelmäßigen Abständen neue Energie liefern.

Wird der Lieferservice dem eigenen Zubereiten der Mahlzeiten vorgezogen, lassen sich auch dort meist gesunde Gerichte wie Putenbrustsalat oder gemüsehaltige Wraps finden. Die Faktoren „guter Geschmack“ und „gesund“ können hier leicht kombiniert werden.

6. Handlungssicherheit herstellen

Die Konfrontation mit Leid und Tod gehört für Rettungsdienst-Mitarbeiter zum Arbeitsalltag. Um die psychische Belastung möglichst gering zu halten, sollte für die eigene Tätigkeit ein maximales Maß an Handlungssicherheit hergestellt werden. Jede Rettungsfachkraft wird sich nach dem Einsatz schon gefragt haben, ob man wirklich alles getan hat, was möglich war, um den Patienten bestmöglich zu versorgen. Lautet die Antwort „Ja!“, beugt das Selbstzweifeln und Stress vor.

Algorithmen, Handgriffe und der Umgang mit Geräten sowie Technik sollten auch aus diesem Grund sicher beherrscht werden. Die Wahl der zu besuchenden Fortbildungsveranstaltungen orientiert sich daher am besten an den Fragen: „Wo habe ich Wissenslücken?“ und „Wo fühle ich mich unsicher?“

Wer sich beispielsweise im Umgang mit Medikamenten nicht vollständig sicher fühlt, sollte bei der Planung seiner Fortbildungen die Thematik Pharmakologie auf die erste Priorität stellen. Das ist sinnvoller, anstatt seine Zeit für ein Thema zu verwenden, in dem man sich fit fühlt. Was anfänglich mühsam erscheint, wird sich in einer höheren Handlungssicherheit im Einsatz und damit verbunden mit weniger Stress auszahlen.

7. Die Woche planen

Dienste in unregelmäßigen Abständen machen einen regelmäßigen Arbeitsrhythmus undenkbar. Damit die Vereinbarkeit von Freizeit bzw. Familie und Beruf, regelmäßiges Sporttreiben und Zeit zum Entspannen nicht zu kurz kommen, empfiehlt es sich, jede Arbeitswoche grob vorzuplanen. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass die Tage nach 24-Stunden- oder Nachtdiensten zur Regeneration genutzt werden können. Fixe Termine wie Zahnarztbesuche sollten mit ausreichend Abstand zu den Dienstenden terminiert werden, um einen Puffer für Schlaf und Erholung zu gewährleisten.

Da sich nach einem anstrengenden Dienst gerne der altbekannte „Schweinehund“ bemerkbar macht, sollten im Wochenplan geplante Termine zum Sporttreiben niedergeschrieben und auch eingehalten werden.

8. Nachhaltigkeit schaffen

Es besteht die Gefahr, dass die genannten Tipps zur Gesundheitsförderung nur ein kurzes „Aufflammen“ bewirken. Damit sie nachhaltig Teil des täglichen Arbeitslebens werden, sollten im Rettungsdienst-Unternehmen die hierfür notwendigen Strukturen geschaffen werden.

Betriebliches Gesundheitsmanagement verbindet sämtliche Einzelmaßnahmen zur Förderung der Gesundheit. Es kann als Teil der Unternehmenskultur wesentlich dazu beitragen, dass Krankheitstage reduziert werden. Die Mitarbeiter im Rettungsdienst können auf gesunde Weise ihrer wichtigen Arbeit nachgehen.

Jedoch sind diese Aspekte nur ein Teil des Gewinns. Unternehmen, die sich um die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter kümmern, sind nachgewiesen erfolgreicher. Am ehesten ist dies an der steigenden Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter abzulesen. Das hat am Ende wiederum maßgeblichen Einfluss auf die Patientenzufriedenheit.

Aus diesen Gründen ist es auch aus ökonomischer Sicht nicht nachzuvollziehen, warum im Rettungsdienst nur wenige Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen. Insofern kann nur jedem Rettungsdienstbetreiber empfohlen werden, sich eingehend und professionell mit dem Thema Mitarbeitergesundheit zu beschäftigen. Hier liegt noch viel ungenutztes Potenzial – für Mitarbeiter und Arbeitgeber!

(Text: Johannes Schillings, Sport- und Gesundheitswissenschaftler, Rettungsassistent, sowie Christian Jager, Medizin- und Gesundheitsökonom, Rettungsassistent; Symbolfotos: AOK Mediendienst; zuletzt aktualisiert: 22.05.2017)

Traumatologie: Amputationsverletzungen versorgen

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10/39 Replantatbeutel Replantatset Amputat AmputatversorgungBremen (rd_de) – Die Voraussetzungen für eine Replantation können bereits bei der Erstversorgung der Amputationsverletzung wesentlich beeinflusst werden. Entscheidend für das Ergebnis ist die korrekte Behandlung von Amputaten und Amputationsstümpfen am Einsatzort und während des Transportes.

Trotz Aufklärungskampagnen und guter Schulung des Rettungsfachpersonals gelangen immer wieder falsch behandelte Amputate in die Klinik. Eine Replantation kann dann trotz ansonsten möglicherweise günstiger Voraussetzungen nicht mehr vorgenommen werden.

Im Vordergrund der medizinischen Versorgung am Unfallort stehen Sicherung und Verbesserung der vitalen Funktionen des Verletzten. Das heißt: Kontrolle von Atmung und Kreislauf sowie Schockbekämpfung bei größerem Blutverlust. Über einen, besser zwei großlumige venöse Zugänge können 500 bis 1000 ml Ringer-Laktat-Lösung infundiert, über eine Maske bedarfsweise Sauerstoff verabreicht werden.

Bei den weitaus meisten Amputationsverletzungen handelt es sich jedoch um isolierte Wunden im Handbereich. Daher ist der Allgemeinzustand des Verletzten in der Regel gut. Indiziert ist bereits am Unfallort dennoch eine suffiziente Analgesie. Beispielsweise kann 0,125 – 0,25 mg/kg Körpergewicht Ketanest S eingesetzt werden, kombiniert mit einer adäquaten Sedierung, beispielsweise 2,5 – 5 mg Midazolam.

Den Amputationsstumpf versorgen

Der Amputationsstumpf wird trocken und sauber verbunden. Sämtliche Manipulationen, wie das Setzen von Klemmen oder Unterbindungen, Säuberungsmaßnahmen oder Desinfektion sind zu unterlassen. Auch bei stärkeren Blutungen reicht in den allermeisten Fällen eine Kompression des Stumpfes mittels sterilem Druckverband und Hochlagerung der Extremität aus.

Der Versuch, die Blutung durch Abbinden der Extremität zu stoppen, sollte unterbleiben. Auch die Verwendung einer Blutsperre für den Transport, beispielsweise durch Anlegen der Blutdruckmanschette und aufpumpen derselben, bis es aus dem Amputationsstumpf nicht mehr blutet, macht eine für die Operation notwendige Blutleere entweder unmöglich oder gefährdet die Extremität.

Die Versorgung des Amputats

Auch das Amputat muss unbehandelt bleiben. Alle aufgefundenen Teile müssen ins Replantationszentrum mitgegeben werden. Primär nutzlos erscheinende Teile können eventuell als Spender für Haut, Knochen, Sehnen, Nerven, Gefäßinterponate oder zur Überbrückung von Defekten verwendet werden.

Das Amputat wird in ein sauberes, trockenes, möglichst steriles Tuch eingewickelt. Amputat und Tuch werden gemeinsam in einen ersten Plastikbeutel gegeben. Dieser wird verschlossen und in einen zweiten Beutel gegeben, in dem sich Wasser und Eis befinden. Die ideale Transporttemperatur liegt bei vier Grad Celsius. Besser sind spezielle Amputat-Beutel. Auf keinen Fall darf das Amputat direkten Kontakt zu Wasser und/oder Eis haben. Dies würde durch Quellung der Strukturen oder Erfrierungen zu irreversiblen Gewebeschäden führen und eine Replantation unmöglich machen.

Anoxämie-Zeit
Ein besonders wichtiger Faktor im Zusammenhang mit Amputationsverletzungen ist die Anoxämie-Zeit. Diese beschreibt die Zeitspanne zwischen der vollständigen Unterbrechung der Blutzufuhr und der Wiederherstellung der ersten funktionstüchtigen arteriellen Gefäßverbindung. Während dieser Phase findet keine Durchblutung des abgetrennten Körperteils statt. Die Dauer der Anoxämie-Zeit beeinflusst sowohl die primäre Wiedereinheilung des Amputates als auch die später wiedergewonnene Funktionstüchtigkeit der replantierten Gliedmaße.

Durch optimale präoperative Kühlung kann die tolerable Anoxämie-Zeit – also die maximale Zeitspanne zwischen Amputation und Wiederherstellung der Blutzirkulation – erheblich verlängert werden. Für Makroreplantationen wird eine maximal tolerierte Anoxämie-Zeit von sechs Stunden angenommen. Für Mikroreplantationen liegt sie bei zirka 15 Stunden. Ohne Kühlung beträgt die tolerierte Anoxämie-Zeit jedoch drei Stunden (Makroreplantationen) bzw. sechs Stunden (Mikroreplantationen).

Bei inkompletten Amputationen ist eine präoperative Kühlung zu vermeiden. Dadurch würde eine möglicherweise noch bestehende Restdurchblutung eingeschränkt oder ganz aufgehoben. In diesen Fällen sollte lediglich ein steriler Verband angelegt werden. Eine Ruhigstellung durch Schienung ist sinnvoll. So wird verhindert, dass das Gewebestück versehentlich abknickt.

Makro- und Mikroreplantationen

Unterschieden werden muss bei der Replantation vor allem zwischen Makro- und Mikroreplantationen sowie zwischen oberer und unterer Extremität. Die Begriffe „mikro“ bzw. „makro“ beziehen sich hierbei nicht so sehr auf Gefäß- oder Nervendurchmesser. Vielmehr ist die Gesamtmasse des Amputates gemeint. Insbesondere ist die im Amputat enthaltene Muskelmasse entscheidend, die am empfindlichsten auf Anoxie reagiert.

 

Zu den Mikroreplantationen werden alle Replantationen im Hand- und Fußbereich bis unmittelbar proximal des Hand- bzw. Sprunggelenks gemeint. Hierbei muss wegen fehlender oder nur kleiner Muskelmasse durch einen eventuell Ischämie-Reperfusions-Schaden nicht mit der Möglichkeit vitaler Komplikationen gerechnet werden.

 

Bei den proximalen – auch „Makroreplantationen“ genannten – Formen können jedoch durch die entsprechend großen Muskelmassen Ischämie-Reperfusions-Schäden auftreten. Sie können für den Patienten lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Außerdem sind Verletzungsmechanismen, die zu proximalen Amputationen führen, durch große Gewalteinwirkungen charakterisiert.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt/LNA, Dozent, Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 24.05.2017)


Berufshaftpflicht für Mitarbeiter im Rettungsdienst

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Recht im Rettungsdienst ArbeitsrechtBremen (rd_de) „Wenn mal was schiefgeht – kein Problem, dafür sind Sie über uns versichert.“ Diese Worte hat schon mancher Rettungsdienst-Mitarbeiter gehört. Eine Berufshaftpflichtversicherung, wie sie beispielsweise Ärzte oder Anwälte nachweisen müssen, wäre sinnvoller. Aber nur eine Minderheit der Notfallsanitäter und Rettungsassistenten dürfte sie besitzen.

Das Schreiben der Versicherung lag unerwartet im Briefkasten von Rettungsassistentin Sarah B. (fiktiver Name). Als Betriebshaftpflichtversicherung von Sarahs Arbeitgeber habe man an einen Patienten 50.000 Euro Schmerzensgeld zahlen müssen. Sarah habe den Patienten durch unsachgemäßes Umlagern von der Trage fallen lassen. Dies stelle eine grob fahrlässige Pflichtverletzung dar. Deswegen müsse die Rettungsassistentin die 50.000 Euro im Wege des Regresses innerhalb von 14 Tagen an die Versicherung zahlen.

Kein Einzelfall. Eine Ärztin war bereits im Jahr 1997 vom Bundesarbeitsgericht in einem Fall falscher Blutkonservengabe zum Regress verurteilt worden.

Betriebshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers

Richtig ist, dass Hilfsorganisationen sowie kommunale und private Rettungsdienste in der Regel eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Eine solche Versicherung sichert das Unternehmen vor Vermögensschäden, die aufgrund von Personen- oder Sachschäden verursacht wurden. Darüber hinaus sind Schäden, die durch das alleinige Verschulden eines einzelnen Mitarbeiters entstehen, abgedeckt. Eine Betriebshaftpflichtversicherung bietet daher finanziellen Schutz sowohl vor Personen- und Sachschäden als auch vor Vermögensschäden.

Die Versicherung stellt den Versicherungsnehmer – also den Arbeitgeber des Rettungsdienst-Mitarbeiters – von begründeten Ansprüchen Dritter frei oder wehrt auf seine Kosten unbegründete Ansprüche ab. Aber Achtung, gleichzeitig beginnt bereits bei der Schadenmeldung immer auch die Prüfung der Versicherung, ob im Falle einer Zahlung ein Mitarbeiter, der den Schaden verursacht hat, voll oder teilweise in Regress genommen werden kann. Versicherungsunternehmen sind wirtschaftlich orientierte Firmen. Wohltaten gehören nicht zu ihrem Business.

Hintergrund für diese Recherchen gegen einen Rettungsdienst-Mitarbeiter ist der Grundsatz des Forderungsübergangs. So heißt es in Paragraph 86 des Versicherungsvertragsgesetzes: „Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt.“

Anders ausgedrückt: Steht dem Rettungsdienst als Arbeitgeber ein Regressanspruch gegen den Mitarbeiter zu, macht die Versicherung davon Gebrauch. Sie schont den Mitarbeiter nicht, wie dies vielleicht der Arbeitgeber noch täte.

Gerade junge Rettungsdienstmitarbeiter sollten sich über ausreichenden Verischerungsschutz informieren. Symbolfoto: Markus Brändli

Auch junge Rettungsdienstmitarbeiter sollten sich über ausreichenden Versicherungsschutz informieren. Symbolfoto: Markus Brändli

Dieser Regressanspruch steht den Versicherungen sicher bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz zu. Bei einigen Rettungsdienst-Anbietern sogar bereits ab mittlerer Fahrlässigkeit, je nachdem, welcher Tarif- oder Arbeitsvertrag Anwendung findet. Das ist gerade bei Betriebsübergängen nach Ausschreibungen ein Problem. Welcher Rettungsdienst-Mitarbeiter prüft schon, ob sich in diesem Punkt beim neuen Arbeitgeber sein persönliches Haftungsrisiko verändert?

Wer jetzt an seine Privathaftpflichtversicherung denkt und glaubt, damit fein raus zu sein, der irrt. Die Privathaftpflichtversicherung sichert den privaten Versicherungsnehmer und dessen Familie vor Forderungen Dritter bei privaten Angelegenheiten. Also beispielsweise, wenn beim Fußballspielen Nachbars Fensterscheibe zu Bruch geht.

Zahlt die Privathaftpflicht auch für Rettungsfachkräfte?

Vor beruflichen Fehlern und der Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber – oder dessen Versicherung – schützt die Privathaftpflicht nicht. Hier greift nur eine Berufshaftpflicht- oder Diensthaftpflichtversicherung. Sie ist für Berufe sinnvoll, die ein erhöhtes Risiko besitzen, also Ärzte und Anwälte, aber auch Feuerwehrmänner und Rettungsdienst-Mitarbeiter.

Aber selbst bei diesen Versicherungen gilt es, im Kleingedruckten genau nachzulesen. Wurde hier der Fall der groben Fahrlässigkeit ausgenommen, werden hohe Versicherungsbeiträge gezahlt, ohne für den Fall abgesichert zu sein, der relevant wird: den der groben Fahrlässigkeit.

Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan. Diensthaftpflichtversicherungen schließen oftmals zu günstigen Konditionen den Rettungsdienst-Mitarbeiter ein. Außerhalb des öffentlichen Dienstes sind allerdings in der Regel nur Berufshaftpflichtversicherungen im Angebot, die für einen Notfallsanitäter, Rettungsassistenten oder -sanitäter kaum bezahlbar sein dürften. Die einschlägigen Berufsverbände und Gewerkschaften haben sich deshalb bemüht, für ihre Mitglieder entsprechende Versicherungspakete zusammenzustellen.

(Text: Bernd Spengler, Rettungssanitäter, Rechtsanwalt u.a. mit Schwerpunkt Rettungsdienst, Fachanwalt für Arbeitsrecht; Foto: Sebastian Duda/fotolia; zuletzt aktualisiert: 26.05.2017)

Medizinische Abkürzungen helfen bei der Versorgung

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Bremen (rd_de) – Mit Einführung standardisierter Versorgungskonzepte hat auch die Zahl so genannter Merkhilfen rapide zugenommen. APGAR, SAMP-LE(R) und nicht zuletzt das ABCDE-Schema dürften bekannte medizinische Abkürzungen sein. Jeder Buchstabe steht dabei für ein Symptom oder Charakteristikum. Doch es gibt weitaus mehr Akronyme, die einem Notfallsanitäter, Rettungsassistenten oder Rettungssanitäter helfen können, wichtige Dinge im Einsatz nicht zu übersehen.

 Internationale medizinische Abkürzungen

Schon bei der ersten Annäherung an den Patienten unterstützt zum Beispiel das AVPU-Schema die Einsatzkräfte. Es dient dazu, den Wachheitsgrad zu beurteilen. A steht für „alert“, was bedeutet, dass der Patient wach und ansprechbar ist. Alle Befunde, die ungünstiger als „alert“ sind, sollten die Helfer veranlassen, nach den Gründen zu suchen.

V steht beim AVPU-Schema für „verbal response“, das heißt, der Patient reagiert erst auf laute Ansprache. P bedeutet „painful stimuli“. Der Patient reagiert erst auf Schmerzreize. Und U ist gleichbedeutend mit „unresponsive“, also nicht ansprechbar.

Gerade in Notfallsituationen ist es wichtig, die Anamnese zügig zu erheben. Wichtige Details dürfen dabei nicht vergessen werden. Hier gibt es gleich mehrere medizinische Abkürzungen, zum Beispiel SAMPLE(R) und OPQRST.

Bei SAMPLE(R) geht es mit „signs and symptoms“, also Zeichen und Symptome, los. A erinnert die Rettungsfachkraft, nach möglichen Allergien (allergies) zu fragen. Die M-Frage erkundigt sich nach Medikamenten (medications), die vom Patienten regelmäßig eingenommen werden. „Past medical history“ (P), die Krankengeschichte des Patienten, gibt Aufschluss über durchgemachte Erkrankungen, frühere Operationen, Verletzungen oder eine mögliche Schwangerschaft. Auch das L – „last oral intake“ – ist wichtig, weil sich der Helfer hiermit nach der letzten Nahrungsaufnahme erkundigt. Blieben noch die „events prior to illness/injury“ (E), also Ereignisse bzw. Handlungen, die der Patient vollzog, als die Beschwerden einsetzten, und „risk factors“ (R). Damit sind Risikofaktoren wie beispielsweise Vorerkrankungen, Nikotin- und Alkoholkonsum, aber auch familiäre Vorbelastungen gemeint.

Während SAMPLE(R) eher die Vergangenheit abfragt, hilft OPQRST dabei, die aktuellen Beschwerden oder Schmerzen besser einzuschätzen.

Der Buchstabe O steht bei OPQRST für „onset“ – Beginn oder Ausbruch einer Erkrankung. So erfährt das Rettungsfachpersonal beispielsweise, ob die Beschwerden plötzlich oder eher langsam aufgetreten sind. Hinter P stecken „provocation“ und „palliation“. Damit wird zum einen gefragt, was die Beschwerden verschlimmert (provoziert), zum anderen, was sie lindert. Q steht für „quality“ (Qualität). Hierbei geht es darum zu erfragen, welcher Art beispielsweise die Schmerzen sind (stechend, brennend, krampfartig…). R erinnert an „radiation“ – Ausstrahlung – und soll helfen herauszufinden, wo sich der Schmerz genau befindet. „Severity“ verbirgt sich hinter dem S von OPQRST und heißt übersetzt „Schwere“. Damit wird umschrieben, wie stark die Schmerzen bzw. Beschwerden sind. Das T (time) klärt schließlich, wie lange die Beschwerden schon bestehen.

DCAP-BTLS gehört zu den medizinischen Abkürzungen, um Verletzungen bei der Patientenuntersuchung aufzuspüren. DCAP-BTLS steht für:

•    Deformities (Deformierungen)
•    Contusions (Prellungen)
•    Abrasions (Abschürfungen)
•    Penetrations (Eintrittswunden)
•    Burns (Verbrennungen)
•    Tenderness (Empfindlichkeit)
•    Lacerations (Risswunde)
•    Swelling (Schwellung)

Medizinische Abkürzungen: ein Überblick

ABCDE (Schema zur Beurteilung von Notfallpatienten)
AEIOU-TIPS (Ursachen für Bewusstseinsstörungen)
APGAR (Neugeborenenbeurteilung)
AVPU (Beurteilung des Bewusstseinsgrades)
BONES (Indikator für eine schwierige Maskenbeatmung)
CARDIO (beta-mimetische Wirkungen am Herzen)
CIAMPEDS (Anamneseerhebung bei Kindernotfällen)
DCAP-BTLS (Hinweise auf Verletzungen)
DOPE (Hinweise auf eine inadäquate Ventilation oder Oxygenierung bei intubierten Patienten)
FAST (Erkennung initialer Schlaganfallsymptome)
LEMON (Indikatoren für eine schwierige Intubation)
MONA (Therapieschema bei ACS)
OPQRST (Beurteilung der aktuellen Beschwerden bzw. Schmerzen)
PERRL (Beurteilung der Pupillen)
SMASHED (Beurteilung von akuten Veränderungen des neurologischen Status)
SNOT (Initiale Beurteilung eines veränderten neurologischen Status)
TICLS (Beurteilung des Erscheinungsbildes bei Kindern; pädiatrisches Beurteilungsdreieck)
TICS (Hinweise auf Verletzungen)

Im Rettungs-Magazin, Ausgabe 2/2012, finden Sie Erläuterungen zu den hier genannten Abkürzungen. Die Digitalausgabe finden Sie hier.

(Text: Thomas Semmel, Dozent im Rettungsdienst, ERC ALS-Instruktor, PHTLS-Instruktor; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 07.06.2017)

[1012]

Rettungsdienst: Aufgabenverteilung an der Einsatzstelle

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Aufgabenverteilung_Rettungsdienst_Notfallsanitäter_IIBremen (rd_de) – An einer Einsatzstelle treffen oftmals verschiedene Kräfte und Einheiten aufeinander. Nicht immer kennt man sich; die Aufgabenverteilung zwischen den Einsatzkräften ist mitunter unklar: Welche Aufgaben sollte beispielsweise ein Notfallsanitäter bzw. Rettungsassistent übernehmen, und welche kann auch ein Rettungssanitäter bewältigen? Die Antworten erhalten Sie hier.

Hapert es mit der Absprache im Team, fehlt gar eine abgestimmte Aufgabenverteilung, gefährdet das den Einsatzerfolg. Die Einsatzkräfte arbeiten dann möglicherweise neben- statt miteinander. Das Vorgehen und die einzelnen Maßnahmen werden untereinander nicht abgeglichen.

Schnell können solche Situationen entstehen, wenn verschiedene Einheiten erstmalig an einer Einsatzstelle zusammentreffen. Unter den besonderen Bedingungen eines medizinischen Notfalls zusammenzuarbeiten, ohne die Fähigkeiten und Qualifikationen des anderen zu kennen, ist schwierig. Gleichwohl ist es ein alltägliches Problem. Grund: Unterschiedliche Rettungsmittel und Rettungsfachkräfte treffen von verschiedenen, räumlich getrennten Standorten an der Einsatzstelle aufeinander: Besatzungen von Rettungsfahrzeugen und -hubschraubern, Voraushelfer, Feuerwehrkräfte und beispielsweise Polizeibeamte.

Für den Erfolg des Einsatzes – und insbesondere für die Versorgungsqualität der Notfallpatienten – ist es wichtig, dass eine eindeutige Aufgabenverteilung zwischen den Rettungskräften hergestellt wird.

Aufgabenverteilung: Wer ist wofür zuständig?

Bereits zu Dienstbeginn klärt das Rettungsteam unter sich, wer welche Aufgaben übernimmt und wofür der einzelne zuständig ist. Mitunter ergibt sich die Einteilung bereits aufgrund der Qualifikation. So ist der Rettungsassistent oder künftig der Notfallsanitäter für die korrekte Durchführung der geforderten Tests gemäß Medizinproduktgesetz, die Überprüfung der Vollständigkeit der Ausstattung sowie die Schichtanmeldung bei der Leitstelle verantwortlich.

Der Rettungssanitäter kümmert sich um die Verkehrssicherheit des Rettungsfahrzeugs. Er inspiziert den Rettungswagen während eines Rundgangs äußerlich. Dabei achtet er vor allem auf mögliche Schäden oder andere Auffälligkeiten. Ferner hat er die Tankanzeige zu kontrollieren. Dieser Punkt wird häufig sehr locker gehandhabt. Auch wenn nur 20 Liter im Tank fehlen, ist dies ein Grund, das Fahrzeug unverzüglich voll zu tanken und dies nicht auf später zu verschieben. Weil das erfahrungsgemäß nicht jeder so sieht, regeln viele Rettungswachen diese Frage mittels Dienstanweisung.

Ist ein Praktikant an Bord, muss dieser ausführlich über seine Aufgaben und Verhaltensweisen aufgeklärt werden. Das kann, muss aber nicht zwingend der Rettungsassistent beziehungsweise Notfallsanitäter erledigen. Auch ein erfahrener Rettungssanitäter kann diese Aufgabe übernehmen. Es geht bei diesem Gespräch nämlich nicht darum, dem Neuling in dessen erster Schicht zum Beispiel die Einstellungsmöglichkeiten eines Beatmungsgerätes oder die Ableitung eines 12-Kanal EKGs vorzustellen. Elementare Dinge sind erst mal wichtiger:

  • Wie steige ich an der Einsatzstelle sicher aus dem Fahrzeug aus?
  • Wie funktioniert das Handling des klappbaren Betreuersitzes?
  • Wie lässt sich die Innenraumbeleuchtung bedienen?
  • Wie geht man richtig mit der Fahrtrage um?

Rückt die Besatzung nach einem Einsatz wieder ein, fallen bestimmte Arbeiten an. Der Fahrer (Rettungssanitäter) ist für den Zustand des Fahrzeugs verantwortlich. Kleinere Mängel – falscher Luftdruck; eine defekte Glühbirne im Scheinwerfer –, die aus Bequemlichkeit nicht gleich behoben werden, können sich später nachteilig bemerkbar machen.

Das Desinfektions- und Reinigungsarbeiten sowie die Fahrzeugpflege nicht zu den Lieblingstätigkeiten von Rettungsdienst-Mitarbeitern gehören, ist bekannt. Sie sind aber für einen reibungslosen Einsatz genauso wichtig und notwendig wie ein funktionsfähiges EKG-Gerät. Insofern ist nicht nur das beim letzten Einsatz verbrauchte Material wieder aufzufüllen, sondern auch das Einsatzfahrzeug zu reinigen.

Der Schichtführer (Rettungsassistent/Notfallsanitäter) kümmert sich derweil um die vollständige Dokumentation. Im Hinblick auf das Qualitätsmanagement nimmt sie eine immer wichtigere Rolle im Einsatzalltag ein. Im selben Arbeitsschritt erfolgt gleich auch die Abrechnung. Fehlende Angaben können jetzt noch durch einen kurzen Anruf zum Beispiel in der aufnehmenden Klinik erfragt werden. Später kann das schwierig und zeitaufwändig sein.

Im Notfalleinsatz kennt jeder seinen Platz

Die sinnvolle Aufgabenverteilung ist aber noch lange nicht alles, damit die Teamarbeit funktioniert. Jeder im Team kennt seinen Platz – sowohl im Fahrzeug als auch an der Einsatzstelle. Beim Eintreffen am Notfallort ist es daher Aufgabe des Fahrers (Rettungssanitäter), die Einsatzstelle abzusichern. Befindet sich der Patient in einem Gebäude, genügt es in der Regel, am Fahrzeug die Warnblinkanlage einzuschalten. Liegt die Einsatzstelle im Freien, zum Beispiel auf der Straße, kann es angebracht sein, zusätzlich das Blaulicht eingeschaltet zu lassen.

Kommunikation im Einsatz. Absprache erleichtert die Aufgabenverteilung und trägt zum Einsatzerfolg bei.

Kommunikation im Einsatz. Absprache erleichtert die Aufgabenverteilung und trägt zum Einsatzerfolg bei.

Beim Notfallpatienten angekommen, führt der Rettungssanitäter das Monitoring und die Basismaßnahmen durch. Der Rettungsassistent oder Notfallsanitäter als Kopf des Rettungs-Teams übernimmt derweil den diagnostischen Block. Er gibt den Ablauf aller Maßnahmen vor, weist also beispielsweise an, dass der Patient 12 Liter Sauerstoff pro Minute mittels Highflow-Maske erhält.

Für den ausführenden Kollegen – zum Beispiel der Rettungssanitäter – ist diese Aufgabe nicht damit abgeschlossen, dass er dem Patienten die Sauerstoffmaske aufsetzt. Er hat zudem zu kontrollieren, ob der Schlauch mit der Sauerstoffflasche richtig verbunden und die Flasche aufgedreht ist. Erst wenn ein kompletter Vorgang überprüft und abgeschlossen ist, signalisiert er dem Rettungsassistenten deutlich, dass der Auftrag erledigt wurde.

Trivial? Keineswegs! Im Einsatzalltag ist immer wieder zu beobachten, wie einem Patienten zwar die Sauerstoffmaske aufgesetzt, aber nicht das Flaschenventil aufgedreht wird. Oder der Sauerstoffschlauch unbemerkt vom Konnektor der Maske rutscht.

Kommunikation im Einsatz ist wichtig – Diskussion aber unerwünscht

Auch bei der EKG-Ableitung treten immer wieder solch banale Fehler auf: Die Elektroden werden aufgeklebt, das Patientenkabel ist an den Elektroden angeschlossen – aber nicht mit dem EKG-Gerät verbunden.

Gründe für solche Pannen sind unter anderem mangelnde Kommunikation im Rettungs-Team und nicht abgestimmte Maßnahmen. Dies passiert, wenn zwei Teammitglieder, ohne sich zu besprechen, die gleichen Tätigkeiten machen möchten. Man wird durch die aktuelle Situation abgelenkt und vergisst die erste Aufgabe einfach. Wird ein Schritt angefangen, aber nicht zu Ende gebracht, kann dies die Versorgung negativ beeinflussen.

Die Kommunikation im Rettungsdienst-Einsatz ist an klare Vorgaben gebunden. Die vorgeschriebenen Algorithmen, anhand derer Notfälle abgearbeitet werden, bieten wenig Spielraum für Diskussionen. Daher ist der Ablauf in der Kommunikation von Auftrag und Rückmeldung durch den Durchführenden wichtig.

Bei einem Großteil der Rettungsdienst-Einsätze sind die meisten Abläufe sehr ähnlich. Hierdurch kommt es zu einem standardisierten Vorgehen, wozu auch die Aufgabenteilung im Rettungs-Team zählt. Ein auf dem RTW eingeteilter Praktikant ist hierbei ins Team einzubeziehen.

Sind Angehörige am Einsatzort, werden diese ebenfalls in die Versorgung einbezogen. Sie können sowohl die Krankenkassenkarte oder einen Medikationsplan herbeiholen bzw. Fragen im Rahmen der Fremdanamnese beantworten.

Aufgaben-Verteilung: Wenn der Notarzt dazukommt

Das Vorgenannte gilt auch für Notfall-Einsätze, bei denen ein Notarzt hinzukommt. Dieser trifft in der Regel mit einem Notarzt-Einsatzfahrzeug (NEF) oder Rettungshubschrauber (RTH) ein und bringt einen weiteren Notfallsanitäter, Rettungsassistenten bzw. -sanitäter mit.

Sobald das Notarzt-Team eingetroffen ist, hat der Schichtführer des RTW eine klare Übergabe durchzuführen. Hierbei ist darauf zu achten, dass nur zwei Personen – Rettungsassistent beziehungsweise Notfallsanitäter des RTW und Notarzt – miteinander reden. Jeder am Einsatz beteiligte mag seine eigene Meinung haben, hat sie an dieser Stelle aber nicht kundzutun. Dies würde das Übergabegespräch (unnötig) in die Länge ziehen. Es bestünde zudem die Gefahr, dass wesentliche Informationen vergessen würden und Missverständnisse entstünden.

Jede Rettungsfachkraft im Notfalleinsatz sollte ihr Aufgabengebiet kennen. Foto: fotolia/Kzenon

Jede Rettungsfachkraft sollte im Notfalleinsatz ihr Aufgabengebiet kennen. Foto: fotolia/Kzenon

Bei dieser Übergabe wechselt die Verantwortung für den medizinischen Notfalleinsatz vom Rettungsassistenten oder Notfallsanitäter des RTW auf den Notarzt. Letztgenannter wird damit zum neuen Teamleiter und gibt die weiteren Versorgungsschritte vor. Während die RTW-Besatzung dem Notarzt bei der Versorgung des Patienten assistiert, kümmert sich der NEF-Fahrer um die Dokumentation und Voranmeldung des Patienten in der Klinik.

Die Aufgabenteilung im Rettungs-Team ist von Wache zu Wache und je nach Rettungsdienstbereich unterschiedlich. Gleich ist jedoch an allen Standorten, dass eine klare Aufgabenteilung und Kommunikation die Grundlage für eine gute Patientenversorgung bildet.

Ist ein Rettungshubschrauber eingebunden, müssen sich alle Beteiligten gut absprechen. Von einem Hubschrauber gehen im Vergleich zu bodengebundenen Rettungsmitteln mehr Gefahren aus. Bergen die Rotoren schon eine große Unfallgefahr in sich, können auch aufgewirbelte Gegenstände bei Umstehenden zu Verletzungen führen. Um sich nicht unnötigen Risiken auszusetzen, sollte die Rettungsfachkräfte im Umfeld des Hubschraubers immer nur nach Rücksprache mit der Crew gearbeitet werden. Das gilt zum Beispiel für die Entnahme von Ausrüstungsgegenständen und das Einschieben der Trage.

Einsatz in der Arztpraxis

Befindet sich die Einsatzstelle in einer Arztpraxis, einer Privatklinik oder einem Pflegeheimen, ist es unerlässlich, das Personal der Einrichtung einzubinden. Sie kennen die Krankengeschichte „ihres“ Patienten und dessen Besonderheiten.

Gerade in der heutigen Zeit, in der sich Kliniken zunehmend spezialisieren, werden Maßnahmen an den Patienten vorgenommen, die Rettungsfachkräften unbekannt sind. Teilweise handelt es sich dabei um Hochrisikopatienten. Deshalb ist ein abgestimmtes Vorgehen unabdingbar, um den Patienten nicht unnötig zu gefährden.

Anhand des Überleitungsprotokolls werden Besonderheiten durchgesprochen. Es zeugt von Verantwortungsgefühl, wenn das Rettungsfachpersonal an Stellen, die nicht verstanden wurden, nochmals nachfragt. Einen Patienten hingegen zu übernehmen, obwohl wissentlich noch Unklarheiten bestehen, ist fahrlässig und unprofessionell. Bei Rückfragen gibt das Pflegepersonal Auskunft. Es erläutert beispielsweise nochmals eine bestimmte Lagerungstechnik oder wichtige Aufgaben während des Transports.

Bei der Versorgung des Notfallpatienten kann die medizintechnische Ausstattung der jeweiligen Einrichtung (zum Beispiel Pflegeheim) hinzugezogen werden. So leisten fahrbare Infusionsständer oder Bettenlifte beim Umlagern und für den Transport des Patienten gute Dienste. Hierbei zeigt sich einmal mehr, wie wertvoll eine klar abgestimmte Aufgabenteilung im Einsatz sein kann.

Aufgabenverteilung bei Großschadenslagen

Neben dem so genannten Tagesgeschäft ereignen sich auch Einsätze, die – neben der Versorgung von Notfallpatienten – auch operativ-taktische Überlegungen erfordern. Hier ist dann eine besondere Abstimmung zwischen den Rettungskräften erforderlich.

In diese Kategorie von Einsätzen fällt unter anderem der Massenanfall von Verletzten (MANV) genauso wie Katastropheneinsätze. Neben dem Rettungsdienst sind dann weitere Fachdienste wie Feuerwehr, Polizei, Technisches Hilfswerk sowie verschiedene Schnell-Einsatz-Gruppen oder Berg- und Wasserrettung beteiligt.

Auch die Aufgabenverteilung zischen unterschiedlichen Hilfsorganisationen ist geregelt. Foto: fotolia/benjaminnolte

Auch die Aufgabenverteilung zwischen unterschiedlichen Fachdiensten ist geregelt. Foto: fotolia/benjaminnolte

In solchen Lagen geht es um die Aufgabenverteilung sowie die taktischen Strukturen. Verantwortlich sind die entsprechenden Personen mit Führungsaufgaben: Einsatzleiter Rettungsdienst, Feuerwehrkommandant oder Einsatzabschnittsleiter. Sie ordnen den Raum und legen fest, wo beispielsweise die Patientenablage oder der Rettungsmittelhalteplatz eingerichtet werden. Zu erkennen sind diese Führungskräfte an entsprechenden farbigen Westen.

Auch in solchen Situationen ist kein Platz für Diskussionen. Weist der Einsatzleiter oder dessen Führungsassistent einem Rettungswagen einen Patienten zu, ist dieser von der RTW-Besatzung ohne Debatte zu übernehmen. Eine Diskussion ist hier insofern nicht angebracht, als dass nur die Führungskraft den Gesamtüberblick hat und für die richtige Aufgabenverteilung verantwortlich ist. Kritik kann im Rahmen einer Nachbesprechung geübt werden.

Die Zahl an Personen und Einheiten an einer Einsatzstelle ist nahezu unendlich erweiterbar. Hierunter fallen Funktionsträger genauso wie Mitarbeiter von Behörden und der Straßenmeisterei, Pressevertreter oder sich zufällig an der Einsatzstelle befindliche Ersthelfer. Sind die Aufgaben auch noch so unterschiedlich, dennoch ist auf einen guten Informationsaustausch zu achten. Nur durch eine klar strukturierte Kommunikation und Aufgabenverteilung an der Einsatzstelle können komplexe Lagen erfolgreich gemeistert werden.

Die beschriebenen Empfehlungen funktionieren nur dann, wenn nach dem Einsatz das Rettungs-Team gemeinsam den Ablauf bewertet. Sicherlich gibt es bei einem alt eingespielten Team meist weniger Probleme, als wenn man in dieser Konstellation erstmals zusammengearbeitet hat. Gleich ist aber bei allen, dass eine Reflektion nicht nur im Team, sondern auch für sich selbst dazu beiträgt, Wiederholungsfehler zu vermeiden.

(Text: Uwe Kippnich, Dozent im Rettungsdienst, Krankenpfleger, OrgL, Örtlicher Einsatzleiter, EU-Team-Leader; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 19.06.2017)
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TECC: Taktische Verwundetenversorgung in Terror-Lagen

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TECC_290Offenbach/Queich (rd_de) – Taktische Verwundetenversorgung in Terror-Lagen: Auch in Deutschland fragen sich  Rettungskräfte, wie bzw. ob sie auf solch eine Situation vorbereitet sind. Die Akademie des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst (DBRD) vermittelt seit 2015 in einem zweitägigen Kurs das erforderliche Know-how.

Tactical Emergency Casualty Care-Guidelines“ (TECC) nennt sich ein Konzept, das die DBRD-Akademie ihren Kursteilnehmern näherbringt. Es leitet sich aus militärischen Versorgungsstrategien der US-Army ab (TCCC – Tactical Combat Casualty Care) und wurde unter anderem für zivile Rettungsdienste sowie Feuerwehren modifiziert. Es handelt sich insofern um in der Praxis bewährte Leitlinien, keine starren Protokolle.

TECC: Taktische Verwundetenversorgung

„Gerade die Erfahrungen, die während der Anschläge um den Boston-Marathon gemacht wurden, haben gezeigt, dass IEDs (improvisierte Sprengkörper) auch außerhalb militärischer Gefechtszonen zu finden sind“, erklärt Marco K. König, 1. Vorsitzender des DBRD und Nationaler Koordinator TCCC Deutschland. Deshalb wolle man mit den TECC-Kursen auch taktisch nicht ausgebildetes Rettungsfachpersonal ansprechen. Die zivilen Notärzte, Notfallsanitäter und Rettungsassistenten unterstützen die Polizei vielfach in solchen Lagen und sind für die Versorgung der Verletzten zuständig. Deshalb lernen die Teilnehmer, wie sie in diesen speziellen Situationen adäquat zu reagieren haben und medizinisch lebensrettende Maßnahmen durchführen können (taktische Wundversorgung).

Die Teilnehmer des TECC-Kurses lernen, wie sie in Gefahrenlagen adäquat zu reagieren haben und medizinisch lebensrettende Maßnahmen durchführen können. Foto: DBRD

Die Teilnehmer des TECC-Kurses lernen, wie sie in Gefahrenlagen adäquat zu reagieren haben und medizinisch lebensrettende Maßnahmen durchführen können. Foto: DBRD

Zum Lehrstoff gehört unter anderem:

 

  • Verwundete aus der Gefahrenzone retten.
  • Blutstillung mittels Tourniquet.
  • Durchführung eines adäquaten Atemwegsmanagements bis hin zur Koniotomie.
  • Versorgung von Thoraxverletzungen bis hin zur Entlastungspunktion.
  • Einsatz von Hämostyptika und Packing zur Blutungskontrolle.
  • Etablierung eines adäquaten Zuganges (i.v./i.o.) und Bestückung.
  • Management des hämorrhagischen Schocks (Volumengabe, Gabe von Tranexamsäure).
  • Therapiestrategien: Gabe von Analgetika, Antibiotika.
  • Evakuierung und zielgerichteter Abtransport.

Das Board der National Association of Emergency Medical Technicians (NAEMT) führe die TECC-Kurse unter der Schirmherrschaft ihres PHTLS-Programms durch. Die Teilnehmer des Kursformats würden nach den laufend aktualisierten TECC-Guidelines ausgebildet und trainiert, heißt es auf der Website der DBRD-Akademie.

„Der Kurs kombiniert auf diese Weise die Prinzipien von PHTLS und TCCC mit den TECC-Guidelines und den Empfehlungen aus dem ‚Hartford Consensus Document‘ zu Amok- und Scharfschützenlagen“, erläutert König.

Weitere, ähnlich gelagerte Kurse bieten in Deutschland zum Beispiel folgende Institutionen an:

•    Tactical Rescue & Emergency Medicine Association (TREMA),
•    Sanitätsschule Nord,
•    Trainingszentrum für Erste Hilfe & Notfallmedizin, Hamburg,
•    Tactical Responder,
•    CTC Medical.

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Rettungsassistent, Chefredakteur www.rettungsdienst.de; Symbolfotos: DBRD; zuletzt aktualisiert: 23.06.2017)[1184]

Infusionstherapie bei brandverletzten Kindern

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Brandverletzte-Kinder_580Bremen (rd_de) – Einen besonderen Fall im Zusammenhang mit Hypovolämie stellen Verbrennungen bei Kindern dar. Präklinisch besteht leicht die Gefahr einer Überinfusion.

Als „schwer“-brandverletzt wird ein Patient mit einer verbrannten Körperoberfläche (VKOF) von über 20 Prozent bezeichnet. Wegen der erhöhten Thermo- und Hydrolabilität besteht bei Kindern jedoch bereits ab fünf bis acht Prozent VKOF Schockgefahr.

Um das Ausmaß der betroffenen Körperoberfläche abzuschätzen, wird die so genannte „9er-Regel“ angewendet. Dabei wird bei der 9er-Regel zwischen Erwachsenen und Kindern unterschieden:

9er Regel

Statistisch liegt die Wahrscheinlichkeit, bei einem Notarzteinsatz auf einen Schwerbrandverletzten zu treffen, bei unter einem Promille. Entsprechend gering – speziell bei Kindern – ist meist die Erfahrung des Rettungsteams und umso größer die therapeutische Unsicherheit. Dabei wird der Handlungsdruck oft überschätzt und schlägt sich beispielsweise in einer oft zu beobachtenden Überinfusion nieder.

Es existieren zwar Formeln zur Berechnung des Flüssigkeitsbedarfs, diese werden aber in der Regel falsch angewandt. Auch der VKOF wird oftmals überschätzt.

Darüber hinaus ist die Anwendung derartiger Formeln aufgrund der kurzen Rettungszeit entbehrlich. Die Folgeerscheinungen der Verbrennung sind ohnehin erst nach mehreren Stunden voll ausgeprägt. Ein sich bereits am Unfallort abzeichnender Schock muss das Rettungsteam deshalb darauf aufmerksam machen, dass womöglich Begleitverletzungen vorliegen.

(Text: Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 29.06.2017) [1265]

Arterieller Gefäßverschluss: Bein tief lagern

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Gefaessverschluss-Bein_580Bremen (rd_de) – Der akute arterielle Gefäßverschluss ist als schwerwiegende Erkrankung einzustufen, die schnellstmöglich einer klinischen Behandlung bedarf. Statistisch stirbt jährlich einer von 10.000 Patienten mit dieser Erkrankung. Das Wichtigste zu Ursachen, Symptome und Maßnahmen.

Gefäßverschluss: Bein tief lagern

Wer sich die normale Physiologie des Blutstromes vergegenwärtigt, wird sofort verstehen, weshalb die betroffene Extremität – zum Beispiel ein Bein – nach unten hängend gelagert wird. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass so möglicherweise zumindest eine geringe Durchblutung aufrechterhalten werden kann. Beim Gefäßverschluss gilt: Bein der Betroffenen tief lagern.

Gefäßverschluss: Ursachen

Die häufigste Ursache für eine Embolie ist ein kardialer Embolus aus dem linken Herzen. Er ist über die Aorta in die Extremitätenarterien geschwemmt worden.

Ein solcher Embolus entsteht meist im Rahmen eines unbehandelten bzw. ungenügend behandelten Vorhofflimmerns oder im Rahmen von Herzklappenerkrankungen sowie in Folge einer Herzklappen-OP. Aber auch die klassische Arteriosklerose kann eine solche akute Komplikation hervorrufen.

Gefäßverschluss: Symptome

Typisch für den akuten arteriellen Gefäßverschluss ist der plötzlich einschießende, heftige Schmerz in der entsprechenden Extremität, begleitet von weiteren ischämiebedingten Symptomen. Diese sind als die „6 Ps“ bekannt:

•    Pain (Schmerzen),
•    Paleness (Blässe),
•    Pulselessnes (nicht tastbare Pulse distal des Verschlusses),
•    Prostration (Schock)
•    Paralysis (Lähmung) und
•    Paraesthesian (Gefühlsstörungen).

Diese durchaus als Notfall einzustufende Erkrankung kann über die beschriebenen Symptome in der Regel diagnostiziert werden.

Gefäßverschluss: Maßnahmen

Besteht der Verdacht auf einen Gefäßverschluss, muss der Transport unbedingt schnellstmöglich in die nächste Klinik mit gefäßchirurgischer Interventionsmöglichkeit erfolgen. Bis dahin zählt zu den wichtigsten therapeutischen Maßnahmen des Betroffenen eine ausreichende Analgesie. Hier sollte auch nicht vor Opiaten zurückgeschreckt werden. Zum einen sollte jeder Patient möglichst schnell von seinen Schmerzen befreit werden. Zum anderen besteht eine nicht unerhebliche Schockgefahr, die durch die Ausschüttung von Stresshormonen verstärkt werden kann. Zusätzlich zu weiteren kreislaufstabilisierenden Maßnahmen sollte auch die Heparingabe erfolgen.

Im Krankenhaus wird dann entsprechend der Befunde versucht, das Gefäß wieder zu öffnen. Hierfür stehen verschiedene Verfahren wie zum Beispiel die lokale Firbinolyse oder die Embolektomie zur Verfügung. Bei dem letztgenannten Verfahren handelt es sich um eine offene chirurgische Entfernung des Gerinnsels.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; 04.07.2017) [1297] 

10 Dinge, wie Übungen ein Erfolg werden

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Übung Hahnweide 2013Bremen (rd_de) – Übung macht den Meister: Das Sprichwort trifft uneingeschränkt auch auf die Bewältigung von Großschadenslagen zu. Gleichwohl gibt es viele Details, die vor, während und nach einer Übung zu bedenken sind. Sehen Sie unsere 10-Punkte-Liste.

1.    Klare Ziele definieren: Eine Übung nur ihrer selbst willen durchzuführen, bringt kaum etwas. Vorab muss das Ziel definiert werden. Soll die Zusammenarbeit trainiert werden? Oder geht es zum Beispiel primär um die medizinische Versorgung?

2.    Von klein nach groß vorgehen: Nur wer sich in seinem unmittelbaren Zuständigkeitsbereich gut auskennt, kann auch in größeren Strukturen mitarbeiten. Eine RTW-Besatzung, die ihr eigenes Fahrzeug nicht kennt, wird bei einem MANV keine große Hilfe sein.

3.    In Teileinheiten üben – zumindest am Anfang. Erst wenn jede taktische Einheit genau weiß, was sie zu tun hat, kann das gesamte „Räderwerk“ funktionieren.

4.    Theoretische Vorbereitung: Alle Beteiligten sollten vor einer Übung die geplanten Details durchsprechen. Spätestens jetzt muss das Übungsziel mitgeteilt werden.

 

Titel-6_2016Keine Idee, was das Thema der nächsten Übung sein soll? Im RETTUNGS-MAGAZIN finden Sie die Serie „Übung macht den Meister“ – mit vielen konkreten Praxistipps zu Übungszielen, Szenarien, Rahmenbedingungen und effektive Auswertung.

 

5.    Wer soll Planen? Antwort: Personen, die Erfahrung in dieser Aufgabe besitzen und/oder rettungsdienstliche Führungskompetenz mitbringen. Gleiches gilt für die Beobachter, die anschließend ihr Urteil abgeben.

6.    Ressourcen: Immer realistisch bleiben! Es macht keinen Sinn, sich für Übungen Kräfte und Material zu „leihen“. Im Ernstfall stehen diese auch nicht zur Verfügung.

7.    Aufwand mit Augenmaß: Der Anspruch an Übungen steigt. Wurde früher viel improvisiert, versucht man heute möglichst realistisch den Ernstfall zu simulieren. Authentizität verschafft reale Situationen, einen realen Zeitaufwand und reale Erfahrungen. Dennoch: Allein wegen der Kosten mit Augenmaß planen und vor der Übung klären, wer die Kosten trägt.

8.    Wann üben? Anfangs gerne zur „besten Sendezeit“, zum Beispiel an einem Werktag im Sommer um 19 Uhr. Danach auch zu „unbequemen“ Zeiten. Nur so sind realistische Erfahrungen unter anderem hinsichtlich der Kräfteressourcen zu sammeln.

9.    Unbekanntes Terrain: Findet die Übung auf dem eigenen Gelände statt, kennen sich die Helfer bestens aus. Im Realeinsatz wird das kaum der Fall sein. Besser also, auf unbekanntes Terrain ausweichen.

10.    Auswertung: Auch sie muss strukturiert erfolgen. Die kostenlose Bewertungskarte des RETTUNGS-MAGAZINS ist hier eine echte Hilfe. In großer Runde zu diskutieren, führt selten zu besseren Ergebnissen. Durch den offenen Umgang mit (Planungs-)Fehlern hingegen schon. Kritik muss sachlich bleiben. Das erfordert Fingerspitzengefühl!

(Text: Jens Wolff, Lehrrettungsassistent, Dozent im Rettungsdienst, Verbandführer und Organisatorischer Leiter Rettungsdienst; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 05.07.2017) [1326]


Mesenterialinfarkt: Lebensgefahr bei Darminfarkt

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Bremen (rd_de) – Bei den Mesenterialgefäßen handelt es sich um die Gefäße, die unter anderem den Darm mit Blut versorgen. Sie werden daher auch als Eingeweidearterien bezeichnet. Kommt es hier zu Durchblutungsstörungen oder einen Gefäßverschluss, ist schnelles Handeln wichtig.

Wie alle anderen Blutbahnen können Mesenterialgefäße ebenfalls von einer chronischen oder akuten Durchblutungsstörung betroffen sein. In den meisten Fällen kommt es auch hier im Rahmen einer akuten arteriellen Embolie zu einer Minderperfusion des entsprechenden Darmabschnitts. Häufig handelt es sich dann um eine Komplikation des Vorhofflimmerns oder eines zuvor stattgehabten gefäßchirurgischen Eingriffs. Durch die Minderperfusion treten eine Infarzierung („Darminfarkt“) und nachfolgend eine Nekrose des Gewebes auf.

Der Mesenterialinfarkt verläuft in drei Phasen:

1. Zunächst treten stärkste Bauchschmerzen kolikartigen Charakters auf. Bei der Palpation des Abdomens können jedoch keine gravierenden Auffälligkeiten festgestellt werden.
2. Nach einigen Stunden kommt es dann zu einer vorübergehenden Besserung der Beschwerden. In dieser Phase lässt – bedingt durch die bereits eintretende Nekrose – die Darmperistaltik nach. Man spricht hier auch häufig vom so genannten „trügerischen“ oder „faulen Frieden“.
3. Im weiteren Verlauf kommt es dann wieder zu massiven Schmerzen. Zusätzlich tritt nun eine rasch zunehmende Durchwanderungsperitonitis auf.

In diesem Stadium der irreversiblen Darmnekorse kann ein paralytischer Ileus (Darmverschluss) entstehen. Des Weiteren kann es in dieser dritten Phase zur Entwicklung eines Schocks und zu einer Sepsis kommen. Insbesondere bei Patienten mit bekanntem Vorhofflimmern sollte bei entsprechender Symptomatik immer an dieses Geschehen gedacht werden.

Die Sterblichkeit für Patienten mit einer Sepsis (Blutvergiftung) liegt höher als für Menschen mit einem akuten Koronarsyndrom oder einem Schlaganfall. Wird sie rechtzeitig erkannt, steigen die Überlebenschancen deutlich.

Lesen Sie in unserem eDossier „Sepsis – Symptome einer Blutvergiftung“ alles zum Thema.

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Analog zur Angina pectoris wird bei chronischen Engstellen der Mesenterialarterien von einer Angina abdominalis gesprochen. Die Beschwerden treten hier vielfach nach dem Essen auf, da der Darm im Rahmen der Verdauung einen größeren Blutbedarf hat. Durch die verminderte Durchblutung kann dieser aber nicht gedeckt werden.

Aufgrund der fehlenden präklinischen Möglichkeit der Diagnosesicherung beschränkt sich die Therapie auf die Symptomkontrolle und Kreislaufstabilisierung.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; 12.07.2017)

Überregionaler SEG-Einsatz: So wird das „Auswärtsspiel“ ein Erfolg

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Bremen (rd_de) – Großveranstaltungen wie eine Fußball-WM oder der G20-Gipfel, aber auch Naturkatastrophen und MANV-Einsätze beschäftigen in Deutschland fast jährlich zahllose Mitarbeiter des Rettungsdienstes und von Katastrophenschutz-Einheiten. Wir erklären hier, wie sich die Helfer auf den überregionalen Einsatz einer Schnell-Einsatz-Gruppe (SEG) vorbereiten können – von der Vorbereitung und Alarmierung über den Einsatz bis hin zur Rückverlegung an den Heimatstandort.

Die Hochwasserkatastrophen des Sommers 2013 erreichten ein so erhebliches Ausmaß, dass die regional verfügbaren Katastrophenschutzeinheiten überfordert waren. Ihre Kapazitäten reichten nicht aus, um eine flächendeckende Versorgung und Betreuung der Betroffenen sicherzustellen. Ohne überregionale Unterstützung ging da nichts mehr. Um beispielsweise den Kräften in Passau und Deggendorf zu helfen, wurden Schnell-Einsatz-Gruppen (SEG) aus ganz Bayern zu Kontingenten zusammengefasst und in die Krisengebiete verlegt. Bundesweit betrachtet, reichten die Einsatzaufträge vieler Einheiten zum Teil weit über die Grenzen des eigenen Bundeslandes hinaus.

Voraussetzung für einen erfolgreichen SEG-Einsatz – egal, ob regional oder überregional – ist eine fundierte Grundausbildung. Der Sanitätsdienstlehrgang sowie der Grundlehrgang im Betreuungsdienst sind obligatorisch. Ebenso sind Grundkenntnisse in Technik und Sicherheit sowie in Information und Kommunikation wichtig, um als SEG-Helfer adäquat eingesetzt werden zu können. Um Verantwortung für andere SEG-Mitglieder übernehmen zu können, wird zudem mindestens die Ausbildung zum Truppführer benötigt.

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Die Einsatztasche sollte all das Material enthalten, das benötigt wird, um sich 48 Stunden autark zu versorgen. Foto: Maximilian Kippnich

Neben diesen theoretischen Grundlagen sind das praktische Können und der sichere Umgang mit Material sowie Patienten bzw. Betroffenen wichtig. Nur durch regelmäßige Einsatzübungen, Ausbildungstage und Besuche von Fortbildungsveranstaltungen ist dies sichergestellt. Zur Bedienung von medizinischem Gerät ist eine Einweisung nach Medizinproduktegesetz vorgeschrieben. Auch die Beschäftigung mit Funk- und Fahrzeugtechnik, die oft langweilig erscheint, sind Garanten für einen sicheren Einsatz.

Gerade für ehrenamtliche SEG-Helfer, die hauptberuflich nicht bei einer Hilfsorganisation oder einer Berufsfeuerwehr angestellt sind, sind praktische Erfahrungen in der Notfallrettung wichtig. Wer kann, sollte als Praktikant oder 2. Kraft im Regelrettungsdienst mitarbeiten. Die hier gesammelten Erfahrungen tragen dazu bei, dass man im Umgang mit Notfallpatienten sicherer wird und Handgriffe routinierter erfolgen.

Bei überregionalen SEG-Einsätzen werden weitere Fähigkeiten verlangt: unter anderem Flexibilität. Im Gegensatz zum Alltag im Rettungsdienst, bei dem man innerhalb kürzester Zeit ausrücken sollte, gibt es hier eine mehr oder weniger lange Vorlaufzeit:

  • Unter die Kategorie „planbar mit langer Vorlaufzeit“ fallen große Sanitätsdienste, wie es beim Weltjugendtag 2005 oder bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 der Fall war.
  • Im Gegensatz dazu gibt es Großschadensereignisse, bei denen überregionale Katastrophenschutz-Einheiten notfallmäßig alarmiert werden. Dann geht es zwar nicht um Minuten, die Vorlaufzeit kann aber durchaus weniger als sechs Stunden betragen.

Um für solche Einsätze gerüstet zu sein, müssen die Fahrzeuge sowie das Material rund um die Uhr einsatzbereit sein. Hierfür muss beispielsweise die Betankung der SEG-Fahrzeuge sehr großzügig durchgeführt werden. Der Fahrzeugtank sollte daher beim Einrücken in die Wache immer voll sein. Zusätzlich sind Wasser- und Ölstand, Scheibenreiniger, Reifendruck und die Lichtanlagen regelmäßig zu überprüfen.

Ebenso muss die persönliche Schutzausrüstung gepflegt werden. Jederzeit müssen Einsatzanzug, Sicherheitsschuhe, Helm sowie Einsatzkleidung griffbereit sein – und zwar sowohl für heiße Sommertage als auch für kalte Winternächte oder tagelangen Dauerregen. Optimal ist es, wenn eine komplette Ersatzgarnitur für mehrtägige Einsätze bereitliegt.

Im Idealfall besitzt jeder SEG-Mitarbeiter, der über die Voraussetzungen für überregionale SEG-Einsätze verfügt, eine gepackte Einsatztasche im Haus. Sie sollte all das Material enthalten, das benötigt wird, um sich 48 Stunden autark zu versorgen. Um wichtige Teile nicht zu vergessen, haben die Hilfsorganisationen spezielle Checklisten zusammengestellt. Mit deren Hilfe ist es einfach, sich auf längere überregionale Einsätze vorzubereiten.

SEG_Einsatz_Vorbereitung_Rettungsdienst_Hilfsorganisation_V

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Bei überregionalen SEG-Einsätzen empfiehlt es sich auch, eine persönliche Einsatzmappe für wichtige Unterlagen zusammenzustellen. In dieser sollten alle Dokumente, die der SEG-Helfer vor dem Einsatz erhält, abgeheftet sein. Wichtige Telefonnummern und die Meldekarte für Einsatzkräfte können schon vorab vorbereitet werden.

Essentieller Bestandteil einer solchen Einsatzmappe ist der Einsatzbefehl. In diesem sind in der Regel alle relevanten Informationen wie Anfahrt, Lagekarte, Einsatzauftrag, Kommunikationswege und Kontaktadressen aufgeführt. Bei entsprechender Vorlaufzeit lässt sich diese noch um Kartenmaterial ergänzen. Alle Auskünfte aus Internet, E-Mail und anderen digitalen Medien sollten ausgedruckt werden und ebenso der Einsatzmappe hinzugefügt werden.

SEG-Einsatz: Vorlaufzeit sinnvoll nutzen

Ist die Alarmierung erfolgt, läuft die so genannte Vorlaufzeit. In dieser Phase muss geklärt werden, wie lange der Einsatz dauert und wann mit einer Rückverlegung zu rechnen ist. Dieser Zeitplan muss dann mit dem Arbeitgeber besprochen werden. Ebenso ist zu klären, ob ein Katastrophenfall vorliegt und dadurch mit einer Lohnfortzahlung aus dem Katastrophenfond zu rechnen ist. Dies ist wichtig, um eventuellen Problemen nach dem Einsatz vorzubeugen.

Im Realeinsatz treffen sich alle SEG-Helfer zu einem vorgegebenen Zeitpunkt beispielsweise an der Wache. Von hier aus erfolgt dann der gemeinsame Marsch in Richtung Schadensgebiet. An dieser Stelle ist genügend Vorlaufzeit für Beladung der Fahrzeuge und Überprüfung der eigenen Ausrüstung einzuplanen. Aus dem Marschbefehl gehen hervor

  • Marschroute,
  • Marschformation,
  • Marsch(funk)kanal oder -gruppe,
  • Marschführer sowie
  • alle anderen, die Anfahrt betreffenden Informationen.

Die Besonderheit auf solchen Einsatzfahrten ist das Fahren im Verband. Im Gegensatz zu normalen Einsatzfahrten wird jedes Fahrzeug mit einer 40 x 40 cm großen Flagge vorne links ausgestattet. Die Farbe dieser Fahne ist bei allen Fahrzeugen des Verbandes blau. Ausnahme stellen das „schließende“ – also letzte – Fahrzeug der Kolonne dar. Es ist mit einer grünen Flagge gekennzeichnet. Defekte Fahrzeuge werden gelb beflaggt.

Fahren im Verband

Der Führer eines Verbandes ist an einer schwarz-weißen Fahne zu erkennen. Er ist allerdings nicht an die Marschkolonne gebunden und kann zum Beispiel zur Lageerkundung voraus fahren.

Besonders wichtig beim Fahren in Kolonnen ist es, auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu achten. Beim Fahren in Verbänden wird in der Regel das blaue Blinklicht eingeschaltet. Foto: Maximilian Kippnich

Besonders wichtig beim Fahren in Kolonnen ist es, auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu achten. Beim Fahren in Verbänden wird in der Regel das blaue Blinklicht eingeschaltet; Abblendlicht ist – wie auf allen anderen Einsatz- und Übungsfahrten auch – selbstverständlich. Das bzw. die Führungsfahrzeuge des Verbandes schalten ihr Funkgerät auf den 4-m-Band-Kanal 510 W/U (bundeseinheitlicher Marschkanal), um mit der jeweils zuständigen Integrierten Leitstelle bzw. der übergeordneten Führungsstelle zu kommunizieren. Wie die einzelnen Fahrzeuge des Verbandes untereinander sich verständigen, wird individuell geregelt.

Am Einsatzort angekommen, findet zunächst eine Lagebesprechung bzw. -einweisung statt. Im Rahmen dessen werden auch die konkreten Einsatzaufträge an die einzelnen SEG-Helfer verteilt. Hier empfiehlt es sich, die wichtigsten Stichpunkte zu notieren. Erfahrungsgemäß ist es hilfreich, sich auf einem Stadt- bzw. Landkreisplan die von der Einsatzleitung vorgegebene Ordnung des Raumes (Einsatzabschnitte, Fahrwege und der eigene Standort) einzuzeichnen.

Der eigene Einsatzauftrag ist strikt einzuhalten. Gerade bei Großschadenslagen, in denen eine Vielzahl von überregionalen Kräften eingesetzt wird, ist eine zu hohe Eigendynamik für die erfolgreiche Abarbeitung des Einsatzes kontraproduktiv. Umso größer die Lage, desto wichtiger sind klare Führungsstrukturen.

Ankunft der SEG am Einsatzort

SEG_Einsatz_Vorbereitung_Rettungsdienst_Hilfsorganisation_IV

Zum Vergrößern anklicken!

Hat der SEG-Helfer ein Problem, meldet er dies an seinen SEG-Führer weiter. Die nächst höhere Führungsebene stellen die Zugführer dar, gefolgt von Verband- bzw. Kontingentführer. Dieser steht in ständiger Verbindung mit der Gesamteinsatzleitung. Auf gleichem Wege werden von der Gesamteinsatzleitung neue Aufträge, Lageänderungen und sonstige wichtige Informationen an die Einsatzkraft weitergegeben.

Bei überregionalen SEG-Einsätzen im Katastrophenfall gelten im Schadensgebiet dieselben Regeln wie bei einem „normalen“ Einsatz. Besonders hervorzuheben ist hier der Eigenschutz und somit das konsequente Tragen der persönlichen Schutzausrüstung.

Wichtig sind auch die Ruhezeiten. In diesen sollte jeder versuchen, sich zu entspannen bzw. zu schlafen. Das ruhige Einnehmen von Mahlzeiten ohne Funkgerät und Handy sowie eine ausgiebige Dusche und der Kleidungswechsel sind wichtige Voraussetzungen. Diese Maßnahmen reduzieren den Stress und beugen einem möglichen posttraumatischen Belastungssyndrom vor.

Ebenso bedeutend ist die Kommunikation mit Angehörigen und Kollegen zu Hause. Zu konkrete Informationen zum Einsatz sind aber zu vermeiden. Das gilt auch für Facebook und Co. Hier haben Einsatzbilder sowie Insider-Informationen zum Einsatz nichts zu suchen. Eine Berichterstattung für die Öffentlichkeit und der Kontakt mit Medien sind Aufgaben der obersten Führungsebene bzw. der Gesamteinsatzleitung.

SEG-Rückverlegung nach Hause

Nach dem Einsatz folgt die Rückverlegung an den Heimatstandort. Dort angekommen, ist für eine ausgiebige Überprüfung von Ausrüstung und Fahrzeugen zu sorgen. Defekte Einsatzkleidung sowie -mittel sind zu melden und zu reparieren bzw. neu zu beschaffen. Die Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft hat in den Tagen nach dem Einsatz oberstes Gebot.

Wie so oft, gilt besonders auch bei überregionalen SEG-Einsätzen das Motto: Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz. Insofern ist eine ausführliche Nachbesprechung ein Muss. Die Führungskräfte der jeweiligen Schnell-Einsatz-Gruppe stehen zudem in der Dokumentationspflicht. Hierzu zählt auch die Erstellung eines Einsatzberichtes, dem die Lage sowie die Einsätze der SEG tagesaktuell zu entnehmen sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein überregionaler SEG-Einsatz jeden SEG-Helfer treffen kann. Durch die bundesweite Strukturierung der Katastrophenschutzeinheiten in Medical Task Forces und die Gruppierung der regionalen Schnell-Einsatz-Gruppen in Züge, Verbände und Kontingente, sind die meisten SEGen in den nationalen und internationalen Katastrophenschutz eingebettet. Dies hat zur Konsequenz, dass die Wahrscheinlichkeit für einen SEG-Einsatz über die eigenen Gebietsgrenzen hinweg deutlich gestiegen ist.

Mit einer fundierten Grundausbildung, ständiger Fort- und Weiterbildung, der Beachtung der wichtigsten Einsatzgrundlagen und etwas Disziplin ist jeder SEG-Helfer in der Lage, erfolgreich einen überregionalen SEG-Einsatz zu meistern.

(Text: Maximilian Kippnich, Arzt in Weiterbildung, Anästhesiologie und Intensivmedizin, Feuerwehrarzt ; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 12.07.2017)

Trostteddy: Der kleinste Kollege im Rettungsdienst

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Trostteddy_580Bremen (rd_de) – Ein Trostteddy beruhigt Kinder in Notsituationen. Die Teddybären werden von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst an Bord ihrer Fahrzeuge mitgeführt. Wenn es im Einsatz gilt, Kinder zu trösten, ihnen Mut zu geben oder sie zu beruhigen, sind die plüschigen Gesellen ein ideales Hilfsmittel. Wer seinen Rettungswagen ebenfalls mit einem Trostteddy der Deutschen Teddy-Stiftung ausrüsten möchte, findet in dieser 10-Punkte-Liste alles Wichtige, was es zu beachten gilt.

1. Was unterscheidet einen Trostteddy von einem normalen Teddybären?
Der Trostteddy ist 28 cm groß und wurde von mehreren hundert Kindergartenkindern aus einer Auswahl von 125 unterschiedlichen Teddys ausgewählt. Ein Trostteddy enthält keine Schadstoffe und löst laut Gesundheitszeugnis keine Allergien aus. Ein Trostteddy ist zudem waschmaschinenfest und wurde in China, selbstverständlich aber nicht in Kinderarbeit hergestellt. Die Stiftung unterhält persönliche Kontakte zum Hersteller, um das auszuschließen. Die Bären in Deutschland herstellen zu lassen, wäre zu teuer. Jeder Trostteddy würde dann im Einkauf mindestens 13 Euro kosten.

2. Welche Uniform trägt der Trostteddy?
Gar keine! Die Deutsche Teddy-Stiftung steht auf dem Standpunkt, dass das Kind in seiner Notlage und der Trostteddy als Symbol der Liebe und Zuwendung im Mittelpunkt stehen sollten, nicht die beiläufige Werbung für eine Berufsgruppe.

3. An wen muss ich mich wenden, um solch einen Trostteddy zu bestellen?
Erste Adresse hierfür ist in Deutschland die Deutsche Teddy-Stiftung mit Sitz in Esens (Niedersachsen). Sie gehört zum international tätigen Verein „Good Bears Of The World“. Wer Interesse an ihren Trostteddys hat, kann sich formlos per Mail (teddy-stiftung@t-online.de) an die Stiftung wenden.

4. Wie läuft die Finanzierung ab?
Als gemeinnützige Stiftung kann der Bedarf an Trostteddys nicht allein aus dem Stiftungskapital finanziert werden. Deshalb werden jeweils mit Hilfe der anfragenden Rettungsdienste „Paten“ vor Ort gesucht, die bei der Finanzierung unterstützen möchten. Der Spender bekommt für sein Engagement eine Patenschaftsurkunde. Darüber hinaus weisen Gerichte der Stiftung Bußgelder zu. Der Ort des Paten bzw. Gerichts bekommt dann Trostteddys (Territorialprinzip).

teddi_logo5. Was kostet ein Trostteddy?
Die Deutsche Teddy-Stiftung kauft die Teddybären containerweise ein. Der Einkaufspreis pro Trostteddy schwankt leicht aufgrund des Wechselkurses von Dollar zu Euro. Zuletzt betrug der Einkaufspreis 8,- Euro pro Teddy. Wenn also ein Unternehmen eine Patenschaft über 100 Teddys übernimmt, wird eine Spende in Höhe von 800 Euro erwartet. Die Versandkosten trägt dann die Deutsche Teddy-Stiftung.

6. Wenn man keinen Sponsor findet: Kann man einen Trostteddy auch direkt bei der Stiftung erwerben?
Natürlich, das geht auch. Es gibt zum Beispiel Rettungsdienste oder Feuerwehren, die über ein entsprechendes Budget verfügen und die Teddybären bei der Stiftung zu dem genannten Preis kaufen (plus 19 % MwSt.). Die Bezahlung erfolgt dann per Rechnung.

7. Wie viele Trostteddys erhält man? Gibt’s ein Limit?
Zum Kennenlernen stellt die Deutsche Teddy-Stiftung einen Karton mit 24 Teddybären plus Informationsmaterial zur Verfügung. Danach ist eine Co-Finanzierung erforderlich.

8. Geht man als Rettungsdienst damit Verpflichtungen ein?
Verpflichtungen geht keiner dabei ein. Es ist schließlich ein Miteinander zugunsten der Kinder in Notlagen.

9. Gibt’s ein paar Tipps, auf was man achten sollte, wenn man einem Kind den Trostteddy überreicht?
Seit dem Jahr 2000 hat jeder Trostteddy einen kleinen Begleitbrief am Ohr. In ihm wird das Kind zum Beispiel gebeten, dem neuen Teddy einen Namen zu geben. Darauf könnte der Rettungsdienst-Mitarbeiter zum Beispiel schon mal hinweisen. Außerdem bittet die Deutsche Teddy-Stiftung darum, dass das Kind der Stiftung kurz schreibt oder malt, was ihm passiert ist und ob der Teddy helfen konnte. Jedes Feedback motiviert die ehrenamtlichen Helfer der Deutschen Teddy-Stiftung. Insofern werden auch Rückmeldungen der Ersthelfer gerne gesehen und können Spender veranlassen, eine „Patenschaft“ zu übernehmen.

10. Ist sichergestellt, dass jedes Kind in Deutschland, dass in einer Notsituation einen Trostteddy benötigt, auch einen bekommt?
Nein, leider nicht! Die Zahl der zur Verfügung stehenden Bären hängt vom Stand der Spendengelder ab. Aktuell werden die Teddys aber bereits an über 560 Standorten bundesweit verteilt. Seit Gründung der Stiftung im Jahre 1998 wurden mehr als 220.000 Trostbären an zehntausende Kinder abgegeben. Allein im vergangenen Jahr waren es rund 30.000 Bären, hätten aber nach Informationen der Deutschen Teddy-Stiftung fast doppelt so viele sein können.

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Rettungsassistent, Leitender Notfallseelsorger, Chefredakteur Rettungs-Magazin; Foto: Michael Rüffer; 13.07.2017)

Tipps und Wissen für den Rettungsdienst: Benzodiazepine

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Bremen (rd_de) – Ob intravenös oder nasal appliziert, Benzodiazepine gehören zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten im Rettungsdienst. Grund hierfür ist ihr großes Wirkungsspektrum als Sedativa, Antikonvulsiva und Anxiolytika. Lesen Sie, was Sie über diese Medikamentengruppe wissen sollten.

Inhalt

Kurz und bündig: Was sind Benzodiazepine?
Benzodiazepine Wirkung
GABA und das limbische System
Benzodiazepine im präklinischen Einsatz
Benzodiazepine Liste

1960 war es, als das Pharmaunternehmen Hoffmann-La Roche ein neues Medikament auf den Markt brachte. Der internationale Freiname lautete Chlordiazepoxid. Es wurde unter dem Markennamen Librium in den Handel gebracht. Vorausgegangen waren umfangreiche Forschungen im Hause Hoffmann-La Roche, um ein neues Beruhigungsmittel zu entwickeln.

Drei Jahre später wurde der Wirkstoff Diazepam unter dem Markennamen Valium im Markt eingeführt. 1975 folgte Rivotril (Clonazepam), 1982 Dormicum (Midazolam) und 1987 der Benzodiazepinantagonist Anexate (Flumazenil) – alles Präparate, die aus der präklinischen Notfallmedizin heute kaum noch wegzudenken sind. Die Benzodiazepine lösten die vor der Markteinführung als Hypnotika und Sedativa verwendeten Barbiturate größtenteils ab. Hinzu kommen Benzodiazepine wie Lexotanil (Bromazepam) und Rohypnol (Flunitrazepam), die nicht selten als Dauermedikation von Patienten eingenommen werden. Lexotanil wurde 1974 und Rohypnol 1975 im Markt eingeführt.

Kurz und bündig: Was sind Benzodiazepine?

Benzodiazepine gehören zu den Medikamenten, die am häufigsten im Rettungsdienst angewendet werden. Nach ihrer Markteinführung haben sie Barbiturate wie Trapanal als Schlafmittel größtenteils abgelöst. Benzodiazepine besitzen fünf generelle, mehr oder weniger stark ausgeprägte Wirkungsmechanismen. Sie wirken sedierend, antikonvulsiv, anxiolytisch, amnestisch und zentral muskelrelaxierend. Die kürzeste Halbwertszeit besitzt das im Rettungsdienst weit verbreitete Midazolam. Es kann beispielsweise zur Durchbrechung eines Krampfanfalls intranasal gegeben werden. Aufgrund ihrer großen therapeutischen Breite sind die Benzodiazepine relativ sicher anwendbar. Dennoch können schwere Vergiftungen entstehen, wenn Benzodiazepine zusammen mit anderen zentraldämpfenden Substanzen eingenommen oder verabreicht werden.

Benzodiazepine: Wirkung

Generell können den Benzodiazepinen fünf Hauptwirkmechanismen zugeschrieben werden. Diese sind allerdings je nach Wirkstoff unterschiedlich stark ausgeprägt. Prinzipiell aber wirken Benzodiazepine:

  • sedierend,
  • antikonvulsiv,
  • anxiolytisch,
  • amnestisch,
  • zentral muskelrelaxierend.

Ihren Wirkungsort haben Benzodiazepine im zentralen Nervensystem (ZNS). Dort wirken sie an so genannten gabaergen Rezeptoren. Nicht selten werden diese Rezeptoren auch als Benzodiazepinrezeptoren bezeichnet.

GABA und das limbische System

GABA – die Gammaaminobuttersäure – ist ein inhibitorischer Neurotransmitter, also ein Botenstoff im ZNS. Durch die agonistische Wirkung der Benzodiazepine wird der Effekt der Gammaaminobuttersäure verstärkt. Durch das vermehrte Einströmen von Chloridionen in den Intrazellulärraum kommt es zu einer Hyperpolarisation der Zellmembran und dadurch zu einer verminderten Erregbarkeit des Neurons.

Zwei unterschiedliche GABA-Rezeptoren sind bekannt: GABAA und GABAB. Benzodiazepine binden an den GABAA-Rezeptor. An demselben Rezeptor binden auch Barbiturate wie beispielsweise Trapanal (Thiopental).

GABA-Rezeptoren finden sich im gesamten ZNS. Allerdings haben nicht alle diese Rezeptoren auch eine Bindungsstelle für Benzodiazepine. Rezeptoren, die eine entsprechende Bindungsstelle aufweisen, sind hauptsächlichhauptsächlich im limbischen System zu finden. Der Begriff „limbisches System“ wurde vor mehr als hundert Jahren geprägt und steht für eine Gruppe funktionell miteinander verbundene Kern- und Rindengebiete des Gehirns. Das limbische System kann auch als die Emotionslokation im Gehirn bezeichnet werden. Seine Hauptbestandteile sind die Amygdala, Hippocampus, die Mamillarkörper und weitere kleinere Strukturen.

Der Gegenspieler der Benzodiazepine ist der Wirkstoff Flumazenil. Das dazugehörige Präparat heißt Anexate. Flumazenil bindet mit einer sehr hohen Affinität an den gabaergen Rezeptoren, hat allerdings keine intrinsische Aktivität.

Midazolam eignet sich sehr gut zur Durchbrechung eines Krampfanfalls. Wahlweise kann es auch intranasal appliziert werden.

Midazolam eignet sich sehr gut zur Durchbrechung eines Krampfanfalls. Wahlweise kann es auch intranasal appliziert werden.

Aufgrund der großen therapeutischen Breite der Benzodiazepine und ihrer verhältnismäßig geringen Toxizität sind Suizidversuche mit Benzodiazepinen, wenn diese allein eingenommen werden, selten erfolgreich. Dies liegt am so genannten „Ceiling-Effekt“. Das bedeutet, dass es nahezu unmöglich ist, durch Steigerung der eingenommenen Dosis den maximalen Wirkeffekt zu verstärken. Allerdings ist die Kombination mit anderen, zentraldämpfenden Substanzen wie beispielsweise Alkohol sehr gefährlich und kann schnell zu lebensbedrohlichen Vergiftungen führen.

Trotz der großen therapeutischen Breite der Benzodiazepine kann es zum Beispiel durch die zentral muskelrelaxierende Wirkung zu einer Atemwegsbehinderung kommen. Auch ein Blutdruckabfall ist möglich, lässt sich aber durch eine langsame Applikation vermeiden. Bei Patienten jenseits des 60. Lebensjahres und bei Menschen mit eingeschränkter Atmungs- und/oder Herz-Kreislauf- Funktion ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine der oben genannten Komplikationen auftritt, durch eine zu schnelle Applikation deutlich erhöht.

Benzodiazepine werden in der Leber metabolisiert. Nicht selten haben die so entstandenen Stoffwechselprodukte eine längere Halbwertszeit als das ursprünglich verabreichte Benzodiazepin. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren.

Benzodiazepine im präklinischen Einsatz

Die drei am häufigsten präklinisch eingesetzten Benzodiazepine sind:

  • Midazolam (Dormicum)
  • Diazepam (zum Beispiel Valium)
  • Clonazepam (Rivotril)

Indikationen dieser Wirkstoffe sind Sedierung, Durchbrechung von Krampfanfällen, Aufrechterhaltung einer Narkose in Kombination mit anderen Wirkstoffen und die medikamentöse Anxiolyse. Insbesondere die Anxiolyse ist bei Notfallpatienten sehr wichtig. Angst und Schmerzen können den Zustand von Patienten deutlich verschlechtern. Die psychische Betreuung und die Gabe eines Schmerzmittels werden in vielen Situationen aber nicht ausreichen, um den Patienten zu stabilisieren. Die Kombination eines Schmerzmittels mit einem anxiolytisch wirkenden Medikament ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der notfallmedizinischen Versorgung.Benzodiazepin_Rettungsdienst_Medizin_Wissen_III

Diazepam sollte aufgrund seiner sehr langen Halbwertszeit in der präklinischen Notfallmedizin nur noch zurückhaltend eingesetzt werden. Auch wenn die krampfdurchbrechende Wirkung von Diazepam deutlich größer ist als von Midazolam oder Clonazepam.

Aber insbesondere Midazolam eignet sich aufgrund der Möglichkeit, es intranasal zu applizieren, sehr gut zur Durchbrechung eines Krampfanfalls. Hierfür ist es sehr sinnvoll, die Applikationshilfe MAD zu verwenden. Sie stellt sicher, dass ausreichend kleine Partikel erzeugt werden. Nur Partikel mit einer Größe zwischen 30 und 100 Mikrometer erreichen die Regio olfactoria und können dort in das ZNS aufgenommen werden. Aber auch die relativ kurze Halbwertszeit von ein bis drei Stunden sprechen für Midazolam.

Ist der Krampfanfall nicht mit Midazolam zu durchbrechen, wird nicht selten Clonazepam (Rivotril) eingesetzt. Es besitzt eine höhere antikonvulsive Wirkung, weist aber eine Halbwertszeit von zirka 40 Stunden auf. Im Gegensatz zu Midazolam muss Clonazepam intravenös verabreicht werden.

Benzodiazepine Liste

Einen Überlick über die verschiedenen Wirkstoffe der Benzodiazepine gibt es hier.

Ein weiteres Benzodiazepin, das präklinisch zur Durchbrechung von Krampfanfällen eingesetzt wird, ist Lorazepam. Insbesondere das Präparat Tavor Expidet scheint dafür geeignet zu sein. Hierbei handelt es sich um kleine Plättchen, die auf der Mundschleimhaut innerhalb kürzester Zeit aufgelöst und mit einer Bioverfügbarkeit von rund 94 Prozent resorbiert werden. Ob es allerdings bei einem krampfenden Patienten angesichts des Eigenschutzes sinnvoll ist, das Plättchen in dessen Mund einzubringen, ist fraglich.

Manche Rettungsdienste führen diese Plättchen mit, um sie im Rahmen von akuten psychischen Ausnahmezuständen sedierend einzusetzen. Mit rund 15 Stunden Halbwertszeit gehört Lorazepam zu den mittellangwirkenden Benzodiazepinen.

Die Halbwertszeiten der Benzodiazepine sind auch abhängig vom Alter und dem Gesundheitszustand der Patienten. Menschen über 60 Jahre mit reduziertem Allgemeinzustand oder chronischen Erkrankungen müssen entsprechend reduzierte Dosierungen erhalten. Paradoxe Reaktionen auf die Gabe von Benzodiazepinen wie beispielsweise unwillkürliche Bewegungen, Hyperaktivität, Feindseligkeit bis hin zur Aggressivität und sogar tonisch-klonische Krampfanfälle kommen vorwiegend im Kindesalter und bei älteren Patienten vor. Mit dem Benzodiazepinantagonisten Flumazenil (Anexate) kann eine solche Reaktion aufgehoben werden.

Unser Autor: Thomas Semmel, Dozent im Rettungsdienst, ERC ALS-Instruktor, PHTLS-Instruktor (Text); Markus Brändli (Fotos); zuletzt aktualisiert: 14.07.2017

BOS-Funk: Die Tücken hinter „Status 4“

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Status-4_580Bremen (rd_de) – Wer an seinem Funkgerät die Taste für „Status 4“ drückt, signalisiert der Leitstelle, dass die Einsatzstelle erreicht worden ist. Welche Konsequenzen es haben kann, diese Taste zu früh zu drücken, ist vielen Rettungsdienst-Mitarbeitern aber nicht klar.

Falscher Einsatzort

Beispiel 1, basierend auf einem realen Vorfall: Der Rettungswagen einer Hilfsorganisation wird beispielsweise zur Einsatzstelle „Frankfurter Straße 115“ alarmiert. Der Fahrer drückt beim Ausrücken den „Status 3“ (Einsatz übernommen/Anfahrt zum Einsatzort). Vor Ort stellt sich heraus, dass die übermittelte Hausnummer in dieser Straße nicht existiert.

Nach Rückfrage bei der Leitstelle wird der Besatzung mitgeteilt, dass sich die Einsatzstelle zwar in der „Frankfurter Straße 115“ befindet, allerdings in einem Nachbarort. Funktechnisch kein Problem: Das Rettungsfahrzeug befindet sich nach wie vor im „Status 3“, fährt die tatsächliche Einsatzstelle an und drückt hier wenig später „Status 4“ (Ankunft am Einsatzort).

An der Einsatzstelle finden die Rettungsdienst-Mitarbeiter einen reanimationspflichtigen Patienten vor. Er stirbt noch während des Einsatzes. Im Nachgang stellt sich heraus, dass die Hilfsfrist um einige Minuten überschritten wurde. Durch die zunächst falsch übermittelte Adresse konnte „Status 4“ erst verspätet gedrückt werden.

Offenbar kein Einzelfall, denn einige Leitstellen im Bundesgebiet haben unter anderem aufgrund solcher Vorfälle die Anweisung herausgegeben, den „Status 4“ möglichst früh – zum Beispiel beim Einbiegen in die Ziel-Straße – zu drücken. Das heißt, die konkrete Einsatzstelle ist noch nicht erreicht und die korrekte Hausnummer bislang nicht gefunden worden. Offensichtlich will mancher Landkreis bzw. manche Stadt so dem Vorwurf begegnen, im Zuständigkeitsgebiet würde überdurchschnittlich oft die per Gesetz vorgegebene Hilfsfrist verfehlt.

Beispiel 2: Das alarmierte Rettungsmittel biegt in die Ziel-Straße auf Höhe der Hausnummer 1 ein. Sofort wird „Status 4“ gedrückt, dabei befindet sich die Einsatzstelle bei Hausnummer 125 – zwei Kilometer entfernt. Aufgrund des Verkehrs oder der Witterung trifft das Rettungsmittel erst zwei Minuten später an der Einsatzstelle ein. Zwei Minuten, die statistisch so gewertet werden, als ob die Versorgung des Patienten bereits begonnen hätte. Dabei saßen Rettungssanitäter und Notfallsanitäter zu dieser Zeit noch in ihrem Rettungswagen.

Status 4 – und dann passiert ein Unfall

Beispiel 3: Der Rettungswagen erreicht die 2,5 Kilometer lange Ziel-Straße; das Team drückt „Status 4“ und begibt sich auf die Suche nach der Hausnummer 125. Für den Leitstellencomputer hat das Rettungsteam die Einsatzstelle erreicht. Der RTW muss demnach stehen, und das Team wird sein Fahrzeug verlassen haben. Die Suche nach der Hausnummer 125 erfordert zwei Minuten, und genau in dieser Zeitspanne wird der Rettungswagen in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. Solch ein Fall kann gar nicht eintreten, da der RTW ja nachweislich längst am Einsatzort angekommen ist?! Die Berufsgenossenschaft wird genau darauf beharren.

Was also verbirgt sich rechtlich gesehen hinter dem „Status 4“?

Wie jedem Mitarbeiter im Rettungsdienst bekannt sein sollte, geben die Rettungsdienstgesetze vor, dass alle Einsätze dokumentiert werden müssen. Dazu zählt aber nicht nur das „Protokoll“, sondern auch die korrekte Statusmeldung.

Im Klartext bedeutet dies: Mit dem falschen – oftmals zu frühen – Drücken des „Status 4“ verstößt der Rettungsdienst-Mitarbeiter gegen seine Dokumentationspflichten, die sich aus dem jeweiligen Rettungsdienstgesetz ergeben.

Dasselbe gilt – nebenbei bemerkt – auch für ein bewusst spätes Drücken von „Status 1“ (Einsatzbereit über Funk) nach einem Einsatz, um etwas mehr Zeit bis zum nächsten möglichen Einsatz herauszuschinden.

Die Rettungsdienstgesetze sehen Hilfsfristen in der Regel zwischen 12 und 15 Minuten für die alarmierten Rettungsmittel vor. Diese Hilfsfristen werden von den Trägern der Rettungsdienste überwacht. Dabei spielt die Fahrzeit – also der Zeitraum zwischen „Status 3“ und „Status 4“ – eine wichtige Rolle.

Die Richtlinie des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren für Funkmeldesysteme (FMS) gibt beispielsweise vor, dass „ein Einsatzmittel [, das] an der von der Integrierten Leitstelle übermittelten Adresse angekommen ist, … dies gegenüber der Integrierten Leitstelle mit dem Status 4 zu bestätigen“ hat. Dabei ist freilich nicht die Ankunft in der Wohnung gemeint, sondern eine „dem Ziel nächst gelegene Stelle an einer öffentlichen Straße“ (vgl. Paragraph 2 Abs. 17 RettDG LSA; ähnlich Paragraph 4 Abs. 1 Nr. 3 SächsLRettDPVO).

Damit drückt das ersteintreffende Rettungsmittel bei Ankunft an der übermittelten Adresse „Status 4“, auch wenn sich alsbald herausstellen sollte, dass sich die Einsatzstelle andernorts befinden muss. Nach Übermittlung der nun „richtigen“ Adresse ist wieder in den „Status 3“ zu wechseln.

Ist bei Einsatzübernahme bereits offensichtlich, dass eine falsche Adresse übermittelt wurde, muss vom Rettungsmittel sofort eine Rückmeldung zur Leitstelle erfolgen.

Folgen für die RTW-Vorhaltung

Eine falsche Handhabung hat aber nicht nur für den Einzelfall Konsequenzen. Die Standorte der Rettungswachen, Zahl der vorzuhaltenden Rettungsmittel und deren Betriebszeiten sind so zu bemessen, dass die alarmierten Rettungsmittel in der Regel Notfälle im Versorgungsbereich in der Hilfsfrist erreichen können. Für die Analysen sind die „reine Fahrzeit des ersten, (am) Einsatzort eintreffenden Rettungsmittels von Bedeutung … als wichtiges Instrument zur Beurteilung des Antwortverhaltens des gesamten Rettungsdienstes … als Planungsgröße …“ für die genannten Planungsziele, heißt es in der TRUST-Studie, die für Bayern 2004 vorgelegt wurde. Durch ein verfrühtes Drücken von „Status 4“ wird also letztlich die gesamte Rettungsdienstvorhaltung negativ verfälscht!

Aber nicht nur die Dokumentation des Einsatzes und die Vorhaltung werden beeinflusst. Letztlich wird auch die Arbeitszeit des Rettungsdienst-Mitarbeiters durch eine falsche Statusmeldung verfälscht.

(Text: Bernd Spengler, Rettungssanitäter, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Johannes Treutlein, Rettungssanitäter und Rechtsanwalt, Kanzlei Spengler & Kollegen; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 18.07.2017)[1450]

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