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Rettungsdienst: Patient und Gepäck korrekt sichern

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Transportsicherung-im-RTW_580Bremen (rd_de) – Ein Problem, das jeder im Rettungsdienst kennt: Wie sichere ich den Patienten korrekt? Und wohin mit dessen Gepäck? Hier die Antworten.

Die Straßenverkehrsordnung besagt in Paragraph 21a, dass die vorgeschriebenen Sicherheitsgurte während der Fahrt angelegt sein müssen. Beim Anschnallen des Patienten ist dabei höchste Sorgfalt geboten. Neben den Fuß-, Becken- und Brustgurten sind die oft vernachlässigten Schultergurte gerade auch vorgeschriebene Sicherheitsgurte, die angelegt werden müssen.

Transport zum Rettungsfahrzeug

Die Patientensicherung spielt im Rettungsdienst aber nicht nur im Rettungs- oder Krankenwagen eine entscheidende Rolle. Bereits beim Transport des Patienten aus der Wohnung mittels Tragestuhl oder Schaufeltrage zum Einsatzfahrzeug beginnt die Pflicht, Patienten mit entsprechenden Gurten zu sichern.

Jeder Mitarbeiter im Rettungsdienst ist deshalb angehalten, die Herstellervorgaben für die eingesetzten Medizinprodukte zu kennen und einzuhalten. Hierzu gehören auch Patiententrage und -tragestuhl. Wird bei der Sicherung der Patienten von den Herstellervorgaben abgewichen, kann dies schon als grob fahrlässig gewertet werden.

Zwar sind Rettungsdienst-Mitarbeiter normalerweise nach den Grundsätzen der Amtshaftung von Schadensersatzansprüchen befreit. Dies gilt aber nicht, wenn sie grob fahrlässig handeln.

Dieser Umstand gilt umso mehr beim Transport von Kindern. Es empfiehlt sich deshalb immer, junge Patienten mit speziellen Kinderrückhaltesystemen zu sichern.

Wer trägt die Verantwortung?

Patientensicherung-auf-Trage_580Der Fahrzeugführer ist dafür verantwortlich, dass die Patienten bei Fahrtbeginn ordnungsgemäß gesichert sind. Hier hat der Rettungsdienst-Mitarbeiter schon aus seinem Obhutsverhältnis heraus eine Garantenpflicht. Darüber zu wachen, dass der Patient auch während des Transports weiterhin angeschnallt bleibt, ist im Patientenraum die Aufgabe des betreuenden Rettungssanitäters bzw. Notfallsanitäters.

Und wie steht es mit einer Anschnallpflicht für das Rettungsfachpersonal? Für den Fahrer von Krankenkraftwagen besteht jederzeit die Pflicht, die Sicherheitsgurte anzulegen, auch bei Inanspruchnahme von Sonderrechten (Paragraph 35 Straßenverkehrsordnung). Dasselbe gilt grundsätzlich auch für alle Personen im Patientenraum, also Rettungsassistent, Notarzt und Praktikant. Lediglich für erforderliche Behandlungen des Patienten während der Fahrt sieht die Straßenverkehrsordnung eine Ausnahme vor (Paragraph 21a Abs.1 Nr. 5).

Wie viele Personen dürfen mitfahren?

Darüber hinaus hat der Fahrer auch über die Zahl von Mitfahrern zu wachen. Die Mitfahrt ist nur so vielen Personen zu gestatten, wie im Krankenkraftwagen zugelassene Sitzplätze vorhanden sind. Stehen also nur drei, mit Sicherheitsgurten versehene Patientenbegleitsitze zur Verfügung, dürfen auch nur drei betreuende Personen im Patientenraum mitfahren. Stehplätze sind im Rettungs- und Krankenwagen nicht vorgesehen. Insofern liegt die korrekte Transportsicherung der Patienten im eigenen Interesse (nicht nur) des Fahrers.

Airline-Schine-im-RTW_580Sicherung des Patientengepäcks

Grundsätzlich müssen auch Koffer, Tüten und Taschen, Kartons, Rollstühle, Gehhilfen oder Heimbeatmungsgeräte während des Transports im Rettungsfahrzeug sicher verstaut werden. Andernfalls können sie bei einem Unfall zum tödlichen Geschoss werden. Deshalb gibt es mittlerweile zugelassene Gestelle für Heimbeatmungsgeräte, die auf eine Patiententrage aufgesetzt werden können.

Und das restliche Gepäck? Kann es nicht gesichert werden, darf es nicht mitgenommen werden. Deswegen sind einige Rettungsdienste dazu übergegangen, im Patientenraum Gurte, Ösen und/oder Airline-Schienen einzubauen, an denen sich Koffer und Taschen sicher fixieren lassen. Andere Rettungsdienste haben eine Art Gepäckfach in ihren Fahrzeugen eingerichtet. Um den dafür notwendigen Platz zur Verfügung zu haben, dürften aber entsprechend groß dimensionierte Fahrgestelle erforderlich sein – die im Krankentransport nicht die Regel sind.

Den Patientenkoffer ans Fußende des Tragentischs auf den Boden zu stellen oder die Tasche an den Holm der Trage zu hängen, ist jedenfalls keine zugelassene Lösung. Abgesehen davon, dass sich das Gepäck bei einem Unfall „selbstständig“ macht, versperrt es auch wichtige Lauf- und Rettungswege im Fahrzeug. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um schwere, scharfe oder spitze Gegenstände handelt.

Stehen die genannten Möglichkeiten zur Sicherung von Patientengepäck nicht zur Verfügung, muss es entweder von Angehörigen des Patienten oder zum Beispiel mit einem Taxi nachgeliefert werden.

(Text: Bernd Spengler, Rechtsanwalt und Rettungssanitäter; Johannes Treutlein, Rechtsanwalt und Rettungssanitäter; Jens Wolff, Lehrrettungsassistent; Symbolfotos: Markus Brändli; 31.01.2017)


Digitalisierung im Rettungsdienst – Telemedizin

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Telemedizin_Rettungsdienst_Digitalisierung_TabletBremen (rd_de) – In den letzten Jahren hat sich die Telemedizin im Rettungsdienst merklich entwickelt. Angetrieben durch verbesserte medizinische und technische Möglichkeiten, unterstützt die Telemedizin die Patientenversorgung nicht zuletzt in der Präklinik. Was mit Forschungsprojekten und Pilotstudien an einzelnen Standorten in verschiedenen Bundesländern begann, hält jetzt zunehmend Einzug in die Regelversorgung.

Ist von Telemedizin die Rede, kommt man sehr schnell zur Telematik. Dieser Begriff setzt sich aus „Telekommunikation“ und „Informatik“ zusammen. Vereinfacht ausgedrückt, beschreibt Telematik die elektronische Datenübertragung zwischen zwei Informationssystemen. Die Telemedizin ist ein Teilbereich der Telematik im Gesundheitswesen. Hierunter fallen die Diagnostik und die Therapie an räumlich getrennten Orten und/oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten (asynchron).

Im klinischen Bereich bildeten sich in den vergangen Jahren telemedizinische Netzwerke. Sie verbinden die verschiedensten Fachdisziplinen und decken insofern diverse Krankheitsbilder ab.

Telemedizin im Rettungsdienst

In Bezug auf den Rettungsdienst stellt die Telemedizin kein wirklich neues Verfahren dar. Die Seenotkreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger verfügen schon seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts über ein so genanntes Tele-EKG. Es ermöglicht ein Medico-Gespräch zwischen den Seenotrettern und einem Arzt im Stadtkrankenhaus Cuxhaven. Auch andere Schiffsbesatzungen können diese funkärztliche Beratung bei medizinischen Notfällen auf hoher See weltweit in Anspruch nehmen.

Der landgebundene Rettungsdienst arbeitet unter anderen Bedingungen. Hier hat die Telemedizin erst in den letzten Jahren Einzug gehalten. Lösungsmöglichkeiten und Anwendungsszenarien werden zunächst in Pilotprojekten auf ihre Machbarkeit und Alltagstauglichkeit getestet. Hierbei wird ein Standard-Rettungswagen mit zusätzlichen Geräten wie Kameras, verschiedenen Mobilfunk- und Übertragungsgeräten sowie Tablet-PCs ausgestattet. Durch diese zusätzliche Ausstattung ist das Notfallteam vor Ort direkt über Videotechnik und Datentransfer mit einem Facharzt verbunden. Dieser kann auf Grundlage der empfangenen Befunde und Informationen an das nichtärztliche Personal Handlungsempfehlungen aussprechen, ohne selbst beim Patienten sein zu müssen.

Durch die hohen Investitionskosten der zusätzlichen Ausstattung der Einsatzfahrzeuge und der angebundenen Kliniken sowie die Vorhaltung speziell geschulter Ärzte stehen diese Systeme nur an ausgewählten Standorten zur Verfügung. Bei der Wahl des jeweiligen Standortes spielen Forschungsaspekte eine wesentliche Rolle.

Telemedizin Projekte: ANGELsystems

Telemedizinische Lösungen in Form von Tablet-PCs als Kommunikations- und Dokumentationsmittel werden beim Stroke-Angel-Projekt erfolgreich eingesetzt. Was als Forschungsprojekt im Jahr 2005 mit einer Studie begann, wird seit 2009 in der Regelversorgung angewandt. Hierbei werden bereits vom Notfallort aus die Stammdaten sowie schlaganfallspezifische Parameter erfragt. Hierzu gehören:

  • Vitalparameter
  • Vorerkrankungen
  • Dauermedikation
  • Symptombeginn
  • Schlaganfall-Screening-Score.

Die Daten werden via Mobilfunk an die Klinik übertragen. Anhand der empfangenen Informationen werden die notwendigen Ressourcen wie Notaufnahme-Team und Diagnostik, Ultraschall und CT vorbereitet. Beim Eintreffen in der Klinik kann der Patient unverzüglich diagnostiziert und behandelt werden.

Zwischenzeitlich hat sich das Stroke-Angel-System auf weitere Indikation ausgeweitet. Es wird unter der Bezeichnung ANGELsystems sowohl für spezifische Krankheitsbilder wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Polytrauma als auch für die allgemeine Voranmeldung des Rettungsdienstes bei der Notaufnahme eingesetzt.

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Telemedizin Projekte: „Telematik II“

Alle Rettungsfahrzeuge der verschiedenen Rettungsdienste in Bayern sind unter der Koordination und Leitung des Bayerischen Roten Kreuzes mit mobilen Datenerfassungsgeräten ausgestattet worden. Die Initiative läuft unter dem Projektnamen „Telematik II“. Neben der Abrechnung wird bei diesem Projekt auch die Dokumentation des Einsatzes (Protokoll) durch das Rettungsfachpersonal papierlos vorgenommen. Das Protokoll wird direkt vom Tablet-PC im Rettungswagen auf einem mobilen Drucker oder in der Klinik ausgedruckt und mit dem Patienten dem Aufnahmeteam übergeben. Den Kliniken wird auch die Möglichkeit eingeräumt, das Protokoll vollständig digital über ein elektronisches Postfach abzuholen.

Bei Einsatzende wird die Dokumentation auf dem gesicherten Server der Rettungswache abgelegt und archiviert. Die Patientendaten stehen der Abrechnungsstelle für die Erstellung der Rechnung zur Verfügung. So wird in Zukunft die Dokumentation, Übergabe und Abrechnung nahezu vollautomatisch durchgeführt.

Telemedizin_Rettungsdienst_Digitalisierung_Tablet_III

So könnte es in Zukunft vielerorts aussehen: Durch eine Kamera im RTW ist das Team vor Ort direkt über Videotechnik und Datentransfer mit einem Facharzt verbunden.

Die flächendeckende Digitalisierung der Dokumentation des bayerischen Rettungsdienstes ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Notfallversorgung. Erstmalig stehen nicht nur die klassischen Einsatzdaten wie Name, Kostenträger und Wohnort zur Verfügung. Auch Vitalparameter, Krankheitsbild, Verletzungsmuster, Anamnese und die durchgeführten präklinischen Maßnahmen werden digital erfasst. Dadurch besteht die Möglichkeit, einheitlich definierte Kennzahlen auszuwerten, die für Planungen und Bewertung der Qualität von zentraler Bedeutung sind.

Optional besteht die Möglichkeit, dass die Kliniken mittels ANGELsystems an den Rettungsdienst angebunden werden. In der Klinik wird hierfür ein Monitor installiert, der die angemeldeten Einsätze auflistet. Die erforderlichen Daten werden vom Rettungsdienst an den Monitor geschickt. Neben Alter und Geschlecht des Patienten werden auch die Verdachtsdiagnose und der Zustand des Patienten übertragen. Die Klinik ist so stets darüber im Bilde, zu welcher Uhrzeit ein neuer Patient eintrifft. Die innerklinischen Prozesse lassen sich so optimieren.

Da im Vorfeld schon bekannt ist, ob es sich um einen Patienten mit kritischen Kreislaufverhältnissen oder eventuell einer Infektionskrankheit handelt, kann sich das Klinik-Team rechtzeitig vorbereiten. Die heute noch alltäglichen Übermittlungsfehler zwischen Rettungswagen und Klinik dürften dank dieses Verfahrens nicht mehr auftreten.

Telemedizin: Voraussetzungen und Ausblick

Um telemedizinische Lösungen erfolgreich einzusetzen, ist es sehr wichtig, dass die Benutzer sie akzeptieren. Um dies zu erreichen, muss dem Anwender der Nutzen klar sein. Ferner muss die Technik stabil arbeiten. Bei der Einführung des Systems müssen die künftigen Anwender sowohl im Umgang mit der Technik als auch mit den veränderten Abläufen vertraut gemacht werden.

Auch wenn die Telemedizin heute noch nicht flächendeckend in allen Rettungsdienst-Bereichen zum Einsatz kommt: Es ist abzusehen, dass sie in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. So wird demnächst die medizinische Gerätetechnik mit dem digitalen Dokumentationssystem drahtlos erfolgen und vollautomatisch verbunden sein. Neben den Vitalparametern wie Puls und Blutdruck werden dann auch Beatmungswerte automatisch im Einsatzprotokoll dokumentiert. Schon heute verfügt ANGELsystems über Schnittstellen zum Lifepack bzw. Corpuls 08/16 und C3. Das EKG und andere Werte lassen sich barrierefrei auf allen aktuellen Tablet-PCs darstellen. In fünf bis zehn Jahren wird standardmäßig nicht nur der Notfallrucksack, sondern auch ein Tablet-PC immer mitgenommen. Es wird die Notfallsanitäter bei der Diagnostik, Therapie und dem Patientenmanagement unterstützen.

Telemedizin_Rettungsdienst_Digitalisierung_Tablet_II

ANGELsystems macht‘s möglich: Wie am Flughafen oder Bahnhof, werden die in Kürze eintreffenden Notfallpatienten auf einer digitalen Tafel angezeigt. Die Informationen liefert der Rettungsdienst von der Einsatzstelle.

Dank der Telematik werden alle Daten beliebig miteinander verglichen werden können. So gelingt es, Arbeitsabläufe zu optimieren und Behandlungserfolge zu überprüfen. Die Ergebnisse sind neutral und objektiv. Mit diesen Daten können zudem eine Vielzahl von wissenschaftlichen Erkenntnissen gewonnen werden. Sie dienen wiederum dazu, Handlungsempfehlungen zu aktualisieren.

Ein zentraler Punkt bei all den hier beschriebenen Lösungen stellt die Kommunikation der Beteiligten untereinander dar. In jüngster Zeit entstehen mit staatlicher Förderung neue Dienstleistungsbranchen wie das Zentrum für Telemedizin in Bad Kissingen oder die Bayerische Telemed-Allianz in Ingolstadt  Sie sind beauftragt worden, die telemedizinischen Systeme für Präklinik, Klinik, Rehabilitation und häusliche Pflege weiterzuentwickeln. Ziel ist die Begleitung des Patienten vom Symptombeginn bis zur Wiedereingliederung in den Alltag. Telemedizin kann demnach eine enorme Verbesserung des Outcomes und somit der Lebensqualität bedeuten.

(Text: Uwe Kippnich, Dozent im Rettungsdienst, Krankenpfleger, OrgL, Örtlicher Einsatzleiter (ÖEL), EU-Team-Leader; Fotos: Markus Brändli / Uwe Kippnich; zuletzt aktualisiert: 01.02.2017)

Deutsche Luftrettung im Aufwind

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Rettungshubschrauber der DRF Luftrettung landet am Einsatzort, TBremen (rd_de) – Wer steht an der Spitze, was die deutsche Luftrettung angeht? Von den Einsatzzahlen her der ADAC. In 2016 absolvierten die gelben „Christoph“-Hubschrauber 54.444 Einsätze (2015: 54.062). Die DRF Luftrettung kam im selben Zeitraum auf  35.846 Einsätze (2015: 36.476). Das Innenministerium des Bundes meldet für 2016 16.573 Einsätze (2015: 16.892).

Insgesamt stehen aktuell über 80 Rettungshubschrauber für die deutsche Flugrettung zur Verfügung. Sie dienen als Zubringer für den Notarzt, schnelles Transportmittel für Erkrankte bzw. Verletzte sowie für den schonenden Transfer von Intensivpatienten zwischen zwei Kliniken.

Rettungshubschrauber: Deutschland international Spitze

Der Weg bis zum ersten offiziellen Rettungshubschrauber: Deutschland tat sich schwer. Anfangs gab es verschiedene Modellversuche. Die ersten erfolgten in den 1960er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Pionierarbeit, die wichtige Erfahrungen brachte. Außerdem lieferten die Tests Argumente für eine flächendeckende deutsche Flugrettung. Behörden, Versicherungen und sogar Kliniken waren anfangs nämlich keineswegs vom Sinn der Christoph-Hubschrauber überzeugt.

ADAC_2016_Statistik

Die Hubschrauber der ADAC Luftrettung sind im Jahr 2016 zu 54.444 Notfällen gestartet. Damit hoben die Lebensretter tagsüber im Durchschnitt etwa alle fünf Minuten zu einem Einsatz ab. Foto: ADAC

Deutsche Luftrettung: Bundeswehr machte den Anfang

Der erste zivile Luftrettungseinsatz in Deutschland erfolgte am 16. Mai 1960. Die Bundeswehr stellte seit 1959 mit ihrer Luftrettungs- und Verbindungsstaffel den offiziellen Such- und Rettungsdienst (SAR) in Deutschland sicher. Lange Zeit war die Bundeswehr eine tragende Säule in der zivilen Luftrettung. Erst in den 1990er-Jahren begann die Bundeswehr, sich unter anderem aus Kostengründen aus der zivilen Luftrettung zurückzuziehen. Die ADAC Luftrettung und DRF-Hubschrauber übernahmen die vakanten Aufgaben.

RM_eDossier_Titel_LuftrettungDownload: Deutsche Luftrettung

 

Unser PDF-Special zum Thema deutsche Luftrettung: Auf 30 Seiten informieren wir Sie ausführlich über Rettungshubschrauber. Schwerpunkte: Geschichte der Christoph-Hubschrauber, Nachteinsätze, Windenrettung.

 

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Aktuell gibt es 37 ADAC-Standorte in Deutschland mit 55 eigenen Rettungs- und Intensivhubschraubern. Die DRF Luftrettung als Nummer zwei in Deutschland setzte 2016 an 31 Stationen in Deutschland und Österreich Hubschrauber für die Notfallrettung und den Transport von Intensivpatienten zwischen Kliniken ein. Der dritte große Anbieter ist das Bundesinnenministerium, das unter anderem in Hamburg (Christoph 29), Hannover (Christoph 4), Köln (Christoph 3) und Frankfurt (Christoph 2) Maschinen stellt. Hinzu kommt die Johanniter Unfall-Hilfe, die mit Kooperationspartnern Rettungshubschrauber in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern unterhält.

(Text: Ann-Christin Westphal; Symbolfoto: DRF Luftrettung; zuletzt aktualisiert: 07.02.2017)

Tracheostoma absaugen: 5 Tipps für die Praxis

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Bremen (rd_de) – Die Gründe, warum Menschen mit einem Tracheostoma und anschließend einer Trachealkanüle versorgt werden, sind sehr unterschiedlich. Vertraut ist den meisten dieser Patienten aber das gemeinsame Problem, dass sie ihr Tracheostoma absaugen lassen müssen. Leiden die Betroffenen unter akuter, massiver Atemnot, muss mitunter der Rettungsdienst das Tracheostoma absaugen um die Atmung wieder zu ermöglichen.

Dem Rettungsteam fehlt es in der Regel an Routine sowie den erforderlichen theoretischen und praktischen Kenntnissen, um ein Tracheostoma absaugen zu können. Dabei können solche Situationen nicht nur im Rahmen eines akuten Notfalls, sondern auch anlässlich eines qualifizierten Krankentransports entstehen. Insofern sollten sowohl Rettungsassistenten bzw. Notfallsanitäter als auch Rettungssanitäter in der Lage sein, Tracheostoma mit einem Absauggerät absaugen zu können.

Hier unsere Praxistipps für alle Rettungsdienst-Mitarbeiter, die in die Situation geraten, ein Tracheostoma absaugen zu müssen:

  1. Will man über die Trachealkanüle oder das Tracheostoma absaugen, sollte das Rettungsfachpersonal an seinen Eigenschutz denken. Das heißt, sowohl Schutzbrille als auch Mundschutz und Einmalhandschuhe, zum Beispiel gegen austretenden Speichel, tragen.
  2. Ausgelöst durch einen Hustenreiz beim Tracheostoma-Absaugen, kann Sekret über die Trachealkanüle oder das kanülenlose Tracheostoma abgehustet werden. Es wird dann unter Umständen wie ein Geschoss über einige Meter in die Umgebung geschleudert. Insofern sollte sich das Rettungsteam beim Tracheostoma-Absaugen oder Hantieren an der Kanüle immer etwas seitlich vom Patienten stellen.
  3. Für das eigentliche Tracheostoma-Absaugen sind mindestens zwei Katheter erforderlich. Mit ein und demselben Absaugkatheter zunächst das Sekret aus dem Mund und dann aus der Nase oder neben der Trachealkanüle am Tracheostoma abzusaugen, ist aus hygienischen Gründen unzulässig.
  4. Einige Trachealkanülen besitzen eine so genannte „Seele“. Hierbei handelt es sich um ein zusätzliches kleines Röhrchen beziehungsweise Tubus, das in die eigentliche Trachealkanüle eingeführt wird. Die Seele dient dazu, die Kanüle einfacher sauber zu halten: Sie wird herausgezogen, außerhalb der Trachealkanüle zum Beispiel mit Wasser gereinigt und anschließend wieder eingesetzt. Die eigentliche Trachealkanüle bleibt dabei im Tracheostoma.
  5. Meist sind tracheotomierte Patienten und deren Angehörige im Umgang mit der Trachealkanüle gut geschult. Sie sind daher „Profis“, wenn man ein Tracheostoma absaugen will. Insofern sollten sie – wenn möglich – in die rettungsdienstliche Versorgung mit einbezogen werden. Ihre Meinung und Erfahrung sollte das Rettungsteam beim Vorgehen berücksichtigen.

Tracheostoma absaugen: Hintergründe

Unter anderem werden Patienten tracheotomiert, die eine akute Obstruktion der oberen Atemwege aufweisen. Aber auch eine Verletzung oder ein Tumor in den oberen

Blockbare Trachealkanüle mit Seele

Blockbare Trachealkanüle mit Seele.

Atemwegen machen oft eine Tracheotomie unumgänglich. Dies trifft vor allem auf Menschen zu, die beispielsweise an einem Zungengrundkarzinom operiert wurden oder deren kompletter Kehlkopf auf Grund eines Kehlkopfkarzinoms operativ entfernt werden musste. Nach abgeschlossener klinischer Therapie werden sie mit einer Trachealkanüle zurück in die häusliche Umgebung oder eine stationäre Pflegeeinrichtung entlassen.

Die Luft, die durch eine Trachealkanüle eingeatmet wird, kann in Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit der Umgebungsluft sehr trocken sein. Diese trockene Atemluft reizt die Schleimhäute der Trachea sowie der Bronchien und trocknet diese aus. In der Folge wird das Atemwegssekret zähflüssig, sodass es zu einer vermehrten Borkenbildung kommen kann. Dieser zähe Schleim kann in Verbindung mit den Borken so ausgeprägt sein, dass das Lumen der Kanüle schrumpft und die Luftzufuhr stark eingeschränkt wird. In solchen Fällen muss man das Tracheostoma absaugen bzw. die Kanüle säubern.

(Text und Fotos: Herbert Mannel, Rettungsassistent, Krankenpfleger, Ausbilder, Einsatzleiter Rettungsdienst und KIT; zuletzt aktualisiert: 08.02.2017)

11.2.: Internationaler Tag des Notrufs

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Internationaler Tag des Notrufes am 11.2. Foto: fotolia/georgejmclittle Bremen (rd_de) – Morgen ist der Europäische Tag des Notrufs 112. Im Jahr 1991 beschlossen die damaligen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, das Notrufmeldungen vereinheitlicht werden sollen. Seitdem gilt in der EU die 112 als einheitliche Notrufnummer.

Als eine „Telefonnummer, auf die Tag und Nacht das ganze Jahr über Verlass ist“ bezeichnet die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) den Notruf 112. Die Organisation fordert anlässlich des diesjährigen Internationalen Tag des Notrufs, Brandschutzerziehung als Pflichtfach in Schulen einzuführen. Die Kenntnis der Notrufnummer sei gewissermaßen der Grundstein.

Das europäische Parlament beschloss 2009 den 11. Februar aufgrund der Ziffernfolge zum europaweiten Notruftag auszurufen. Die Notrufnummer 112 ist in allen EU-Staaten kostenfrei. Wer die Nummer wählt, wird automatisch an die zuständige Notrufzentrale weitergeleitet.

5 Tipps, wie Sie einen Notruf richtig absetzen:

  • Wo ist es passiert?

Die Beantwortung dieser Frage sollte immer als erstes erfolgen. Bricht der Kontakt ab, gibt es zumindest einen Anhaltspunkt, wo sich der Notfallort befindet. Geben Sie eine exakte Ortsangabe (Ort, Stadtteil, Straße, Hausnummer) an. Je genauer die Ortsangabe ist, desto weniger müssen die Rettungsfachkräfte suchen. Wenn Sie ortsfremd sind, bitten Sie andere Personen um Hilfe.

  • Was ist passiert?

Geben sie kurz an, um welche Art von Notfall es sich handelt. Stichworte reichen! Beispielsweise Verkehrsunfall, Feuer, bewusstlose Person oder Sturz von Leiter.

  • Wie viele Verletzte?

Es ist wichtig, möglichst genau die Zahl der Verletzten/Erkrankten mitzuteilen. Nur so können ausreichend Rettungskräfte alarmiert werden. Bei größeren Unfällen reicht eine realistische Schätzung. Sie müssen nicht über- oder untertreiben.

  • Welche Art der Verletzung?

Nennen Sie die Art der Verletzung oder Erkrankung. Handelt es sich zum Beispiel um eine Fraktur oder Schnittverletzung? Welches Ausmaß der Verletzung liegt vor? So kann der Leitstellen-Mitarbeiter einschätzen, ob weitere Einsatzmittel notwendig sind.

  • Wer meldet das Ereignis?

Nennen Sie ihren Namen und eine Rückruf-Nummer für Nachfragen. Bleiben Sie, soweit es Ihnen möglich ist, in der Nähe des Telefons. Machen Sie im Idealfall die Einsatzkräfte auf sich aufmerksam. Erste Hilfe und Eigenschutz haben jedoch immer Vorrang!

(10.02.2017; Symbolfoto: fotolia/georgejmclittle)

Sanitätsdienst: 5 Alternativen zur Fußstreife

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Sanis auf Inline-Skates_580Bremen (rd_de) – Der durchschnittliche Sanitätsdienst besteht in der Regel aus Warten. Von Zeit zu Zeit wird der Notfallrucksack oder das Paramedic Bag geschultert, weil es auf Streife geht. Das kann dann einen mehr oder weniger langen Fußmarsch bedeuten. Bei großräumigen Veranstaltungen wird der Einsatzleiter seine Kräfte von Anfang an dezentral postieren – wohlwissend, dass er damit seinen Mitarbeiter-Pool in der zentralen Sanitätsstation ausdünnt. Dass es Alternativen zur traditionellen Fußstreife gibt, zeigen wir hier.

Ein Problem der besonderen Art ergibt sich, wenn die Veranstaltung nicht an einem Standort stattfindet, sondern sich räumlich verändert. Radrennen, Inline-Skate-Events und Laufveranstaltungen jeder Art sind hierfür typische Beispiele. Dann muss der Sanitätsdienst zusehen, wie er schritthalten kann.

Motorradstreife1. Motorräder

Motorräder sind schnell und wendig. Sie verfügen über eine hohe Zuladungsmöglichkeit. Im Fußgängerbereichen kommen sie vergleichsweise gut voran. Und zudem erfordern sie vom Helfer, der mit dem Motorrad unterwegs ist, einen geringen Grad an Fitness.

Gerade bei Lauf- und Radveranstaltungen, die zum Teil durch stille Parks und einsame Waldgebiete führen, erscheinen Motorräder aber oftmals als zu laut. Außerdem dürften sich einige Teilnehmer durch die Abgase belästigt fühlen.

2. E-Bikes/Pedelecs

Bei Pedelecs wird die Motorunterstützung nur bei Tretbewegungen freigegeben. Sie dürfen bis zu 25 km/h schnell sein. In der EU gelten sie als Fahrräder und sind dadurch zulassungsfrei. Im Gegensatz dazu wird beim E-Bike ähnlich wie beispielsweise beim Mofa die Motorleistung ausschließlich über einen Drehgriff geregelt.

Als „Light-Version“ zu Motorrädern können Fahrräder mit Elektromotor – so genannte E-Bikes oder Pedelecs – gesehen werden. Auch sie sind wendig, noch dazu schmal und gut im direkten Umfeld von Fußgängern einsetzbar. Zudem sind sie relativ schnell und setzen vom Helfer kaum Zusatzqualifikation voraus.

Nachteile dieser Gefährte: Ganz ohne Einweisung in die Technik geht’s nicht. Die Zulademöglichkeiten sind deutlich geringer als bei einem Motorrad, und sie sind nur bedingt geländegängig. Fällt die Wahl auf ein E-Bike, sind Führerschein und Zulassung erforderlich.

Fahrradstreife_5803. Fahrräder

Fahrräder im Rahmen eines Sanitätsdienstes einzusetzen, ist nun keine ganz neue Idee. Das heißt aber nicht, dass jeder Einsatzleiter diese Möglichkeit der Fortbewegung für seine Sanitätskräfte im Blick hat. Dabei weisen Fahrräder einige Vorteile auf: günstig in der Anschaffung und im Unterhalt, emissionsfrei, kaum Schutzausrüstung erforderlich, wendig und schmal.

Womit Fahrräder im Sanitätsdienst freilich nicht dienen können: Im wirklich dichten Gedränge kommen Fahrradstreifen kaum voran; die Mitnahmemöglichkeit von Ausrüstungsteilen ist sehr eingeschränkt; die Fahrer sollten leidlich fit sein; in der Regel sind die Räder nur mäßig fürs Gelände geeignet. Und die Diebstahlgefahr sollte auch nicht außer Acht gelassen werden.

Sanis mit Segway4. Segways

Ein Aspekt, der im Rettungs- und Sanitätsdienst eine größere Rolle spielt, ist der Aufmerksamkeitsfaktor. Und der dürfte einem mit dem Segway als Fortbewegungsmittel gesichert sein. Die einachsigen, motorbetriebenen Gefährte wurden bereits bei einigen Sanitätsdiensten eingesetzt und konnten offenbar – unter den jeweiligen individuellen Bedingungen – überzeugen.

Segways sind überraschend schnell, erfordern kaum Schutzausrüstung und keine Fitness von den Einsatzkräften. Zudem bieten sie ausreichend Platz, um notfallmedizinisches Equipment unterzubringen.

Doch auch diese Einachser weisen Nachteile auf. Insgesamt sind sie teuer – sowohl in der Anschaffung als auch im Unterhalt; Geländegängigkeit ist kaum vorhanden, und ohne intensive Einweisung sollte keiner unbegleitet auf ein Segway steigen.

Reiterstaffel_5805. Pferde

Mit Pferden zum Sanitätsdienst? Warum nicht, wenn die Möglichkeit besteht! Ein normales Pferd erreicht locker 30 km/h im Galopp. Geländegängigkeit steht zudem außer Frage. Und bedingt können Sanitäter hoch zu Ross auch im Fußgängerbereich eingesetzt werden.

Unabdingbar sind allerdings neben hohem reiterlichem Können eine große Stressresistenz bei Ross und Reiter. Zudem ist die Verletzungsgefahr nicht zu unterschätzen. Ohne ausreichende Fitness wird diese Fortbewegungsmöglichkeit nicht infrage kommen. Und die Möglichkeiten, Equipment mitzunehmen, sind eingeschränkt.

Fazit

Es gibt durchaus Alternativen zur klassischen Fußstreife. Je nach Veranstaltung und Örtlichkeit, haben diese alternativen Fortbewegungsmittel unschlagbare Vorteile. Sie sind zum Teil deutlich schneller, können unter Umständen mehr an Ausrüstung mitnehmen und besitzen womöglich einen hohen/höheren Aufmerksamkeitsfaktor.

Doch auch Fußstreifen bieten Vorzüge, die kein Motorrad oder Segway erreicht: Sanitäter per Pedes können auch in der dichtesten Menschenmenge eingesetzt werden. Bei Distanzen bis zu zirka 500 Metern sind sie immens schnell vor Ort. Und je nach körperlicher Konstitution können sich Geländegängigkeit sowie „Materialzuladung“ durchaus sehen lassen. Und nicht zuletzt stellen sie die einzige Möglichkeit der hier genannten Alternativen dar, um einen Patienten über eine begrenzte Strecke fortzubewegen.

(Text: Helmut Stark, Rettungsassistent, Einsatzleiter Rettungsdienst, freier Journalist; 13.02.2017)

10 Tipps für Fortbildungen im Rettungsdienst

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Fortbildung_580Bremen (rd_de) – Fortbildungen im Rettungsdienst erinnern oft eher an ein trauriges Laienschauspiel als an eine zeitgemäße Trainingsveranstaltung. Woran liegt’s? Hier 10 Tipps, wie aus öder Pflicht eine interessante Kür werden kann.

1. Atmosphäre

Es kann keine produktive Lernatmosphäre geschaffen werden, wenn sich 40 Leute in einen kleinen Besprechungsraum zwängen. Das heißt, die Teilnehmeranzahl muss vorher bekannt sein, der Raum mit ausreichend Stühlen bereitgestellt werden. Kaffee und Wasser sind einfache Mittel, dass es mit der Zwischenmenschlichkeit klappt. Wer daran spart, sorgt schon am Anfang für Unmut.

2. Auftreten

Kennen sich der Dozent und die Kursteilnehmer persönlich, kann das ein Vorteil sein, wird aber oft zum Nachteil. Der Dozent muss seine Rolle neu definieren und behaupten. Er sollte souverän auftreten, aber zu Fehlern stehen. Tritt er hingegen zu herrschaftlich auf, wird die Gruppe motiviert, Fehler zu suchen. Die Fortbildung gerät dann schnell zu einem Machtkampf.

Bild1_eDossier2017_UebungenRettungsdienst: Übungen richtig planen, durchführen, auswertenjetzt als eDossier hier herunterladen!

 

3. Dozent

Der Dozent muss für seine Sache brennen, aber auch den Blickwinkel der Kollegen verstehen. Klassische Fehler des Dozenten sind, sich mit den Teilnehmern zu verbünden oder die oberflächliche „Kein Bock“-Mentalität zu bestätigen. Dies geschieht zum Beispiel, wenn der Dozent einräumt, eigentlich auch keinen Sinn in dieser oder jener Maßnahme zu sehen.

4. Geschäftsleitung

Der Impuls, die Struktur der Fortbildungen im eigenen Haus zu verbessern, muss in der Hierarchie von oben kommen und ehrlich sein. Aber: Pseudo-Initiativen mit dem Ziel, eine moderne Außendarstellung hinzubekommen, werden von den Mitarbeitern schnell durchschaut und dürften scheitern. Kommen Veränderungsinitiativen aus Reihen der Rettungskräfte, sollten diese ernsthaft geprüft und nicht mit klassischen Gewohnheitsargumenten („das haben wir noch nie gemacht…“) abgeräumt werden.

5. Methodik

Der Versuch, mit Moderationskärtchen im Sitzkreis zu arbeiten, führt im Rettungsdienst erfahrungsgemäß nicht zum Ziel. Dieser sehr moderative und pädagogische Ansatz ist bei dieser Zielgruppe selten erfolgreich. Dazu gehört auch die mentale Gängelung in Form von angedrohten Prüfungen für irgendwelche Rezertifizierungen.

6. Motivation

Der größte Fehler des Dozenten ist es, die Kollegen belehren und dominieren zu wollen. Dem Dozenten muss es klar sein, dass er im Normalfall auf eine unmotivierte Gruppe stoßen wird. Er darf dann aber nicht der Versuchung verfallen, das Verhalten der Teilnehmer zu spiegeln oder zu versuchen, dominant den Stoff durchzuprügeln.

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7. Organisation

Besonders in Zeiten des größer werdenden Personalmangels kann die hausinterne Fortbildung zu einem Aushängeschild des Rettungsdienstes werden. Das kann auf gute Fachkräfte attraktiv wirken. Voraussetzung: Die Fortbildung ist gut organisiert. Wenn aber der Ausbildungsleiter immer zu spät kommt und im Thema nicht sattelfest ist, der Beamer wieder mal nicht funktioniert und der Patientensimulator in Reparatur ist, werden alle froh sein, wenn nach zwei Stunden Schluss ist.

8. Teilnehmer

Die Motivation der Teilnehmer darf nicht die Aussicht auf das Nichtbestehen einer Rezertifizierung sein. Vielmehr muss der Dozent die einzelnen Persönlichkeiten der Gruppe erspüren: Wen gilt es zu motivieren? Wer muss in seiner Motivation gefördert und eingebunden werden? Wer ist gut in Theorie, wer in der Praxis? Wer ist ein Vorbild für andere Kollegen? Wen muss man in seiner Destruktivität ausbremsen und versuchen, seine Interessen zu treffen, um ihn damit „umzudrehen“?

9. Themen

Generell sollte bei der Auswahl der Themen auf die Verwertbarkeit im praktischen Alltag der Kollegen geachtet werden. Hier muss der Dozent seine eigenen Vorlieben hinter den thematischen Gesamterfolg der Fortbildung zurückstellen. Praxisnahe Elemente zu nutzen, ist besonders bei destruktiven Kollegen oft erfolgversprechend.

10. Ziele

Die Einheitlichkeit von Auftreten, Sprachregelungen und Lehraussagen sind Schlüsselfaktoren für die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz bei den Teilnehmern. Deshalb muss neben der materiellen und personellen Ausstattung klar definiert werden, was erreicht werden soll, welche inhaltlichen Ziele verfolgt werden und wie das Personal angesprochen wird. Denn die motiviertesten Teilnehmer bringen nichts, wenn das Dozententeam gelangweilt und visionslos ist.

(Text: Jan C. Behmann, freier Journalist, Lehrrettungsassistent; Symbolfoto: Markus Brändli; 16.02.2017)

Port-Systeme und wie Retter sie nutzen können

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Portkatheter_580Bremen (rd_de) – Mitarbeiter im Rettungsdienst sehen sich gelegentlich mit Patienten konfrontiert, die ein Port-System besitzen. Solche Systeme werden immer dann implantiert, wenn abzusehen ist, dass ein Patient aufgrund seiner Erkrankung häufiger einen venösen Zugang benötigen wird. Werden ein paar Besonderheiten berücksichtigt, kann auch der Rettungsdienst das Port-System in einer Notfallsituation nutzen.

Die Verweildauer eines peripher-venösen Zugangs, wie er im Rettungsdienst Standard ist, beträgt maximal 72 Stunden. Wird der Zugang länger benötigt, bietet sich ein venöses, subkutan implantiertes Port-System an. Es dient als zuverlässiger und dauerhafter Zugang zum zentralvenösen Gefäßsystem. Das Portsystem besteht aus einem Port-Körper mit einer oder zwei voneinander unabhängigen Kammern. Jede Portkammer verfügt über einen röntgendichten Katheter und ein selbstverschließendes Septum. Über das Portsystem können unter anderem Medikamente in die Venen verabreicht und Blut entnommen werden.

Port-Katheter: 10 Tipps für den Rettungsdienst

Soll der Port im Rahmen der rettungsdienstlichen Versorgung eingesetzt werden, sind folgende Details zu beachten:

  • Für eine Port-Punktion dürfen nur Spezialnadeln mit „Löffelschliff“ verwendet werden. Alle anderen Nadeln würden die Silikon-Membran beschädigen.
  • Portnadeln gibt es in verschiedenen Stärken und Längen. Der Rettungsdienst hat sie in der Regel nicht an Bord. Oftmals besitzen jedoch die Patienten einen kleinen Vorrat an derartigen Nadeln.
  • Vor der Punktion muss die Punktionsstelle desinfiziert und der Katheterverlauf inspiziert werden. Scheint das System undicht zu sein oder gibt es Hinweise auf eine Entzündung an der Punktionsstelle, darf nicht punktiert werden.
  • Der Patient sollte für die Punktion eine bequeme Position einnehmen. Der Oberkörper ist möglichst flach zu lagern.
  • Auf aseptische Bedingungen achten. Das heißt zum Beispiel, die Punktionsstelle vor dem Eingriff desinfizieren und sterile Handschuhe tragen.
  • Um die Punktion durchzuführen, das Portgehäuse zwischen Daumen und Zeigefinger fixieren. Es bildet sich eine Wölbung, in deren Zentrum die zu punktierende Membran liegt. Der Patient sollte tief einatmen und die Luft anhalten. Dadurch wird der Brustkorb stabilisiert.
  • Portnadel mit 0,9% NaCl-Lösung entlüften, rechtwinklig zur Membran einführen und langsam vorschieben. Auf Widerstand achten! Bei zu starkem Druck kann die Spitze der Portnadel verbiegen und die Membran beschädigt werden.
  • NaCl und Heparin in der Kammer sowie im Schlauch müssen mit einer 10-ml-Spritze (nicht kleiner, sonst wird der Druck zu groß!) abgesogen werden. Andernfalls gelingt mögliches Heparin in den Körperkreislauf.
  • Nach der Punktion die Nadel bis zur Klinikübergabe im Port belassen. Wird sie gezogen, muss das System mit NaCl gespült werden.
  • Auf mögliche Komplikationen bei der Behandlung achten. Druckstellen, lokale Infektionen, Paravasate oder eine Okklusion sind denkbar. Entsprechende Beobachtungen bei der Klinikübergabe dem Arzt mitteilen.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Leitender Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 17.02.2017)


15 Praxistipps zur Kommunikation mit Hörbehinderten

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Lauf (rd_de) – In Deutschland leben rund 14 Millionen hörbehinderte Menschen. Wenn sie Unterstützung durch den Rettungsdienst brauchen, kommt es häufig zu Problemen: Die Retter sind in der Regel nicht auf die Behinderung vorbereitet – und die Hilfesuchenden werden nervös, wenn sie sich nicht verständlich machen können.

Als bundesweit eine der wenigen Einrichtungen ihrer Art bieten die ASB-Schulen Bayern gGmbH in Lauf an der Pegnitz (Mittelfranken) entsprechende Lehrgänge an. Hier haben Notärzte, Rettungsassistenten und -sanitäter die Möglichkeit, die Kommunikation mit hörbehinderten und gehörlosen Patienten zu erlernen.

In den Kursen erhalten die Schüler zunächst einmal Basisinformationen zum Thema Hörbehinderung. Dabei wird erklärt, welche Arten von Hörbehinderung es gibt. Was und wie können Schwerhörige, Gehörlose und CI-Träger (Cochlea Implantat) hören? Im Unterricht werden Hörhilfsmittel vorgeführt, die die Schüler selbst in die Hand nehmen und ausprobieren können. Sie erfahren, wie die Hilfsmittel zum Beispiel bei einer Kopfverletzung entfernt werden können. Zudem geht es darum, ob bei CI-Trägern Röntgenaufnahme oder MRT möglich sind – und wenn ja, unter welchen Bedingungen?

Kommunikation mit Hörbehinderten ohne Gebärdensprache

•    Nehmen Sie Blickkontakt zum Patienten auf.
•    Schreien bringt nichts und verzerrt nur Ihr Mundbild.
•    Erklären Sie vor der Untersuchung dem Patienten langsam und deutlich, was Sie machen werden.
•    Formulieren Sie einfache und kurze Sätze, vermeiden Sie Fremdwörter.
•    Sprechen Sie Hochdeutsch, Dialekt kann man schlecht ablesen.
•    Halten Sie Blickkontakt zum Patienten, während Sie reden.
•    Benutzen Sie eine deutliche Mimik und Gestik sowie eine natürliche Körpersprache.
•    Verwenden Sie möglichst keinen Mundschutz, denn dann ist die Kommunikation unterbrochen.
•    Statt lange zu reden, konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche.
•    Achten Sie auf die Lichtverhältnisse – hat Ihr Mundbild genügend Licht?
•    Stellen Sie sich nicht vor die Lichtquelle/Sonne. Es blendet den Patienten, und er kann nicht ablesen.
•    Ein Kaugummi oder ein Bonbon im Mund erschweren das Ablesen.
•    Stehen Sie hinter dem Patienten, ist keine Kommunikation möglich (auf die Schulter tippen, zum Beispiel bei Atembefehlen).
•    Erklären Sie dem Patienten das Ergebnis der Untersuchung; komplexe Begriffe sollten aufgeschrieben werden.
•    Wenn Sie bemerken, dass der Patient Sie nicht verstanden hat, wiederholen Sie Ihren Satz. Bei der Wiederholung ist wichtig, dass der Satz unverändert wiederholt wird. Da der Patient vermutlich schon einen Teil ablesen konnte, müsste er wieder von vorne beginnen, wenn der Satz verändert wird.

(Text: Moritz Wohlrab, ASB-LV Bayern; Foto: Matthias Grübel/ASB; zuletzt aktualisiert am 20.02.2017)

Sauerstofftherapie: Nebenwirkungen beachten!

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Bremen (rd_de) – Wann und wie viel Sauerstoff benötigt ein Notfallpatient? War längere Zeit generell die hoch dosierte Sauerstoffgabe das Maß aller Dinge, hat mittlerweile ein Umdenken eingesetzt. Es wird ein differenzierteres Vorgehen empfohlen. Das Motto scheint zu lauten: Sauerstofftherapie? Nebenwirkungen beachten!

So scheint die hoch dosierte Sauerstoffgabe bei Patienten mit einem unkomplizierten Myokardinfarkt für den Patienten schädlich zu sein. Die Datenlage hierzu ist allerdings beschränkt. Dennoch empfiehlt das ERC bei Patienten mit unkompliziertem Myokardinfarkt eine Sauerstoffsättigung von 94 bis 98 Prozent oder 88 bis 92 Prozent Sauerstoffsättigung bei Patienten, bei denen das Risiko einer Atemdepression aufgrund eines zu hohen Kohlendioxidpartialdruckes (Hyperkapnie) besteht.

Sauerstofftherapie: Nebenwirkungen beachten!

Das bedeutet, dass nicht mehr umgehend bei jedem Patienten mit einem unkomplizierten Myokardinfarkt Sauerstoff appliziert werden sollte. Vielmehr ist zunächst die Sauerstoffsättigung zu messen und nur einem solchen Patienten ist dann Sauerstoff anzubieten, wenn seine Sättigung unter 94 Prozent liegt.

Im Rahmen der kardiopulmonalen Reanimation empfiehlt das ERC weiterhin die Beatmung mit hoch dosiertem Sauerstoff bei Erwachsenen. Sobald der Patient allerdings wieder einen Spontankreislauf erlangt, soll auch hier eine Überversorgung mit Sauerstoff vermieden werden.

Im Gegensatz dazu wird bei der Reanimation von Neugeborenen die Verwendung von Raumluft empfohlen. Erst wenn trotz optimaler Ventilation und Oxygenierung keine akzeptablen Werte erreicht werden, wird zur Verwendung von hoch dosiertem Sauerstoff geraten.

Die American Heart Association (AHA) empfiehlt zur Therapie des akuten Schlaganfalls die Sauerstoffgabe nur bei hypoxischen Patienten (Sauerstoffsättigung < 94 Prozent) oder wenn die Sauerstoffsättigung unbekannt und nicht zu ermitteln ist.

Und auf noch etwas sei hingewiesen: Der Rat, Patienten mit einer akuten Verschlechterung einer COPD oder einem Asthmaanfall nur wenig Sauerstoff zu verabreichen, da ansonsten die Gefahr eines Atemstillstandes droht, ist schon lange als Ammenmärchen entlarvt worden. Dennoch wird der Hinweis weiterhin in einigen Lehrbüchern aufgeführt.

(Text: Thomas Semmel, Dozent im Rettungsdienst, ERC ALS-Instruktor, PHTLS-Instruktor; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 22.02.2017)

Naloxon: Wirkung in Sekundenschnelle

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Naloxon-Ampulle_580Bremen (rd_de) – Die Ursachen einer Opiat-Intoxikation sind vielfältig. Vor allem in Großstädten wird der Rettungsdienst häufig mit Drogenintoxikationen konfrontiert. Wird eine vigilanzgeminderte Person (GCS < 12) aufgefunden, bei der zusätzlich Miosis, Bradypnoe oder Hinweise auf einen Drogenkonsum vorliegen, kann die Diagnose „Opiat-Intoxikation“ mit relativ hoher Sensitivität gestellt werden.

In der Regel wird dann Naloxon als kompetitiver Opiat-Antagonist appliziert. Das heißt, er besetzt und blockiert Opiat-Rezeptoren, an die dann keine Opiate mehr binden und einen Effekt auslösen können. Naloxon hebt damit zentralnervöse Dämpfungszustände vollständig oder teilweise auf, die durch natürliche und synthetische Opiate verursacht wurden.

Naloxon: Indikationen für den Rettungsdienst

So ergeben sich für den Rettungsdienst folgende Indikationen zum Einsatz von Naloxon:

•    Therapie einer Opiat-Überdosierung, zum Beispiel bei Patienten, die erstmals Fentanyl-Pflaster (Schmerzpflaster) verordnet bekommen haben,
•    Therapie einer Atemdepression im Rahmen von Opiat-Drogenintoxikationen,
•    Diagnosefindung bei Verdacht auf Opiat-Überdosierung oder -intoxikation und
•    Therapie der Atemdepression und anderer zentralnervöser Dämpfungszustände beim Neugeborenen, wenn die Mutter Opiate erhalten hat.

Naloxon: Wirkung innerhalb von 60 Sekunden

Die Wirkung von Naloxon tritt innerhalb von 60 Sekunden ein. Daher sollte vorsichtig titriert werden. Die Halbwertszeit ist im Vergleich zu denen der Opiate mit 60 bis 90 Minuten relativ kurz. Es muss also mit einem Rebound-Phänomen der Intoxikationssymptomatik nach Abklingen der Naloxon-Wirkung gerechnet werden. Da Naloxon mancherorts als Drogennotfallprophylaxe Ersthelfern in die Hand gegeben wird, führen Kritiker dieser Projekte unter anderem diesen Aspekt als Gegenargument ins Feld.

Naloxon wird klassischerweise intravenös verabreicht, kann aber auch intramuskulär oder subkutan appliziert werden. Mit entsprechendem Applikator ist auch eine nasale Gabe möglich. Dies bietet sich vor allem bei Drogenabhängigen an, weil hier meist ein desolater Venenstatus vorliegt. Außerdem muss dann nicht mit Nadeln hantiert werden, was die potentielle Infektionsgefahr durch Nadelstichverletzungen minimiert.

Drogenintoxikation und Sucht_100Alles, was Sie über Drogennotfälle wissen müssen, finden Sie in unserem eDossier „Drogenintoxikation und Sucht“

Häufige Nebenwirkungen einer Naloxon-Gabe sind Übelkeit und Erbrechen sowie Blutdruckanstieg. Bei Patienten mit bekanntem Bluthochdruck muss dieser daher engmaschig kontrolliert werden. Ein großes Problem ist die nahezu schlagartige Aufhebung des „Kicks“ bei Heroinabhängigen. Das führt meist zu einem Erwachen des Patienten. Dieser ist aber erfahrungsgemäß meist höchst unkooperativ.

Auch ein akutes Entzugssyndrom kann mit Naloxon sowohl bei Abhängigen wie auch bei therapeutisch auf Opiate eingestellten Schmerzpatienten ausgelöst werden. Letztere entwickeln unter Naloxon dann auch akute und starke Schmerzen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern, allergische Reaktionen, Entwicklung eines Tremors und epileptische Anfälle.

Naloxon: Lungenödem als Nebenwirkung

Selten, aber gefürchtet ist die Ausbildung eines naloxoninduzierten Lungenödems (NLÖ). Dabei kommt es zu einer fulminanten Verschlechterung des alveolären Gasaustauschs. In den meisten Fällen kann das Lungenödem zwar erfolgreich intensivmedizinisch behandelt werden. Es sind jedoch auch letal verlaufende Fälle bekannt.

Die Ausbildung eines NLÖ scheint dosisunabhängig zu sein. Es existieren keine Daten zu einer „sicheren“ Naloxon-Dosis. Es sollte jedoch fraktioniert (0,1 bis 0,2 mg) verabreicht werden. Bei den in der Literatur beschriebenen Fälle eines NLÖ wurden Dosen zwischen 0,04 und 0,4 mg verabreicht. Die genaue Pathogenese des NLÖ ist unklar.

(Text: Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 22.02.2017)

Schmerzpflaster: Risiko einer Intoxikation

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ABDA-Arzneimittelpflaster_500Bremen (rd_de) – Schmerzpflaster können Wirkstoffe wie Fentanyl beinhalten. Werden sie unsachgemäß angewandt, besteht die Gefahr einer Opiat-Intoxikation. Der Rettungsdienst erfährt von dem Pflaster zum Teil erst im Rahmen der Untersuchung des Patienten.

Schmerzpflaster: Risiko einer Intoxikation

Neben oraler, subkutaner, intramuskulärer und intravenöser Opiat-Applikation findet die transdermale Anwendung als Schmerzpflaster immer häufiger Anwendung. Transdermales Fentanyl (Durogesic) ist seit 1995, Buprenorphin (Temgesic, Transtec) seit 2001 in Deutschland zugelassen. Die Pflaster enthalten eine große Menge an Substanz, die bei korrekter Anwendung über mehrere Tage abgegeben wird.

Bei Schmerzpflastern ist es wichtig, den Patienten vorab genau über die Handhabung aufzuklären: In der Literatur ist ein Fall beschrieben, bei dem sich ein Patient insgesamt fünf (!) Fentanyl-Pflaster auf die jeweils schmerzenden Körperregionen geklebt hatte.

Was einige Patienten nicht bedenken: Durch Zerschneiden derartiger Pflaster (Anpassung der Dosis) wird die Diffusionsmembran der Pflaster zerstört. Die Folge ist eine unkontrollierte Resorption mit entsprechender Intoxikationsgefahr.

Auch ein spontaner Gebrauch dieser Pflaster durch Partner des Patienten – Motto: „Mir hilft es auch…“ – führte in der Vergangenheit schon zu Intoxikationen. Ein weiterer Fallbericht beschreibt die nächtliche Translokation eines Opiatpflasters vom Patienten auf den im selben Bett liegenden Partner.

Opiat-Intoxikation: Zeichen erkennen

Eine Opiat-Intoxikation führt letztlich zu einer vitalen Gefährdung durch…

•    …Atemdepression bis zum Atemstillstand,
•    …Aspiration und
•    …Hypothermie.

Die Therapie im Rettungsdienst besteht folglich aus:

•    Sicherung der Oxygenierung (Maskenbeatmung),
•    Sicherung der Atemwege (Intubation) und
•    Antagonisierung der Opiat-Wirkung mit Naloxon.

Opiate: Was ist das?

Opiate sind natürliche und synthetisch hergestellte Substanzen, die vor allem eine starke Analgesie bewirken. Deshalb werden sie nicht zuletzt im Rettungsdienst bzw. in der Notfallmedizin eingesetzt.

Opiate haben aber auch einen sedierenden, angstlösenden, euphorisierenden und hustenstillenden Effekt. Ferner bewirken sie Miosis, Obstipation, Erbrechen, Bradykardie und Atemdepression. Je nach Dosis liegt mitunter eine so genannte Kommandoatmung vor.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommen Opiate unterschiedlicher Potenz bei Schmerzen, die mit nichtsteroidalen Medikamenten nicht mehr beherrschbar sind, zum Einsatz.

(Text: Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt; Symbolfoto: ABDA 2014; 28.02.2017)

Mehr zum Thema Schmerzpflaster:

eCall-Notrufsystem: Erfahrungen der Leitstellen

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ecall_notrufknopf_adacBremen (rd_de) – Das Notrufsystem eCall wird ab April 2018 für alle neuen Fahrzeugmodelle in der EU Pflicht. Das eCall-Notrufsystem informiert bei einem Unfall automatisch die nächstgelegene Rettungsleitstelle und übermittelt den Unfallort per GPS. Damit sollen jährlich bis zu 2.500 Menschen gerettet und die Zahl der Verletzten im Straßenverkehr reduziert werden. Welche Erfahrungen haben die Leitstellen bisher mit eCall gemacht? Wir haben uns umgehört.

eCall: Wie funktioniert es?

eCall („emergency call“) steht für ein satellitengestütztes, automatisches Notfallsystem für Kraftfahrzeuge. Es verständigt bei einem Verkehrsunfall die Rettungsleitstelle. Die automatische Alarmierung erfolgt über eingebaute Crash-Sensoren via GSM-Antenne. Nachdem die Crash-Sensoren den Aufprall des Fahrzeugs registriert haben, wird der automatische Notruf ausgelöst.
grafik ecall

So funktioniert das eCall-Notrufsystem. Bild: obs/ADAC

Gleichzeitig stellt ein integrierter GPS-Empfänger die Fahrzeugposition zum Zeitpunkt des Unfalls fest. Die GPS-Position ist Teil des Minimal-Datensatzes (MDS), der an die Rettungsleitstelle übermittelt wird. Konkret besteht der MDS aus:
  • Fahrzeug-Identifikationsnummer,
  • Uhrzeit,
  • GPS-Position,
  • Fahrtrichtung,
  • eCall-Status,
  • Antriebsart,
  • Anzahl der angelegten Sicherheitsgurte.
Außerdem verfügt das eCall-Notrufsystem über Mikrofon und Lautsprecher. So kann der Leitstellen-Disponent ggf. mit der verunfallten Person sprechen. Der Disponent erkundigt sich zum Beispiel über die Anzahl der Verletzten. Mittels eines eingebauten Notfallknopfs kann der Fahrer auch manuell einen eCall auslösen – etwa beim Auftreten einer plötzlichen Krankheit.

eCall: Stand der Dinge

Ab April 2018 müssen sämtliche Neufahrzeuge in der Europäischen Union mit dem Notrufsystem eCall ausgestattet sein. Das haben die EU-Gremien im Dezember 2014 beschlossen. Schon jetzt gibt es einige Fahrzeuge, die mit eCall ausgerüstet sind. Allerdings meldet das bisherige eCall-Notrufsystem den Notruf nur an die Zentrale des jeweiligen Automobilherstellers. Das heißt: eCall tritt noch nicht direkt mit der jeweiligen Rettungsleitstelle in Kontakt, sondern über den Umweg des Fahrzeugherstellers.

Integrierte Leitstelle Stuttgart: eCall-Erfahrungen

Die Integrierte Leitstelle Stuttgart hat bislang (Stand: Februar 2017) wenig Erfahrungen mit dem jetzigen Notrufsystem eCall gemacht. „Wir hatten bisher nur zwei Einsätze, die über eCall ausgelöst wurden“, erläuterte Fabian Müller, Leiter der ILS Stuttgart, gegenüber rettungsdienst.de. „Einer davon war ein Fehlalarm.“ Der zweite eCall-Einsatz ereignete sich am 28.12.2016: Die Sicherheitszentrale eines Automobilherstellers meldete über den Notruf einen Verkehrsunfall. Aufgrund der eCall-Meldung und der für diesen Fall in Stuttgart festgelegten Alarm- und Ausrückeordnung alarmierte die Leitstelle Kräfte der Berufsfeuerwehr und des Rettungsdienstes. Mit der eCall-Pflicht für Neuwagen im kommenden Jahr erwartet Müller mehr „reale“ Einsätze über das Notrufsystem, aber auch mehr Fehlalarme. „Schließlich läuft der Notruf dann direkt über eCall bei uns.“ Die Mitarbeiter des Automobilherstellers fallen somit als vermittelnde Instanz weg. Die ILS Stuttgart wird gemeinsam vom DRK-Kreisverband Stuttgart und der Berufsfeuerwehr betrieben. Sie ist Teil der „Leitstelle für Sicherheit und Mobilität Stuttgart“ (SIMOS). Zu SIMOS gehören drei weitere Leitstellen.

Integrierte Leitstelle Düsseldorf: eCall-Erfahrungen

Die Disponenten der ILS Düsseldorf haben bislang ausschließlich positive Erfahrungen mit dem Notrufsystem gemacht. „Einzelne Meldungen, die uns über eCall in der Vergangenheit erreichten, konnten ohne Probleme disponiert werden“, berichtet Christopher Schuster, Pressesprecher der Feuerwehr Düsseldorf. Die Fehlalarm-Quote über eCall sei in Düsseldorf nicht höher als die gängiger Notrufmeldungen über 112. Die ILS Düsseldorf plant aktuell die Beschaffung eines neuen Einsatzleitsystems. „Dieses System soll hinsichtlich der eCall-Pflicht für Neufahrzeuge ab April 2018 natürlich auch das automatische Notrufsystem integriert haben“, erläuterte Schuster.

Integrierte Leitstelle Hamburg: eCall-Erfahrungen

Auch in Hamburg will die ILS ihr Einsatzleitsystem bis zum Frühjahr 2018 technisch anpassen. Damit soll die Entgegennahme und Weiterverarbeitung von Daten aus eCall ermöglicht werden. „Wir freuen uns auf die Einführung dieser technischen Entwicklung, da wir durch die Daten eine eindeutige Einsatzortidentifizierung bekommen werden. Inwieweit die Daten ausreichend für eine qualifizierte Disposition der notwendigen Rettungsmittel sein werden, bleibt abzuwarten“, zeigte sich Jan Ole Unger, Pressesprecher der Feuerwehr Hamburg, gespannt. (Text: Ann-Christin Westphal; Symbolfotos: ADAC und M. Brändli; 02.03.2017)

Rettungswagen: Ohne Gurtsicherung droht Strafe!

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Gurtsicherung_580Bremen (rd_de) – Die Straßenverkehrsordnung besagt in Paragraph 21a, dass die vorgeschriebenen Sicherheitsgurte während der Fahrt angelegt sein müssen. Das gilt auch für den Rettungsdienst. Dabei ist beim Anschnallen des Patienten höchste Sorgfalt geboten. Neben den Fuß-, Becken- und Brustgurten sind die oft vernachlässigten Schultergurte gerade auch vorgeschriebene Sicherheitsgurte, die angelegt werden müssen. Die Patientensicherung spielt im Rettungsdienst aber nicht nur im Rettungswagen eine entscheidende Rolle. Bereits beim Transport des Patienten aus der Wohnung mittels Tragestuhl oder Schaufeltrage beginnt die Pflicht, Patienten mit entsprechenden Gurten zu sichern.
Blaulicht und Martinshorn im Strafrecht - bearbeitetLesen Sie zu diesem Thema auch "Blaulicht und Martinshorn im Strafrecht".
    Jeder Mitarbeiter im Rettungsdienst ist angehalten, die Herstellervorgaben für die eingesetzten Medizinprodukte zu kennen und einzuhalten. Hierzu gehören auch Patiententrage und -tragestuhl. Wird bei der Sicherung der Patienten von den Herstellervorgaben abgewichen, kann dies schon als grob fahrlässig gewertet werden. Zwar sind Rettungsdienst-Mitarbeiter normalerweise nach den Grundsätzen der Amtshaftung von Schadensersatzansprüchen befreit. Dies gilt aber nicht, wenn sie grob fahrlässig handeln. Dieser Umstand gilt umso mehr beim Transport von Kindern. Es empfiehlt sich deshalb immer, junge Patienten mit speziellen Kinderrückhaltesystemen zu sichern. Anders als bei erwachsenen Beifahrern ist der Fahrzeugführer dafür verantwortlich, dass der Patient bei Fahrtbeginn ordnungsgemäß gesichert wird. Hier hat der Rettungsdienst-Mitarbeiter schon aus seinem Obhutsverhältnis heraus eine Garantenpflicht. Darüber zu wachen, dass der Patient auch während des Transports weiterhin angeschnallt bleibt, ist im Patientenraum die Aufgabe des betreuenden Rettungsassistenten bzw. Notfallsanitäters. Und wie steht es mit einer Anschnallpflicht für das Rettungsfachpersonal? Für den Fahrer von Krankenkraftwagen besteht jederzeit die Pflicht, die Sicherheitsgurte anzulegen, auch bei Inanspruchnahme von Sonderrechten (Paragraph 35 Straßenverkehrsordnung). Dasselbe gilt grundsätzlich auch für alle Personen im Patientenraum, also Rettungsassistent bzw. Notfallsanitäter, Notarzt und Praktikant. Lediglich für erforderliche Behandlungen des Patienten während der Fahrt sieht die Straßenverkehrsordnung eine Ausnahme vor (Paragraph 21a Abs.1 Nr. 5). Darüber hinaus hat der Fahrer auch über die Zahl von Mitfahrern zu wachen. Die Mitfahrt ist nur so vielen Personen zu gestatten, wie im Krankenkraftwagen zugelassene Sitzplätze vorhanden sind. Stehen also nur drei, mit Sicherheitsgurten versehene Patientenbegleitsitze zur Verfügung, dürfen auch nur drei betreuende Personen im Patientenraum mitfahren. Stehplätze sind im Rettungs- und Krankenwagen nicht vorgesehen. Insofern liegt die korrekte Transportsicherung der Patienten im eigenen Interesse (nicht nur) des Fahrers. Insofern ist klar zu empfehlen: Nicht nur bei widrigen Wetterlagen oder längeren Fahrten, sondern auch auf Kurzstrecken müssen alle vorhandenen Gurte und Rückhaltesysteme benutzt werden – sowohl für den Patienten, als auch vom Rettungsfachpersonal. (Text: Bernd Spengler, Rettungssanitäter, Fachanwalt für Arbeitsrecht; Johannes Treutlein, Rettungssanitäter und Rechtsanwalt; Symbolfoto: Markus Brändli; 09.03.2017)

Anamnese: Englisch-Basics für Retter

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Bremen (rd.de) – Unversehens gerät das Rettungsteam an einen Patienten, der kein Deutsch spricht. Wie erhebt man jetzt zum Beispiel die Anamnese? Englisch-Basics können einem in dieser Situation weiterhelfen. Hier unsere kleine Übersetzungshilfe für Rettungsfachkräfte. Ob in einem Hotel, im Bahnhof oder auf dem Flughafen – überall ist es möglich, auf Patienten zu treffen, die kein Deutsch sprechen bzw. verstehen. In solchen Situationen können Grundkenntnisse der englischen Sprache von großem Vorteil sein.

Anamnese: Englisch hilft bei Sprachproblemen

Begrüßung/Vorstellung des Rettungsteams

  • Hallo, mein Name ist … Hello, my name is …
  • Ich bin Rettungsassistent, und das ist mein Kollege… I am a paramedic and this is my colleague…
  • Wir sind hier, um Ihnen zu helfen. We are here to help you.
  • Wie ist Ihr Name? What is your name?
  • Können Sie uns sagen, was passiert ist? Can you tell us what happend?
  • Warum haben Sie uns gerufen? Why did you call us?
  • Welches Problem ließ Sie heute einen Rettungswagen rufen? What problem made you call for an ambulance today?
  • Warum haben Sie den Rettungsdienst gerufen? Why did you call EMS?

SAMPLER-Anamnese (Englisch)

  • Zeichen und Symptome Signs and symptoms
  • Atemnot shortness of breath [oder] difficulty of breathing [oder] breathlessness
  • Brustschmerz chest pain
  • Kopfschmerz headache
  • Fieber fever
  • Schwindel dizzyness
  • Übelkeit nausea [oder] sickness
  • Erbrechen vomiting
  • Durchfall diarrhoea
  • Allergien Allergies
  • Haben Sie irgendwelche bekannten Allergien? Do you have any known allergies?
  • Sind Sie von einem Insekt gestochen worden? Have you been stung by an insect?
  • Haben Sie irgendwelche Allergien gegen Medikamente? Do you have any allergies to medication?
  • Medikamente Medications
  • Welche Medikamente nehmen Sie? What medications are you taking?
  • Persönliche Krankengeschichte Pertinent past medical history
  • Haben Sie bekannte Erkrankungen? Do you have known diseases?
  • Hatten Sie schon einmal eine schwere Erkrankung? Have you ever had a serious illness?
  • Haben Sie einmal eine schwere Verletzung erlitten? Have you ever suffered a serious injury?
  • Hatten Sie größere Operationen in der Vergangenheit? Have you had major surgery in the past?
  • Besteht die Möglichkeit einer Schwangerschaft? Is there the possibility of a pregnancy?
  • Haben Sie Menstruationsbeschwerden? Do you have menstrual problems?
  • Letzte Nahrungsaufnahme Last oral intake
  • Wann haben Sie zuletzt etwas gegessen oder getrunken? When did you last eat or drink something?
  • Was haben Sie zuletzt gegessen oder getrunken? What did you last eat or drink?
  • Wie viel haben Sie zuletzt gegessen oder getrunken? How much did you last eat or drink?
  • Ereignisse Events
  • Was haben Sie gemacht, als die Beschwerden begannen? What were you doing when the symptoms started?
  • Risikofaktoren Risk factors
  • Hat jemand aus Ihrer Familie eine schwere Erkrankung wie beispielsweise Diabetes? Has anyone in your family a serious illness such as diabetes?
  • Rauchen Sie? Do you smoke?

Vitalzeichenkontrolle

  • Puls pulse
  • Lassen Sie mich bitte Ihren Puls messen. Let me take your pulse.
  • Blutdruck blood pressure
  • Lassen Sie mich bitte Ihren Blutdruck messen. Let me take your blood pressure.
  • Blutzucker blood sugar
  • Ich werde jetzt Ihren Blutzucker messen. I am going to measure your blood sugar.
  • Atemfrequenz respiratory rate
  • Haut skin
  • Haut ist... skin is...
  • …blass …pale
  • …zyanotisch …cyanotic
  • Die Haut ist feucht. The skin is clammy.
  • Die Haut ist kühl. The skin is cool.
(Text: Thomas Semmel, Dozent im Rettungsdienst, ERC ALS-Instruktor, PHTLS-Instruktor; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 08.03.2016)

NEF-Dienst: Diese Punkte sollten Sie beherrschen

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NEF Kirchheim Vito Allrad 5/82-1 mit Karsten Wallawitz und Georg Stein Bremen (rd.de) – Die Fahrer von Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) spielen in der Wahrnehmung vielfach eine untergeordnete Rolle. Sie chauffieren den Arzt zum Patienten, nehmen dessen Daten auf und kümmern sich um die Voranmeldung. Ist das alles? Nein! Welche Kompetenzen eine Rettungsfachkraft für den NEF-Dienst besitzen sollte.
  1. Fahrerisches Können: jährliche Einweisung für das Fahren mit Sonder- und Wegerechten. Wünschenswert ist auch ein regelmäßiges Fahrsicherheitstraining.
  2. Ortskenntnis: neben den offiziellen Straßenbezeichnungen müssen auch Abkürzungen, Feldwege, markante Gebäude und Firmen sowie inoffizielle, in der Bevölkerung aber gebräuchliche Ortsbezeichnungen bekannt sein.
  3. Umgang mit Medizinprodukten: Neben den klassischen Geräten wie Defibrillator/EKG und Beatmungsgerät hat ein Notarzteinsatzfahrzeug oft auch spezielle Ausrüstung an Bord, zum Beispiel Reanimationshilfe oder Hilfsmittel für die i.o. Punktion. Alle diese Geräte muss eine Rettungsfachkraft, die auf dem NEF eingesetzt wird, beherrschen.
  4. Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten: für diese Fälle ist eine Führungsgrundausbildung sinnvoll. So kann die Zeit bis zum Eintreffen des Einsatzführungsdienstes überbrückt werden. Anschließend bietet sich der "NEF-Fahrer" für die Führungsunterstützung an.
  5. Klinikstruktur: die nächstgelegenen Stroke- und Chest Pain Units, Kinderkliniken, Schockräume und Kliniken der Maximalversorgung müssen bekannt sein.
  6. Kommunikation: Rücksprache mit der Leitstelle („Erste Meldung“), Nachforderung weiterer Kräfte bzw. Rettungsmittel, zum Beispiel Hubschrauber, Abklärung des Transportziels und Voranmeldung in der Klinik.
  7. Dokumentation: Ausfüllen von Transportscheinen und Notarztprotokollen, aber auch im Rahmen eines MANV-Einsatzes (Stichwort „Übersichtsliste“).
  8. Sozialkompetenz: Als erster Ansprechpartner für den Notarzt und direkter Kollege des RTW-Teams kann er zwischen den beiden Gruppen vermitteln. Dafür sind Menschenkenntnis, Einsatzerfahrung und Fingerspitzengefühl erforderlich.
Merke: Jeder gute Notarzt hat einen guten NEF-Fahrer verdient, jeder schlechte Notarzt hat ihn dringend nötig.
(Text: Dr. Maximilian Kippnich, Bereitschaftsarzt und Zugführer im Bayerischen Roten Kreuz, Würzburg Stadt; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 13.03.2017)

Reizgas: Zahl der Rettungseinsätze scheint zuzunehmen

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Reizgas, CS-Gas, PfeffersprayZirndorf/Bremen (rd_de) – Reizgas (Pfefferspray, CS-Gas) scheint immer häufiger im Spiel zu sein, wenn Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst wegen undefinierbaren Gasgeruchs in öffentliche Gebäude gerufen werden. Offizielle Statistiken, wie viele Sprays mit Reizgas im Umlauf sind, gibt es nicht. Medienberichte vermitteln allerdings den Eindruck, dass der Absatz der problemlos im Internet zu beziehenden Aerosole im Laufe des letzten Jahres rapide zugenommen hat. Zuletzt sorgte ein Einsatz am Montag (13.03.2017) in Zirndorf bei Fürth bundesweit für Schlagzeilen. Vermeintlicher Gasgeruch hatte an einer Realschule für einen umfangreichen Einsatz von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei gesorgt. Gegen 09:00 Uhr verständigte der Schulleiter die Feuerwehr. Gemeldet wurde laut Polizei ein nicht näher zu definierender Geruch, der in zwei Treppenhäusern der Schule festgestellt worden war. Nachdem mehrere Schüler über Atemwegsreizungen klagten, wurde der Schulbetrieb vorübergehend eingestellt und das Schulgebäude geräumt. Bezüglich eines zunächst angenommenen Gasalarms konnte schnell Entwarnung gegeben werden, teilte die Polizei mit. Die Schule ist nicht an das Gasnetz angeschlossen. Einsatzkräfte der Feuerwehr überprüften auch die übrigen Räumlichkeiten der Schule. Hierbei konnten keine weiteren Atemluftverunreinigungen festgestellt werden. Die beiden betroffenen Treppenhäuser wurden von der Feuerwehr gelüftet. Der Schulbetrieb konnte schließlich gegen 10:00 Uhr wieder fortgesetzt werden. Etwa 80 Schüler, die über Atemwegsbeschwerden klagten, wurden vom Rettungsdienst vor Ort betreut. 20 Schüler mussten im Anschluss zur weiteren medizinischen Überprüfung in ein Krankenhaus gebracht werden. Die Polizei geht davon aus, dass eine unbekannte Person in den beiden Treppenhäusern ein derzeit nicht näher bestimmbares Reizgas freisetzte. Die Polizeiinspektion Zirndorf nahm Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung auf.

Großeinsätze aufgrund von Reizgas

Pfefferspray: Wirkung und Gefahren

In den unscheinbaren Spraydosen mit Pfefferspray befindet sich Oleoresin Capiscum, einer Mixtur aus Paprika, Chili und Cayenne-Pfeffer. Wird ein Mensch von einem solchen Sprühstrahl getroffen, erleidet er eine Reizung der Schleimhäute und Atemwege. Weitere Begleiterscheinungen können Orientierungslosigkeit, Panik und Schock sein. Gelangt Oleoresin Capiscum beispielsweise in die Augen, verspürt der Betroffene einen stechenden Schmerz. Die Bindehäute röten sich, und die umliegende Haut schwillt an. Schlagartig setzt massiver Tränenfluss ein. Die Tageszeitung „Welt“ hatte 2016 in einem Beitrag erläutert, wie scharf Pfefferspray ist. Gemessen wird Schärfe demnach in Scoville-Einheiten. Der Schärfegrad von Tabasco-Sauce beträgt demnach 1.500 Einheiten. Pfefferspray, wie er für jedermann im (Online-)Handel erhältlich ist, weist im Gegensatz dazu 2,5 Millionen Scoville auf und wird als Sprühstrahl in deutlich größerer Menge von einer Person aufgenommen als wenige Tropfen Tabasco-Sauce.

CS-Gas: Die Substanz im Tränengas

Ein weiteres Reizgas, das juristisch gesehen – genau wie Pfefferspray – nur in einer tatsächlichen Notwehr-Situation eingesetzt werden darf, ist CS-Gas. CS steht für 2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril und kommt hauptsächlich als Tränengas zum Einsatz. Auch hier ist eine klassische Wirkung die Reizung der Schleimhäute und Atemwege. Die Folgen eines Reizgas-Angriffs sind für Patienten sehr unangenehm. In der Regel müssen die Betroffenen zumindest vor Ort vom Rettungsdienst, zum Teil aber auch kurzfristig in einer Klinik versorgt werden. Die Wirkung des Stoffs kann bis zu einer Stunde anhalten. Meist wird versucht, die Augen mit Wasser auszuspülen, um dem Patienten so etwas Linderung zu verschaffen. Schwerwiegende gesundheitliche Schäden sind gleichwohl nicht auszuschließen. Denkbar sind Hornhautschädigungen am Auge, langwierige Entzündungen und vorübergehende Erblindung. Asthmatikern drohen massive Atemprobleme bis hin zum Atemstillstand. (Text: Lars Schmitz-Eggen; Symbolfoto: Dan Race/fotolia.com; 14.03.2017)

10 Tipps: Kommunikation mit Patienten

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Übung Weilheim bei Fa. Fischer, angenommene Lage: Massenkarambolage auf A8Bremen (rd_de) – Die Kommunikation mit Patienten macht einen wesentlichen Teil der Behandlung aus. Eine gelungene Kommunikation entscheidet darüber, welche Informationen der Behandelnde vom Patienten bekommen kann und wie der Patient seine eigene Behandlung erlebt. Der Deutsche Ethikrat hat 2016 empfohlen, eine bessere Arzt-Patienten-Kommunikation sicherzustellen. 10 Tipps zur Kommunikation mit Patienten.

Kommunikation im Rettungsdienst

Was für den behandelnden Arzt gilt, gilt auch für Rettungsdienstmitarbeiter im Umgang mit Patienten. Auch hier spielt die gelungene Kommunikation eine wesentliche Rolle für den Behandlungserfolg. Nur über die aktive Kommunikation mit dem Patienten, das vertrauensvolle Gespräch, kann der Helfer beispielsweise Informationen über Symptome erhalten, erfahren, wie die Schmerzwahrnehmung ist und wie er auf verabreichte Medikamente reagiert. Darüber hinaus kann der Rettungsdienstmitarbeiter mit einer erfolgreichen Kommunikation dem Verunfallten Sicherheit geben. Hierfür muss er im Gespräch mit dem Patienten in eine vertrauensvolle Beziehung  zu ihm treten, ihn über die Behandlung aufklären und so Ängste abbauen.

10 Tipps für eine gelungene Kommunikation mit Patienten

Im folgendem haben wir 10 Tipps zusammengestellt, die zu einer gelungenen Kommunikation zwischen Patient und Rettungsdienstmitarbeiter führen:
  1. Versuchen Sie, sich in die Situation des Patienten zu versetzten. Er hat aller Wahrscheinlichkeit nach Schmerzen, Angst und fühlt sich Ihnen womöglich ausgeliefert.
  2. Der Zugang zum Patienten und sein Vertrauen sind wichtig. Wenn Sie merken, dass Sie einen "schlechten Tag" haben, lassen sie ihrem Kollegen den Kontakt mit dem Patienten aufbauen.
  3. Konzentration und Eile spielen in vielen Fällen eine sehr wichtige Rolle. Vergessen Sie aber nicht, dass Sie es immer mit einem Menschen zu tun haben. Dieser ist kein Gegenstand, sondern hat emotionale Bedürfnisse.
  4. Wenn der Patient ansprechbar ist, möchte er aller Wahrscheinlichkeit nach auch darüber informiert werden, welche Verdachtsdiagnose gestellte wurde und wie die weiteren Schritte aussehen.
  5. Überfallen Sie den Patienten nicht mit Fragen. Strahlen Sie Ruhe aus, stellen Sie sich vor.
  6. Stellen Sie offene Fragen. Diese animieren den Patienten zum Reden. Fragen mit Ja/Nein-Antworten sind meistens weniger informativ. Ausnahme: der Patient hat Atembeschwerden.
  7. Lassen Sie den Patienten unbedingt ausreden. Sollte er zu ausschweifend oder konfus reden, unterbrechen Sie ihn kurz und versuchen Sie das Gespräch in die richtige Richtung zu lenken.
  8. Sprechen Sie umgangssprachlich mit ihrem Patienten. In den meisten Fällen hat er nicht das Wissen oder die nötige Verfassung, um medizinischen Fachbegriffen zu folgen.
  9. Verwenden Sie keine Suggestivfragen, da sie dem Patienten so Antworten in den Mund legen. Sie wollen authentische Informationen.
  10. Versuchen sie das Thema „kommunikative Kompetenz“ auch ihren Kollegen näher zu bringen und zusammen mit diesen zu üben.
Auch das Zuhören kann eine wichtige Funktion in der Behandlung des Patienten haben- Symbolfoto: Markus Brändli

Auch das Zuhören kann eine wichtige Funktion in der Behandlung des Patienten haben. Symbolfoto: Markus Brändli

(Text: Sebastian Sachs, Sozial- und Verhaltenswissenschaftler, Rettungsassistent, freiberuflicher Dozent und ehemaliger Leiter einer Rettungsdienstschule, www.rettungsdienstausbildung.info; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 15.03.2017)

Akutes Abdomen: Lokalisation des Schmerzes

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Lokalisation_580Bremen (rd_de) – Ein wichtiger Punkt bei der Anamnese und körperlichen Untersuchung im Rahmen eines Akuten Abdomens ist die möglichst genaue Lokalisation des Schmerzes. Um hieraus richtige Schlussfolgerungen ziehen zu können, sind zumindest grobe anatomische Kenntnisse der Bauchorgane und deren Lage erforderlich. Verlassen sich die Rettungskräfte nur auf die Lokalisation der Beschwerden, ohne auch andere „bauchfremde“ Ursachen in Betracht zu ziehen, können sie leicht in die Irre geführt werden. Ein Schmerz im Mittelbauch kann beispielsweise nicht nur Hinweis auf eine akute Pankreatitis sein, sondern auch bei einer Aortendissektion auftreten. Drei der folgenden vier Punkte sollten bei akuten Bauchschmerzen vom Rettungsdienst immer abgearbeitet werden. Sinnvollerweise auch in der angegebenen Reihenfolge:

1. Inspektion des Abdomens

Hier interessieren insbesondere Zeichen wie Hämatome als Hinweis auf eine Einblutung, zum Beispiel bei einem stumpfen Bauchtrauma. Aber auch ein stark aufgeblähtes bzw. gespanntes Abdomen kann wertvolle Hinweise liefern.

2. Auskultation

Für die richtige Interpretation ist eine gewisse klinische Erfahrung nötig. Die Darmgeräusche können komplett fehlen, zum Beispiel bei einem paralytischen Darmverschluss, „hochgestellt“ sein – infolge eines mechanischen Darmverschlusses – oder sehr lebhaft sein, beispielsweise aufgrund eines Magen-Darm-Infekts.
Bild1_eDossier2016_Einkaufsberater Stethoskope_neu_100Auskultation und kein Stethoskop zur Hand? Lesen Sie unsere 15 Tipps, wenn Sie ein Stethoskop kaufen wollen! (eDossier)
 

3. Perkussion und Palpation

Erst als dritter Schritt sollten die Perkussion (Beklopfen) und Palpation des Bauches erfolgen. Beim Perkutieren kann eine Dämpfung zum Beispiel bei Aszites oder eine starke Blähung des Abdomens auffallen. Durch die gezielte Palpation der vier Quadranten kann sowohl ein punktueller Druckschmerz als auch eine Abwehrspannung ertastet werden. Da die Palpation mitunter sehr schmerzhaft sein kann, sollte sie als letztes erfolgen. So wird eine mögliche reflektorische Abwehrspannung erst am Schluss der Untersuchung provoziert und der Patient nicht von Anfang an in eine schmerzbedingte Anspannung versetzt. Als optionaler (vierter) Untersuchungsschritt kann im Einzelfall noch die rektaldigitale Untersuchung ergänzt werden. Diese macht in der präklinischen Diagnostik aber nur selten Sinn. Zum Beispiel bei einem handfesten Verdacht auf eine obere gastrointestinale Blutung, um nach Teerstuhl zu suchen. Manchmal kann dies im Zweifelsfall differenzialdiagnostisch helfen, den richtigen therapeutischen Weg einzuschlagen. (Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; 16.03.2017)

Unterlassene Hilfeleistung: Strafe fürs Wegschauen

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Bremen (rd.de) – Viele Menschen scheinen keine Erste Hilfe leisten zu wollen, weil sie rechtliche Konsequenzen befürchten. Zu Recht? Unterlassene Hilfeleistung: Strafe droht nur demjenigen, der bewusst wegschaut. Hier die klassischen Argumente von Erste-Hilfe-Muffeln – und was man ihnen erwidern kann.

Unterlassene Hilfeleistung: Strafe droht grundsätzlich jedem, der bei einem Unglücksfall nicht unverzüglich die ihm bestmögliche und seinen Fähigkeiten entsprechende Hilfe leistet. So steht es im Strafgesetzbuch. Der Laie nennt das unterlassene Hilfeleistung (StGB 323 c), „Pflicht zur Hilfeleistung“). Hiervon befreien einen auch nicht körperliche Einschränkungen, Behinderungen oder Altersgebrechlichkeit. Selbst wenn weitere Maßnahmen dem Helfer zum Beispiel wegen Eigengefährdung nicht möglich sind – einen Notruf abzusetzen bzw. die Unglücksstelle abzusichern, ist jedem zumutbar.

Des Weiteren wird man Maßnahmen wie Blutstillung, stabile Seitenlage und Herz-Lungen-Wiederbelebung von einem gesunden Ersthelfer verlangen dürfen. Das gilt umso mehr, wenn er Führerscheininhaber ist.

Unterlassene Hilfeleistung: StGB kennt kaum Ausnahmen

Ausnahmen kennt das Gesetz nur wenige. Hierzu zählen die Eigengefährdung (brennendes Haus, reißendes Gewässer) oder die Verletzung anderer wichtiger Pflichten durch die unmittelbare Hilfeleistung. Wie verhält es sich also mit den klassischen Argumenten, die Erste-Hilfe-Muffel vorbringen?

1. Klassiker: Frau auf einsamer Landstraße. Die Autofahrerin ist allein unterwegs und kommt nachts auf einen Unfall zu. Muss sie helfen, obwohl sie Angst vor einer Sittlichkeitstat hat? Der Fall ist zwar eher konstruiert. Dennoch würde auch hier zumindest immer noch die Pflicht, den Unfallort abzusichern und einen Notruf abzusetzen, bestehen. Spätestens wenn ein weiterer Verkehrsteilnehmer stoppt, wäre ihr dies zuzumuten.

2. Klassiker: Grundschullehrerin ist mit Schulklasse unterwegs. Dies ist ein Beispiel für die „Verletzung anderer wichtiger Pflichten“. Sie dürfte ihre Klasse an einer vierspurigen Schnellstraße nicht unbeaufsichtigt zurücklassen, um einem verunglückten Autofahrer Erste Hilfe zu leisten. Ein wichtiger Geschäftstermin oder der gebuchte Flug zählen hingegen nicht zu den „wichtigen Pflichten“.

Unterlassene Hilfeleistung: Strafe bei Fahrlässigkeit?

Merke: Jeden trifft die Pflicht, zu helfen und die erlernten Maßnahmen einzusetzen. Strafbar macht sich, wer eine Hilfeleistung unterlässt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass einer verletzten oder erkrankten Person keine Hilfe zuteilwird.

Ergreift der Ersthelfer mit der gebotenen Sorgfalt und seinen Fähigkeiten entsprechende Maßnahmen, entfällt eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung. Der Ersthelfer befindet sich in einer akuten Ausnahmesituation und ist kein medizinischer Profi. Insofern trifft ihn nicht einmal dann ein Schuldvorwurf, wenn sich der Gesundheitszustand durch eine falsche Maßnahme wider Erwarten verschlechtert.

3. Klassiker: der auseinanderfallende Schädel nach der Helmabnahme beim Motorradfahrer. Ein solcher Fall ist sehr unwahrscheinlich. Abgesehen davon haben viele Unfallopfer ohne fremde Hilfe oft keine Überlebenschance. Der Ersthelfer wird also auch in diesem Fall nicht belangt. Es gilt die Vermutung, dass der Verletzte, der seinen Willen nicht äußern konnte, jeglichem Versuch der Hilfeleistung in seinem Interesse zugestimmt hätte.

4. Klassiker: die Angst vor einer Sachbeschädigung. Diese Ausrede gehört eher zu den unrühmlichen Begründungen. Das Zerschneiden von Kleidung oder das Einschlagen von Fenstern sind immer im Rahmen des „rechtfertigenden Notstandes“ (Paragraph 34 StGB) zulässig. Bei der Rechtsgüterabwägung überwiegt „Leben und Gesundheit“ im Verhältnis zu einer „Sache“.

5. Klassiker: der Ersthelfer kann auf Schadenersatz oder gar Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Auch diese Behauptung ist falsch: Nur wenn die Hilfeleistung grob fahrlässig, unsachgemäß durchgeführt wurde, entstünde ein Schadenersatzanspruch. Von einer solchen groben Fahrlässigkeit gehen die Gerichte aber nur dann aus, wenn der Ersthelfer einfachste, jedem einleuchtende Überlegungen bei der Ersten Hilfe nicht anstellt. Hierzu zählt zum Beispiel der Versuch, eine blutende Kopfplatzwunde dadurch zu behandeln, dass eine Abbindung am Hals angelegt wird.

6. Klassiker: „Zum Schluss dankt mir das keiner und ich habe noch meine Kleidung ruiniert.“ Auch das stimmt so nicht. Der Ersthelfer kann den Ersatz seiner Schäden und Aufwendungen vom Unfallopfer verlangen. Im Übrigen gilt aber auch: Wer in der Freizeit, zu Hause oder im Urlaub Erste Hilfe leistet, ist über die gesetzliche Unfallversicherung gegen alle Personen- und Sachschäden versichert. Also auch wer sich bei der Hilfeleistung selbst verletzt, erhält kostenlose Heilbehandlung, Verletztengeld oder sogar Verletztenrente.

Deshalb gilt grundsätzlich: Kein Ersthelfer muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn er seinen Fähigkeiten entsprechend die bestmögliche Hilfe leistet und so handelt, wie er es gelernt hat. Selbst wenn ihm Fehler unterlaufen, besteht kein Risiko.

Rechtlich am gefährlichsten ist eindeutig das „Wegschauen“. Dem Gesetzgeber kommt es gerade darauf an, dass anderen Erste Hilfe geleistet wird. Bestraft wird also das sozialschädliche Verhalten, nicht der unbeabsichtigte Fehler.

(Text: Bernd Spengler, Rettungssanitäter, Rechtsanwalt u.a. mit Schwerpunkt Rettungsdienst, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Johannes Treutlein, Rechtsreferendar, BRK-Mitarbeiter; Symbolfoto: Johanniter-Unfall-Hilfe; zuletzt aktualisiert: 21.03.2017)

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