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10 Dinge, die Sie zur Narkose bei Kindern wissen sollten

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Kindernarkose_580Bremen (rd.de) – Selbst erfahrene Anästhesisten in der Klinik sind angespannt, wenn sie eine Narkose bei Kindern durchführen müssen. Verständlich, denn die Sterblichkeit von Kindern durch eine Narkose ist weitaus höher als bei Erwachsenen. Schon die bloße Venenpunktion oder Intubation stellt oftmals eine echte Herausforderung dar.

Narkose bei Kindern

Damit die Narkose bei Kindern an der Einsatzstelle oder zum Beispiel im Rettungswagen gelingt, hier unsere 10-Punkte-Liste:

  1. Das Kind muss mit dem Kopf achsengerecht und in Neutralstellung gelagert werden.
  2. Das Kind muss ausreichend lang präoxygeniert werden. Manchmal gelingen in dieser Phase spielerische Gespräche mit dem Kind. Der Notarzt hat Angst – das Kind und das gesamte Rettungsteam auch.
  3. Die Narkose wird eingeleitet.
  4. Bei kleinen Kindern muss in der Regel immer mit der Maske beatmet werden, auch wenn das Kind noch nicht intubiert ist. Diese Maskenbeatmung während der Narkose sollte schonend und möglichst ohne hohe Beatmungsdrucke erfolgen, um das Aspirationsrisiko klein zu halten.
  5. Wird das Kind während der Narkose bradykard, sollte zunächst kontrolliert werden, ob das Kind ausreichend mit Sauerstoff versorgt ist. Zeitgleich kann Atropin gegeben werden.
  6. Wenn die Narkose nicht tief genug ist, kann ein Stimmritzenkrampf (Stridor) oder ein Verschluss der tieferen Atemwege auftreten und die Beatmung unmöglich werden. In solchen Fällen muss die Narkose weiter vertieft werden, bis die Beatmung gut funktioniert.
  7. Nun kann intubiert werden. Der Intubationserfolg wird über die Bestimmung des Kohlendioxids in der Ausatemluft festgestellt.
  8. Trotz erfolgreicher Intubation fällt die Sauerstoffsättigung manchmal kräftig ab. Dies ist Ausdruck der geringen kindlichen Residualkapazität.
  9. Lässt sich das Kind nicht intubieren, muss es mit einem alternativen Beatmungsverfahren der Rückfallebene beatmet werden, zum Beispiel Larynxmaske oder -tubus.
  10. Die Lunge muss abgehorcht werden. Danach kann das Kind an das Beatmungsgerät angeschlossen oder von Hand mittels Beutel beatmet werden.

Noch ein Hinweis zum Schluss: Um Missverständnisse in der Kommunikation zu vermeiden, sollten alle (Leitstelle, RTW-Team und Notarzt, Klinik) dieselbe Sprache sprechen: Von einem Neugeborenen (ca. 4 kg) spricht man zum Beispiel, wenn das Kind maximal vier Wochen alt ist. Danach ist das Kind bis zum Abschluss des ersten Lebensjahres ein Säugling (ca. 10 kg). Zwischen dem 2. und 5. Lebensjahr handelt es sich um ein Kleinkind.

Kind in der Narkose. Symbolfoto: fotolia/Herjua

Kind in der Narkose. Symbolfoto: fotolia/Herjua

(Text: Dr. Gerald Bandemer, Anästhesist und Notarzt, LNA, Ärztlicher Leiter DRF-Luftrettungszentrum in Bremen; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 29.01.2016)


Herzrhythmusstörungen – was Sie wissen sollten

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Frankfurt/Main (rd.de) – Allein in Deutschland werden jedes Jahr über 400.000 Patienten aufgrund von Herzrhythmusstörungen in Kliniken eingeliefert. Laut dem „Herzbericht 2015“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie steigt gerade bei der Herzrhythmusstörung die Sterblichkeit weiter an. Die häufigste Herzrhythmusstörung ist das Vorhofflimmern. Etwa 1,8 Millionen Menschen leiden darunter in Deutschland. Hier die wichtigsten Fakten zu Herzrhythmusstörungen.

Das Herz:

Es befördert das Blut durch unseren Kreislauf und versorgt damit die Organe unseres Körpers mit Sauerstoff, Nährstoffen und anderen lebensnotwendigen Substanzen. Das Herz ist ein Hohlmuskel, der sich regelmäßig 60- bis 90-mal pro Minute (100.000-mal pro Tag) zusammenzieht und wieder erschlafft. Dabei werden 4 – 6 Liter Blut pro Minute (rund 7.000 Liter am Tag) durch die Blutgefäße gepumpt.

Herzfrequenz:

Normale Herzschlagfolge: 60 – 90 Schläge pro Minute. Bei seelischer oder körperlicher Belastung: 160 bis 180 Schläge pro Minute, Anstieg normal. Nachts sinkt die Herzfrequenz auf 45 – 55 Schläge pro Minute. Als untere Grenze zum krankhaften Befund gelten etwa 40 Schläge pro Minute. Als krankhaft gilt, wenn es zu einem schlagartigen Umspringen von normaler Herzschlagfolge auf sehr hohe/sehr niedrige Herzfrequenz kommt.

Vorhofflimmern:

Blutgerinnsel im linken Vorhof.

Blutgerinnsel im linken Vorhof.

Häufigste Herzrhythmusstörung, etwa 1,8 Million Betroffene in Deutschland, in Europa etwa 9 Millionen, verursacht 30.000 Schlaganfälle pro Jahr in Deutschland.

Das Herz gerät dabei völlig aus dem Takt; es rast mit einem Puls von bis zu 160 Schlägen pro Minute, selten sogar noch schneller. Oft sind Herzstolpern und Herzrasen verbunden mit innerer Unruhe, Angstgefühlen, Abgeschlagenheit, einer Neigung zu schwitzen, Atemnot und einer Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Das Risiko, von Vorhofflimmern betroffen zu werden, steigt mit dem Alter. Die Häufigkeit liegt bei Menschen unter 50 Jahren deutlich unter 1%, bei den über 60-Jährigen liegt sie bei 4-6% und bei den über 80-Jährigen bei 9-16%.

Akuter Herzinfarkt:

Ein akuter Herzinfarkt kann durch die entstandene Gewebeschädigung am Herzen eine Ursache für Herzrhythmusstörungen sein. Wenngleich die Sterblichkeit bei Herzrhythmusstörungen weiter zunimmt, geht das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, weiter zurück. Zwischen den Jahren 1990 und 2013 ist laut „Herzbericht 2015“ ein Rückgang um rund 40 Prozent festzustellen.

Dazu tragen unter anderem verbesserte therapeutische Maßnahmen wie beispielsweise ein Notfall-Kathetereingriff bei. Ebenso konnte die Zeit im Rettungswagen bis zum Erreichen des Krankenhauses verkürzt und das Notarztsystem in den letzten Jahren ausgebaut werden.

Herzschrittmacher:

Er gibt bei starker Verlangsamung des Herzschlags regelmäßig elektrische Impulse ab und erregt dadurch das Herz so, dass es sich zusammenzuzieht. Der erste Herzschrittmacher wurde im Jahre 1958 implantiert. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 108.193 Herzschrittmacher implantiert (stationär).

Defibrillator:

Mit Hilfe eines Defibrillators wird Kammerflimmern durch elektrische Schocks beendet. Bei Herzrasen und zu langsamen Herzschlagfolgen gibt er die rettenden Impulse. Bei implantierten Defibrillatoren wird ein Langzeit-EKG aufgezeichnet, das kontinuierlich auch alle Herzrhythmusstörungen seines Trägers registriert. Neuere Geräte können sich selbst überwachen. Der erste Defibrillator wurde im Jahre 1980 implantiert. Implantationen (stationär) in Deutschland: 58.677 ICD im Jahr 2014.

Katheterablation:

Hierbei werden Herzzellen mithilfe der Kathetertechnik gezielt durch Hochfrequenzstrom oder Kälte so verödet, dass Herzrhythmusstörungen nicht mehr entstehen können. Weltweit wird dieses Verfahren jährlich bei mehr als 100.000 Patienten durchgeführt.

Reizleitungssystem des Herzens.

Reizleitungssystem des Herzens.

Plötzlicher Herztod:

In Deutschland wird die Zahl der Menschen, die einem plötzlichen Herztod erliegen, je nach Definition mit 65.000 bis 200.000 (pro Jahr) angegeben. In etwa 80% der Fälle wird der Herz-Kreislauf-Stillstand durch eine sehr schnelle Herzrhythmusstörung (Kammertachykardie, Kammerflattern, Kammerflimmern) hervorgerufen. Von 100 Menschen, die einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden, werden lediglich acht erfolgreich wiederbelebt. In 75% der Fälle liegt dem Plötzlichen Herztod eine koronare Herzkrankheit zugrunde, die durch Verengungen in den Herzkranzgefäßen charakterisiert ist.

Erste Hilfe:

  1. Vergewissern Sie sich, dass die betroffene Person bewusstlos ist, indem sie nicht auf lautes Zurufen, auf Zwicken oder Kneifen reagiert und nicht normal atmet. Wichtig: Schnappen und Röcheln gelten nicht als normale Atmung!
  2. Rufen Sie als nächstes den Rettungsdienst über die Nummer 112.

    Den Rettungsdienst über die Nummer 112 verständigen.

  3. Danach beginnen Sie sofort mit der Wiederbelebung. Verschwenden Sie keine Zeit damit, nach dem Puls zu suchen!
  4. Legen Sie die betroffene Person auf den Rücken auf eine harte Unterlage (am besten auf den Boden).
  5. Greifen Sie mit einer Hand an die Stirn der bewusstlosen Person und heben mit der anderen das Kinn leicht an. Prüfen Sie, ob Speisereste oder etwas anderes im Mund sind und die Atemwege blockieren. Entfernen Sie Fremdkörper.

    Der bewusstlosen Person wird das Kinn leicht angehoben.

    Der bewusstlosen Person wird das Kinn leicht angehoben.

  6. Führen Sie sofort die Herzdruckmassage durch. Dazu knien Sie sich neben die bewusstlose Person. Legen Sie einen Handballen in der Mitte zwischen den Brustwarzen auf das Brustbein. Dann legen Sie den Handballen der anderen Hand auf Ihre erste Hand und strecken die Ellbogen durch. Jetzt drücken Sie mit Unterstützung durch Ihr eigenes Gewicht das Brustbein mindestens 5 cm tief ein und lassen dann den Druck wieder nach, so dass das Brustbein wieder in seine Ausgangslage zu rückkehren kann. Darauf folgt die nächste Herzdruckmassage. Das Tempo ist optimal, wenn Sie das Brustbein pro Minute mindestens 100-mal eindrücken.
    Das Brustbein pro Minute mindestens 100-mal eindrücken.

    Das Brustbein pro Minute mindestens 100-mal eindrücken.

    Das sind fast zwei Kompressionen pro Sekunde. Setzen Sie die Herzdruckmassage fort, bis der Rettungsdienst eintrifft. Sind mehrere Helfer anwesend, wechseln Sie sich alle 2 bis 3 Minuten ab, denn Herzdruckmassage ist anstrengend.

    Das Brustbein wird mindestens 5 cm tief eingedrückt.

    Das Brustbein wird mindestens 5 cm tief eingedrückt.

  7. Wenn Sie in Herz-Lungen-Wiederbelebung ausgebildet sind und die Mund-zu-Mund-Beatmung sicher beherrschen: Beginnen Sie ebenso mit der Herzdruckmassage. Nach 30-maligem Drücken werden dann zwei Atemspenden gegeben. Wiederholen Sie diese beiden Schritte aus 30-mal Herzdruckmassage und 2-mal Atemspenden so lange, bis der Rettungsdienst eintrifft.

(Informationen, Grafiken und Fotos: Deutsche Herz-Stiftung; Titelfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 02.02.2016) 

11.2.: Internationaler Tag des Notrufs

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Internationaler Tag des Notrufes am 11.2. Foto: fotolia/georgejmclittle

Bremen (rd.de) – Im Jahr 1991 beschlossen die damaligen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, das Notrufmeldungen vereinheitlicht werden sollen. Seitdem gilt in der EU die 112 als einheitliche Notrufnummer.

Das europäische Parlament beschloss ferner den 11. Februar aufgrund der Ziffernfolge zum europaweiten Notruftag auszurufen. Die Notrufnummer 112 ist in allen EU-Staaten kostenfrei. Wer die Nummer wählt, wird automatisch an die zuständige Notrufzentrale weitergeleitet.

5 Tipps, wie Sie einen Notruf richtig absetzen:

  • Wo ist es passiert?

Die Beantwortung dieser Frage sollte immer als erstes erfolgen. Bricht der Kontakt ab, gibt es zumindest einen Anhaltspunkt, wo sich der Notfallort befindet. Geben Sie eine exakte Ortsangabe (Ort, Stadtteil, Straße, Hausnummer) an. Je genauer die Ortsangabe ist, desto weniger müssen die Rettungsfachkräfte suchen. Wenn Sie ortsfremd sind, bitten Sie andere Personen um Hilfe.

  • Was ist passiert?

Geben sie kurz an, um welche Art von Notfall es sich handelt. Stichworte reichen! Beispielsweise Verkehrsunfall, Feuer, bewusstlose Person oder Sturz von Leiter.

  • Wie viele Verletzte?

Es ist wichtig, möglichst genau die Zahl der Verletzten/Erkrankten mitzuteilen. Nur so können ausreichend Rettungskräfte alarmiert werden. Bei größeren Unfällen reicht eine realistische Schätzung. Sie müssen nicht über- oder untertreiben.

  • Welche Art der Verletzung?

Nennen Sie die Art der Verletzung oder Erkrankung. Handelt es sich zum Beispiel um eine Fraktur oder Schnittverletzung? Welches Ausmaß der Verletzung liegt vor? So kann der Leitstellen-Mitarbeiter einschätzen, ob weitere Einsatzmittel notwendig sind.

  • Wer meldet das Ereignis?

Nennen Sie ihren Namen und eine Rückruf-Nummer für Nachfragen. Bleiben Sie, soweit es Ihnen möglich ist, in der Nähe des Telefons. Machen Sie im Idealfall die Einsatzkräfte auf sich aufmerksam. Erste Hilfe und Eigenschutz haben jedoch immer Vorrang!

(11.02.2016; Symbolfoto: fotolia/georgejmclittle)

Sanitätsdienst: 5 Alternativen zur Fußstreife

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Sanis auf Inline-Skates_580Bremen (rd.de) – Der durchschnittliche Sanitätsdienst besteht in der Regel aus Warten. Von Zeit zu Zeit wird der Notfallrucksack oder das Paramedic Bag geschultert, weil es auf Streife geht. Das kann dann einen mehr oder weniger langen Fußmarsch bedeuten. Bei großräumigen Veranstaltungen wird der Einsatzleiter seine Kräfte von Anfang an dezentral postieren – wohlwissend, dass er damit seinen Mitarbeiter-Pool in der zentralen Sanitätsstation ausdünnt. Dass es Alternativen zur traditionellen Fußstreife gibt, zeigen wir hier.

Ein Problem der besonderen Art ergibt sich, wenn die Veranstaltung nicht an einem Standort stattfindet, sondern sich räumlich verändert. Radrennen, Inline-Skate-Events und Laufveranstaltungen jeder Art sind hierfür typische Beispiele. Dann muss der Sanitätsdienst zusehen, wie er schritthalten kann.

Motorradstreife1. Motorräder

Motorräder sind schnell und wendig. Sie verfügen über eine hohe Zuladungsmöglichkeit. Im Fußgängerbereichen kommen sie vergleichsweise gut voran. Und zudem erfordern sie vom Helfer, der mit dem Motorrad unterwegs ist, einen geringen Grad an Fitness.

Gerade bei Lauf- und Radveranstaltungen, die zum Teil durch stille Parks und einsame Waldgebiete führen, erscheinen Motorräder aber oftmals als zu laut. Außerdem dürften sich einige Teilnehmer durch die Abgase belästigt fühlen.

2. E-Bikes/Pedelecs

Bei Pedelecs wird die Motorunterstützung nur bei Tretbewegungen freigegeben. Sie dürfen bis zu 25 km/h schnell sein. In der EU gelten sie als Fahrräder und sind dadurch zulassungsfrei. Im Gegensatz dazu wird beim E-Bike ähnlich wie beispielsweise beim Mofa die Motorleistung ausschließlich über einen Drehgriff geregelt.

Als „Light-Version“ zu Motorrädern können Fahrräder mit Elektromotor – so genannte E-Bikes oder Pedelecs – gesehen werden. Auch sie sind wendig, noch dazu schmal und gut im direkten Umfeld von Fußgängern einsetzbar. Zudem sind sie relativ schnell und setzen vom Helfer kaum Zusatzqualifikation voraus.

Nachteile dieser Gefährte: Ganz ohne Einweisung in die Technik geht’s nicht. Die Zulademöglichkeiten sind deutlich geringer als bei einem Motorrad, und sie sind nur bedingt geländegängig. Fällt die Wahl auf ein E-Bike, sind Führerschein und Zulassung erforderlich.

Fahrradstreife_5803. Fahrräder

Fahrräder im Rahmen eines Sanitätsdienstes einzusetzen, ist nun keine ganz neue Idee. Das heißt aber nicht, dass jeder Einsatzleiter diese Möglichkeit der Fortbewegung für seine Sanitätskräfte im Blick hat. Dabei weisen Fahrräder einige Vorteile auf: günstig in der Anschaffung und im Unterhalt, emissionsfrei, kaum Schutzausrüstung erforderlich, wendig und schmal.

Womit Fahrräder im Sanitätsdienst freilich nicht dienen können: Im wirklich dichten Gedränge kommen Fahrradstreifen kaum voran; die Mitnahmemöglichkeit von Ausrüstungsteilen ist sehr eingeschränkt; die Fahrer sollten leidlich fit sein; in der Regel sind die Räder nur mäßig fürs Gelände geeignet. Und die Diebstahlgefahr sollte auch nicht außer Acht gelassen werden.

Sanis mit Segway4. Segways

Ein Aspekt, der im Rettungs- und Sanitätsdienst eine größere Rolle spielt, ist der Aufmerksamkeitsfaktor. Und der dürfte einem mit dem Segway als Fortbewegungsmittel gesichert sein. Die einachsigen, motorbetriebenen Gefährte wurden bereits bei einigen Sanitätsdiensten eingesetzt und konnten offenbar – unter den jeweiligen individuellen Bedingungen – überzeugen.

Segways sind überraschend schnell, erfordern kaum Schutzausrüstung und keine Fitness von den Einsatzkräften. Zudem bieten sie ausreichend Platz, um notfallmedizinisches Equipment unterzubringen.

Doch auch diese Einachser weisen Nachteile auf. Insgesamt sind sie teuer – sowohl in der Anschaffung als auch im Unterhalt; Geländegängigkeit ist kaum vorhanden, und ohne intensive Einweisung sollte keiner unbegleitet auf ein Segway steigen.

Reiterstaffel_5805. Pferde

Mit Pferden zum Sanitätsdienst? Warum nicht, wenn die Möglichkeit besteht! Ein normales Pferd erreicht locker 30 km/h im Galopp. Geländegängigkeit steht zudem außer Frage. Und bedingt können Sanitäter hoch zu Ross auch im Fußgängerbereich eingesetzt werden.

Unabdingbar sind allerdings neben hohem reiterlichem Können eine große Stressresistenz bei Ross und Reiter. Zudem ist die Verletzungsgefahr nicht zu unterschätzen. Ohne ausreichende Fitness wird diese Fortbewegungsmöglichkeit nicht infrage kommen. Und die Möglichkeiten, Equipment mitzunehmen, sind eingeschränkt.

Fazit

Es gibt durchaus Alternativen zur klassischen Fußstreife. Je nach Veranstaltung und Örtlichkeit, haben diese alternativen Fortbewegungsmittel unschlagbare Vorteile. Sie sind zum Teil deutlich schneller, können unter Umständen mehr an Ausrüstung mitnehmen und besitzen womöglich einen hohen/höheren Aufmerksamkeitsfaktor.

Doch auch Fußstreifen bieten Vorzüge, die kein Motorrad oder Segway erreicht: Sanitäter per Pedes können auch in der dichtesten Menschenmenge eingesetzt werden. Bei Distanzen bis zu zirka 500 Metern sind sie immens schnell vor Ort. Und je nach körperlicher Konstitution können sich Geländegängigkeit sowie „Materialzuladung“ durchaus sehen lassen. Und nicht zuletzt stellen sie die einzige Möglichkeit der hier genannten Alternativen dar, um einen Patienten über eine begrenzte Strecke fortzubewegen.

(Text: Helmut Stark, Rettungsassistent, Einsatzleiter Rettungsdienst, freier Journalist; 15.02.2016)

Knifflige Rechtslage: Patient verweigert Transport

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Transportverweigerung_580Bremen (rd.de) – Verweigert ein Patient den Transport in die Klinik, muss er dies dem Rettungsdienst schriftlich geben. Per Unterschrift dokumentiert er seinen Willen. Einsatzkräften kann aber trotzdem juristischer Ärger blühen. Wir haben deshalb eine Juristin gebeten, wichtige Verhaltensregeln für Rettungsassistenten und Notfallsanitäter zusammenzustellen. Hier sechs Dinge, die Sie beachten sollten.

Transportverweigerungen sind für das Rettungsfachpersonal rechtlich grundsätzlich schwierig. Sie stellen hohe Anforderungen und bedürfen – im eigenen Interesse – einem sorgfältigen Vorgehen. Rettungsdienst-Mitarbeiter müssen ganz genau hinschauen und entscheiden, ob alle Voraussetzungen einer wirksamen Transportverweigerung vorliegen.

Transportverweigerung: das müssen Sie wissen

1. Der Patient muss nach der medizinischen Untersuchung informiert werden. Je nach Ergebnis ist ihm zu empfehlen, sich vom Rettungsdienst in ein Krankenhaus bringen zu lassen.

2. Weigert sich der Patient, diesem Rat zu folgen, muss das Rettungsfachpersonal dies respektieren. Jeder Mensch darf selbst über seine Gesundheit und sein Leben entscheiden. Voraussetzung ist aber, dass der Patient geistig zu einer solchen Entscheidung in der Lage ist.

3. Diese Voraussetzung liegt in der Regel nicht bei einer Person vor, die…
•    …bewusstlos oder eben erst aus der Bewusstlosigkeit erwacht ist,
•    …minderjährig ist,
•    …geistig behindert ist,
•    …unter einer Psychose leidet,
•    …hohes Fieber hat,
•    …unter Alkohol- oder Drogeneinfluss steht,
•    …verwirrt ist, insbesondere bei Altersdemenz,
•    …an einer Krankheit leidet, die das Denkvermögen angreifen kann (Hirntumor) oder
•    …stark übermüdet ist.

4. Hat sich der Rettungsdienst-Mitarbeiter vom geistigen Zustand des Patienten überzeugt, muss der Betroffene umfassend über alle medizinischen und rechtlichen Folgen der Transportverweigerung aufgeklärt werden. Es kann sinnvoll sein, hierfür einen (Not-)Arzt hinzuzuziehen. Besteht Lebensgefahr, muss versucht werden, den Patienten umzustimmen. Dafür können zum Beispiel die nächsten Angehörigen einbezogen werden. In diesem Fall darf die Schweigepflicht gebrochen werden.

5. Die Aufklärung und die Transportverweigerung müssen schriftlich festgehalten und vom Patienten unterschrieben werden. Wichtig: Polizeibeamte als Zeugen dazu holen!

6. Immer dafür sorgen, dass der Patient versorgt ist, falls Zweifel daran bestehen, dass er selbst für sich sorgen kann.

Fazit: Bestehen Zweifel, sollte ein Patient auch gegen seinen Willen in die Klinik gebracht werden. Es dürfte immer leichter sein, damit zu leben, einem Menschen gegen seinem Willen geholfen zu haben, als dessen Tod verantworten zu müssen.

(Text: Nicole Kreutz, Juristin und ehemalige Staatsanwältin; Symbolfoto: Markus Brändli; 17.02.2016)

10 Dinge, wie Übungen ein Erfolg werden

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Übung Hahnweide 2013Bremen (rd.de) – Übung macht den Meister: Das Sprichwort trifft uneingeschränkt auch auf die Bewältigung von Großschadenslagen zu. Gleichwohl gibt es viele Details, die vor, während und nach einer Übung zu bedenken sind. Sehen Sie unsere 10-Punkte-Liste.

1.    Klare Ziele definieren: Eine Übung nur ihrer selbst willen durchzuführen, bringt kaum etwas. Vorab muss das Ziel definiert werden. Soll die Zusammenarbeit trainiert werden? Oder geht es zum Beispiel primär um die medizinische Versorgung?

2.    Von klein nach groß vorgehen: Nur wer sich in seinem unmittelbaren Zuständigkeitsbereich gut auskennt, kann auch in größeren Strukturen mitarbeiten. Eine RTW-Besatzung, die ihr eigenes Fahrzeug nicht kennt, wird bei einem MANV keine große Hilfe sein.

3.    In Teileinheiten üben – zumindest am Anfang. Erst wenn jede taktische Einheit genau weiß, was sie zu tun hat, kann das gesamte „Räderwerk“ funktionieren.

4.    Theoretische Vorbereitung: Alle Beteiligten sollten vor einer Übung die geplanten Details durchsprechen. Spätestens jetzt muss das Übungsziel mitgeteilt werden.

 

r1_Umschlag_MH_bh.inddKeine Idee, was das Thema der nächsten Übung sein soll? Im RETTUNGS-MAGAZIN finden Sie jetzt die neue Serie „Übung macht den Meister“ – mit vielen konkreten Praxistipps zu Übungszielen, Szenarien, Rahmenbedingungen und effektive Auswertung.

 

5.    Wer soll Planen? Antwort: Personen, die Erfahrung in dieser Aufgabe besitzen und/oder rettungsdienstliche Führungskompetenz mitbringen. Gleiches gilt für die Beobachter, die anschließend ihr Urteil abgeben.

6.    Ressourcen: Immer realistisch bleiben! Es macht keinen Sinn, sich für Übungen Kräfte und Material zu „leihen“. Im Ernstfall stehen diese auch nicht zur Verfügung.

7.    Aufwand mit Augenmaß: Der Anspruch an Übungen steigt. Wurde früher viel improvisiert, versucht man heute möglichst realistisch den Ernstfall zu simulieren. Authentizität verschafft reale Situationen, einen realen Zeitaufwand und reale Erfahrungen. Dennoch: Allein wegen der Kosten mit Augenmaß planen und vor der Übung klären, wer die Kosten trägt.

8.    Wann üben? Anfangs gerne zur „besten Sendezeit“, zum Beispiel an einem Werktag im Sommer um 19 Uhr. Danach auch zu „unbequemen“ Zeiten. Nur so sind realistische Erfahrungen unter anderem hinsichtlich der Kräfteressourcen zu sammeln.

9.    Unbekanntes Terrain: Findet die Übung auf dem eigenen Gelände statt, kennen sich die Helfer bestens aus. Im Realeinsatz wird das kaum der Fall sein. Besser also, auf unbekanntes Terrain ausweichen.

10.    Auswertung: Auch sie muss strukturiert erfolgen. Die kostenlose Bewertungskarte des RETTUNGS-MAGAZINS ist hier eine echte Hilfe. In großer Runde zu diskutieren, führt selten zu besseren Ergebnissen. Durch den offenen Umgang mit (Planungs-)Fehlern hingegen schon. Kritik muss sachlich bleiben. Das erfordert Fingerspitzengefühl!

(Text: Jens Wolff, Lehrrettungsassistent, Dozent im Rettungsdienst, Verbandführer und Organisatorischer Leiter Rettungsdienst; Symbolfoto: Markus Brändli; 19.02.2016)

Port-Systeme und wie Retter sie nutzen können

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Portkatheter_580Bremen (rd.de) – Mitarbeiter im Rettungsdienst sehen sich gelegentlich mit Patienten konfrontiert, die ein Port-System besitzen. Solche Systeme werden immer dann implantiert, wenn abzusehen ist, dass ein Patient aufgrund seiner Erkrankung häufiger einen venösen Zugang benötigen wird. Werden ein paar Besonderheiten berücksichtigt, kann auch der Rettungsdienst das Port-System in einer Notfallsituation nutzen.

Die Verweildauer eines peripher-venösen Zugangs, wie er im Rettungsdienst Standard ist, beträgt maximal 72 Stunden. Wird der Zugang länger benötigt, bietet sich ein venöses, subkutan implantiertes Port-System an. Es dient als zuverlässiger und dauerhafter Zugang zum zentralvenösen Gefäßsystem. Das System besteht aus einem Port-Körper mit einer oder zwei voneinander unabhängigen Kammern. Jede verfügt über einen röntgendichten Katheter und ein selbstverschließendes Septum. Über den Port können unter anderem Medikamente verabreicht und Blut entnommen werden.

Port-Katheter: 10 Tipps für den Rettungsdienst

Soll der Port im Rahmen der rettungsdienstlichen Versorgung eingesetzt werden, sind folgende Details zu beachten:

  • Für eine Port-Punktion dürfen nur Spezialnadeln mit „Löffelschliff“ verwendet werden. Alle anderen Nadeln würden die Silikon-Membran beschädigen.
  • Portnadeln gibt es in verschiedenen Stärken und Längen. Der Rettungsdienst hat sie in der Regel nicht an Bord. Oftmals besitzen jedoch die Patienten einen kleinen Vorrat an derartigen Nadeln.
  • Vor der Punktion muss die Punktionsstelle desinfiziert und der Katheterverlauf inspiziert werden. Scheint das System undicht zu sein oder gibt es Hinweise auf eine Entzündung an der Punktionsstelle, darf nicht punktiert werden.
  • Der Patient sollte für die Punktion eine bequeme Stellung einnehmen. Der Oberkörper ist möglichst flach zu lagern.
  • Auf aseptische Bedingungen achten. Das heißt zum Beispiel, die Punktionsstelle desinfizieren und sterile Handschuhe tragen.
  • Um die Punktion durchzuführen, das Portgehäuse zwischen Daumen und Zeigefinger fixieren. Es bildet sich eine Wölbung, in deren Zentrum die zu punktierende Membran liegt. Der Patient sollte tief einatmen und die Luft anhalten. Dadurch wird der Brustkorb stabilisiert.
  • Portnadel mit 0,9% NaCl-Lösung entlüften, rechtwinklig zur Membran einführen und langsam vorschieben. Auf Widerstand achten! Bei zu starkem Druck kann die Spitze der Portnadel verbiegen und die Membran beschädigt werden.
  • NaCl und Heparin in der Kammer sowie im Schlauch müssen mit einer 10-ml-Spritze (nicht kleiner, sonst wird der Druck zu groß!) abgesogen werden. Andernfalls gelingt mögliches Heparin in den Körperkreislauf.
  • Nach der Punktion die Nadel bis zur Klinikübergabe im Port belassen. Wird sie gezogen, muss das System mit NaCl gespült werden.
  • Auf mögliche Komplikationen achten. Druckstellen, lokale Infektionen, Paravasate oder eine Okklusion sind denkbar. Entsprechende Beobachtungen bei der Klinikübergabe mitteilen.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Leitender Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 22.02.2016)

Anamnese: Rezeptfreie Medikamente nicht vergessen!

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Rezeptfreie Medikamente_580Bremen (rd.de) – Wer sich das Angebot von Internetapotheken anschaut, findet eine breite Palette an rezeptfreien Medikamenten. Zu den frei verkäuflichen Präparaten gehören zum Beispiel auch Blutdrucksenker sowie Schmerz- und Beruhigungsmittel. Die angebotene Beratung beim Kauf wird vielfach nicht wahrgenommen. Zeigen sich Inkompatibilitäten oder gefährliche Nebenwirkungen, tritt der Rettungsdienst auf den Plan.

Notfallsanitäter, Rettungsassistenten und Rettungssanitäter lernen, Patienten grundsätzlich nach dem ABCDE-Schema zu beurteilen und zu behandeln. Hierzu gehört auch eine Kurzanamnese gemäß der SAMPLER-Regel. Das „M“ steht dabei für die Frage nach der Medikation. Hierbei wird unterschieden zwischen:

•    Dauermedikation,
•    Bedarfsmedikamenten und
•    vorübergehender Medikation.

Wichtig ist, dass sich der Rettungsdienst nicht nur nach Medikamenten erkundigt, die von einem Arzt verschrieben worden sind. Rezeptfreie Medikamente dürfen nicht vergessen werden! Grundsätzlich gilt: Rezeptfreie Medikamente können – genauso wie rezeptpflichtige Präparate – einen Hinweis auf die Erkrankung bzw. das aktuelle gesundheitliche Problem des Patienten geben.

Weiterhin sollte auch nach Nahrungsergänzungsmitteln, rezeptfreien Getränken und Tees gefragt werden. Deren Inhaltstoffe können zu Inkompatibilitäten mit anderen, vom Patienten eingenommenen Wirkstoffen führen. Sie können aber auch der Auslöser für anaphylaktische Reaktionen sein.

Rezeptfreie Medikamente: Gefahr für Kinder

Nicht immer erhalten Kinder die Medikamente, die für sie geeignet sind. Dies gilt sowohl für rezeptpflichtige als auch für rezeptfreie Medikamente. Mögliche Folgen sind Intoxikationen.

Bei den meisten Vergiftungen im Kindesalter handelt es sich um Unfälle. Medikamente stellen hierbei die zweithäufigste Vergiftungsursache im Kindesalter dar. Medikamente, die normalerweise für einen Erwachsenen verschrieben wurden, sind dann zur Behandlung von kindlichen Beschwerden eingesetzt worden. Deshalb sollte bei der Anamnese-Erhebung immer danach gefragt werden, ob das verabreichte Medikament für den betreffenden Patienten (hier: das Kind) verordnet wurde.

Diphenhydramin, Dimenhydrinat und Doxylamin sind auch in rezeptfreien Medikamenten für Kinder enthalten. Diese Präparate werden als Schlafmittel, Antiemetika oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen als Husten- oder Erkältungsmittel eingesetzt. Die Präparate tragen so harmlose Namen wie „Halbmond“ oder „Sediat“. Doxylamin befindet sich zum Beispiel auch in dem Erkältungssirup „Wick MediNait“.

Neben der antihistaminischen und antiallergischen Wirkung kommt es durch diese Wirkstoffe zu zentralnervösen und anticholinergen Effekten. Die allergische Symptomatik wird durch die Blockade der peripheren Histamin-1-Rezeptoren hervorgerufen. Über eine Blockade der zerebralen Histamin-1-Rezeptoren kommt es möglicherweise zu zentralvenösen Symptomen. In therapeutischer Dosierung tritt bereits eine über 24 Stunden anhaltende Sedierung ein. Diese führt bei älteren Kindern unter anderem zu Benommenheit. Leichte Vergiftungen äußern sich in Form von:

•    Desorientiertheit,
•    Angst,
•    Halluzinationen,
•    weiten Pupillen,
•    Schwindel,
•    Muskelzittern,
•    leichter Tachykardie,
•    leichter Hypertension und
•    erhöhter Temperatur.

Bei einer schweren Vergiftung kommt es zu Bewusstseinsveränderungen bis hin zum Koma, Krampfanfällen, Blutdruckabfall oder -anstieg, Herzrhythmusstörungen, einer respiratorischen Insuffizienz und womöglich Atemstillstand.

(Text: Thomas Semmel, Dozent im Rettungsdienst, ERC ALS-Instruktor, PHTLS-Instruktor; Symbolfoto: ABDA; 24.02.2016)


Sauerstofftherapie: Nebenwirkungen beachten!

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Bremen (rd.de) – Wann und wie viel Sauerstoff benötigt ein Notfallpatient? War längere Zeit generell die hoch dosierte Sauerstoffgabe das Maß aller Dinge, hat mittlerweile ein Umdenken eingesetzt. Es wird ein differenzierteres Vorgehen empfohlen. Das Motto scheint zu lauten: Sauerstofftherapie? Nebenwirkungen beachten!

So scheint die hoch dosierte Sauerstoffgabe bei Patienten mit einem unkomplizierten Myokardinfarkt für den Patienten schädlich zu sein. Die Datenlage hierzu ist allerdings beschränkt. Dennoch empfiehlt das ERC bei Patienten mit unkompliziertem Myokardinfarkt eine Sauerstoffsättigung von 94 bis 98 Prozent oder 88 bis 92 Prozent Sauerstoffsättigung bei Patienten, bei denen das Risiko einer Atemdepression aufgrund eines zu hohen Kohlendioxidpartialdruckes (Hyperkapnie) besteht.

Sauerstofftherapie: Nebenwirkungen beachten!

Das bedeutet, dass nicht mehr umgehend bei jedem Patienten mit einem unkomplizierten Myokardinfarkt Sauerstoff appliziert werden sollte. Vielmehr ist zunächst die Sauerstoffsättigung zu messen und nur einem solchen Patienten ist dann Sauerstoff anzubieten, wenn seine Sättigung unter 94 Prozent liegt.

Im Rahmen der kardiopulmonalen Reanimation empfiehlt das ERC weiterhin die Beatmung mit hoch dosiertem Sauerstoff bei Erwachsenen. Sobald der Patient allerdings wieder einen Spontankreislauf erlangt, soll auch hier eine Überversorgung mit Sauerstoff vermieden werden.

Im Gegensatz dazu wird bei der Reanimation von Neugeborenen die Verwendung von Raumluft empfohlen. Erst wenn trotz optimaler Ventilation und Oxygenierung keine akzeptablen Werte erreicht werden, wird zur Verwendung von hoch dosiertem Sauerstoff geraten.

Die American Heart Association (AHA) empfiehlt zur Therapie des akuten Schlaganfalls die Sauerstoffgabe nur bei hypoxischen Patienten (Sauerstoffsättigung < 94 Prozent) oder wenn die Sauerstoffsättigung unbekannt und nicht zu ermitteln ist.

Und auf noch etwas sei hingewiesen: Der Rat, Patienten mit einer akuten Verschlechterung einer COPD oder einem Asthmaanfall nur wenig Sauerstoff zu verabreichen, da ansonsten die Gefahr eines Atemstillstandes droht, ist schon lange als Ammenmärchen entlarvt worden. Dennoch wird der Hinweis weiterhin in einigen Lehrbüchern aufgeführt.

(Text: Thomas Semmel, Dozent im Rettungsdienst, ERC ALS-Instruktor, PHTLS-Instruktor; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 29.02.2016)

Tipps und Wissen für den Rettungsdienst: Benzodiazepine

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Bremen (rd.de) – Ob intravenös oder nasal appliziert, Benzodiazepine gehören zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten im Rettungsdienst. Grund hierfür ist ihr großes Wirkungsspektrum als Sedativa, Antikonvulsiva und Anxiolytika. Lesen Sie, was Sie über diese Medikamentengruppe wissen sollten.

1960 war es, als das Pharmaunternehmen Hoffmann-La Roche ein neues Medikament auf den Markt brachte. Der internationale Freiname lautete Chlordiazepoxid. Es wurde unter dem Markennamen Librium in den Handel gebracht. Vorausgegangen waren umfangreiche Forschungen im Hause Hoffmann-La Roche, um ein neues Beruhigungsmittel zu entwickeln.

Drei Jahre später wurde der Wirkstoff Diazepam unter dem Markennamen Valium im Markt eingeführt. 1975 folgte Rivotril (Clonazepam), 1982 Dormicum (Midazolam) und 1987 der Benzodiazepinantagonist Anexate (Flumazenil) – alles Präparate, die aus der präklinischen Notfallmedizin heute kaum noch wegzudenken sind. Die Benzodiazepine lösten die vor der Markteinführung als Hypnotika und Sedativa verwendeten Barbiturate größtenteils ab. Hinzu kommen Benzodiazepine wie Lexotanil (Bromazepam) und Rohypnol (Flunitrazepam), die nicht selten als Dauermedikation von Patienten eingenommen werden. Lexotanil wurde 1974 und Rohypnol 1975 im Markt eingeführt.

GABA und das limbische System

Generell können den Benzodiazepinen fünf Hauptwirkmechanismen zugeschrieben werden. Diese sind allerdings je nach Wirkstoff unterschiedlich stark ausgeprägt. Prinzipiell aber wirken Benzodiazepine:

  • Sedierend
  • Antikonvulsiv
  • Anxiolytisch
  • amnestisch
  • zentral muskelrelaxierend

Ihren Wirkungsort haben Benzodiazepine im zentralen Nervensystem (ZNS). Dort wirken sie an so genannten gabaergen Rezeptoren. Nicht selten werden diese Rezeptoren auch als Benzodiazepinrezeptoren bezeichnet.

Benzodiazepin_Rettungsdienst_Medizin_Wissen_IV

GABA – die Gammaaminobuttersäure – ist ein inhibitorischer Neurotransmitter, also ein Botenstoff im ZNS. Durch die agonistische Wirkung der Benzodiazepine wird der Effekt der Gammaaminobuttersäure verstärkt. Durch das vermehrte Einströmen von Chloridionen in den Intrazellulärraum kommt es zu einer Hyperpolarisation der Zellmembran und dadurch zu einer verminderten Erregbarkeit des Neurons.

Zwei unterschiedliche GABA-Rezeptoren sind bekannt: GABAA und GABAB. Benzodiazepine binden an den GABAA-Rezeptor. An demselben Rezeptor binden auch Barbiturate wie beispielsweise Trapanal (Thiopental).

GABA-Rezeptoren finden sich im gesamten ZNS. Allerdings haben nicht alle diese Rezeptoren auch eine Bindungsstelle für Benzodiazepine. Rezeptoren, die eine entsprechende Bindungsstelle aufweisen, sind hauptsächlichhauptsächlich im limbischen System zu finden. Der Begriff „limbisches System“ wurde vor mehr als hundert Jahren geprägt und steht für eine Gruppe funktionell miteinander verbundene Kern- und Rindengebiete des Gehirns. Das limbische System kann auch als die Emotionslokation im Gehirn bezeichnet werden. Seine Hauptbestandteile sind die Amygdala, Hippocampus, die Mamillarkörper und weitere kleinere Strukturen.

Der Gegenspieler der Benzodiazepine ist der Wirkstoff Flumazenil. Das dazugehörige Präparat heißt Anexate. Flumazenil bindet mit einer sehr hohen Affinität an den gabaergen Rezeptoren, hat allerdings keine intrinsische Aktivität.

Midazolam eignet sich sehr gut zur Durchbrechung eines Krampfanfalls. Wahlweise kann es auch intranasal appliziert werden.

Midazolam eignet sich sehr gut zur Durchbrechung eines Krampfanfalls. Wahlweise kann es auch intranasal appliziert werden.

Aufgrund der großen therapeutischen Breite der Benzodiazepine und ihrer verhältnismäßig geringen Toxizität sind Suizidversuche mit Benzodiazepinen, wenn diese allein eingenommen werden, selten erfolgreich. Dies liegt am so genannten „Ceiling-Effekt“. Das bedeutet, dass es nahezu unmöglich ist, durch Steigerung der eingenommenen Dosis den maximalen Wirkeffekt zu verstärken. Allerdings ist die Kombination mit anderen, zentraldämpfenden Substanzen wie beispielsweise Alkohol sehr gefährlich und kann schnell zu lebensbedrohlichen Vergiftungen führen.

Trotz der großen therapeutischen Breite der Benzodiazepine kann es zum Beispiel durch die zentral muskelrelaxierende Wirkung zu einer Atemwegsbehinderung kommen. Auch ein Blutdruckabfall ist möglich, lässt sich aber durch eine langsame Applikation vermeiden. Bei Patienten jenseits des 60. Lebensjahres und bei Menschen mit eingeschränkter Atmungs- und/oder Herz-Kreislauf- Funktion ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine der oben genannten Komplikationen auftritt, durch eine zu schnelle Applikation deutlich erhöht.

Benzodiazepine werden in der Leber metabolisiert. Nicht selten haben die so entstandenen Stoffwechselprodukte eine längere Halbwertszeit als das ursprünglich verabreichte Benzodiazepin. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren.

Benzodiazepine im präklinischen Einsatz

Die drei am häufigsten präklinisch eingesetzten Benzodiazepine sind:

  • Midazolam (Dormicum)
  • Diazepam (zum Beispiel Valium)
  • Clonazepam (Rivotril)

Indikationen dieser Wirkstoffe sind Sedierung, Durchbrechung von Krampfanfällen, Aufrechterhaltung einer Narkose in Kombination mit anderen Wirkstoffen und die medikamentöse Anxiolyse. Insbesondere die Anxiolyse ist bei Notfallpatienten sehr wichtig. Angst und Schmerzen können den Zustand von Patienten deutlich verschlechtern. Die psychische Betreuung und die Gabe eines Schmerzmittels werden in vielen Situationen aber nicht ausreichen, um den Patienten zu stabilisieren. Die Kombination eines Schmerzmittels mit einem anxiolytisch wirkenden Medikament ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der notfallmedizinischen Versorgung.Benzodiazepin_Rettungsdienst_Medizin_Wissen_III

Diazepam sollte aufgrund seiner sehr langen Halbwertszeit in der präklinischen Notfallmedizin nur noch zurückhaltend eingesetzt werden. Auch wenn die krampfdurchbrechende Wirkung von Diazepam deutlich größer ist als von Midazolam oder Clonazepam.

Aber insbesondere Midazolam eignet sich aufgrund der Möglichkeit, es intranasal zu applizieren, sehr gut zur Durchbrechung eines Krampfanfalls. Hierfür ist es sehr sinnvoll, die Applikationshilfe MAD zu verwenden. Sie stellt sicher, dass ausreichend kleine Partikel erzeugt werden. Nur Partikel mit einer Größe zwischen 30 und 100 Mikrometer erreichen die Regio olfactoria und können dort in das ZNS aufgenommen werden. Aber auch die relativ kurze Halbwertszeit von ein bis drei Stunden sprechen für Midazolam.

Ist der Krampfanfall nicht mit Midazolam zu durchbrechen, wird nicht selten Clonazepam (Rivotril) eingesetzt. Es besitzt eine höhere antikonvulsive Wirkung, weist aber eine Halbwertszeit von zirka 40 Stunden auf. Im Gegensatz zu Midazolam muss Clonazepam intravenös verabreicht werden.

Benzodiazepin_Rettungsdienst_Medizin_Wissen_V

Zum Vergrößern anklicken!

Ein weiteres Benzodiazepin, das präklinisch zur Durchbrechung von Krampfanfällen eingesetzt wird, ist Lorazepam. Insbesondere das Präparat Tavor Expidet scheint dafür geeignet zu sein. Hierbei handelt es sich um kleine Plättchen, die auf der Mundschleimhaut innerhalb kürzester Zeit aufgelöst und mit einer Bioverfügbarkeit von rund 94 Prozent resorbiert werden. Ob es allerdings bei einem krampfenden Patienten angesichts des Eigenschutzes sinnvoll ist, das Plättchen in dessen Mund einzubringen, ist fraglich.

Manche Rettungsdienste führen diese Plättchen mit, um sie im Rahmen von akuten psychischen Ausnahmezuständen sedierend einzusetzen. Mit rund 15 Stunden Halbwertszeit gehört Lorazepam zu den mittellangwirkenden Benzodiazepinen.

Die Halbwertszeiten der Benzodiazepine sind auch abhängig vom Alter und dem Gesundheitszustand der Patienten. Menschen über 60 Jahre mit reduziertem Allgemeinzustand oder chronischen Erkrankungen müssen entsprechend reduzierte Dosierungen erhalten. Paradoxe Reaktionen auf die Gabe von Benzodiazepinen wie beispielsweise unwillkürliche Bewegungen, Hyperaktivität, Feindseligkeit bis hin zur Aggressivität und sogar tonisch-klonische Krampfanfälle kommen vorwiegend im Kindesalter und bei älteren Patienten vor. Mit dem Benzodiazepinantagonisten Flumazenil (Anexate) kann eine solche Reaktion aufgehoben werden.

Unser Autor: Thomas Semmel (Jg. 1963), Dozent im Rettungsdienst, ERC ALS-Instruktor, PHTLS-Instruktor (Text); Markus Brändli (Fotos); zuletzt aktualisiert: 01.03.2016

Anamnese: Englisch-Basics für Retter

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Bremen (rd.de) – Unversehens gerät das Rettungsteam an einen Patienten, der kein Deutsch spricht. Wie erhebt man jetzt zum Beispiel die Anamnese? Englisch-Basics können einem in dieser Situation weiterhelfen. Hier unsere kleine Übersetzungshilfe für Rettungsfachkräfte.

Ob in einem Hotel, im Bahnhof oder auf dem Flughafen – überall ist es möglich, auf Patienten zu treffen, die kein Deutsch sprechen bzw. verstehen. In solchen Situationen können Grundkenntnisse der englischen Sprache von großem Vorteil sein.

Anamnese: Englisch hilft bei Sprachproblemen

Begrüßung/Vorstellung des Rettungsteams
•    Hallo, mein Name ist … Hello, my name is …
•    Ich bin Rettungsassistent, und das ist mein Kollege… I am a paramedic and this is my colleague…
•    Wir sind hier, um Ihnen zu helfen. We are here to help you.
•    Wie ist Ihr Name? What is your name?
•    Können Sie uns sagen, was passiert ist? Can you tell us what happend?
•    Warum haben Sie uns gerufen? Why did you call us?
•    Welches Problem ließ Sie heute einen Rettungswagen rufen? What problem made you call for an ambulance today?
•    Warum haben Sie den Rettungsdienst gerufen? Why did you call EMS?

SAMPLER-Anamnese (Englisch)
•    Zeichen und Symptome Signs and symptoms
•    Atemnot shortness of breath [oder] difficulty of breathing [oder] breathlessness
•    Brustschmerz chest pain
•    Kopfschmerz headache
•    Fieber fever
•    Schwindel dizzyness
•    Übelkeit nausea [oder] sickness
•    Erbrechen vomiting
•    Durchfall diarrhoea
•    Allergien Allergies
•    Haben Sie irgendwelche bekannten Allergien? Do you have any known allergies?
•    Sind Sie von einem Insekt gestochen worden? Have you been stung by an insect?
•    Haben Sie irgendwelche Allergien gegen Medikamente? Do you have any allergies to medication?
•    Medikamente Medications
•    Welche Medikamente nehmen Sie? What medications are you taking?
•    persönliche Krankengeschichte Pertinent past medical history
•    Haben Sie bekannte Erkrankungen? Do you have known diseases?
•    Hatten Sie schon einmal eine schwere Erkrankung? Have you ever had a serious illness?
•    Haben Sie einmal eine schwere Verletzung erlitten? Have you ever suffered a serious injury?
•    Hatten Sie größere Operationen in der Vergangenheit? Have you had major surgery in the past?
•    Besteht die Möglichkeit einer Schwangerschaft? Is there the possibility of a pregnancy?
•    Haben Sie Menstruationsbeschwerden? Do you have menstrual problems?
•    letzte Nahrungsaufnahme Last oral intake
•    Wann haben Sie zuletzt etwas gegessen oder getrunken? When did you last eat or drink something?
•    Was haben Sie zuletzt gegessen oder getrunken? What did you last eat or drink?
•    Wie viel haben Sie zuletzt gegessen oder getrunken? How much did you last eat or drink?
•    Ereignisse Events
•    Was haben Sie gemacht, als die Beschwerden begannen? What were you doing when the symptoms started?
•    Risikofaktoren Risk factors
•    Hat jemand aus Ihrer Familie eine schwere Erkrankung wie beispielsweise Diabetes? Has anyone in your family a serious illness such as diabetes?
•    Rauchen Sie? Do you smoke?

Vitalzeichenkontrolle

•    Puls pulse
•    Lassen Sie mich bitte Ihren Puls messen. Let me take your pulse.
•    Blutdruck blood pressure
•    Lassen Sie mich bitte Ihren Blutdruck messen. Let me take your blood pressure.
•    Blutzucker blood sugar
•    Ich werde jetzt Ihren Blutzucker messen. I am going to measure your blood sugar.
•    Atemfrequenz respiratory rate
•    Haut skin
•    Haut ist… skin is…
•    …blass …pale
•    …zyanotisch …cyanotic
•    Die Haut ist feucht. The skin is clammy.
•    Die Haut ist kühl. The skin is cool.

(Text: Thomas Semmel, Dozent im Rettungsdienst, ERC ALS-Instruktor, PHTLS-Instruktor; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 08.03.2016)

NEF-Dienst: Diese Punkte sollten Sie beherrschen

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NEF Kirchheim Vito Allrad 5/82-1 mit Karsten Wallawitz und Georg Stein

Bremen (rd.de) – Die Fahrer von Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) spielen in der Wahrnehmung vielfach eine untergeordnete Rolle. Sie chauffieren den Arzt zum Patienten, nehmen dessen Daten auf und kümmern sich um die Voranmeldung. Ist das alles? Nein! Welche Kompetenzen eine Rettungsfachkraft für den NEF-Dienst besitzen sollte.

  1. Fahrerisches Können: jährliche Einweisung für das Fahren mit Sonder- und Wegerechten. Wünschenswert ist auch ein regelmäßiges Fahrsicherheitstraining.
  2. Ortskenntnis: neben den offiziellen Straßenbezeichnungen müssen auch Abkürzungen, Feldwege, markante Gebäude und Firmen sowie inoffizielle, in der Bevölkerung aber gebräuchliche Ortsbezeichnungen bekannt sein.
  3. Umgang mit Medizinprodukten: Neben den klassischen Geräten wie Defibrillator/EKG und Beatmungsgerät hat ein Notarzteinsatzfahrzeug oft auch spezielle Ausrüstung an Bord, zum Beispiel Reanimationshilfe oder Hilfsmittel für die i.o. Punktion. Alle diese Geräte muss eine Rettungsfachkraft, die auf dem NEF eingesetzt wird, beherrschen.
  4. Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten: für diese Fälle ist eine Führungsgrundausbildung sinnvoll. So kann die Zeit bis zum Eintreffen des Einsatzführungsdienstes überbrückt werden. Anschließend bietet sich der „NEF-Fahrer“ für die Führungsunterstützung an.
  5. Klinikstruktur: die nächstgelegenen Stroke- und Chest Pain Units, Kinderkliniken, Schockräume und Kliniken der Maximalversorgung müssen bekannt sein.
  6. Kommunikation: Rücksprache mit der Leitstelle („Erste Meldung“), Nachforderung weiterer Kräfte bzw. Rettungsmittel, zum Beispiel Hubschrauber, Abklärung des Transportziels und Voranmeldung in der Klinik.
  7. Dokumentation: Ausfüllen von Transportscheinen und Notarztprotokollen, aber auch im Rahmen eines MANV-Einsatzes (Stichwort „Übersichtsliste“).
  8. Sozialkompetenz: Als erster Ansprechpartner für den Notarzt und direkter Kollege des RTW-Teams kann er zwischen den beiden Gruppen vermitteln. Dafür sind Menschenkenntnis, Einsatzerfahrung und Fingerspitzengefühl erforderlich.

Merke: Jeder gute Notarzt hat einen guten NEF-Fahrer verdient, jeder schlechte Notarzt hat ihn dringend nötig.

(Text: Maximilian Kippnich, cand. med. Universitätsklinikum Würzburg, Rettungssanitäter, Zugführer; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 10.03.2016)

Unterlassene Hilfeleistung: Strafe fürs Wegschauen

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Bremen (rd.de) – Viele Menschen scheinen keine Erste Hilfe leisten zu wollen, weil sie rechtliche Konsequenzen befürchten. Zu Recht? Unterlassene Hilfeleistung: Strafe droht nur demjenigen, der bewusst wegschaut. Hier die klassischen Argumente von Erste-Hilfe-Muffeln – und was man ihnen erwidern kann.

Unterlassene Hilfeleistung: Strafe droht grundsätzlich jedem, der bei einem Unglücksfall nicht unverzüglich die ihm bestmögliche und seinen Fähigkeiten entsprechende Hilfe leistet. So steht es im Strafgesetzbuch. Der Laie nennt das unterlassene Hilfeleistung (StGB 323 c), „Pflicht zur Hilfeleistung“). Hiervon befreien einen auch nicht körperliche Einschränkungen, Behinderungen oder Altersgebrechlichkeit. Selbst wenn weitere Maßnahmen dem Helfer zum Beispiel wegen Eigengefährdung nicht möglich sind – einen Notruf abzusetzen bzw. die Unglücksstelle abzusichern, ist jedem zumutbar.

Des Weiteren wird man Maßnahmen wie Blutstillung, stabile Seitenlage und Herz-Lungen-Wiederbelebung von einem gesunden Ersthelfer verlangen dürfen. Das gilt umso mehr, wenn er Führerscheininhaber ist.

Unterlassene Hilfeleistung: StGB kennt kaum Ausnahmen

Ausnahmen kennt das Gesetz nur wenige. Hierzu zählen die Eigengefährdung (brennendes Haus, reißendes Gewässer) oder die Verletzung anderer wichtiger Pflichten durch die unmittelbare Hilfeleistung. Wie verhält es sich also mit den klassischen Argumenten, die Erste-Hilfe-Muffel vorbringen?

1. Klassiker: Frau auf einsamer Landstraße. Die Autofahrerin ist allein unterwegs und kommt nachts auf einen Unfall zu. Muss sie helfen, obwohl sie Angst vor einer Sittlichkeitstat hat? Der Fall ist zwar eher konstruiert. Dennoch würde auch hier zumindest immer noch die Pflicht, den Unfallort abzusichern und einen Notruf abzusetzen, bestehen. Spätestens wenn ein weiterer Verkehrsteilnehmer stoppt, wäre ihr dies zuzumuten.

2. Klassiker: Grundschullehrerin ist mit Schulklasse unterwegs. Dies ist ein Beispiel für die „Verletzung anderer wichtiger Pflichten“. Sie dürfte ihre Klasse an einer vierspurigen Schnellstraße nicht unbeaufsichtigt zurücklassen, um einem verunglückten Autofahrer Erste Hilfe zu leisten. Ein wichtiger Geschäftstermin oder der gebuchte Flug zählen hingegen nicht zu den „wichtigen Pflichten“.

Unterlassene Hilfeleistung: Strafe bei Fahrlässigkeit?

Merke: Jeden trifft die Pflicht, zu helfen und die erlernten Maßnahmen einzusetzen. Strafbar macht sich, wer eine Hilfeleistung unterlässt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass einer verletzten oder erkrankten Person keine Hilfe zuteilwird.

Ergreift der Ersthelfer mit der gebotenen Sorgfalt und seinen Fähigkeiten entsprechende Maßnahmen, entfällt eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung. Der Ersthelfer befindet sich in einer akuten Ausnahmesituation und ist kein medizinischer Profi. Insofern trifft ihn nicht einmal dann ein Schuldvorwurf, wenn sich der Gesundheitszustand durch eine falsche Maßnahme wider Erwarten verschlechtert.

3. Klassiker: der auseinanderfallende Schädel nach der Helmabnahme beim Motorradfahrer. Ein solcher Fall ist sehr unwahrscheinlich. Abgesehen davon haben viele Unfallopfer ohne fremde Hilfe oft keine Überlebenschance. Der Ersthelfer wird also auch in diesem Fall nicht belangt. Es gilt die Vermutung, dass der Verletzte, der seinen Willen nicht äußern konnte, jeglichem Versuch der Hilfeleistung in seinem Interesse zugestimmt hätte.

4. Klassiker: die Angst vor einer Sachbeschädigung. Diese Ausrede gehört eher zu den unrühmlichen Begründungen. Das Zerschneiden von Kleidung oder das Einschlagen von Fenstern sind immer im Rahmen des „rechtfertigenden Notstandes“ (Paragraph 34 StGB) zulässig. Bei der Rechtsgüterabwägung überwiegt „Leben und Gesundheit“ im Verhältnis zu einer „Sache“.

5. Klassiker: der Ersthelfer kann auf Schadenersatz oder gar Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Auch diese Behauptung ist falsch: Nur wenn die Hilfeleistung grob fahrlässig, unsachgemäß durchgeführt wurde, entstünde ein Schadenersatzanspruch. Von einer solchen groben Fahrlässigkeit gehen die Gerichte aber nur dann aus, wenn der Ersthelfer einfachste, jedem einleuchtende Überlegungen bei der Ersten Hilfe nicht anstellt. Hierzu zählt zum Beispiel der Versuch, eine blutende Kopfplatzwunde dadurch zu behandeln, dass eine Abbindung am Hals angelegt wird.

6. Klassiker: „Zum Schluss dankt mir das keiner und ich habe noch meine Kleidung ruiniert.“ Auch das stimmt so nicht. Der Ersthelfer kann den Ersatz seiner Schäden und Aufwendungen vom Unfallopfer verlangen. Im Übrigen gilt aber auch: Wer in der Freizeit, zu Hause oder im Urlaub Erste Hilfe leistet, ist über die gesetzliche Unfallversicherung gegen alle Personen- und Sachschäden versichert. Also auch wer sich bei der Hilfeleistung selbst verletzt, erhält kostenlose Heilbehandlung, Verletztengeld oder sogar Verletztenrente.

Deshalb gilt grundsätzlich: Kein Ersthelfer muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn er seinen Fähigkeiten entsprechend die bestmögliche Hilfe leistet und so handelt, wie er es gelernt hat. Selbst wenn ihm Fehler unterlaufen, besteht kein Risiko.

Rechtlich am gefährlichsten ist eindeutig das „Wegschauen“. Dem Gesetzgeber kommt es gerade darauf an, dass anderen Erste Hilfe geleistet wird. Bestraft wird also das sozialschädliche Verhalten, nicht der unbeabsichtigte Fehler.

(Text: Bernd Spengler, Rettungssanitäter, Rechtsanwalt u.a. mit Schwerpunkt Rettungsdienst, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Johannes Treutlein, Rechtsreferendar, BRK-Mitarbeiter; Symbolfoto: Johanniter-Unfall-Hilfe; zuletzt aktualisiert: 14.03.2016)

PSNV für Rettungsfachkräfte: eine Todesnachricht überbringen

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Bremen (rd.de) – Der Tod eines jungen Menschen birgt immer eine besondere Tragik in sich. Notärzte, Rettungsfachkräfte und Mitarbeiter von PSNV-Teams müssen deshalb wissen, wie sie eine Todesnachricht überbringen, wenn ein Kind verstorben ist.

Der Tod eines jungen Menschen hinterlässt die Hinterbliebenen, aber auch die Helfer hilflos und oft sprachlos. Kommt die Nachricht, dass das eigene Kind von einem Unfall oder einem „Großschadensereignis“ betroffen sein könnte, konzentrieren sich die Familien meist auf wenige wichtige Fragen:

•    Lebt mein Kind?
•    Ist es verletzt und wenn ja, wie schwer?

Die Angehörigen brauchen dann möglichst rasch genaue, sachliche Informationen über das Geschehen. Wer eine Todesnachricht überbringen muss, sollte die Information so schnell und deutlich wie möglich mitteilen.

Hinterbliebene sind auch unter Schock in der Regel klar im Denken und Aufnehmen. Sie wissen, was sie wollen, und spüren instinktiv, wie viel sie verkraften können. In dieser ohnehin traumatischen Situation wird ihre Hilflosigkeit verstärkt, wenn wohlmeinende Helfer sie entmündigen und ihnen vorschreiben, was zu tun ist oder wie sie sich zu verhalten haben.

Die meisten Eltern haben zunächst nur einen Wunsch: das Kind so schnell wie möglich zu sehen, es vielleicht in den Arm zu nehmen, einfach bei ihm zu sein. Diese Möglichkeit sollte jeder Hinterbliebene sobald als möglich haben, auch wenn der Verstorbene schwer verletzt ist. Es gibt hier nur wenige Ausnahmen, zum Beispiel Brandopfer.

Genauso ist zu respektieren, wenn die Angehörigen es sich nicht zutrauen, den Toten nochmals anzuschauen. Der Begleitende kann Hilfsangebote machen. Beispiel: „Ich begleite Sie, damit Sie nicht alleine sind.“ Er sollte aber keinesfalls einen klar geäußerten Wunsch beeinflussen.

Die meisten wissen, dass es keine lindernden Worte für Eltern gibt, deren Kind gerade gestorben ist. Trotzdem kann das Verlangen, etwas Tröstliches sagen zu wollen, übermächtig werden, schon allein um das schreckliche Schweigen zu brechen. Doch in der akuten Situation gibt es keine Worte des Trostes, die gut tun. Sie helfen lediglich dem Begleiter in seiner eigenen Hilflosigkeit.

Todesnachricht überbringen – das ist zu berücksichtigen:

•    Informieren Sie die Angehörigen so schnell wie möglich.
•    Sprechen Sie klar und deutlich. Wiederholen Sie die Information, falls notwendig. Versuchen Sie, behutsam Blickkontakt herzustellen.
•    Sagen Sie die Wahrheit, auch wenn sie schwer ist und es Ihnen schwerfällt.
•    Nennen Sie den Verstorbenen beim Namen, denn er ist als Person präsent.
•    Geben Sie den Hinterbliebenen die Möglichkeit, den Verstorbenen anzusehen.
•    Versuchen Sie genau hinzuhören und zu spüren, was die Trauernden/Traumatisierten brauchen und wollen.
•    Denken Sie an praktische Hilfsangebote, delegieren Sie wenn möglich.
•    Vergessen Sie nie, die Geschwisterkinder mit zu betreuen.
•    Achten Sie die Grenzen der Betroffenen.
•    Achten Sie auf Ihre eigenen Grenzen und holen Sie sich Hilfe, wenn Sie diese brauchen.

Todesnachricht überbringen – das ist zu vermeiden:

•    Vermeiden Sie leere Worte und falsche Tröstungsversuche.
•    Bestimmen Sie nicht, was für die Trauernden/Traumatisierten gut ist, denn Sie wissen es nicht.
•    Vermeiden Sie das Wort „müssen“.
•    Vermeiden Sie jede Form von Schuldzuweisung.
•    Urteilen Sie nie über Reaktionen oder Verhaltensweisen der Hinterbliebenen.
•    Verfallen Sie nicht aus Hilflosigkeit in Aktionismus.
•    Überlassen Sie die Angehörigen nach der traumatischen Situation nicht sich selbst, sondern sorgen Sie für ein stabilisierendes Umfeld.
•    Lassen Sie nicht bei Betroffenen das Gefühl entstehen, abgeschoben und abgewiesen zu werden.
•    Vermeiden Sie scheinbare Hektik, schauen Sie nicht auf die Uhr.
•    Vermeiden Sie eine allzu starke Identifikation mit den Hinterbliebenen, indem Sie Ihre Aufgabe abschließen.

Text: Hanne Shah, 1. Vorsitzende des Arbeitskreises trauernde Eltern und Geschwister in Baden-Württemberg (ATEG-BW ist Regionalstelle von VEID/Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland); Beate Bahnert, Pressesprecherin des Bundesverbandes Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 16.03.2016

Partydrogen: Symptome erkennen, richtig behandeln

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Shooting für RettMag mit Gaby Schwarz, Nicole Seidens, Jasmin, Maggie Keltsch

Bremen (rd.de) – Waren es vor einigen Jahren Alkohol, Cannabis oder Kokain, die als „Partydrogen“ gehandelt wurden, rückten in den letzten Jahren wesentlich härtere Substanzen in den Fokus. Der Begriff „Partydroge“ verharmlost dabei die hohe Suchtgefahr und führt immer wieder dazu, dass die Wirkungen und damit auch die Risiken unterschätzt werden. Wir geben einen Überblick über aktuelle Substanzen und welche Maßnahmen vom Rettungsfachpersonal durchgeführt werden können. 

Eine so genannte Partydroge ist keinesfalls als Synonym für ein ungefährliches Rauschmittel zu verstehen. Die Bezeichnung geht vielmehr darauf zurück, dass die entsprechenden Drogen zumeist auf Partys bzw. in Discotheken, Clubs und Bars eingenommen werden. Die Konsumenten wollen durch die Substanzen in einen schwerelosen, ungehemmten Rauschzustand gelangen und Ermüdungserscheinungen des Körpers ausblenden, um möglichst lange feiern zu können.

Entsprechende Drogen finden aber auch bei anderen Gelegenheiten Verwendung, etwa um die Leistung zu steigern, sich sexuell zu stimulieren oder eine euphorische Stimmung zu entwickeln. Ein Konsumschwerpunkt ist erfahrungsgemäß vor allem in Discos und Clubs mit elektronischer Musik (Techno, Elektro, House) zu finden.

So erklärt sich auch, dass Cannabis nicht (mehr) zu den Partydrogen gezählt wird, obwohl der Konsum gerade im Rahmen von bzw. nach entsprechenden Feierlichkeiten stattfindet. Cannabis wirkt eher beruhigend und ermüdend, verfehlt also die gewünschte Wirkung. Gelegentlich wird Cannabis nach einer durchfeierten Nacht eingenommen, um den Körper nach Einnahme einer modernen Partydroge wieder „herunterzuregeln“ und so ein wenig Schlaf zu finden.

Auch Kokain ist nur noch eingeschränkt als Partydroge zu sehen. Zwar entfaltet Kokain eine entsprechende Wirkung. Doch letztendlich findet der Konsum in der Party-Szene erheblich seltener statt, da die Preise sehr hoch sind. Als typische Partydroge werden daher aktuell eher Speed, Ecstasy, LSD, GHB oder Crystal Meth bezeichnet.

Gerade – aber nicht nur – in Großstädten wird der Rettungsdienst immer häufiger mit Drogenintoxikationen konfrontiert. Auch der Sanitätsdienst, zum Beispiel bei Musikfestivals, muss sich vermehrt um entsprechende Patienten kümmern.

Crystal Meth

Crystal Meth gilt derzeit als eine der härtesten Drogen weltweit. 18 Millionen Menschen schniefen, rauchen oder spritzen den Stoff. Crystal Meth hat die USA bereits fest im Griff. Von Tschechien aus schwappt die Welle gerade nach Deutschland herüber.

Erstaunlicherweise handelt es sich bei Crystal Meth keineswegs um eine neue Substanz. Ein japanischer Chemiker synthetisierte sie im Jahr 1919 erstmalig; 1930 gelangte der Stoff dann nach Deutschland. Hier wurde er für den Einsatz im militärischen Bereich weiterentwickelt und kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs als Pervitin auf den Markt gebracht. Unter dem Begriff „Panzerschokolade“ konsumierten die Soldaten den Stoff, der sie zu immer neuen Höchstleistungen antrieb. Auch Hitler selbst soll regelmäßig Pervitin eingenommen haben. Erst 1988 wurde Pervitin vom Markt genommen.

Laut Bundeskriminalamt wurde 2011 in Deutschland eine Rekordmenge von rund 1,4 Tonnen Amphetamin und Methamphetamin beschlagnahmt. Vor allem bei Crystal Meth fanden die Sicherheitsbehörden deutlich größere Mengen als im Jahr zuvor. Der Grund für den rapiden Anstieg liegt nicht zuletzt in Tschechiens Drogenpolitik. Seit 1. Januar 2010 dürfen die Bürger unseres östlichen Nachbarlandes zwei Gramm Crystal Meth legal bei sich führen.

Crystal Meth bzw. Methamphetamin ist ein starkes Psychostimulans auf Amphetamin- Basis. Im Vergleich zu gewöhnlichem Amphetamin (Speed) wirkt Crystal Meth etwa fünfmal stärker. Die Substanz ist in kristalliner Form oder als Pulver erhältlich, gelegentlich auch in Form von Kapseln. In kristalliner Form erinnert der Stoff an Eiskristalle oder Glassplitter, deshalb auch die Bezeichnung „Crystal“ (Kristall). Crystal kann geschnieft, geraucht, gespritzt und geschluckt werden. In Deutschland ist vor allem das Schniefen verbreitet.

Sindelfingen, Glaspalast, Day & Night TechnoeventDie Wirkung von Crystal Meth ist abhängig von Dosis, Wirkstoffgehalt, der individuellen Gewöhnung, der Verabreichungsform sowie der körperlichen und psychischen Verfassung des Abhängigen. Es bewirkt eine vermehrte Ausschüttung der Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin sowie Dopamin im Gehirn und führt dem Körper keine Energie zu, sondern täuscht eine plötzlich auftretende Gefahrensituation vor. Folglich steht der Organismus unter Dauerstress. Die körperlichen Warnsignale wie Hunger, Durst, Schmerzempfinden und Müdigkeit werden unterdrückt oder gar nicht mehr wahrgenommen.

Der Konsum von Crystal Meth führt sehr schnell zu einer schweren psychischen Abhängigkeit. Rasch werden hohe Konzentrationen im Körper und besonders im Gehirn erreicht. Nebenwirkungen wie beispielsweise Tachykardien nimmt der Betroffene deutlich weniger wahr. Crystal Meth kann also höher dosiert werden als herkömmliches Speed. Der Körper gewöhnt sich auch schneller an Methamphetamin als an Speed oder Kokain. Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, muss folglich die Dosis stetig erhöht werden. Der Mediziner nennt dies Toleranzentwicklung.

Crystal Meth gilt als starkes Nervengift. Es zerstört Nervenzellen und führt zu Schädi-gungen im Gehirn. Das bedeutet, Abhängige bauen mit der Zeit nicht nur körperlich, sondern vor allem auch geistig ab. Da der Körper immer unter Dauerstress steht, kommt es in der Folge zu wesentlichen körperlichen Veränderungen: Anstieg der Körpertemperatur sowie des Blutdrucks, Tachykardie und -pnoe. Schmerzempfinden und Schlafbedürfnis werden unterdrückt, Hunger und Durstgefühl sind herabgesetzt. Es bestehen ein starker Bewegungsdrang, vermehrtes Schwitzen, aufgerissene Augen und ein ausgesprochener Rededrang. Typisch sind auch starke Euphorie, übersteigertes Selbstbewusstsein, erhöhte Risikobereitschaft, eine luststeigernde, enthemmende Wirkung, Gedankenflucht mit Gedankensprüngen, Wortfindungsstörungen und ein gestörtes Zeitempfinden.

Typische kurzfristige Nebenwirkungen einer Crystal-Meth-Einnahme sind Tachykardien, Schweißausbrüche, Zittern, Muskelkrämpfe, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit und Halluzinationen. Nach der euphorisierenden Wirkung kommt es zu ausgeprägten, oftmals tagelangen Nachwirkungen. Ursächlich sind vermutlich die leeren Dopamin- und Noradrenalin-Speicher im Gehirn, die sich nur sehr langsam wieder auffüllen. Diese Nachwirkungen werden von den Abhängigen oftmals als Entzugserscheinungen empfunden, was zu erneuter Drogeneinnahme führt.

Typische Nachwirkungen sind beispielsweise depressive Verstimmung, starke Müdigkeit, Erschöpfungs- und Katerstimmung, Antriebs- und Interessenlosigkeit, Schlafstörungen, die Tage bis Wochen dauern können, sowie Konzentrationsschwierigkeiten und generelle Gedächtnisbeeinträchtigungen. Crystal Meth ist eine hochpotente Substanz. Das Risiko lebensgefährlicher Überdosierungen ist sehr groß. Mögliche Anzeichen einer Überdosierung können Hyperthermie, starkes Schwitzen, starke Kopfschmerzen, trockener Mund, Übelkeit und Erbrechen, plötzlicher Blutdruckabfall, Lähmungserscheinungen, Bewusstlosigkeit oder eine Intoxikationspsychose mit einem Realitätsverlust und Angst sein. Im schlimmsten Fall kann es zum Herzstillstand kommen.

Wird Crystal Meth über einen längeren Zeitraum eingenommen, kommt es zu körperlichen Langzeitwirkungen. Fast alle chronisch Abhängigen leiden an starkem Gewichtsverlust, Störungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit, chronischen Hautentzündungen („Crystal Akne“), Schädigungen der Zähne bis zum Zahnausfall, Magenerkrankungen (Magengeschwür bis hin zur Perforation), Herzrhythmusstörungen, Störungen des Monatszyklus, Schwächung des Immunsystems mit erhöhter Infektionsanfälligkeit, einem beschleunigten, vorzeitigen Alterungsprozess oder Nieren- und Leberschäden. Auch ein Apoplex kann sich im Rahmen der dauerhaften Einnahme entwickeln.

Mindestens ebenso gefährlich sind die psychischen Langzeitwirkungen wie Depressionen, Angstzustände und Panikattacken, aggressives Verhalten gegen sich selbst und andere, Verfolgungswahn, Halluzinationen, Zwangsgedanken und -handlungen, starke Persönlichkeitsveränderungen, ständige körperliche Unruhe, Schlafstörungen, Essstörungen und ein erhöhtes Suizidrisiko.

GHB/GBL – „Liquid Ecstasy“

Gamma-Butyrolacton (GBL) ist ein Grundstoff zur Herstellung von Gammahydroxybuttersäure (GHB). Die Substanz wird auch „Liquid Ecstasy“ genannt, obwohl es keinerlei chemische Verwandtschaft zu Ecstasy aufweist und auch von seiner Wirkung her Ecstasy nicht ähnelt. In der Vergangenheit wurdeGHB unter dem Namen „K.o.-Tropfen“ bekannt.

GHB wurde 1960 als verschreibungspflichtiges Medikament mit der Anwendung als Anästhetikum, Antidepressivum und Wachmacher zugelassen, aber auch als Entzugsmittel bei Suchtkrankheiten, vor allem bei Alkohol und Opiaten.

10/10 Liquid extasy GHB Rauschgift Drogen

Heute wird GBL als Lösungsmittel in der Industrie und als Ausgangsstoff zur Herstellung von Pharmazeutika und Chemikalien eingesetzt. Es ist in seiner Wirkung dem GHB sehr ähnlich. GBL wird im Körper zu GHB umgewandelt und kann daher dieselben tödlichen Vergiftungserscheinungen hervorrufen. GBL ist schwieriger zu dosieren als GHB, da die Substanz individuell unterschiedlich aufgenommen und unterschiedlich schnell umgewandelt wird.

GHB unterliegt seit März 2002 dem Betäubungsmittelgesetz. GBL zwar nicht, wurde jedoch als bedenkliches Arzneimittel eingestuft. GHB ist eine geruchs- und farblose Flüssigkeit. Selten taucht die Substanz in Pulverform auf.

Nach der oralen Einnahme kommt es bereits nach fünf Minuten zu einer ein- bis dreistündigen Wirkung. In Einzelfällen kann die Wirkung auch bis zu einem Tag dauern. Der Effekt von GHB ist stark dosisabhängig und variiert darüber hinaus auch je nach individueller Empfindlichkeit von Mensch zu Mensch. Die Wirkung kommt einem Alkoholrausch sehr nahe: Es tritt ein Zustand der Entspannung, starker Euphorie, sexueller Anregung, Antriebssteigerung sowie intensiverer Wahrnehmung der Umwelt ein. Höhere Dosen führen zu Schläfrigkeit bis hin zum komatösen Tiefschlaf. Kurzeitig kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindelgefühl, Hypotonie, Benommenheit, Muskelverspannungen, Verwirrtheit sowie vorübergehendem Gedächtnisverlust kommen.

Wird der Rettungsdienst zu einer Person gerufen, bei der der Verdacht auf die Verabreichung von K.o.-Tropfen besteht, ist schnelles Handeln angesagt. Die Nachweiszeit von GHB/GBL im Blut beträgt lediglich zwölf Stunden für eine eventuell notwendige Untersuchung (Verdacht auf Vergewaltigung oder ähnliches). Bei häufigem Konsum kann die Leber- und Nierenfunktion beeinträchtigt werden. Nicht selten kann es bei langfristiger Einnahme zu anhaltenden Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen kommen. Wird die Substanz abgesetzt, kommt es zu starken Entzugserscheinungen, ähnlich einem Benzodiazepin-Entzug.

Speed

Speed ist eine Mischung verschiedener Amphetamine mit unterschiedlichen Verschnittstoffen. Meistens wird Speed als weißes, gelegentlich eingefärbtes Pulver angeboten. Seltener wird es in Tabletten- bzw. Kapselform oder als Tropfen in Umlauf gebracht.

Speed wird häufig mit Koffein, Milchpulver, Ephedrin oder Paracetamol gestreckt. Es ist ein indirektes Sympathomimetikum und hat somit eine anregende Wirkung auf das Zentralnervensystem.

Die Erstsynthese des Amphetamins gelang 1887 an der Berliner Humboldt-Universität. Ursprünglich wurde es als Bronchospasmolytikum und zur Gewichtskontrolle eingesetzt. Die heutige medizinische Verwendung beschränkt sich auf die Behandlung der Narkolepsie und der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADS/ADHS).

Seit den 1960er-Jahren wurde das Amphetaminderivat Fenfluramin als Appetitzügler eingesetzt, ehe es 1997 aufgrund von Nebenwirkungen vom Markt genommen werden musste. Amphetamin wird im Sport auch als Dopingmittel verwendet.

Die pulverförmige Substanz wird üblicherweise geschnieft, kann aber auch oral eingenommen werden. Viel seltener wird es geraucht oder injiziert. Bei der Injektion von Amphetamin kann es sehr schnell zu einer akuten Vergiftung durch Überdosierung kommen.

Durch die Freisetzung der Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin steigt die Körpertemperatur, Puls und Atmung werden beschleunigt, der Blutdruck erhöht. Schmerzempfinden, Hunger und Schlafbedürfnis werden unterdrückt.

Speed steigert die körperliche Leistungsfähigkeit und ermöglicht so ein nächtelanges Durchtanzen, ohne subjektiv empfundene Ermüdungs- und Erschöpfungszustände. Wichtige Signale wie Hunger, Durst und Müdigkeit werden unterdrückt. Kontaktfähigkeit und Rededrang sind erhöht. Bei höherer Risikobereitschaft ist die Kritikfähigkeit herabgesetzt. Es kann aufgrund des Schlafmangels zu visuellen und akustischen Halluzinationen kommen. Die Wirkdauer von Speed beträgt durchschnittlich vier bis zehn Stunden.

Als Kurzzeitwirkung tritt beim Schniefen ein starkes Brennen an der Nasen- und Rachenschleimhaut auf, bei langfristiger Einnahme kann es zu einer Schädigung bis zur Auflösung der Nasenscheidewand kommen, ähnlich wie bei Kokain.

Zusätzlich können auftreten: Pupillenweitung, Tachykardie, Zittern, Muskelkrämpfe, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Übelkeit, erhöhte Körpertemperatur sowie Rhythmusstörungen. Auf psychischer Ebene finden sich Unruhe, Nervosität, Angstzustände, Verfolgungswahn, Aggressionen und Schlafstörungen.

Medizinische Maßnahmen

Nach dem Abklingen der Rauschwirkung treten starke Erschöpfungszustände und ein großes Schlafbedürfnis, Konzentrationsmangel, Gereiztheit und Heißhunger auf. Möglich sind auch Depressionen. Dauerkonsum führt zu massiven Schlaf- und Kreislaufstörungen, Nervosität, Unruhe, Gewichtsverlust sowie Magenschmerzen. Durch die starke Belastung des Herzens ist eine dauerhafte Blutdruckerhöhung möglich. Die Schwächung des Immunsystems bewirkt eine gesteigerte Infektionsanfälligkeit. Das Hirn wird langfristig geschädigt, es kann zu paranoiden Wahnvorstellungen bis hin zur Amphetaminpsychose kommen.

10/10 Rauschgift Drogen Aggression Angriff Abwehr Eigengefährdung 29.08.2007

Die wichtigste Erstmaßnahme beim Eintreffen am Einsatzort ist der Selbstschutz. Dieser umfasst die Beurteilung der Umgebungssituation, hier vor allem mögliche anhaltende Gefahren für Patient und Retter. Zum Selbstschutz gehören in solchen Situationen besonders die Beurteilung des Einsatzortes und das Erkennen möglicher Gefahren, beispielsweise durch umherliegende Gegenstände wie gebrauchte Spritzen. Zu achten ist auch auf mögliche aggressive Drittpersonen sowie eine zusätzlich Gefährdung, beispielsweise durch Suizidabsichten des Patienten.

Das Risiko kann im Einsatz zwar nie gänzlich ausgeschlossen werden. Umso wichtiger ist es daher, durch ein kurzes Innehalten beim Betreten des Einsatzortes mögliche Gefahren und Risiken aktiv zu suchen und entsprechende Bedenken auch zu äußern.

Als Konsequenz kann es unter Umständen zu einer zeitlichen Verzögerung der Patientenversorgung kommen. Beispielsweise, weil erst die Polizei zur Sicherung der Situation erforderlich ist. Derartige Verzögerungen müssen im Interesse des Eigenschutzes in Kauf genommen werden.

Der chronische Konsum von Drogen führt zu pathophysiologischen Veränderungen zahlreicher Organsysteme. Für die präklinische Notfallmedizin sind vor allem Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems, des Herz-Kreislauf-Systems und der Atmung von Bedeutung.

Am Einsatzort steht in den meisten Fällen kein Drogenschnelltest zur Verfügung. Der Rettungsdienst ist deshalb auf die Eigen- und Fremdanamnese angewiesen. Die Einsatzkräfte sollten zum Beispiel möglichst genau erfragen, wann welche Drogen in welcher Menge eingenommen wurden. Nicht selten liegen Mischintoxikationen vor – beispielsweise GHB/GBL mit Alkohol oder Amphetamine mit Marihuana. Deswegen wird die Therapie im Rettungsdienst in den meisten Fällen symptomorientiert erfolgen.

Die initiale Therapie beginnt damit, dass die Vigilanz des Patienten überprüft wird. Dies geschieht durch steigende Reizintensität:

  1. Ansprechen
  2. Berühren
  3. Setzen eines Schmerzreizes

Aus der Reaktion hieraus resultiert der erste Eindruck zur Bewusstseinslage. Oberste Priorität hat die Sicherung der Vitalfunktionen. Bei Bewusstseinsminderung und Koma ist die Gefahr eines verlegten Atemweges und fehlenden Schutzreflexen mit erhöhter Aspirationsgefahr besonders groß.

Bei vorhandener Spontanatmung kann der Patient in die stabile Seitenlage gebracht werden. Tief komatöse Patienten (GCS ≤ 8) müssen in der Regel wegen erhöhter Aspirationsgefahr und insuffizienter Atmung intubiert werden. Bei unklarer Bewusstlosigkeit muss stets eine Blutzuckerbestimmung erfolgen.

Drogen_Notfall_Behandlung_Rettungsdienst_PartydrogenNach der Vigilanzprüfung werden die Vitalparameter (Blutdruck, Puls, O2-Sättigung) gemessen und ein EKG abgeleitet. Wünschenswert ist es, wenn ein venöser Zugang gelegt und eine Ringer-Laktat-Lösung (500 ml) zum Offenhalten angeschlossen wird. Einen i.v.-Zugang zu legen, wird bei diesen Patienten nicht immer gelingen. Grund: Eine mögliche Nebenwirkung der Drogeneinnahme ist aggressives Verhalten. Auch durch beruhigendes Zureden wird sich das nicht immer abbauen lassen. Im Zweifelsfall sollte der Versuch unterlassen werden, einen venösen Zugang zu legen. Anschließend sollte nach den ABC-Regeln untersucht und symptomatisch behandelt werden.

Durch Partydrogen kommt es zu „erregenden“ somatischen Begleiterscheinungen. Stellt sich zum Beispiel ein Hyperventilationssyndrom ein, resultiert daraus, dass das Kohlendioxyd im Blut zunimmt und der pHWert steigt. Als Folge entwickelt sich eine respiratorische Alkalose mit relativer Hypokalziämie. Begleitend treten oft Kopfschmerzen, Schwindel, Sehstörungen, Parästhesien und sogar Lähmungen der Extremitäten auf.

Möglicherweise kann dem Patient durch beruhigendes Zureden und der Anleitung, langsam zu atmen, geholfen werden. Eventuell hilft auch die Rückatmung in eine Plastiktüte. Helfen diese einfachen Maßnahmen nicht, können Benzodiazepine wie Diazepam 1-mg-weise bis zur gewünschten Wirkung verabreicht werden. Dabei ist vorsichtig vorzugehen, da die Gefahr einer Atemdepression besteht.

Intoxikationen mit Sympathomimetika, wie sie Amphetamine darstellen, können eine Bronchialobstruktion bis hin zu schwersten Asthma bronchiale-Anfällen auslösen. Therapeutisch stehen dann die Behandlung der Hypoxie und die Reversion der Bronchialobstruktion im Vordergrund. Der Patient sollte mit erhöhtem Oberkörper gelagert werden, um die Atmung zu erleichtern. Sauerstoff sollte am besten über eine Maske mit dem Zielwert SpO2 > 92 Prozent angeboten werden.

Zur Bronchodilatation erfolgt die Aerosol- Gabe eines rasch wirkenden Beta-2-Sympathomimetikums, zum Beispiel 2 bis 4 Hübe Fenoterol, Salbutamol oder Terbutalin. Zur Therapie gehört auch die Gabe von 50 bis 100 mg Prednisolon i.v.

Tachykardien zählen zu den häufigsten somatischen Begleiterscheinungen im Rahmen von Drogennotfällen. Liegen Zeichen einer Kreislaufinstabilität vor, muss eine entsprechende Therapie erfolgen.

Unser Autor: Dr. Ingo Blank (Jg. 1963), Chirurg und Notarzt/LNA, Dozent und EH-Ausbilder, Fachjournalist, diverse Buchveröffentlichungen (Text), Markus Brändli (Fotos); zuletzt aktualisiert: 18.03.2016


10 Tipps zum Umgang mit Angehörigen im Einsatz

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Angehoerige_580Bremen (rd.de) – Angehörige an der Einsatzstelle können für das Rettungsteam Segen und Fluch gleichermaßen sein: Niemand kennt den Patienten und seine gesundheitlichen Probleme besser als Vater, Mutter oder der Ehepartner. Allerdings ist niemand emotional stärker mit dem Betroffenen verbunden als eben diese Personen. Die Kunst besteht für den Rettungsdienst darin, sich die positiven Faktoren zunutze zu machen. 10 Tipps zum Umgang mit Angehörigen im Einsatz.

1. Das Rettungsteam sollte versuchen, einen Blick für die Emotionen der Angehörigen zu entwickeln. Dem Ehepartner oder den Eltern eines Kindes droht eine psychische Traumatisierung und ist insofern ein indirektes Notfallopfer.

2. Stellen Sie sich als Rettungsfachkraft namentlich kurz vor. Das schafft eine Vertrauensbasis und nimmt ein Stück weit die Anonymität. Indem Sie erklären, dass Sie zum Beispiel Rettungsassistent oder Notfallsanitäter seien und den Patienten jetzt kurz untersuchen müssten, signalisieren Sie Kompetenz.

3. Angehörige in der Nähe des Patienten zu belassen, kann sich positiv auf die Psyche des Erkrankten bzw. Verletzten auswirken. Er spürt den seelischen Beistand, was seinen Stress reduziert.

4. Nicht jeder Mensch hat in seinem Leben schon medizinische Notfallsituationen kennengelernt. Er reagiert daher aus Sicht des Rettungsteams vielleicht paradox, ist überängstlich oder zu sorglos. Versuchen Sie als Rettungsfachkraft, dem Betroffenen die Situation in allgemeinverständlichen Worten sachlich zu erläutern.

5. Auf dem Rettungsteam ruhen sehr große Erwartungen seitens der Angehörigen. Die Realität kann diese Hoffnungen jäh zunichtemachen. Stellen Sie sich darauf ein, dass sich die Enttäuschung gegen Sie richten kann. Bleiben Sie dann ruhig und versuchen Sie, dem Betroffenen die Ausgangslage und die durchgeführten Maßnahmen zu erklären.

6. Stellen Sie fest, dass bei einem Angehörigen Schuldgefühle aufkommen, kann das Rettungsteam diesen in einem Gespräch behutsam entgegenwirken. Frühzeitig daran denken, die Notfallseelsorge oder ein Kriseninterventionsteam nachzufordern.

7. Besonders wenn Kinder verletzt oder schwer erkrankt sein sollten, ist zu überlegen, die Eltern bei der Versorgung einzubeziehen. Vater und/oder Mutter wird so das Gefühl der Hilfslosigkeit genommen.

Angehörigen können kleinere Aufgaben übertragen werden.

Angehörigen können kleinere Aufgaben übertragen werden.

8. Angehörigen können kleinere Aufgaben wie das Halten einer Infusion oder das Zusammenstellen der vom Hausarzt verschriebenen Medikamente übertragen werden. Verantwortungsvollere Tätigkeiten wie eine Thoraxkompression kommen hingegen nicht infrage. Unsinnige Aufgaben – für einen Intubierten ein Glas Wasser holen – führen zu Misstrauen und Ärger.

9. Verfolgen Angehörige eine (erfolglose) Reanimation selbst mit, kann das für die Verarbeitung des Erlebten von Vorteil sein. Sie sehen, dass das Rettungsteam alles Menschenmögliche unternommen hat, der geliebte Mensch aber nicht gerettet werden konnte.

10. Ist der Patient ansprechbar, ist er für das Rettungsteam die Hauptansprechperson. Mit ihm und nicht mit dem Angehörigen werden in erster Linie Diagnose und mögliche Prognose besprochen. Die beste Lösung ist ein gemeinsames Gespräch von Patient, Angehörigem und zum Beispiel Notarzt.

(Text und Fotos: Herbert Mannel, Rettungsassistent, Krankenpfleger, Ausbilder, Einsatzleiter Rettungsdienst und KIT; zuletzt aktualisiert: 21.03.2016)

Überregionaler Stromausfall: Die Folgen für den Rettungsdienst

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shooting füer RettMag Thema StromausfallBremen (rd.de) – Was wäre, wenn in ganz Norddeutschland für 18 Stunden der Strom ausfiele? Vor welchen Herausforderungen stünden Einsatzleitung und Rettungsfachpersonal in einer solchen Situation? Anhand eines fiktiven Beispiels zeigen wir die möglichen Folgen eines Stromausfalls für den Rettungsdienst.

Eine fiktive Situation: Seit Dienstag, 10. April 2016, berichtet das Fernsehen über die Auswirkungen so genannter Sonnenstürme auf Regionen nahe des nördlichen Polarkreises. Aus Nordamerika, Grönland und den skandinavischen Ländern wird über lokale Stromausfälle, Behinderungen des Flugverkehrs und Störungen des Telefonnetzes berichtet. In Deutschland schockt das keinen. Probleme, die nur weit entfernte Regionen zu betreffen scheinen.

Doch in der Nacht zum 29. August 2016 ist plötzlich ganz Norddeutschland ohne Elektrizität. In Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen bricht das Stromversorgungsnetz zusammen.

Der Ausfall der Stromverbindung in den nördlichen Bundesländern überlastete die von Westen und Osten kommenden Versorgungstrassen. Die Folge war ein Dominoeffekt, der die Stromversorgung in Norddeutschland zum Kollabieren brachte.

Manchem mag dieses Szenario wie aus einem Science-Fiction-Roman vorkommen. Tatsache ist aber, dass alle elf Jahre die Sonne eine erhöhte Aktivität zeigt. Astronomen erkennen diese Aktivitäten an der Zahl der Sonnenflecken.

Und einen großflächigen Blackout durch einen Sonnensturm hat es schon einmal gegeben: Am 13. März 1989 brach das Netz eines regionalen Stromversorgers in der Provinz Quebec (Kanada) zusammen. Binnen 90 Sekunden saßen sechs Millionen Menschen im Dunkeln – für neun Stunden.

Der durch die Teilchenstrahlung erzeugte Magnetsturm koppelte sich in die langen Überlandleitungen ein; die Verteilerstationen und Transformatoren brachen daraufhin unter der Fremdlast zusammen.

Rettung im Licht von Pupillenleuchten

Im fiktiven Beispiel neigt sich die Nachtschicht auf der Rettungswache langsam dem Ende zu. Auch hier haben die Einsatzkräfte den Stromausfall registriert. Kurz danach geht um 05.30 Uhr der Piepser los.

Im fahlen Licht der Fluchtwegebeleuchtung macht sich das Rettungsteam auf den Weg zum Einsatzfahrzeug. Der Funk ist stark gestört. Minuten brauchen die Rettungsassistenten, um mit der Notkurbel das schwere Rolltor hochzuziehen. Geprobt wurde so etwas noch nie.

Auf dem Weg zur Einsatzstelle sind die Straßen leer und dunkel. Alle Ampeln sind ausgefallen. Eintreffen am Einsatzort; der Notarzt ist schon da. Auch hier: Alles ist stockdunkel. Das Rettungsteam nimmt Handscheinwerfer aus den Fahrzeugen mit. Die Finsternis macht der Patientin Angst und verstärkt ihre Atemprobleme.

Eine Versorgung quasi im Lichtkegel von Pupillenleuchten hat keinen Zweck. Nachbarn leuchten deshalb mit Taschenlampen den Weg aus, als die Frau durch das Treppenhaus zum RTW getragen wird.

Züge bleiben stehen

Es ist mittlerweile 06.45 Uhr: der Berufsverkehr hat eingesetzt. Obwohl die wenigsten Menschen an ihrem Arbeitsplatz ohne Strom viel ausrichten können, versuchen unzählige an ihre Arbeitsplätze zu gelangen. Wer kann, macht sich im Auto auf den Weg. Schnell sind die Straßen verstopft. Es kommt zu zahlreichen kleineren Unfällen.

Übung mit THW, Feuerwehr, DRK auf dem Truppenübungsplatz bei Stetten am kalten Markt. Julian Bauder

Käme es zu einem langandauernden, umfangreichen Stromausfall, wären auch die Betreuungseinheiten der Hilfsorganisationen gefordert.

Ein Nachtzug und drei Regionalzüge sind beim Stromausfall auf freier Strecke stehengeblieben. Die Züge müssen von Einsatzkräften evakuiert werden. Immerhin sind die U-Bahnen in vielen Städten so abgesichert, dass sie noch den nächsten Haltepunkt erreichen.

„3-83-1, fahren Sie mal Hinkebeinstraße 19. Meldung kam über ein paar Ecken, unklarer internistischer Notfall.“ Am Einsatzort steht eine Altenpflegerin mit einem Beatmungsbeutel in der Hand neben einem privat gepflegten Tracheostoma-Patienten. Der Akku des Beatmungsgeräts ist leer. Der Mann muss dringend in einer Klinik weiter beatmet werden.

Auch die KTW-Besatzungen haben alle Hände voll zu tun. Sie wollen die vorbestellten Fahrten abarbeiten, stoßen allenthalben auf Probleme. Die Krankenhäuser berichten über volle Ambulanzen, Arztpraxen können nur manuelle Untersuchungen durchführen. Eine Dialysepraxis nimmt wegen des Stromausfalls derzeit keine Patienten auf. Eine KTW-Besatzung muss deshalb ihre Patientin unverrichteter Dinge wieder ins Pflegeheim zurückbringen.

Dialyse fällt heute aus

Der Oberbürgermeister stellt aufgrund der Lage um kurz nach 08.00 Uhr den Katastrophenfall fest. Damit kann nun im großen Umfang Unterstützung des Technischen Hilfswerks (THW) und der Bundeswehr angefordert werden.

Der Krisenstab bittet das THW, besonders zu schützende Einrichtungen mit Notstrom zu versorgen. Welche Einrichtungen das sind, bestimmt der Notfallplan.

Nachdem die Energieversorger nur wenig Hoffnung machen, die Stromversorgung in den nächsten Stunden wieder herstellen zu können, rückt die Frage nach der Sicherstellung der Treibstoffversorgung in den Mittelpunkt der Bemühungen. Bundesweit gab es 2008 gerade einmal 15 öffentliche Tankstellen mit eigenem Notstromaggregat.

Um für die zu treffenden Maßnahmen Zeit zu gewinnen, werden alle Rettungs- und Krankenwagen angewiesen, nach Übergabe von Patienten am Zielort Standwache zu beziehen. So sollen unnütze Leerfahrten vermieden werden.

Die Stadtverwaltung möchte derweil am Güterbahnhof vier Zapfsäulen notstromfähig machen lassen. Die Zapfsäulen sollen ausschließlich Einsatzfahrzeugen zur Verfügung stehen. Für das Vorhaben soll eine Elektrikerfirma beauftragt werden. Wegen Problemenmit der telefonischen Erreichbarkeit suchen Mitarbeiter des Ordnungsamtes schließlich das Unternehmen gegen 08.30 Uhr persönlich auf.

An der Tankstelle am Güterbahnhof stellt eine DRK-Bereitschaft das Aggregat ihres Lichtmastfahrzeugs bereit. Die Elektriker sollen nun einen provisorischen Stromeinspeisepunkt und eine Erdung herstellen, damit die Zapfsäulen sicher in Betrieb gehen können.

Rettungswagen im Verlegungsstress

In der Zwischenzeit melden sich zwei Pflegeheime fast zeitgleich in der Leitstelle und bitten dringend um Hilfe: Die unterbrechungsfreien Stromversorgungen der Pflegestationen sind aufgebraucht. Auch hier gibt es beatmete Pflegepatienten.

shooting füer RettMag Thema Stromausfall

Das Öffnen eines elektrischen Garagentors von Hand dürften die wenigsten Einsatzkräfte geübt haben.

Um nicht weitere Rettungswagen mit Beatmungspatienten zu blockieren, sollen pneumatische Beatmungsgeräte aus Katastrophenschutzbeständen eingesetzt werden. So will man die Zeit überbrückt, bis die Patienten nach und nach in Krankenhäuser verlegt werden können. Der Plan schlägt allerdings fehl, weil die Pflegepatienten assistiert beatmet werden sollen. Es hilft nichts: Der Rettungsdienst muss die Beatmungsfahrten sofort durchführen.

Im Beispielszenario scheint sich gegen 10.00 Uhr die Lage zu beruhigen. Immer weniger Notrufe erreichen die Leitstelle. Der Grund für die scheinbare Entspannung liegt allerdings darin, dass inzwischen das Mobilfunknetz weitgehend ausgefallen ist.

Die Netzknoten sind mit Notstromdieseln zwar für bis zu einer Woche gegen Stromausfall gesichert. Die gewöhnlichen Mobilfunkmasten halten bei Stromausfall den Betrieb mit Akkus aber nur für sechs bis 18 Stunden aufrecht. Durch die hohe Netzlast sind die Akkus an den Sendemasten der Mobilfunknetze schnell aufgebraucht.

Notrufproblem erzeugt Fehlfahrten

Immerhin: Das Telefon-Festnetz, ISDN und sogar Internet-DSL sind noch betriebsbereit. Das Telefonnetz kann für mehrere Tage per Notstrom aufrechterhalten werden. Ein Problem ist aber, dass die wenigsten privat genutzten Telefone über einen Akku zur Überbrückung eines Netzstromausfalls verfügen. Die Leuchten an NTBA und DSL-Splitter signalisieren also unverdrossen Betriebsbereitschaft. Das DSL-Modem benötigt aber eine externe Versorgungsspannung, die beim Stromausfall fehlt.

Das Internet könnten Notebook-Nutzer mit eingebautem Analogmodem und vollem Akku noch nutzen – vorausgesetzt, sie haben die Zugangsnummer eines Internet-by-call-Anbieters zur Hand.

Einen Notruf abzusetzen, ist in dieser Situation also schwierig. Viele Betroffene wenden sich daher hilfesuchend an Krankenhäuser, Rettungswachen, Feuerwehrhäuser und Polizeistationen. Sogar Taxistände werden aufgesucht, um Notfälle zu melden.

Telefonverbindungen zwischen Feuer- und Rettungsleitstellen sowie der Polizei – in manchen Städten auch zu Krankenhäusern – sind ausfallsicher. Vorausschauend wurden sie in einem separaten analogen Schalttelefonnetz zusammengeschlossen. Strenggenommen ein Relikt aus den Zeiten des Kalten Krieges. Heute fallen sie deshalb nicht selten den aktuellen Leitstellenmodernisierungen zum Opfer.

Kein Digitalfunk mehr in Niedersachsen

Das Notrufproblem sorgt für Unruhe in der Bevölkerung. Viele müssen feststellen, dass sie sich auf den Notruf 112 nicht mehr wie gewohnt verlassen können. Folge: Der Rettungsdienst registriert einen deutlichen Anstieg von Fehlfahrten, weil die Patienten zwischenzeitlich mit anderen Transportmitteln ins Krankenhaus gebracht wurden.

Stromausfall_Rettungsdienst_Global Blackout_Krisenmanagement

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Derweil kann der neue digitale TETRA- Einsatzfunk in Bremen und Niedersachsen nicht mehr genutzt werden. Die Funkzellen des digitalen BOS-Funks sind in den beiden Bundesländern nur mit zwei Stunden Akku-Überbrückung versehen.

Zwar schlossen die Länder Kooperationsverträge mit dem THW, um sich für solche Situationen zu schützen. Allerdings können die Versorgungsaggregate nach DIN 14 685 derzeit noch nicht an die Basisstationen angeschlossen werden. Nur in Hamburg kann noch digital gefunkt werden, weil dort viele TETRA-Basisstationen mit festen Notstromaggregaten ausgestattet worden sind.

In Niedersachsen wurden fünf von 430 Tetra-Basisstationen zwar mit Wasserstoff-Notstromeinrichtungen ausgerüstet, die wenigstens 48 Stunden Strom liefern sollen. Doch die Kapazitäten sind zu schwach, um den Digitalfunk in dieser Situation zu „retten“.

Treibstofflogistik organisieren

Der Krisenstab entscheidet daher, zwei analoge BOS-Relaisstationen mit externem Notstrom zu versorgen. Hier sind die Einspeisepunkte und Erdungsmöglichkeiten der Anlagen genau bekannt. Zwei mobile Stromerzeuger werden vom DRK bereitgestellt.

Die Frage nach der Treibstofflogistik wird drängender. Auch das Technische Hilfswerk weist auf dieses Problem hin, kann materiell aber nicht weiterhelfen. Die THW-Stützpunkte bevorraten nämlich keine Gefahrstoffe, also auch kein Benzin für solche Schadenslagen. Die ersten Notstromaggregate sind in Betrieb, ihre Laufzeiten hängen von der entnommenen Stromlast ab. Genau Angaben, wann welches Stromaggregat leerläuft, gibt es nicht.

Stromausfall_Rettungsdienst_Global Blackout_Krisenmanagement_III

Versorgungszüge sind darauf eingestellt, binnen kurzer Zeit eine größere Zahl von Personen mit Essen und Trinken zu versorgen.

Im hier geschilderten fiktiven Szenario geht die Tankstelle für Einsatzfahrzeuge gegen 12.00 Uhr in Betrieb. Die Leitstelle beordert die Rettungsmittel in kleinen Gruppen zur Tankstelle, weil sich sonst ein großer Stau bilden würde.

Die Stadtwerke melden gegen 14.00 Uhr einen verminderten Wasserdruck im Stadtgebiet. In der Regel sind die Grundwasserpumpstationen mit einer Notstromversorgung gekoppelt, die eine Wasserversorgung für Zeiträume zwischen zwölf und 24 Stunden gewährleistet. In Hochhäusern oder Hanglagen werden die Druckerhöher jedoch nicht mit Notstrom abgedeckt. Fließendes Wasser gibt es in Städten deshalb vermutlich nur noch bis zum dritten Obergeschoss.

Auch die Feuerwehr muss sich auf den geringeren Druck einstellen. Die Hydranten werden weniger Wasser liefern als üblich. Gleichzeitig steigt die Zahl von Bränden. So endet der Versuch einer Frau, einen alten Campingkocher in Betrieb zu nehmen, mit einer Verpuffung. In den Abendstunden verursachen unbeaufsichtigte Kerzen zahlreiche Zimmerbrände. Darüber hinaus erleiden diverse Personen Kohlenmonoxid- Vergiftungen, weil sie unwissend Holzkohlegrills im Wohnzimmer angezündet hatten.

Hilfsorganisationen haben mittlerweile an diversen Stellen in der Stadt Feldküchen aufgebaut. Hier gibt es kostenlos Tee und eine warme Mahlzeit für die Bevölkerung. Langsam bekommt man die Lage in den Griff. Die Maßnahmen greifen, das Chaos lichtet sich. Und gegen 22.00 Uhr gehen tatsächlich in den ersten Bezirken die Lichter wieder an. Der Alptraum geht zu Ende.

Unser Autor: Mario Gongolsky (Jg. 1966), Rettungsassistent, OrgL, Absolvent der Weiterbildung „Management in Hilfeleistungsunternehmen“ (Text); Markus Brändli (Fotos); zuletzt aktualisiert: 29.03.2016

Kinder besuchen den Rettungsdienst: So wird’s ein Erfolg

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RDESNT Rewa Kirchheim Kazi PR-Arbeit ÖffentlichkeitsarbeitBremen (rd.de) – Rettungswagen haben auf viele Kinder eine faszinierende Wirkung. Die Mischung aus Neugierde und heimlicher Furcht führt dazu, dass sie sich von den „schnellen roten Autos mit dem Blaulicht“ angezogen fühlen. Kein Wunder, dass bei Kindern ein Besuch der örtlichen Rettungswache äußerst beliebt ist. Der bevorstehende Besuch junger Gäste konfrontiert die Verantwortlichen des Rettungsdienstes allerdings mit der Frage: Was, um Himmels willen, können wir den Kindern zeigen?

Welche Ziele verfolgt der Wachenbesuch?

Zunächst gilt es, sich zu fragen, was mit dem Besuch der Rettungswache bezweckt werden soll. Klar, die Kinder finden das Thema „spannend“ und möchten gerne mal „gefahrlos“ einen Rettungswagen von innen sehen.

Aus Sicht Erwachsener dürfte die Notfallpädagogik die wichtigere Rolle spielen. Die Kinder sollen unverkrampft an das Thema „Erste Hilfe“ herangeführt werden. Sie können sich bei solch einem Besuch mit dem Rettungsdienst vertraut machen, und man kann ihnen spielerisch die möglicherweise vorhandene Berührungsangst nehmen. Darüber hinaus gelingt es einem vielleicht, „Helfer von Morgen“ zu gewinnen und – je nach Alter – zur Gründung bzw. Mitarbeit in einem Schulsanitätsdienst zu motivieren. In jedem Fall bietet sich die Chance, sie schon frühzeitig für soziale Verantwortung zu sensibilisieren.

Vorbereitung, die sich lohnt

Ohne etwas Vorbereitung wird der Besuch einer Kindergartengruppe oder Schulklasse auf der Rettungswache kaum zum Highlight werden. Insofern ist etwas Planung erforderlich. Steht das Programm aber erst mal, lässt sich bei weiteren Besuchen anderer Kindergruppen darauf zurückgreifen.

Erfahrungsgemäß ist von einer Besuchsdauer auszugehen, die zwei bis drei Stunden beträgt. Der Rettungsdienst- oder Wachenleiter muss zwei Mitarbeiter bestimmen, die sich um die Gäste kümmern sollen – es sei denn, er übernimmt diese Aufgabe selbst. Die „Gästeführer“ sollten sich freiwillig zur Verfügung stellen und nicht nur Spaß, sondern auch etwas Erfahrung im Umgang mit Kindern haben. Je nach Konstellation kann es sinnvoll und hilfreich sein, Mitglieder der eigenen Jugendabteilung (zum Beispiel Jugendrotkreuz oder Malteser-Jugend) hinzuzuziehen.

Zu unterscheiden ist, von wem die Initiative für den Besuch ausgeht. Eine Hilfsorganisation oder ein privater Rettungsdienst hat die Möglichkeit, den Wachenbesuch im Rahmen eines Erste-Hilfe-Kurses für Kinder oder als Aktion anlässlich des Sommerferienprogramms durchzuführen. Schulen oder Kindergärten können den Ausflug zur örtlichen Rettungswache ins Auge fassen, wenn sie das Thema „Erste Hilfe“ im Unterricht behandeln. In jedem Fall ist es wichtig, dass den Kindern zuvor altersgemäß in Theorie und Praxis die Erste Hilfe vermittelt wurde – sie also nicht gänzlich unvorbereitet zum Rettungsdienstbesuch aufbrechen.

Sollte ein Besuch der Wache nicht möglich sein, sich der Rettungsdienst aber dennoch den jüngsten Bürgern der Gemeinde gerne vorstellen wollen, besteht eventuell die Möglichkeit einer Kooperation. Sowohl Krankenhäuser als auch Feuerwehren empfangen immer wieder Kindergruppen, um ihnen ihre Räumlichkeiten und Geräte vorzustellen. In diesem Rahmen könnte sich der Rettungsdienst „einklinken“ und den Programmpunkt „Vorstellung eines Rettungswagens“ beisteuern.

Ablauf auf der Rettungswache

Kommt die Kindergruppe zur Rettungswache, steht als erster Programmpunkt die Begrüßung an. Man kann sich hierfür zum Beispiel im Unterrichtsraum der Wache in einem Stuhlkreis zusammensetzen. Um das Eis zu brechen, bietet es sich an, den Kindern Fragen zu stellen und sie erzählen zu lassen:

•    Was wisst ihr über den Rettungsdienst?
•    Habt ihr schon einmal Einsätze zum Beispiel in der Schule oder in der Familie erlebt?
•    Ist vielleicht einer von euch selbst schon einmal mit einem „Krankenwagen“ ins Krankenhaus gebracht worden? Wie war das für dich?

Der anschließende theoretische Teil – also zum Beispiel die Beschreibung des Zuständigkeitsgebietes und die unterschiedlichen Rettungsmittel – müssen dem Alter der Kinder angemessen erfolgen. Andernfalls droht schnell die Gefahr einer „Abstrafung“ in Form von Unruhe. Bei Kindern im Alter zwischen vier und sieben Jahren können zum Beispiel Modell- oder Spielzeugautos genutzt werden; zwischen acht und 16 Jahren darf es etwas abstrakter sein, beispielsweise in Form von Karten oder Bildern.

Nach der Begrüßungsrunde folgt die Kurzvorstellung der Rettungswache. Nicht alle Räume werden für Kinder „spannend“ sein. Lohnenswert sind aber unter anderem der Desinfektionsraum, das Materiallager und – sofern vorhanden – Vitrinen mit alten/historischen Rettungs- oder Funkgeräten. Den Abschluss des Rundgangs bildet die Fahrzeughalle. Hier wird ein Rettungswagen, der während der Zeit des Besuchs außer Dienst ist, als Vorführmodell herangezogen. Soweit möglich, kann dabei kurz auf die Unterschiede zu den anderen Einsatzfahrzeugen in der Halle hingewiesen werden.

Überraschend viele Ausrüstungsgegenstände in einem Rettungswagen lassen sich nutzen, um Kindern zu verdeutlichen, dass ein Großteil der Maßnahmen ohne Schmerzen durchgeführt wird:

•    EKG aufkleben lassen und ableiten,
•    auf der Trage festschnallen,
•    auf eine Vakuummatratze legen und von den anderen Kindern die Luft absaugen lassen,
•    ein Pulsoxymeter oder eine HWS-Schiene anlegen,
•    den Herzschlag mit einem Stethoskop hören.

Um die Arbeit des Rettungsdienstes kindgerecht vorzustellen, kann auf dem Gelände der Wache ein Einsatz simuliert werden. Dabei sollte ein harmloses Szenario gewählt werden, in das Kinder selbst geraten können, zum Beispiel der Sturz mit einem Fahrrad. Dieser Notfall kann mit den Kindern zusammen durchgespielt werden. Die jungen Besucher lernen dabei

•    wie sie am Telefon einen Notruf absetzen,
•    wie sie einen Erwachsenen zu Hilfe holen können,
•    wie sie das verletzte Kind betreuen können, bis der Rettungsdienst eintrifft.

Je nachdem, wie die Leitstelle eingebunden werden kann, ist zum Beispiel auch die probeweise Auslösung eines Funkmelders denkbar.

Kinder besuchen Rettungswache_2_580

In allen Fällen sollten die Kinder die ihnen an die Hand gegebenen Geräte selbst ausprobieren dürfen. Symbolfoto: Michael Rüffer

Die Versorgung des Patienten können die Kinder unter Anleitung durchführen. Sie wenden dabei ihre zuvor im Kindergarten oder in der Schule erlernten Kenntnisse praktisch an. Größeren Kindern kann man anbieten, sich Wunden zu schminken und diese anschließend zu verbinden. Für kleinere Kinder (vier bis sieben Jahre) kann stattdessen ein „Teddy-Krankenhaus“ eingerichtet werden. Hier können die Kinder ihre von zuhause mitgebrachten Kuscheltiere oder Puppen selbst behandeln. In allen Fällen sollten die Kinder die ihnen an die Hand gegebenen Geräte selbst ausprobieren dürfen. Das baut ebenfalls Berührungsängste ab und ermutigt sie, anderen zu helfen.

Nicht vergessen: Feedback der Kinder

Nach zwei bis drei Stunden wird sich der Wachenbesuch dem Ende zuneigen. Zeit, die Kinder zu fragen, wie ihnen ihr Besuch gefallen hat. So lässt sich heraushören, wie das Programm unter Umständen vor der nächsten Gruppe nachjustiert werden muss. Die „Feedbackrunde“ kann bei Saft, Keksen und eventuell Eis stattfinden. Und ein Gruppenfoto vor dem Rettungswagen sowie eventuell ein Souvenir aus dem Marketingfundus der Hilfsorganisation (Pixi-Buch, Cap oder Ähnliches) werden dazu beitragen, dass die begeisterten Erzählungen der Kinder ihre Eltern daran erinnern, wie lange deren letzter Erste-Hilfe-Kurs schon zurückliegt.

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Rettungsassistent, Chefredakteur Rettungs-Magazin und www.rettungsdienst.de; Symbolfotos: Markus Brändli und Michael Rüffer; 07.04.2016)

Reanimation: ja oder nein?

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Shootong für RettMag , Thema Todesfeststellung, mit Gaby SchwarzBremen (rd.de) – Im Rettungsdienst stellt sich bei einer Reanimation häufig die Frage: Welchen Sinn macht die Fortführung der begonnenen Maßnahmen? Wann und unter welchen Voraussetzungen sollte eine Reanimation beendet werden?

Die Leitlinien des European Resuscitation Councils (ERC) empfehlen, dass nach Applikation einer Lyse noch eine Stunde und unterkühlte Patienten bis zur Wiedererwärmung weiter reanimiert werden sollten. Außerdem kann ein Reanimationsversuch bei über 20 Minuten persistierender Asystolie abgebrochen werden. Solange Kammerflimmern vorliegt, besteht aber prinzipiell Aussicht auf Erfolg.

Außer diesen Empfehlungen gibt es keinen definierten Zeitrahmen für die Aufrechterhaltung einer Reanimation. Es lässt sich aber sagen, dass sie abgebrochen werden kann, wenn sich innerhalb von 30 bis 40 Minuten keine Lebenszeichen wie Hustenreflex, Spontanatmung oder Herzaktionen einstellen.

Schlechte Voraussetzungen für das Überleben liegen zudem vor, wenn der Kreislaufstillstand unbeobachtet war, keine Laienreanimation erfolgte und die Anfahrtszeit des Rettungsdienstes mehr als zwölf Minuten betrug.

Feststellung des Todes

Die Feststellung des Todes eines Menschen muss in Deutschland durch einen Arzt im Rahmen einer Leichenschau erfolgen. Die Rechtsgrundlage dazu ist in den Bestattungsgesetzen der Bundesländer verankert, unterscheidet sich also in einigen Details von Land zu Land.

Die Todesfeststellung setzt voraus, dass sichere Todeszeichen vorhanden sind. Diese sind:

•    Totenflecke (Livores),
•    Totenstarre und
•    Fäulnis.
•    In manchen Bundesländern zählen nicht mit dem Leben vereinbare Verletzungen wie die Dekapitation ebenfalls zu den sicheren Todeszeichen.

Shootong für RettMag , Thema Todesfeststellung, mit Gaby Schwarz

Notärzte können sich auf das Ausstellen einer vorläufigen Todesbescheinigung beschränken. Symbolfoto: Markus Brändli

Wird eine Reanimation nicht aufgenommen bzw. abgebrochen, sollte ein zehnminütiges Ableiten eines Nulllinien-EKG erfolgen. Damit kann eine Vita reducta relativ sicher ausgeschlossen werden. Definitive Sicherheit liegt aber erst nach Ausprägung sicherer Todeszeichen vor.

Mitunter wird dem anrückenden Notarzt durch die Leitstelle oder die bereits vor Ort befindliche Besatzung eines Rettungswagens gemeldet: „Patient verstorben, Sicherheit vor Schnelligkeit.“ Dieses Vorgehen ist problematisch, wenn noch keine – ohnehin nur von einem Arzt festzustellenden – sicheren Todeszeichen vorliegen oder beispielsweise Toten- mit Kältestarre verwechselt wird. Eine folglich unterlassene, aber eigentlich gebotene Reanimation würde dann zumindest den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung nach Paragraph 323c Strafgesetzbuch erfüllen.

Leichenschau

Die Veranlassung einer Leichenschau soll unverzüglich erfolgen und obliegt den Angehörigen, eventuell auch dem Haus- oder Wohnungseigentümer. Im öffentlichen Raum ist dafür in der Regel die Polizei zuständig.

Zur Durchführung der Leichenschau ist jeder approbierte Arzt berechtigt, so auch Notärzte. Sie haben außerhalb von Krankenhäusern die größte Routine bei einer Todesfeststellung, kennen jedoch im Gegensatz zu ihren niedergelassenen Kollegen meist die Krankengeschichte des Verstorbenen nicht.

Notärzte können sich auf das Ausstellen einer vorläufigen Todesbescheinigung beschränken, einer „abgespeckten“ Variante des Leichenschauscheins. Allerdings muss gesichert sein, dass ein weiterer (Haus-)Arzt die endgültige Leichenschau vornimmt.

(Text: Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt, Ltd. Notarzt Landkreis Unterallgäu; Symbolfotos: Markus Brändli; 11.04.2016)

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