Quantcast
Channel: Tipps & Wissen – rettungsdienst.de
Viewing all 473 articles
Browse latest View live

Berufseinstieg: 20 Tipps damit es klappt (Tipps 6 bis 10)

$
0
0

Rettungsdienst_Tipps_Berufseinstieg_V

Bremen (rd_de) Der Einstieg in den Berufsalltag beim Rettungsdienst kann gerade für Neulinge herausfordernd sein. Zwar sollte in der Ausbildung das nötige Wissen auch in der Praxis vermittelt worden sein. Woran es aber Neulingen im Rettungsdienst zwangsläufig fehlt, ist die Routine. Wir haben 20 Tipps zusammengestellt, die die Grundlagen der Arbeit im Rettungsdienst zusammenfassen und den Einstieg in den Berufsalltag erleichtern. Im zweiten Teil, mit den Tipps 6 bis 10,  geht es beispielsweise darum, wie Blutungen effektiv gestillt werden können, und um die korrekte Sauerstoffgabe.

Tipp 6: Was das EKG verrät

Das EKG ist in der Notfallmedizin ein wichtiges Hilfsmittel. Nicht nur im Rhythmusmonitoring und aufgrund der Möglichkeit, einen Patienten kontinuierlich zu überwachen. Auch in der verhältnismäßig einfachen Infarktdiagnostik liegen Vorteile eine EKG.

Im Verlauf eines Notfalleinsatzes muss immer ein EKG angelegt werden. Wann dafür der richtige Zeitpunkt ist, hängt vom Erkrankungsbild bzw. dem Verletzungsmuster ab. Beim internistischen Notfall zählt das Schreiben eines EKGs zu den ersten Maßnahmen. Beim polytraumatisierten Patienten wird es hingegen deutlich nach hinten rücken, da andere – lebenserhaltende – Aufgaben eine höhere Priorität besitzen.

Jeder Rettungssanitäter, -assistent, Notfallsanitäter und Notarzt muss grundlegende Veränderungen im EKG erkennen und diese richtig deuten können. Der europäische Rat für Wiederbelebung schlägt hierfür sechs Schritte vor:

  • Ist eine elektrische Aktivität vorhanden?
  • Wie hoch ist die ventrikuläre Frequenz?
  • Ist der QRS-Komplex schmal oder verbreitert?
  • Ist der QRS-Rhythmus regelmäßig oder unregelmäßig?
  • Ist Vorhofaktivität erkennbar?
  • Stehen Vorhofaktivität und Kammeraktivität miteinander in Beziehung?

Download Skills-Training: Die wichtigsten Fertigkeiten (Skills), die Notfallsanitäter kennen und beherrschen müssen.

Bei jedem internistischen Notfallpatienten, nach jeder Reanimation und bei allen unklaren Erkrankungsbildern muss ein 12-Kanal-EKG geschrieben werden. Dadurch können zusätzlich in den Brustwandableitungen (V1 – V6) Infarktzeichen erkannt werden. Hierzu zählen ST-Strecken-Hebung, ST-Strecken-Senkung und T-Negativierung. Außerdem lassen sich Blockbilder wie Linksschenkelblock als Hinweis auf einen akuten Herzinfarkt und Rechtsschenkelblock als Hinweis auf eine Lungenembolie feststellen.

Tipp 7: Die Sache mit dem ABC…

Die Basisdiagnostik orientiert sich am ABCDE-Schema. Zur orientierenden Beurteilung der Atmung eignet sich das Pulsoxymeter. Wird der Signalton zusätzlich eingeschaltet, erhält das Team quasi nebenbei wichtige Informationen über Pulsfrequenz und -rhythmus.

Zum Abschnitt „Airway“ und „Breathing“ gehört es außerdem, das Hautkolorit zu beurteilen, die Atemfrequenz auszuzählen und die Luge zu auskultieren. Dabei lassen sich womöglich einige Differentialdiagnosen der akuten Atemnot ausschließen.

Durch seitenvergleichendes Abhören sollte herausgefunden werden, ob die Lunge beidseits belüftet ist. Foto: Markus Brändli

Durch seitenvergleichendes Abhören sollte herausgefunden werden, ob die Lunge beidseits belüftet ist. Foto: Markus Brändli

Zuerst sollte durch seitenvergleichendes Abhören herausgefunden werden, ob die Lunge beidseits belüftet ist. Ist dies nicht der Fall, liegt der Verdacht eines (Spannungs-) Pneumothorax nahe. „Brodelt“ der Patient, besteht Verdacht auf ein Lungenödem. Ist das Geräusch eher giemend, könnte es sich um Asthma, eine allergische Reaktion oder COPD handeln.

Der Abschnitt „Circulation“ im ABCDE-Schema beginnt damit, den Puls zu fühlen. Herzfrequenz, Pulsqualität und Rhythmus sind entscheidend.

Die Kreislaufsituation kann zudem mit der Nagelbettprobe eingeschätzt werden. Hierbei wird auf das Nagelbett eines Fingers gedrückt, sodass das Blut in den Kapillaren unter dem Fingernagel entweicht. Innerhalb von zwei Sekunden muss sich das Nagelbett wieder rosig zeigen, andernfalls kann ein Schock vorliegen.

Sind diese schnell durchführbaren Tests abgeschlossen, sollte manuell Blutdruck gemessen, ein EKG angelegt und der QRS-Ton eingeschaltet werden. Auch das Aussehen der Haut kann wichtige Hinweise liefern.

Es folgt eine grobe neurologische Untersuchung. Hierfür wird der Patient räumlich, zeitlich, situativ und zur Person befragt: Wo befinden wir uns gerade? Welcher Tag ist heute?

Den Pupillenstatus zu erheben, die Glasgow Coma Scale auszurechnen und Motorik sowie Sensorik zu prüfen, sind weitere Arbeitsschritte. Nicht zu vergessen ist der aktuelle Blutzuckerwert.

Damit schließt im ABCDE-Schema der Punkt D wie „Disability“ ab. Um die Basisdiagnostik zu komplettieren, muss der Patient je nach Situation allerdings noch entkleidet werden, um einen vollständigen Bodycheck durchzuführen.

Wichtig: Das ABCDE-Schema wird nur dann in dieser Reihenfolge abgearbeitet, wenn nicht akut vital bedrohliche Probleme vorliegen, die ein sofortiges Eingreifen erfordern. 

Tipp 8: Blutungen effektiv stillen

Penetrierende Verletzungen mit starken Blutungen sind im zivilen Rettungsdienst eher selten. Wenn, dann treten sie in der Regel nur im Zusammenhang mit einem Polytrauma auf. Deshalb ist es wichtig, die Blutung zeitnah zu kontrollieren, um den Patient zu retten.

Im ABCDE-Algorithmus zählt bei C wie „Circulation“ neben der Diagnostik auch die unmittelbare Therapie dazu. Noch bevor mehrere großvolumige intravenöse Zugänge gelegt werden, müssen erst Blutungen gestoppt werden. Durch den Verdünnungseffekt, den die Infusion auf das Blut hat, würde sich andernfalls die Gerinnung verschlechtern. Folge: Die Blutung würde forciert, statt gestoppt.

Als erstes muss ein Druckverband angelegt werden. An Körperstellen, die schwierig zu verbinden sind, muss improvisiert werden. Bei stark spritzenden Wunden am Bauch oder Becken nach Oberschenkelamputation empfiehlt es sich, manuell mit sterilen Wundauflagen Druck auszuüben. Diese einfache Maßnahme hat erfahrungsgemäß den größten Erfolg.

Nachteil dieser Methode ist, dass ein Helfer dadurch ununterbrochen gebunden ist. Für andere Aufgaben steht er nicht mehr zur Verfügung. Deshalb sollte frühzeitig ein weiteres Team nachgefordert werden.

Aus der Militärmedizin gibt es spezielle Entwicklungen, um massive Blutungen zu beherrschen. Diese Methoden könnten zunehmend auch im zivilen Rettungsdienst Einzug halten. Tourniquets und lokale Hämostyptika – Verbandmittel mit gerinnungsfördernden Substanzen – stehen aktuell in der Diskussion.

Nie zu vergessen ist bei solchen Einsätzen der Faktor Zeit. Wenn es nicht gelingt, die Blutung zu stoppen, zählt nur eins: Der schnellstmögliche Transport in die nächste Klinik. In jedem Krankenhaus mit chirurgischer Abteilung kann eine Blutung operativ zumindest vorübergehend gestoppt werden. Die endgültige Versorgung kann nach Stabilisierung des Patienten in einer Spezialklinik erfolgen.

Tipp 9: Schmerzen einschätzen

Schmerzen werden von Notfallpatienten sehr subjektiv wahrgenommen. Ziel des Rettungsdienstes muss es sein, diese zu objektivieren und daraus Schlüsse für die Therapie zu ziehen. Des gelingt am besten mit der numerischen Ratingskala (NRS). Während ein Patient bei der NRS seine Schmerzen mit einer Zahl zwischen 0 (kein Schmerz) und 10 (stärkster vorstellbarer Schmerz) klassifiziert, muss er bei der Revised Faces Pain Scale auf ein Gesicht („Smiley“) zeigen. Diese Methode wird vor allem bei Kindern angewendet.

Icons Buttons grey Feedback

Bei der Revised Faces Pain Scale muss der Patient auf ein Gesicht („Smiley“) zeigen, um den Grad seiner Schmerzen einzuschätzen. Grafik: Mathias Enter/fotolia

Neben der Selbsteinschätzung müssen auch Vitalparamter wie Tachykardie, Hypertonie und Tachypnoe berücksichtigt werden, um die Schmerzen behandeln zu können.

Zunächst sollten immer Basismaßnahmen wie Lagerung und Schienung, Kühlung, Sauerstoffgabe und psychische Betreuung durchgeführt werden. Zeigt dies keinen Erfolg, muss ein Notarzt nachgefordert werden. Nur er kann medikamentös mit Analgetika eingreifen.

Unterschieden wird zwischen zentral und peripher wirksamen Analgetika. Zu den erstgenannten gehören Opiate, die die Schmerzwahrnehmung in Gehirn und Rückenmark hemmen. Zur Gruppe der Letztgenannten zählt beispielsweise Ibuprofen. Sie unterdrücken die Entzündungsmediatoren, die die Schmerzen erzeugen.

Einige Schmerzsyndrome sind typisch für akut vital gefährdende Erkrankungen. Auf solche muss besonders geachtet und reagiert werden. So kann zum Beispiel abdominaler und thorakaler Vernichtungsschmerz auf eine Aortendissektion, plötzlicher stärkster Kopf- und Nackenschmerz auf eine Subarachnoidalblutung hinweisen.

Tipp 10: Wann und wie viel Sauerstoff?

Die korrekte Dosierung von Sauerstoff (O2) bei Notfallpatienten ist aktuell umstritten. Um in Notfallsituationen sicher zu handeln, müssen deshalb einige Grundregeln beachtet werden.

Zeigt ein Patient Zeichen ausgeprägter Atemnot wie den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, zyanotische Lippen, Ohren, Gesicht, Fingerspitzen oder Angst, sollte ihm hochdosierter Sauerstoff (8 bis 10 l/min) möglichst per Highflow-Maske verabreicht werden. Bis zu einer Besserung des Zustands kann die Menge auf 15 l/min gesteigert werden.

Zeigt ein Patient Zeichen ausgeprägter Atemnot, sollte ihm hochdosierter Sauerstoff per Maske verabreicht werden. Foto: Markus Brändli

Zeigt ein Patient Zeichen ausgeprägter Atemnot, sollte ihm hochdosierter Sauerstoff per Maske verabreicht werden. Foto: Markus Brändli

Sind keine Zeichen für einen Sauerstoffmangel zu erkennen, sollte – bis auf wenige Ausnahmen – auf eine prophylaktische O2-Gabe verzichtet werden.

Bei Trauma-Patienten sind zwei Komplikationen gefürchtet: starke Schmerzen und schwerer Schock. Um auf beides adäquat vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, generell 6 bis 8 l/min Sauerstoff über O2-Brille zu applizieren. So lässt sich das Blut mit Sauerstoff aufsättigen und einer Hypoxie – bedingt durch den verminderten Atemantrieb aufgrund der Analgetika – vorbeugen.

Handelt es sich um schwere Traumata wie Schädel-Hirn-Trauma oder einem Polytrauma, muss der Patient frühzeitig und unabhängig von der pulsoxymetrisch ermittelten Sauerstoffsättigung 15 l/min O2 über eine Highflow-Maske bekommen.

Etwas vorsichtiger muss bei internistischen Patienten vorgegangen werden. Wird zu viel Sauerstoff verabreicht, kann eine Hyperoxämie die Folge sein. Dies verursacht eine Gefäßkonstriktion, was beispielsweise bei einem Herzinfarkt fatal sein kann. Bei Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall werden 2 bis 4 l/min empfohlen.

Der Ziel-SpO2 beträgt 94 bis 98 Prozent. Mit der Insufflation von 2 bis 4 l/ min über Sauerstoffbrille kann sich das Rettungsfachpersonal herantasten. Nasensonden sollten nicht mehr eingesetzt werden. Bei ihnen besteht die Gefahr einer Dislokation und Verletzung. 

(Text und Fotos: Dr. Maximilian Kippnich, Bezirksbereitschaftsarzt Bayerisches Rotes Kreuz in Unterfranken; zuletzt aktualisiert: 09.11.2017)[2991]


Partydrogen: Symptome erkennen, richtig behandeln

$
0
0

Intoxikation PartydrogeBremen (rd_de) – Cannabis, Ecstasy, Kokain und andere Amphetamine sind als beliebte „Partydrogen“ weit verbreitet. In den letzten Jahren rückten weitaus härtere Substanzen in den Fokus. Der Begriff „Partydroge“ verharmlost dabei die hohe Suchtgefahr und führt immer wieder dazu, dass die Wirkungen und damit auch die Risiken unterschätzt werden. Wir geben einen Überblick über aktuelle Substanzen und welche Maßnahmen vom Rettungsfachpersonal durchgeführt werden können. 

Inhalt
Crystal Meth
GHB/GBL – „Liquid Ecstasy“
Speed
Medizinische Maßnahmen nach Drogenkonsum
Was ist eine Amphetaminpsychose?
Behandlung von Partydrogenkonsumenten

Eine so genannte „Partydroge“ ist keinesfalls als Synonym für ein ungefährliches Rauschmittel zu verstehen. Die Bezeichnung geht vielmehr darauf zurück, dass die entsprechenden Drogen zumeist auf Partys bzw. in Discotheken, Clubs und Bars eingenommen werden. Die Konsumenten wollen durch die Substanzen in einen schwerelosen, ungehemmten Rauschzustand gelangen und Ermüdungserscheinungen des Körpers ausblenden, um möglichst lange feiern zu können.

Entsprechende Drogen finden aber auch bei anderen Gelegenheiten Verwendung, etwa um die Leistung zu steigern, sich sexuell zu stimulieren oder eine euphorische Stimmung zu entwickeln. Ein Konsumschwerpunkt ist erfahrungsgemäß vor allem in Discos und Clubs mit elektronischer Musik (Techno, Elektro, House) zu finden.

 So erklärt sich auch, dass Cannabis nicht (mehr) zu den Partydrogen gezählt wird, obwohl der Konsum gerade im Rahmen von bzw. nach entsprechenden Feierlichkeiten stattfindet. Cannabis wirkt eher beruhigend und ermüdend, verfehlt also die gewünschte Wirkung. Gelegentlich wird Cannabis nach einer durchfeierten Nacht eingenommen, um den Körper nach Einnahme einer modernen Partydroge wieder „herunterzuregeln“ und so ein wenig Schlaf zu finden.

Auch Kokain ist nur noch eingeschränkt als Partydroge zu sehen. Zwar entfaltet Kokain eine entsprechende Wirkung. Doch letztendlich findet der Konsum in der Party-Szene erheblich seltener statt, da die Preise sehr hoch sind. Als typische Partydrogen werden daher aktuell eher Speed, Ecstasy, LSD oder GHB bezeichnet. Solche Partydrogen können eine sunstanzinduzierte Psychose (auch bekannt als Drogenpsychose) auslösen.

Gerade – aber nicht nur – in Großstädten wird der Rettungsdienst immer häufiger mit Drogenintoxikationen konfrontiert. Auch der Sanitätsdienst, zum Beispiel bei Musikfestivals, muss sich vermehrt um entsprechende Patienten kümmern.

Crystal Meth

Crystal Meth gilt derzeit als eine der härtesten Drogen weltweit. 18 Millionen Menschen schniefen, rauchen oder spritzen den Stoff. Die Substanz hat die USA bereits fest im Griff. Von Tschechien aus schwappt die Welle gerade nach Deutschland herüber.

Erstaunlicherweise handelt es sich bei Crystal Meth keineswegs um eine neue Substanz. Ein japanischer Chemiker synthetisierte sie im Jahr 1919 erstmalig; 1930 gelangte der Stoff dann nach Deutschland. Hier wurde er für den Einsatz im militärischen Bereich weiterentwickelt und kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs als Pervitin auf den Markt gebracht. Unter dem Begriff „Panzerschokolade“ konsumierten die Soldaten den Stoff, der sie zu immer neuen Höchstleistungen antrieb. Auch Hitler selbst soll regelmäßig Pervitin eingenommen haben. Erst 1988 wurde Pervitin vom Markt genommen.

Laut Bundeskriminalamt wurde 2011 in Deutschland eine Rekordmenge von rund 1,4 Tonnen Amphetamin und Methamphetamin beschlagnahmt. Vor allem bei Crystal Meth fanden die Sicherheitsbehörden deutlich größere Mengen als im Jahr zuvor. Der Grund für den rapiden Anstieg liegt nicht zuletzt in Tschechiens Drogenpolitik. Seit 1. Januar 2010 dürfen die Bürger unseres östlichen Nachbarlandes zwei Gramm Crystal Meth legal bei sich führen.

Crystal Meth bzw. Methamphetamin ist ein starkes Psychostimulans auf Amphetamin-Basis. Im Vergleich zu gewöhnlichem Amphetamin (Speed) wirkt Crystal Meth etwa fünfmal stärker. Die Substanz ist in kristalliner Form oder als Pulver erhältlich, gelegentlich auch in Form von Kapseln. In kristalliner Form erinnert der Stoff an Eiskristalle oder Glassplitter, deshalb auch die Bezeichnung „Crystal“ (Kristall). Crystal kann geschnieft, geraucht, gespritzt und geschluckt werden. In Deutschland ist vor allem das Schniefen verbreitet.

Rauschgiftdelikte mit Amphetamin, Crystal und Ecstasy haben die letzten Jahre erheblich zugenommen. Quelle: BKA 2015 (Polizeiliche Kriminalstatistik)

Die Wirkung von Crystal Meth ist abhängig von Dosis, Wirkstoffgehalt, der individuellen Gewöhnung, der Verabreichungsform sowie der körperlichen und psychischen Verfassung des Abhängigen. Es bewirkt eine vermehrte Ausschüttung der Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin sowie Dopamin im Gehirn und führt dem Körper keine Energie zu, sondern täuscht eine plötzlich auftretende Gefahrensituation vor. Folglich steht der Organismus unter Dauerstress. Die körperlichen Warnsignale wie Hunger, Durst, Schmerzempfinden und Müdigkeit werden unterdrückt oder gar nicht mehr wahrgenommen.

Der Konsum von Crystal Meth führt sehr schnell zu einer schweren psychischen Abhängigkeit. Rasch werden hohe Konzentrationen im Körper und besonders im Gehirn erreicht. Nebenwirkungen wie beispielsweise Tachykardien nimmt der Betroffene deutlich weniger wahr. Crystal Meth kann also höher dosiert werden als herkömmliches Speed. Der Körper gewöhnt sich auch schneller an Methamphetamin als an Speed oder Kokain. Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, muss folglich die Dosis stetig erhöht werden. Der Mediziner nennt dies Toleranzentwicklung.

Crystal Meth gilt als starkes Nervengift. Es zerstört Nervenzellen und führt zu Schädigungen im Gehirn. Das bedeutet, Abhängige bauen mit der Zeit nicht nur körperlich, sondern vor allem auch geistig ab. Da der Körper immer unter Dauerstress steht, kommt es in der Folge zu wesentlichen körperlichen Veränderungen: Anstieg der Körpertemperatur sowie des Blutdrucks, Tachykardie und -pnoe. Schmerzempfinden und Schlafbedürfnis werden unterdrückt, Hunger und Durstgefühl sind herabgesetzt. Es bestehen ein starker Bewegungsdrang, vermehrtes Schwitzen, aufgerissene Augen und ein ausgesprochener Rededrang. Typisch sind auch starke Euphorie, übersteigertes Selbstbewusstsein, erhöhte Risikobereitschaft, eine luststeigernde, enthemmende Wirkung, Gedankenflucht mit Gedankensprüngen, Wortfindungsstörungen und ein gestörtes Zeitempfinden.

Typische kurzfristige Nebenwirkungen einer Crystal-Meth-Einnahme sind Tachykardien, Schweißausbrüche, Zittern, Muskelkrämpfe, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit und Halluzinationen. Nach der euphorisierenden Wirkung kommt es zu ausgeprägten, oftmals tagelangen Nachwirkungen. Ursächlich sind vermutlich die leeren Dopamin- und Noradrenalin-Speicher im Gehirn, die sich nur sehr langsam wieder auffüllen. Diese Nachwirkungen werden von den Abhängigen oftmals als Entzugserscheinungen empfunden, was zu erneuter Drogeneinnahme führt.

Typische Nachwirkungen sind beispielsweise depressive Verstimmung, starke Müdigkeit, Erschöpfungs- und Katerstimmung, Antriebs- und Interessenlosigkeit, Schlafstörungen, die Tage bis Wochen dauern können, sowie Konzentrationsschwierigkeiten und generelle Gedächtnisbeeinträchtigungen. Crystal Meth ist eine hochpotente Substanz. Das Risiko lebensgefährlicher Überdosierungen ist sehr groß. Mögliche Anzeichen einer Überdosierung können Hyperthermie, starkes Schwitzen, starke Kopfschmerzen, trockener Mund, Übelkeit und Erbrechen, plötzlicher Blutdruckabfall, Lähmungserscheinungen, Bewusstlosigkeit oder eine Intoxikationspsychose mit einem Realitätsverlust und Angst sein. Im schlimmsten Fall kann es zum Herzstillstand kommen.

Wird Crystal Meth über einen längeren Zeitraum eingenommen, kommt es zu körperlichen Langzeitwirkungen. Fast alle chronisch Abhängigen leiden an starkem Gewichtsverlust, Störungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit, chronischen Hautentzündungen („Crystal Akne“), Schädigungen der Zähne bis zum Zahnausfall, Magenerkrankungen (Magengeschwür bis hin zur Perforation), Herzrhythmusstörungen, Störungen des Monatszyklus, Schwächung des Immunsystems mit erhöhter Infektionsanfälligkeit, einem beschleunigten, vorzeitigen Alterungsprozess oder Nieren- und Leberschäden. Auch ein Apoplex kann sich im Rahmen der dauerhaften Einnahme entwickeln.

Mindestens ebenso gefährlich sind die psychischen Langzeitwirkungen wie Depressionen, Angstzustände und Panikattacken, aggressives Verhalten gegen sich selbst und andere, Verfolgungswahn, Halluzinationen, Zwangsgedanken und -handlungen, starke Persönlichkeitsveränderungen, ständige körperliche Unruhe, Schlafstörungen, Essstörungen und ein erhöhtes Suizidrisiko.

GHB/GBL – „Liquid Ecstasy“

Gamma-Butyrolacton (GBL) ist ein Grundstoff zur Herstellung von Gammahydroxybuttersäure (GHB). Die Substanz wird auch „Liquid Ecstasy“ genannt, obwohl es keinerlei chemische Verwandtschaft zu Ecstasy aufweist und auch von seiner Wirkung her Ecstasy nicht ähnelt. In der Vergangenheit wurdeGHB unter dem Namen „K.o.-Tropfen“ bekannt.

GHB wurde 1960 als verschreibungspflichtiges Medikament mit der Anwendung als Anästhetikum, Antidepressivum und Wachmacher zugelassen, aber auch als Entzugsmittel bei Suchtkrankheiten, vor allem bei Alkohol und Opiaten.

KO-Tropfen

Heute wird GBL als Lösungsmittel in der Industrie und als Ausgangsstoff zur Herstellung von Pharmazeutika und Chemikalien eingesetzt. Es ist in seiner Wirkung dem GHB sehr ähnlich. GBL wird im Körper zu GHB umgewandelt und kann daher dieselben tödlichen Vergiftungserscheinungen hervorrufen. GBL ist schwieriger zu dosieren als GHB, da die Substanz individuell unterschiedlich aufgenommen und unterschiedlich schnell umgewandelt wird.

GHB unterliegt seit März 2002 dem Betäubungsmittelgesetz. GBL zwar nicht, wurde jedoch als bedenkliches Arzneimittel eingestuft. GHB ist eine geruchs- und farblose Flüssigkeit. Selten taucht die Substanz in Pulverform auf.

Nach der oralen Einnahme kommt es bereits nach fünf Minuten zu einer ein- bis dreistündigen Wirkung. In Einzelfällen kann die Wirkung auch bis zu einem Tag dauern. Der Effekt von GHB ist stark dosisabhängig und variiert darüber hinaus auch je nach individueller Empfindlichkeit von Mensch zu Mensch. Die Wirkung kommt einem Alkoholrausch sehr nahe: Es tritt ein Zustand der Entspannung, starker Euphorie, sexueller Anregung, Antriebssteigerung sowie intensiverer Wahrnehmung der Umwelt ein. Höhere Dosen führen zu Schläfrigkeit bis hin zum komatösen Tiefschlaf. Kurzeitig kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindelgefühl, Hypotonie, Benommenheit, Muskelverspannungen, Verwirrtheit sowie vorübergehendem Gedächtnisverlust kommen.

Wird der Rettungsdienst zu einer Person gerufen, bei der der Verdacht auf die Verabreichung von K.o.-Tropfen besteht, ist schnelles Handeln angesagt. Die Nachweiszeit von GHB/GBL im Blut beträgt lediglich zwölf Stunden für eine eventuell notwendige Untersuchung (Verdacht auf Vergewaltigung oder ähnliches). Bei häufigem Konsum kann die Leber- und Nierenfunktion beeinträchtigt werden. Nicht selten kann es bei langfristiger Einnahme zu anhaltenden Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen kommen. Wird die Substanz abgesetzt, kommt es zu starken Entzugserscheinungen, ähnlich einem Benzodiazepin-Entzug.

Speed

Speed ist eine Mischung verschiedener Amphetamine mit unterschiedlichen Verschnittstoffen. Meistens wird Speed als weißes, gelegentlich eingefärbtes Pulver angeboten. Seltener wird es in Tabletten- bzw. Kapselform oder als Tropfen in Umlauf gebracht.

Speed wird häufig mit Koffein, Milchpulver, Ephedrin oder Paracetamol gestreckt. Es ist ein indirektes Sympathomimetikum und hat somit eine anregende Wirkung auf das Zentralnervensystem.

Die Erstsynthese des Amphetamins gelang 1887 an der Berliner Humboldt-Universität. Ursprünglich wurde es als Bronchospasmolytikum und zur Gewichtskontrolle eingesetzt. Die heutige medizinische Verwendung beschränkt sich auf die Behandlung der Narkolepsie und der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADS/ADHS).

Seit den 1960er-Jahren wurde das Amphetaminderivat Fenfluramin als Appetitzügler eingesetzt, ehe es 1997 aufgrund von Nebenwirkungen vom Markt genommen werden musste. Amphetamin wird im Sport auch als Dopingmittel verwendet.

Die pulverförmige Substanz wird üblicherweise geschnieft, kann aber auch oral eingenommen werden. Viel seltener wird es geraucht oder injiziert. Bei der Injektion von Amphetamin kann es sehr schnell zu einer akuten Vergiftung durch Überdosierung kommen.

Durch die Freisetzung der Botenstoffe Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin steigt die Körpertemperatur, Puls und Atmung werden beschleunigt, der Blutdruck erhöht. Schmerzempfinden, Hunger und Schlafbedürfnis werden unterdrückt.

Speed steigert die körperliche Leistungsfähigkeit und ermöglicht so ein nächtelanges Durchtanzen, ohne subjektiv empfundene Ermüdungs- und Erschöpfungszustände. Wichtige Signale wie Hunger, Durst und Müdigkeit werden unterdrückt. Kontaktfähigkeit und Rededrang sind erhöht. Bei höherer Risikobereitschaft ist die Kritikfähigkeit herabgesetzt. Es kann aufgrund des Schlafmangels zu visuellen und akustischen Halluzinationen kommen. Die Wirkdauer von Speed beträgt durchschnittlich vier bis zehn Stunden.

Als Kurzzeitwirkung tritt beim Schniefen ein starkes Brennen an der Nasen- und Rachenschleimhaut auf, bei langfristiger Einnahme kann es zu einer Schädigung bis zur Auflösung der Nasenscheidewand kommen, ähnlich wie bei Kokain.

Zusätzlich können auftreten: Pupillenweitung, Tachykardie, Zittern, Muskelkrämpfe, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Übelkeit, erhöhte Körpertemperatur sowie Rhythmusstörungen. Auf psychischer Ebene finden sich Unruhe, Nervosität, Angstzustände, Verfolgungswahn, Aggressionen und Schlafstörungen.

Medizinische Maßnahmen nach Drogenkonsum

Nach dem Abklingen der Rauschwirkung treten starke Erschöpfungszustände und ein großes Schlafbedürfnis, Konzentrationsmangel, Gereiztheit und Heißhunger auf. Möglich sind auch Depressionen. Dauerkonsum führt zu massiven Schlaf- und Kreislaufstörungen, Nervosität, Unruhe, Gewichtsverlust sowie Magenschmerzen. Durch die starke Belastung des Herzens ist eine dauerhafte Blutdruckerhöhung möglich. Die Schwächung des Immunsystems bewirkt eine gesteigerte Infektionsanfälligkeit. Das Hirn wird langfristig geschädigt, es kann zu paranoiden Wahnvorstellungen bis hin zur Amphetaminpsychose kommen.

Was ist eine Amphetaminpsychose?

Unter Amphetaminpsychose wird eine Form der Psychose verstanden, die durch den Missbrauch von Amphetaminen (oder Drogen) ausgelöst werden kann. In ihrem Erscheinungsbild ähnelt die Amphetaminpsychose der Schizophrenie. Zu den Symptomen zählen:

  • zwanghafte Bewegungen,
  • verzerrte Wahrnehmung,
  • Paranoia und Halluzinationen.

Die Amphetaminpsychose verschwindet in der Regel wenige Tage nach dem Absetzen der Substanzen, einige Symptome können jedoch bestehen bleiben.

Die wichtigste Erstmaßnahme beim Eintreffen am Einsatzort ist der Selbstschutz. Dieser umfasst die Beurteilung der Umgebungssituation, hier vor allem mögliche anhaltende Gefahren für Patient und Retter. Zum Selbstschutz gehören in solchen Situationen besonders die Beurteilung des Einsatzortes und das Erkennen möglicher Gefahren, beispielsweise durch umherliegende Gegenstände wie gebrauchte Spritzen. Zu achten ist auch auf mögliche aggressive Drittpersonen sowie eine zusätzlich Gefährdung, beispielsweise durch Suizidabsichten des Patienten.

Intoxikation Partydroge

Das Risiko kann im Einsatz zwar nie gänzlich ausgeschlossen werden. Umso wichtiger ist es daher, durch ein kurzes Innehalten beim Betreten des Einsatzortes mögliche Gefahren und Risiken aktiv zu suchen und entsprechende Bedenken auch zu äußern.

Als Konsequenz kann es unter Umständen zu einer zeitlichen Verzögerung der Patientenversorgung kommen. Beispielsweise, weil erst die Polizei zur Sicherung der Situation erforderlich ist. Derartige Verzögerungen müssen im Interesse des Eigenschutzes in Kauf genommen werden.

Der chronische Konsum von Drogen führt zu pathophysiologischen Veränderungen zahlreicher Organsysteme. Für die präklinische Notfallmedizin sind vor allem Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems, des Herz-Kreislauf-Systems und der Atmung von Bedeutung.

Behandlung von Partydrogenkonsumenten

Am Einsatzort steht in den meisten Fällen kein Drogenschnelltest zur Verfügung. Der Rettungsdienst ist deshalb auf die Eigen- und Fremdanamnese angewiesen. Die Einsatzkräfte sollten zum Beispiel möglichst genau erfragen, wann welche Drogen in welcher Menge eingenommen wurden. Nicht selten liegen Mischintoxikationen vor – beispielsweise GHB/GBL mit Alkohol oder Amphetamine mit Marihuana. Deswegen wird die Therapie im Rettungsdienst in den meisten Fällen symptomorientiert erfolgen.

Die initiale Therapie beginnt damit, dass die Vigilanz des Patienten überprüft wird. Dies geschieht durch steigende Reizintensität:

  1. Ansprechen
  2. Berühren
  3. Setzen eines Schmerzreizes

Aus der Reaktion hieraus resultiert der erste Eindruck zur Bewusstseinslage. Oberste Priorität hat die Sicherung der Vitalfunktionen. Bei Bewusstseinsminderung und Koma ist die Gefahr eines verlegten Atemweges und fehlenden Schutzreflexen mit erhöhter Aspirationsgefahr besonders groß.

Bei vorhandener Spontanatmung kann der Patient in die stabile Seitenlage gebracht werden. Tief komatöse Patienten (GCS ≤ 8) müssen in der Regel wegen erhöhter Aspirationsgefahr und insuffizienter Atmung intubiert werden. Bei unklarer Bewusstlosigkeit muss stets eine Blutzuckerbestimmung erfolgen.

Weiterführende Links:

Nach der Vigilanzprüfung werden die Vitalparameter (Blutdruck, Puls, O2-Sättigung) gemessen und ein EKG abgeleitet. Wünschenswert ist es, wenn ein venöser Zugang gelegt und eine Ringer-Acetat-Lösung (500 ml) zum Offenhalten angeschlossen wird. Einen i.v.-Zugang zu legen, wird bei diesen Patienten nicht immer gelingen. Grund: Eine mögliche Nebenwirkung der Drogeneinnahme ist aggressives Verhalten. Auch durch beruhigendes Zureden wird sich das nicht immer abbauen lassen. Im Zweifelsfall sollte der Versuch unterlassen werden, einen venösen Zugang zu legen. Anschließend sollte nach den ABC-Regeln untersucht und symptomatisch behandelt werden.

Durch Partydrogen kommt es zu „erregenden“ somatischen Begleiterscheinungen. Stellt sich zum Beispiel ein Hyperventilationssyndrom ein, resultiert daraus, dass das Kohlendioxyd im Blut sinkt und der pHWert steigt. Als Folge entwickelt sich eine respiratorische Alkalose mit relativer Hypokalziämie. Begleitend treten oft Kopfschmerzen, Schwindel, Sehstörungen, Parästhesien und sogar Lähmungen der Extremitäten auf.

Möglicherweise kann dem Patient durch beruhigendes Zureden und der Anleitung, langsam zu atmen, geholfen werden. Eventuell hilft auch die Rückatmung in eine Plastiktüte. Helfen diese einfachen Maßnahmen nicht, können Benzodiazepine wie Diazepam 1-mg-weise bis zur gewünschten Wirkung verabreicht werden. Dabei ist vorsichtig vorzugehen, da die Gefahr einer Atemdepression besteht.

Intoxikationen mit Sympathomimetika, wie sie Amphetamine darstellen, können eine Bronchialobstruktion bis hin zu schwersten Asthma bronchiale-Anfällen auslösen. Therapeutisch stehen dann die Behandlung der Hypoxie und die Reversion der Bronchialobstruktion im Vordergrund. Der Patient sollte mit erhöhtem Oberkörper gelagert werden, um die Atmung zu erleichtern. Sauerstoff sollte am besten über eine Maske mit dem Zielwert SpO2 > 92 Prozent angeboten werden.

Zur Bronchodilatation erfolgt die Aerosol-Gabe eines rasch wirkenden Beta-2-Sympathomimetikums, zum Beispiel 2 bis 4 Hübe Fenoterol, Salbutamol oder Terbutalin. Zur Therapie gehört auch die Gabe von 50 bis 100 mg Prednisolon i.v.

Tachykardien zählen zu den häufigsten somatischen Begleiterscheinungen im Rahmen von Drogennotfällen. Liegen Zeichen einer Kreislaufinstabilität vor, muss eine entsprechende Therapie erfolgen.

Denken Sie darüber nach, sich das Leben zu nehmen? Die Telefonseelsorge bietet Hilfe in Lebenskrisen und ist Tag und Nacht anonym unter 0800/1 11 01 11 oder 0800/1 11 02 22 erreichbar.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 27.06.2017) [1204]

Berufseinstieg: 20 Tipps damit es klappt (Tipps 11 bis 15)

$
0
0

SpineboardBremen (rd_de) –  Jeder Berufseinstieg ist schwer. Der Einstieg in den Rettungsdienst kann aufgrund des stressigen Arbeitsumfelds besonders heraufordernd sein. Auch wenn das nötige Wissen in der Ausbildung vermittelt worden ist, kann es helfen sich immer wieder grundlegende Dinge vor Augen zu führen. Dies ermöglicht die nötige Routine zu entwickeln.

Wir haben aus diesem Grund 20 Tipps zusammengestellt. Diese sollen den Einstieg in die Arbeit im Rettungsdienst erleichtern und die Grundlagen zusammenfassen. Im dritten Teil, mit den Tipps 11 bis 15, wird erläutert worauf bei einem venösen Zugang zu achten ist, warum eine Infusion als Teil der Therapie so wichtig ist und wie der korrekte Umgang mit Medikamenten aussieht.  

Tipp 11: Der venöse Zugang

Trifft der Rettungsdienst auf einen kritisch kranken oder schwer verletzten Patienten, wird als eine der ersten Maßnahmen ein intravenöser Zugang gelegt. Wegen der oftmals erschwerten Bedingungen empfiehlt es sich, nach einem festen Schema vorzugehen.

Da die Venenverhältnisse anatomisch bei jedem Menschen variieren, sollte strukturiert nach gut zu punktierenden Venen gesucht werden. Handrücken, radialseitiger Unterarm und Ellenbeuge sind die klassischen Punktionsorte. Je nach Situation kommen auch Fußrücken und die oberflächliche Halsvene (Vena jugularis externa) als Alternative infrage.

Immer gilt es, möglichst peripher mit der Punktion zu beginnen. Misslingt ein Versuch, erfolgt der nächste Versuch proximal. Als Standardgröße sollte im Rettungsdienst ein 18-G-Zugang gewählt werden. Handelt es sich um einen vital bedrohten Patienten – unabhängig, ob internistisch oder chirurgisch –, müssen zwei großlumige Zugänge (16G oder 14G) gelegt werden.

Dient der Zugang zunächst nur zur Medikamentengabe, kann es hilfreich sein, die Infusion erst im Rettungswagen anzuschließen. Gerade bei der Rettung aus einer Wohnung kann so ein versehentliches Herausziehen beim Umlagern verhindert werden.

Mit größter Sorgfalt ist die Fixierung des Zugangs durchzuführen. Neben einem speziellen Fixierpflaster sollten Sicherungsstreifen vor und nach dem Einspritzkonus geklebt werden. Auch an der Infusionsleitung sollte eine Zugentlastung vorgesehen werden. Sie darf aber nicht als Schlaufe ausgeführt werden, da dies die Gefahr einer unbeabsichtigten Dislokation erhöht.

Lässt sich nach drei Fehlpunktionen oder nach maximal 120 Sekunden kein Zugang legen, muss bei vital gefährdeten Patienten als nächster Schritt versucht werden, einen intraossären Zugang zu platzieren. 

Tipp 12: Immobilisation und Transport mittels Spineboard

Zur technischen Rettung stehen auf den meisten RTW verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung. Vielerorts hat sich das Spineboard durchgesetzt.

Voraussetzung, um ein solches Wirbelsäulenbrett einzusetzen, ist eine Zervikalstütze. Zusätzlich sollten Kopf und Halswirbelsäule zum Abschluss der Lagerung noch mit einem am Brett befestigten Fixierungsset immobilisiert werden.

Zunächst aber muss das Spineboard parallel zum Patienten platziert werden. Das Brett ragt dabei rund ein Drittel über den Patienten hinaus. Im Rahmen des Log-Roll-Manövers kann nun der Patient auf Kommando des Helfers am Kopf auf die Seite gedreht werden. Der zweite Helfer greift den Patient dabei an Becken und Schulter, ein dritter an Becken und Oberschenkel. Der zweite, „mittlere“ Helfer kann bei diesem Manöver mit seiner linken Hand die komplette Wirbelsäule des Patienten auf Druckschmerz und Stufenbildung hin untersuchen.

Sodann wird das Spineboard an den Patienten geschoben, sodass der Verletzte auf das Brett gedreht werden kann. In einem weiteren Schritt muss jetzt der Patient nach schräg oben gezogen werden. Mittels eines Gurtsystems wird der Patient nun endgültig auf dem Spineboard befestigt.

Bevor die Gurtspinne angelegt wird, sollte der Patient mit einer Schere entkleidet und mit Rettungsfolie eingewickelt werden. Als erstes müssen die Schulter- und Fußgurte, darauf dann Brust-, Becken- und Oberschenkelgurte angelegt werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass der Schultergurt möglichst weit unten und der Brustgurt möglichst weit oben festgemacht wird. Die Brustwirbelsäule wird dadurch x-förmig auf das Spineboard gedrückt. Je nach respiratorischer Situation des Patienten können diese entsprechend fest gezogen werden.

Besteht der Verdacht auf eine instabile Beckenfraktur, sollte eine Beckenschlinge zur Kompression des Beckens verwendet werden. Alternativ können die Beckengurte dazu genutzt werden. Jetzt kann die bereits erwähnte Fixierung des Kopfes erfolgen. Erst danach darf der Helfer am Kopf mit der manuellen Immobilisation aufhören.

Da jeder Einsatz anders ist, muss individuell entschieden werden, welches Gerät zur technischen Rettung am besten geeignet ist. Bei einem eingespielten Team stellt das Spineboard eine hervorragende Möglichkeit zur achsengerechten Rettung dar.

Tipp 13: Infusionen – mehr als nur Wasser

Spätestens im RTW sollte an jeden Zugang eine Infusion angeschlossen werden. Foto: Markus Brändli

Spätestens im RTW sollte an jeden Zugang eine Infusion angeschlossen werden. Foto: Markus Brändli

In der Regel werden im Rettungsdienst zwei Arten von Infusionen vorgehalten. Kristalloid- und Kolloidal-Lösungen. Letztere stehen auf Grund ihrer möglichen nierenschädigenden Wirkung zunehmend in der Kritik. Die Standard- Infusionslösung im Rettungsdienst sollte ohnehin eine balancierte Vollelektrolytlösung sein.

Spätestens im Fahrzeug sollte an jeden Zugang eine Infusion angeschlossen werden. Je nach Kreislaufsituation des Patienten wird die Flüssigkeit unterschiedlich schnell infundiert. Bei traumatologischen Notfallpatienten im Schock beträgt der Richtwert zwei Liter. Als Zielblutdruck sollten 90 mmHg angestrebt werden. Dieser Zustand wird dann als „permissive Hypotension“ bezeichnet. Durch den niedrigeren Druck verlaufen Blutungen weniger stark oder können sogar zum Stehen kommen.

Jederzeit muss aber darauf geachtet werden, dass lebenswichtige Organe wie Gehirn und Herz genug oxygeniertes Blut erhalten. Das wiederum bedeutet, dass dieser Blutdruck nicht unterschritten werden darf. Dies gilt insbesondere auch bei Patienten mit akutem Schlaganfall, für die „hochnormale“ Drücke empfohlen werden.

Liegt beim Patienten eine Herz- oder Niereninsuffizienz vor, sollte die Infusion nur sehr langsam oder gar nicht gegeben werden. Zu große Flüssigkeitsmengen können zur Dekompensation des jeweiligen Organs führen.

Bei der Versorgung von Notfallpatienten wird sehr viel Zeit für Diagnostik (EKG, Blutdruck, Pulsoxymetrie, Anamnese) aufgewendet. In gewissen Situationen aber profitiert der Notfallpatient nur von der unmittelbaren Therapie – unter anderem der Flüssigkeitsgabe. Aus diesem Grund darf Diagnostik nie die Therapie akut vitalgefährdeter Patienten behindern.

Tipp 14: Alltägliches Problem: der Patiententransport

Der Großteil aller Einsätze ereignet sich im heimischen Umfeld. In der Regel muss der Patient ins Fahrzeug getragen werden. Gerade bei Verdacht auf ein kardiales oder pulmonales Geschehen sollte dies sehr streng gehandhabt werden, da jegliche Anstrengung den Zustand des Patienten erheblich verschlimmern kann.

Folgende Grundregeln sind zu beachten. Zum Wärmeerhalt und zum Wahren der Privatsphäre sollte der Patient mit einer Decke oder Rettungsfolie zugedeckt werden. Außerdem sollte ein minimales Monitoring immer angelegt sein. Ein Pulsoxymeter mit eingeschaltetem Herzfrequenzton ist wegen seiner geringen Größe gut geeignet.

Ist der Patient ansprechbar, orientiert und kooperativ sowie kreislaufstabil, eignet sich für den Transport ein Tragestuhl am besten. Sicherheitsgurte müssen angelegt sein. Zudem sollte der Patient darauf hingewiesen werden, seine Hände vor dem Oberkörper zu verschränken und nicht an Wand oder Treppengeländer zu greifen.

Kann der Patient nicht sitzend transportiert werden, stehen Patientenfahrtrage, Schaufeltrage oder Spineboard sowie das Rettungstuch zur Verfügung.

Beim Patiententransport mittels Drehleiter wird der Betroffene immer vom Notarzt – normalerweise mit Helm – begleitet. Foto: Maximilian Kippnich

Beim Patiententransport mittels Drehleiter wird der Betroffene immer vom Notarzt – normalerweise mit Helm – begleitet. Foto: Maximilian Kippnich

Ein Mitglied des Rettungsteams sollte zeitnah klären, wie die Rettung aus der Wohnung am besten gelingt. Sind die baulichen Verhältnisse ungünstig oder das Patientengewicht zu hoch, muss Tragehilfe nachgefordert werden. Dabei kann es sich sowohl um ein KTW-Team als auch eine Drehleiter mit Korb der Feuerwehr handeln. Letztere empfiehlt sich besonders bei Patienten in Narkose. Der Transport mit einer Drehleiter ist maximal schonend und schnell.

Während sich der Patient zum Beispiel auf einer Schleifkorbtrage am Tragenaufnehmer der Drehleiter befindet, können EKG, Beatmungsgerät und Absaugpumpe im Korb mitgeführt werden. Der Patient wird während der Rettung durchgehend vom Notarzt überwacht.

Kreislaufinstabile und vital gefährdete Patienten sollten mit Schaufeltrage oder Spineboard aus der Wohnung getragen werden. Das Tragetuch sollte wegen der ungünstigen Lagerung des Patienten und der hohen Gefahr einer ungewollten Diskonnektion nur noch im Ausnahmefall eingesetzt werden.

Tipp 15: Richtiger Umgang mit Medikamenten

Nicht selten werden am Einsatzort mehrere Medikamente verabreicht. Da eine Verwechslung von Dosierung oder Medikament für den Patienten sehr gefährlich werden kann, gilt es einige Dinge zu beachten.

Zuerst spielt die Kommunikation eine wichtige Rolle. Der Notarzt sollte den Wirkstoff und die gewünschte Verdünnung nennen. Gibt es auf dem Rettungswagen das Medikament in verschiedenen Dosierungen, muss diese ausdrücklich erwähnt werden. Andernfalls muss das Rettungsfachpersonal nachfragen. In jedem Fall sollte der Auftrag mündlich wiederholt werden.

Spritzengröße und aufzuziehende Menge müssen zueinander passen. Nichts ist peinlicher, als eine zu kleine Spritzengröße gewählt zu haben.

Medikamentengabe

Alle vorbereiteten Spritzen sind zum Beispiel in einer sauberen Nierenschale aufzubewahren. Foto: Maximilian Kippnich

Nach dem Aufziehen sollte die Spritze beschriftet werden. Zum Teil liefern die Hersteller der Medikamente hierfür vorgefertigte Klebeetiketten mit. Neben dem Wirkstoff muss die Dosierung auf der Spritze vermerkt werden.

Aus hygienischen Gründen sollte auf jede Spritze ein Verschlussstopfen gesteckt werden. In manchen Rettungsdiensten hat es sich durchgesetzt, Spritzen mit Katecholaminen mit einer roten Kappe zu kennzeichnen. Alle anderen Substanzen erhalten einen blauen Stopfen.

Bewährt hat es sich, immer nach dem Vier-Augen-Prinzip zu arbeiten. Das heißt, es sollte beim Aushändigen der beschrifteten Spritze immer auch die Ampulle vorgezeigt werden.

Alle vorbereiteten Spritzen sind dann zum Beispiel in einer sauberen Nierenschale aufzubewahren. So verliert man auch in hektischen Einsatzsituationen wie Reanimation und Narkose nicht den Überblick. Wird ein kreislaufwirksames Medikament gespritzt, muss gleichzeitig der Puls des Patienten kontrolliert werden. Darüber hinaus ist auf lokale oder systemische Reaktionen zu achten. Vor jeder Gabe müssen außerdem Unverträglichkeiten und Allergien abgefragt werden.

Unmittelbar nach der Gabe ist die Applikation auf dem Notarztprotokoll zu dokumentieren: Wirkstoff, Dosierung, Menge, Zeitpunkt und eventuelle Zwischenfälle.

(Unser Autor: Maximilian Kippnich, cand. med. Universitätsklinikum Würzburg, Rettungssanitäter, Zugführer, Foto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 12.05.2017) [3055]

Berufseinstieg: 20 Tipps damit es klappt (Tipps 16 bis 20)

$
0
0

EC 135 Einladen eines PatientenBremen (rd_de) – Der Berufseinstieg kann Probleme bereiten. Ein stressiges Arbeitsumfeld und eine verantwortungsvolle Tätigkeit fordern von Anfang an volle Aufmerksamkeit. Um die nötige Routine zu bekommen, ist es wichtig, sich immer wieder auf die Grundlagen zu besinnen. Wir haben 20 Tipps zusammengestellt, die den Einstieg in den Beruf erleichtern sollen. In den Tipps 16 bis 20 wird zum Beispiel erläutert, worauf bei einem RTH-Einsatz zu achten ist und wie die Abwicklung von Großschadenslagen abläuft. 

Vorsicht, Hubschrauber!

Um weder Rettungsteam noch Patient zu gefährden, gibt es einige Grundregeln für den Umgang mit dem Rettungshubschrauber. Vor der Landung müssen am vorgesehenen Landeplatz lose Gegenstände entfernt werden. Untergründe wie gemähtes Gras, Sand, Schotter oder lockerer Schnee sollten gemieden werden, da diese wegen Verwirbelungen bei Start und Landung die Sicht des Piloten und somit die Sicherheit des Hubschraubers erheblich beeinträchtigen können.

Nach der Landung beträgt die Nachlaufphase des Rotors zwei Minuten. So lange muss in angemessenem Abstand gewartet werden. In dieser Zeit kann man lockere Kleidungsstücke wie Mützen, Schals oder Brillen bei sich und beim Patienten entfernen. Nach Handzeichen des Piloten bzw. des HEMS darf sich dem Hubschrauber in gebückter Haltung unter ständigem Sichtkontakt mit dem Piloten genähert werden. Der Pilot sitzt im Rettungshubschrauber vorne rechts.

Will man am Rettungshubschrauber vorbei gehen oder fahren, sollte dies immer vor dem Hubschrauber geschehen. Der schnelle Heckrotor ist kaum zu sehen. Im schrägen Gelände hat der Rotor einen unterschiedlichen Abstand zum Boden. Deshalb hier immer von der Talseite aus nähern.

Generell gilt: Nie an den Hubschrauber heranfahren! Der Gefahrenbereich, der durch Rotor und Heckleitwerk sowie durch den Arbeitsbereich beim Be- und Entladen definiert ist, gilt als absolute Tabuzone für Fahrzeuge. Ein besonderes Augenmerk ist auch auf Passanten, insbesondere Kinder, zu richten.

Download Luftrettung: Das Special rund um Rettungshubschrauber-Einsätze.

Wahl der Zielklinik

Das Behandlungsergebnis des Patienten ist zu einem großen Teil davon abhängig, wie schnell er nach dem Notfallereignis in der für ihn geeigneten Zielklinik eintrifft. Prinzipiell sollte der Patient mit den wichtigsten Informationen vorangemeldet werden. Die aufnehmende Klinik kann sich dann bestmöglich vorbereiten.

Tipps3

Ideal ist es, wenn eine Klinik mit interdisziplinärer Notaufnahme angefahren werden kann. Foto: Klinikum Augsburg

Ideal ist es, wenn eine Klinik mit interdisziplinärer Notaufnahme angefahren werden kann. Präklinisch ist es oft nur schwer möglich, eindeutig die richtige Fachabteilung zu wählen. Unklare Unterbauchschmerzen können beispielsweise verschiedene Ursachen haben.

Bei einigen Krankheitsbildern ist es erforderlich, die Notaufnahme zu umgehen und den Patient direkt in eine Spezialabteilung zu bringen. So sollte ein Patient mit akutem ST-Hebungsinfarkt von der Patientenfahrtrage des RTW direkt auf den Herzkathetertisch umgelagert werden. Der Faktor Zeit beeinflusst entscheidend die Chancen des Patienten, wieder vollständig gesund zu werden.

Ist ein Patient kreislaufinstabil oder sogar reanimationspflichtig, sollte das Transportziel ein Schockraum sein. Die S3-Polytrauma- Leitlinie gibt hierzu einige Indikationen vor, gegliedert nach Vitalparamter, Verletzungsmuster und Unfallmechanismus.

Doch nicht nur traumatologische Patienten, auch alle anderen, die von einem interdisziplinären Spezialisten-Team profitieren könnten, sollten in den Schockraum gebracht werden. Beispiele hierfür sind Patienten mit Verdacht auf Hirnblutung oder Aortendissektion sowie bewusstlose und beatmungspflichte Patienten.

Gerade die Möglichkeit, einen Patienten zeitgleich von einem Anästhesisten, Chirurgen, Internisten und Neurologen behandeln zu lassen, erhöhen die Überlebenschancen des Betroffenen.

Voraussetzung dafür ist aber, dass das Rettungsteam die Kliniken der Region und ihre Möglichkeiten kennt. Oft befinden sich Spezialkliniken und Häuser der Maximalversorgung nicht unmittelbar in der Nähe. Deshalb schon frühzeitig an die mögliche Transportdauer denken und eventuell rechtzeitig einen Rettungshubschrauber nachfordern.

Von Klinik zu Klinik

Vor jeder Verlegung steht die Übergabe in der Klinik. Diese muss aktiv vom Rettungsteam eingefordert werden, um alle nötigen Informationen über den Patienten zu erhalten. Hierzu zählen die Gründe der Klinikaufnahme und Verlegung, die Instrumentierung des Patienten und das nötige Monitoring sowie Besonderheiten im Verlauf des Klinikaufenthalts.

Gerade die Frage nach den Normalparametern des Patienten und nach einem funktionsfähigen Zugang kann in kritischen Situationen äußerst wichtig sein. Darauf muss geprüft werden, ob alle geforderten Überwachungssysteme vorhanden sind und besondere Anforderungen erfüllt werden können. Ist dies nicht der Fall, muss mit dem Klinikarzt besprochen werden, ob eventuell ein Schwerlast-RTW, ein Intensivtransportwagen oder ein Rettungshubschrauber anzufordern sind.

Beatmungsgerät Draeger Oxylog 2000+

Vor jeder Verlegung steht die Übergabe in der Klinik. Foto: Markus Brändli

Erst wenn alle diese Fragen geklärt sind, kann mit der Umlagerung des Patienten begonnen werden. Möglichst schonend, das heißt unter der Mithilfe mehrerer Personen, sollte dies erfolgen. Je nach Verletzungsmuster ist der Transport auf einer Vakuummatratze erforderlich.

Unabhängig von Größe, Monitoring und sonstigen Instrumenten müssen alle Gurte der Patientenfahrtrage angelegt werden. Für Kinder ist ein spezielles Rückhaltesystem vorgeschrieben.

In der Regel wird von der Leitstelle bei der Übermittlung des Auftrags auch das angeforderte Equipment genannt. Minimalausrüstung sollte einsatzunabhängig aber immer ein Pulsoxymeter sein. Bei kritisch kranken, schwer verletzten oder beatmeten Patienten ist jederzeit mit Komplikationen zu rechnen. Deshalb sollte in diesen Fällen die Ausrüstung neben EKG/ Defi, Beatmungsgerät und elektrischer Absaugpumpe auch den Notfallrucksack umfassen. Bei jedem Gerät müssen Alarmtöne ausnahmslos angeschaltet und individuelle Alarmgrenzen eingestellt sein.

Vor Abfahrt muss der Rettungsassistent oder der Verlegungs- bzw. Notarzt noch die Dringlichkeit angeben und somit die Fahrt mit Sonderrechten anordnen. Selbstverständlich müssen alle fahrzeugfremden Geräte wie beispielsweise Spritzenpumpen und Monitore während der Fahrt vorschriftsmäßig fixiert werden können.

Großschadenslagen

Bei einem Massenanfall von Verletzten/ Erkrankten (MANV/E) besteht ein Ungleichgewicht zwischen direkt verfügbaren Rettungsmitteln und zu versorgenden Patienten. Sobald dies der Fall ist, können Patienten nicht mehr individuell behandelt werden. Ziel ist es dann vielmehr, möglichst viele Menschen zu retten.

Tipps5Als Hilfsmittel für solche Situationen hat sich der Führungskreislauf bewährt: Vor jeder Entscheidung ist die Lage zu erkunden und diese dann zu beurteilen. Das Resultat mündet in einen Entschluss, der als Befehl bekanntgegeben wird. Sodann ist die (neue) Lage wieder zu erkunden – der Führungskreislauf beginnt damit von vorn.

Nach Eintreffen an der Einsatzstelle gilt es zunächst, abzuklären, ob sie sicher ist. Dabei wird nach der GAMS-Regel vorgegangen: Gefahr erkennen, Einsatzstelle absichern, Menschenrettung durchführen und Spezialkräfte nachfordern.

Letzteres ist abhängig von der Lagemeldung. Diese sollte neben Unfallhergang bzw. Einsatzsituation und Zahl an Patienten auch Gefahren an der Einsatzstelle und die Nachforderung von weiteren Einheiten enthalten.

Als nächster Schritt steht die Ordnung des Raumes an. Zuerst muss eine Patientenablage ausgewiesen werden, wo dann die Betroffenen gesichtet und lebensbedrohliche Verletzungen versorgt werden können. Diese sollte in sicherem Abstand zum Gefahrenbereich und für Rettungswagen gut erreichbar sein. Es empfiehlt sich, diese mit dem ersteintreffenden RTW zu markieren und auszustatten.

Mit Hilfe des mobilen Equipments ist eine Versorgungsachse zu bilden. Allein mit Spineboard, Schaufeltrage, Vakuummatratze, Rettungstuch, Umbetttüchern und der Patientenfahrtrage können mehrere Behandlungsplätze eingerichtet werden. Die Kopfenden weisen dabei jeweils zur Versorgungsachse.

Zu den ersten Maßnahmen bei einem MANV/E gehört auch die Erkundung eines Rettungsmittelhalteplatzes. Er muss über gute An- und Abfahrtswege verfügen. Oberstes Gebot ist, sich nicht auf die beste Versorgung eines Patienten zu konzentrieren, sondern Strukturen zu schaffen, die die beste Versorgung für alle Patienten ermöglichen.

Schnell einsatzbereit Machen

Ist der Patient in der Klinik übergeben, gilt es, möglichst rasch seine Einsatzbereitschaft wieder herzustellen. Gerade in Regionen, in denen nur relativ wenig Rettungsmittel zur Verfügung stehen, kann es vorkommen, dass der Rettungswagen aus der Klinik zum nächsten Notfall alarmiert wird.

Höchste Priorität haben der Notfallrucksack sowie alle mobilen Geräte wie EKG, Sauerstoffeinheit und Absaugpumpe. Sie müssen nach Einsatzende sofort überprüft und aufgefüllt werden: Sind die EKG-Kabel mit Klebeelektroden bestückt? Fehlen Katheter für die Absaugpumpe? Ist ausreichend Sauerstoff in den Flaschen?

Reportage Nachtarbeiter f¸r teckbote rettungsdienst Kirchheim

Ist der Patient in der Klinik übergeben, gilt es, möglichst rasch seine Einsatzbereitschaft wieder herzustellen. Foto: Markus Brändli

Ist die mobile Notfallausrüstung klar, geht’s an die Patientenfahrtrage. Neben geöffnetem Umbetttuch unter einem frischen Einmallaken gehören eine Decke oder Rettungsfolie, ein Rettungstuch sowie eine Nierenschale zur vollständigen Ausstattung. Im Zuge dessen sollten alle Ausrüstungsgegenstände, die im unmittelbaren Patientenkontakt waren, desinfiziert werden.

Nicht zu vergessen ist, die persönliche Schutzausrüstung wieder zu komplettieren. Mehrere Paar Schutzhandschuhe, zwei Kugelschreiber und Filzstifte, ein Notizblock sowie eine Taschenlampe mit frischen Batterien/ Akkus sollte jeder dabei haben.

Nach dem Einsatz geht es auch darum, die Dokumentation zu vervollständigen: Auftragsnummer und Einsatzzeiten auf dem Protokoll ergänzen sowie die Patienten- und Rettungsdaten für die Abrechnung mit der Krankenkasse eintragen. Abschließend ist eine gründliche Händedesinfektion wichtig.

(Text: Dr. Maximilian Kippnich, Bezirksbereitschaftsarzt Bayerisches Rotes Kreuz in Unterfranken; Foto: DRF Luftrettung; zuletzt aktualisiert: 14.11.2017)[3078]

ABCDE-Schema: Das kleine Einmaleins für Rettungskräfte

$
0
0

ABCDE-SchemaBremen (rd_de) – Das ABCDE-Schema dient der systematischen, nach Prioritäten geordneten Beurteilung sowie Behandlung von Notfallpatienten. Jeder Mitarbeiter im Rettungsdienst – egal, ob Rettungshelfer, Rettungssanitäter oder Notfallsanitäter – sollte das ABCDE-Schema verinnerlicht haben und es sicher umsetzen können. Es wird sowohl bei internistischen als auch traumatologischen Patienten angewandt.

Trifft der Rettungsdienst-Mitarbeiter an der Einsatzstelle ein, verschafft er sich zunächst einen ersten Eindruck. Er beurteilt im Sinne des Eigenschutzes die Szene, Sicherheit und Situation (SSS), und erst dann widmet er sich der Behandlung des Patienten. Dafür schätzt er diesen als potenziell kritisch oder unkritisch ein. Hierfür registriert der Rettungsdienst-Mitarbeiter, ob und wie der Patient in der Lage ist zu sprechen und welchen Eindruck sowohl dessen Puls als auch Haut machen. Wird hierbei eine Apnoe oder ein Kreislaufstillstand festgestellt, ist mit der Reanimation zu beginnen. Andernfalls geht der Rettungsdienst-Mitarbeiter nach dem ABCDE-Schema vor.

abcde-schema„Notfall kompakt“ nennt sich eine beliebte und erfolgreiche Serie im Rettungs-Magazin. In ihr werden alle klassischen Notfälle vorgestellt, mit denen sich Rettungskräfte im Einsatz konfrontiert sehen. Die Serie steht auch in elektronischer Version zur Verfügung. So lässt sich „Notfall kompakt“ als preiswertes Nachschlagewerk zum Beispiel auch auf dem Smartphone lesen.

ABCDE-Schema – A wie Airway (Atemweg)

Als erstes hat der Rettungsdienst-Mitarbeiter sicherzustellen, dass der Atemweg des Patienten frei ist. Obstruktionen können für den Betroffenen eine Hypoxie mit Schäden unter anderem des Gehirns zur Folge haben. Der Atemweg kann mit einfachsten Hilfsmitteln freigemacht werden, beispielsweise mittels Esmarch-Handgriff, Wendl- oder Guedel-Tubus. Falls erforderlich, wird im Zuge der Überprüfung der Atemwege auch die Halswirbelsäule des Patienten stabilisiert.

ABCDE-Schema – B wie Breathing (Atmung)

Der Rettungsdienst-Mitarbeiter hat an dieser Stelle diverse Aspekte „seines“ Patienten zu überprüfen:

•    Atemfrequenz?
•    Atemgeräusche (unter anderem Auskultation des Thorax)?
•    Atemhilfsmuskulatur aktiv?
•    Atemrhythmus?
•    Deformierung der Brustwand?
•    Halsvenen gestaut?
•    Hämatome?
•    Hautemphysem?
•    paradoxe Atmung?
•    Prellmarken?
•    Schwitzen?
•    Zyanose?

ABCDE-Schema – C wie Circulation (Kreislauf)

Bei Punkt C muss der Kreislauf des Patienten überprüft werden. Erste Maßnahme ist hierbei das Ertasten des Pulses, üblicherweise am Handgelenk des Betroffenen (Radialispuls). Der Rettungsdienst-Mitarbeiter ermittelt dabei die Frequenz und Qualität sowie den Rhythmus des Pulses. Zugleich prüft er Farbe (blass?), Temperatur (erhöht?), Feuchtigkeit (Schwitzen?) und Rekapillarisierungszeit (2 Sekunden) der Haut des Patienten.

Im Anschluss wird nach eventuellen äußeren Blutungen gesucht. Sollten massive äußere Blutungen vorliegen, wird nach dem C-ABCDE-Schema verfahren. Das heißt, zunächst muss die Blutung kontrolliert werden (Kompression, Tourniquets), ehe die anderen Schritte des ABCDE-Schemas abgearbeitet werden.

Liegen Zeichen einer Kreislaufzentralisation vor, sollte eine Vollelektrolytlösung (zum Beispiel Ringer Acetat) angelegt werden. Während die Messung des Blutdrucks bei Punkt C im Falle eines internistischen Patienten dazugehört, entfällt sie bei traumatisierten Patienten.

ABCDE-Schema – D wie Disability (neurologischer Zustand)

Der neurologische Zustand eines Notfallpatienten wird anhand des Glasgow Coma Scale und/oder des AVUP-Schemas ermittelt. Ergänzt werden die Ergebnisse durch eine Kontrolle der Pupillen (Größe, Seitengleichheit, Reaktionszeit bei Lichteinfall) sowie des Blutzuckers. Dadurch können Hinweise auf eventuelle Schädigungen des Zentralen Nervensystems bzw. Intoxikationen gewonnen werden.

ABCDE-Schema – E wie Exposure/Environment (Patienten entkleiden)

Traumapatienten müssen immer entkleidet werden, um eventuelle Verletzungen nicht zu übersehen. Bei internistischen Patienten kann die Untersuchung des entkleideten Körpers hilfreich sein, um zum Beispiel Drainagen, implantierte Schrittmacher oder Schmerzpflaster zu finden. Dabei immer darauf achten, dass der Patient nicht auskühlt (Rettungswagen aufheizen; Rettungsdecke auflegen).

Was nach dem ABCDE-Schema folgt

Sofern die Zeit vorhanden ist, schließt sich dem ABCDE-Schema eine zweite, gründlichere Untersuchung an. Sie wird SAMPLER-Anamnese genannt und umfasst unter anderem Kriterien wie Symptome, Allergien, Medikamente, Anamnese, letzte Mahlzeit, Ereignis kurz vor dem Notfall und Risikofaktoren.

SAMPLER-Anamnese: Dem Notfall auf den Grund gehen

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Rettungsassistent, Chefredakteur Rettungs-Magazin; Symbolfoto: Markus Brändli; 17.11.2017) [3147]

Glasgow Coma Scale: Bei 7 musst Du Tubus schieben…!

$
0
0

Bremen (rd_de) – Der Glasgow Coma Scale (GCS; auch „Score“ oder „Skala“ genannt) ist eine im Rettungsdienst oft angewandte Möglichkeit, um den Bewusstseinszustand eines Patienten zu bestimmen. Ursprünglich wurde der Glasgow Coma Scale für die Bewertung eines Schädel-Hirn-Traumas entwickelt, heute wird die Skala auch für andere Notfallsituationen genutzt.

Um das Bewusstsein bzw. die Hirnfunktionen eines Verletzten bewerten zu können, wird der Patient vom Rettungsteam anhand dreier Kategorien überprüft:

1. Augenöffnen, zum Beispiel nach Ansprach oder Schmerzreiz,
2. verbale Reaktion, in der Regel durch Ansprache,
3. motorische Reaktion, entweder nach Aufforderung eine Extremität bewegen oder durch Schmerzreiz.

„Notfall kompakt“ nennt sich eine beliebte und erfolgreiche Serie im Rettungs-Magazin. In ihr werden alle klassischen Notfälle vorgestellt, mit denen sich Rettungskräfte im Einsatz konfrontiert sehen. Die Serie steht auch in elektronischer Version zur Verfügung. So lässt sich „Notfall kompakt“ als preiswertes Nachschlagewerk zum Beispiel auch auf dem Smartphone lesen.

Anhand des Glasgow Coma Scale werden die Punkte je nach Reaktion wie folgt vergeben:

Augen öffnen
spontan – 4 Punkte
auf Aufforderung – 3 Punkte
auf Schmerzreiz – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

beste verbale Reaktion
konversationsfähig orientiert – 5 Punkte
konversationsfähig desorientiert – 4 Punkte
inadäquate Äußerungen – 3 Punkte
unverständliche Laute – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

beste motorische Reaktion
folgt Aufforderung – 6 Punkte
gezielte Abwehr – 5 Punkte
ungezielte Abwehr – 4 Punkte
Beugesynergismen – 3 Punkte
Strecksynergismen – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

Die Maximalpunktzahl beträgt 15 Punkte und entspricht einem bewusstseinsklaren Notfallpatienten. Erfolgt hingegen in keiner der drei Kategorien eine Reaktion, wird der Zustand des Patienten mit drei Punkten klassifiziert. Im letzteren Fall liegt eine schwere Bewusstseinsstörung vor.

Daraus ergeben sich für das Rettungsteam folgende Handlungsempfehlungen:

15 – 13 Punkte: keine Bewusstseinsstörung; evtl. leichtes Schädel-Hirn-Trauma; keine Maßnahmen zur Atemwegsicherung erforderlich
12 – 9 Punkte: leichte bis mittelschwere Bewusstseinsstörungen; mittelschweres Schädel-Hirn-Trauma; Monitoring und Intubationsbereitschaft
8 – 3 Punkte: komatös; schweres Schädel-Hirn-Trauma; Intubation

In vielen Quellen werden weniger als 8 Punkte als Indikation für eine Intubation empfohlen. Auf doccheck.de findet sich hierzu die Merkhilfe: „Bei 8 wird noch gelacht, bei 7 musst du Tubus schieben!“

Auch wenn der Glasgow Coma Scale ein sehr hilfreiches Mittel ist, um den neurologischen Zustand eines Patienten zum Beispiel im Rahmen einer Untersuchung nach dem ABCDE-Schema zu überprüfen (Punkt D, „Disability“), darf das Ergebnis des Glasgow Coma Scale nicht zu unüberlegten Maßnahmen verleiten: intubierte Patienten werden im Rahmen einer Reevaluation beispielsweise während des Transports unter „verbale Reaktion“ kaum mehr als 1 Punkt erhalten; für Kinder ist der spezielle Pediatric Glasgow Coma Scale (siehe unten) anzuwenden; Faktoren wie Schock oder Hypoxie können die Tiefe eines Komas ähnlich wie ein Schädel-Hirn-Trauma beeinflussen, und die ermittelte Gesamtpunktzahl bei pflegebedürftigen, desorientierten Menschen wird keine verlässliche Aussage über deren tatsächlichen Bewusstseinszustand erlauben.

Pediatric Glasgow Coma Scale

Augen öffnen
spontan – 4 Punkte
auf Schreien – 3 Punkte
auf Schmerzreiz – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

beste verbale Reaktion
Plappern, Brabbeln – 5 Punkte
Schreien, tröstbar – 4 Punkte
Schreien, untröstbar – 3 Punkte
Stöhnen, unverständliche Laute – 2 Punkte
keine verbale Reaktion – 1 Punkt

beste motorische Reaktion
spontane Bewegungen – 6 Punkte
auf Schmerzreiz, gezielt – 5 Punkte
auf Schmerzreiz, normale Beugeabwehr – 4 Punkte
auf Schmerzreiz, abnorme Abwehr – 3 Punkte
auf Schmerzreiz, Strecksynergismen – 2 Punkte
keine Reaktion – 1 Punkt

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Rettungsassistent, Chefredakteur Rettungs-Magazin; Symbolfoto: Markus Brändli; 18.05.2017) [3175]

10 Dinge, wie Übungen ein Erfolg werden

$
0
0

Übung Hahnweide 2013Bremen (rd_de) – Übung macht den Meister: Das Sprichwort trifft uneingeschränkt auch auf die Bewältigung von Großschadenslagen zu. Gleichwohl gibt es viele Details, die vor, während und nach einer Übung zu bedenken sind. Sehen Sie unsere 10-Punkte-Liste.

1.    Klare Ziele definieren: Eine Übung nur ihrer selbst willen durchzuführen, bringt kaum etwas. Vorab muss das Ziel definiert werden. Soll die Zusammenarbeit trainiert werden? Oder geht es zum Beispiel primär um die medizinische Versorgung?

2.    Von klein nach groß vorgehen: Nur wer sich in seinem unmittelbaren Zuständigkeitsbereich gut auskennt, kann auch in größeren Strukturen mitarbeiten. Eine RTW-Besatzung, die ihr eigenes Fahrzeug nicht kennt, wird bei einem MANV keine große Hilfe sein.

3.    In Teileinheiten üben – zumindest am Anfang. Erst wenn jede taktische Einheit genau weiß, was sie zu tun hat, kann das gesamte „Räderwerk“ funktionieren.

4.    Theoretische Vorbereitung: Alle Beteiligten sollten vor einer Übung die geplanten Details durchsprechen. Spätestens jetzt muss das Übungsziel mitgeteilt werden.

Keine Idee, was das Thema der nächsten Übung sein soll? Die Serie „Übung macht den Meister“ gibt’s jetzt auch bei Amazon als eBook (Kindle) – mit vielen konkreten Praxistipps zu Übungszielen, Szenarien, Rahmenbedingungen und effektive Auswertung.

5.    Wer soll Planen? Antwort: Personen, die Erfahrung in dieser Aufgabe besitzen und/oder rettungsdienstliche Führungskompetenz mitbringen. Gleiches gilt für die Beobachter, die anschließend ihr Urteil abgeben.

6.    Ressourcen: Immer realistisch bleiben! Es macht keinen Sinn, sich für Übungen Kräfte und Material zu „leihen“. Im Ernstfall stehen diese auch nicht zur Verfügung.

7.    Aufwand mit Augenmaß: Der Anspruch an Übungen steigt. Wurde früher viel improvisiert, versucht man heute möglichst realistisch den Ernstfall zu simulieren. Authentizität verschafft reale Situationen, einen realen Zeitaufwand und reale Erfahrungen. Dennoch: Allein wegen der Kosten mit Augenmaß planen und vor der Übung klären, wer die Kosten trägt.

8.    Wann üben? Anfangs gerne zur „besten Sendezeit“, zum Beispiel an einem Werktag im Sommer um 19 Uhr. Danach auch zu „unbequemen“ Zeiten. Nur so sind realistische Erfahrungen unter anderem hinsichtlich der Kräfteressourcen zu sammeln.

9.    Unbekanntes Terrain: Findet die Übung auf dem eigenen Gelände statt, kennen sich die Helfer bestens aus. Im Realeinsatz wird das kaum der Fall sein. Besser also, auf unbekanntes Terrain ausweichen.

10.    Auswertung: Auch sie muss strukturiert erfolgen. Die kostenlose Bewertungskarte des RETTUNGS-MAGAZINS ist hier eine echte Hilfe. In großer Runde zu diskutieren, führt selten zu besseren Ergebnissen. Durch den offenen Umgang mit (Planungs-)Fehlern hingegen schon. Kritik muss sachlich bleiben. Das erfordert Fingerspitzengefühl!

(Text: Jens Wolff, Lehrrettungsassistent, Dozent im Rettungsdienst, Verbandführer und Organisatorischer Leiter Rettungsdienst; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 21.11.2017) [1326]

Traumatologie: Amputationsverletzungen versorgen

$
0
0

10/39 Replantatbeutel Replantatset Amputat AmputatversorgungBremen (rd_de) – Die Voraussetzungen für eine Replantation können bereits bei der Erstversorgung der Amputationsverletzung wesentlich beeinflusst werden. Entscheidend für das Ergebnis ist die korrekte Behandlung von Amputaten und Amputationsstümpfen am Einsatzort und während des Transportes.

Trotz Aufklärungskampagnen und guter Schulung des Rettungsfachpersonals gelangen immer wieder falsch behandelte Amputate in die Klinik. Eine Replantation kann dann trotz ansonsten möglicherweise günstiger Voraussetzungen nicht mehr vorgenommen werden.

Im Vordergrund der medizinischen Versorgung am Unfallort stehen Sicherung und Verbesserung der vitalen Funktionen des Verletzten. Das heißt: Kontrolle von Atmung und Kreislauf sowie Schockbekämpfung bei größerem Blutverlust. Über einen, besser zwei großlumige venöse Zugänge können 500 bis 1000 ml Ringer-Laktat-Lösung infundiert, über eine Maske bedarfsweise Sauerstoff verabreicht werden.

Bei den weitaus meisten Amputationsverletzungen handelt es sich jedoch um isolierte Wunden im Handbereich. Daher ist der Allgemeinzustand des Verletzten in der Regel gut. Indiziert ist bereits am Unfallort dennoch eine suffiziente Analgesie. Beispielsweise kann 0,125 – 0,25 mg/kg Körpergewicht Ketanest S eingesetzt werden, kombiniert mit einer adäquaten Sedierung, beispielsweise 2,5 – 5 mg Midazolam.

Den Amputationsstumpf versorgen

Der Amputationsstumpf wird trocken und sauber verbunden. Sämtliche Manipulationen, wie das Setzen von Klemmen oder Unterbindungen, Säuberungsmaßnahmen oder Desinfektion sind zu unterlassen. Auch bei stärkeren Blutungen reicht in den allermeisten Fällen eine Kompression des Stumpfes mittels sterilem Druckverband und Hochlagerung der Extremität aus.

Der Versuch, die Blutung durch Abbinden der Extremität zu stoppen, sollte unterbleiben. Auch die Verwendung einer Blutsperre für den Transport, beispielsweise durch Anlegen der Blutdruckmanschette und aufpumpen derselben, bis es aus dem Amputationsstumpf nicht mehr blutet, macht eine für die Operation notwendige Blutleere entweder unmöglich oder gefährdet die Extremität.

Die Versorgung des Amputats

Auch das Amputat muss unbehandelt bleiben. Alle aufgefundenen Teile müssen ins Replantationszentrum mitgegeben werden. Primär nutzlos erscheinende Teile können eventuell als Spender für Haut, Knochen, Sehnen, Nerven, Gefäßinterponate oder zur Überbrückung von Defekten verwendet werden.

Das Amputat wird in ein sauberes, trockenes, möglichst steriles Tuch eingewickelt. Amputat und Tuch werden gemeinsam in einen ersten Plastikbeutel gegeben. Dieser wird verschlossen und in einen zweiten Beutel gegeben, in dem sich Wasser und Eis befinden. Die ideale Transporttemperatur liegt bei vier Grad Celsius. Besser sind spezielle Amputat-Beutel. Auf keinen Fall darf das Amputat direkten Kontakt zu Wasser und/oder Eis haben. Dies würde durch Quellung der Strukturen oder Erfrierungen zu irreversiblen Gewebeschäden führen und eine Replantation unmöglich machen.

Anoxämie-Zeit
Ein besonders wichtiger Faktor im Zusammenhang mit Amputationsverletzungen ist die Anoxämie-Zeit. Diese beschreibt die Zeitspanne zwischen der vollständigen Unterbrechung der Blutzufuhr und der Wiederherstellung der ersten funktionstüchtigen arteriellen Gefäßverbindung. Während dieser Phase findet keine Durchblutung des abgetrennten Körperteils statt. Die Dauer der Anoxämie-Zeit beeinflusst sowohl die primäre Wiedereinheilung des Amputates als auch die später wiedergewonnene Funktionstüchtigkeit der replantierten Gliedmaße.

Durch optimale präoperative Kühlung kann die tolerable Anoxämie-Zeit – also die maximale Zeitspanne zwischen Amputation und Wiederherstellung der Blutzirkulation – erheblich verlängert werden. Für Makroreplantationen wird eine maximal tolerierte Anoxämie-Zeit von sechs Stunden angenommen. Für Mikroreplantationen liegt sie bei zirka 15 Stunden. Ohne Kühlung beträgt die tolerierte Anoxämie-Zeit jedoch drei Stunden (Makroreplantationen) bzw. sechs Stunden (Mikroreplantationen).

Bei inkompletten Amputationen ist eine präoperative Kühlung zu vermeiden. Dadurch würde eine möglicherweise noch bestehende Restdurchblutung eingeschränkt oder ganz aufgehoben. In diesen Fällen sollte lediglich ein steriler Verband angelegt werden. Eine Ruhigstellung durch Schienung ist sinnvoll. So wird verhindert, dass das Gewebestück versehentlich abknickt.

Makro- und Mikroreplantationen

Unterschieden werden muss bei der Replantation vor allem zwischen Makro- und Mikroreplantationen sowie zwischen oberer und unterer Extremität. Die Begriffe „mikro“ bzw. „makro“ beziehen sich hierbei nicht so sehr auf Gefäß- oder Nervendurchmesser. Vielmehr ist die Gesamtmasse des Amputates gemeint. Insbesondere ist die im Amputat enthaltene Muskelmasse entscheidend, die am empfindlichsten auf Anoxie reagiert.

Zu den Mikroreplantationen werden alle Replantationen im Hand- und Fußbereich bis unmittelbar proximal des Hand- bzw. Sprunggelenks gemeint. Hierbei muss wegen fehlender oder nur kleiner Muskelmasse durch einen eventuell Ischämie-Reperfusions-Schaden nicht mit der Möglichkeit vitaler Komplikationen gerechnet werden.

Bei den proximalen – auch „Makroreplantationen“ genannten – Formen können jedoch durch die entsprechend großen Muskelmassen Ischämie-Reperfusions-Schäden auftreten. Sie können für den Patienten lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Außerdem sind Verletzungsmechanismen, die zu proximalen Amputationen führen, durch große Gewalteinwirkungen charakterisiert.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt/LNA, Dozent, Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 27.11.2017) [3268]


Berufshaftpflicht für Mitarbeiter im Rettungsdienst

$
0
0

Recht im Rettungsdienst ArbeitsrechtBremen (rd_de) – „Wenn mal was schiefgeht – kein Problem, dafür sind Sie über uns versichert.“ Diese Worte hat schon mancher Rettungsdienst-Mitarbeiter gehört. Eine Berufshaftpflichtversicherung, wie sie beispielsweise Ärzte oder Anwälte nachweisen müssen, wäre sinnvoller. Aber nur eine Minderheit der Notfallsanitäter und Rettungsassistenten dürfte sie besitzen.

Das Schreiben der Versicherung lag unerwartet im Briefkasten von Rettungsassistentin Sarah B. (fiktiver Name). Als Betriebshaftpflichtversicherung von Sarahs Arbeitgeber habe man an einen Patienten 50.000 Euro Schmerzensgeld zahlen müssen. Sarah habe den Patienten durch unsachgemäßes Umlagern von der Trage fallen lassen. Dies stelle eine grob fahrlässige Pflichtverletzung dar. Deswegen müsse die Rettungsassistentin die 50.000 Euro im Wege des Regresses innerhalb von 14 Tagen an die Versicherung zahlen.

Kein Einzelfall. Eine Ärztin war bereits im Jahr 1997 vom Bundesarbeitsgericht in einem Fall falscher Blutkonservengabe zum Regress verurteilt worden.

Betriebshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers

Richtig ist, dass Hilfsorganisationen sowie kommunale und private Rettungsdienste in der Regel eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Eine solche Versicherung sichert das Unternehmen vor Vermögensschäden, die aufgrund von Personen- oder Sachschäden verursacht wurden. Darüber hinaus sind Schäden, die durch das alleinige Verschulden eines einzelnen Mitarbeiters entstehen, abgedeckt. Eine Betriebshaftpflichtversicherung bietet daher finanziellen Schutz sowohl vor Personen- und Sachschäden als auch vor Vermögensschäden.

Die Versicherung stellt den Versicherungsnehmer – also den Arbeitgeber des Rettungsdienst-Mitarbeiters – von begründeten Ansprüchen Dritter frei oder wehrt auf seine Kosten unbegründete Ansprüche ab. Aber Achtung, gleichzeitig beginnt bereits bei der Schadenmeldung immer auch die Prüfung der Versicherung, ob im Falle einer Zahlung ein Mitarbeiter, der den Schaden verursacht hat, voll oder teilweise in Regress genommen werden kann. Versicherungsunternehmen sind wirtschaftlich orientierte Firmen. Wohltaten gehören nicht zu ihrem Business.

Hintergrund für diese Recherchen gegen einen Rettungsdienst-Mitarbeiter ist der Grundsatz des Forderungsübergangs. So heißt es in Paragraph 86 des Versicherungsvertragsgesetzes: „Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt.“

Anders ausgedrückt: Steht dem Rettungsdienst als Arbeitgeber ein Regressanspruch gegen den Mitarbeiter zu, macht die Versicherung davon Gebrauch. Sie schont den Mitarbeiter nicht, wie dies vielleicht der Arbeitgeber noch täte.

Gerade junge Rettungsdienstmitarbeiter sollten sich über ausreichenden Verischerungsschutz informieren. Symbolfoto: Markus Brändli

Auch junge Rettungsdienstmitarbeiter sollten sich über ausreichenden Versicherungsschutz informieren. Symbolfoto: Markus Brändli

Dieser Regressanspruch steht den Versicherungen sicher bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz zu. Bei einigen Rettungsdienst-Anbietern sogar bereits ab mittlerer Fahrlässigkeit, je nachdem, welcher Tarif- oder Arbeitsvertrag Anwendung findet. Das ist gerade bei Betriebsübergängen nach Ausschreibungen ein Problem. Welcher Rettungsdienst-Mitarbeiter prüft schon, ob sich in diesem Punkt beim neuen Arbeitgeber sein persönliches Haftungsrisiko verändert?

Wer jetzt an seine Privathaftpflichtversicherung denkt und glaubt, damit fein raus zu sein, der irrt. Die Privathaftpflichtversicherung sichert den privaten Versicherungsnehmer und dessen Familie vor Forderungen Dritter bei privaten Angelegenheiten. Also beispielsweise, wenn beim Fußballspielen Nachbars Fensterscheibe zu Bruch geht.

Zahlt die Privathaftpflicht auch für Rettungsfachkräfte?

Vor beruflichen Fehlern und der Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber – oder dessen Versicherung – schützt die Privathaftpflicht nicht. Hier greift nur eine Berufshaftpflicht- oder Diensthaftpflichtversicherung. Sie ist für Berufe sinnvoll, die ein erhöhtes Risiko besitzen, also Ärzte und Anwälte, aber auch Feuerwehrmänner und Rettungsdienst-Mitarbeiter.

Aber selbst bei diesen Versicherungen gilt es, im Kleingedruckten genau nachzulesen. Wurde hier der Fall der groben Fahrlässigkeit ausgenommen, werden hohe Versicherungsbeiträge gezahlt, ohne für den Fall abgesichert zu sein, der relevant wird: den der groben Fahrlässigkeit.

Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan. Diensthaftpflichtversicherungen schließen oftmals zu günstigen Konditionen den Rettungsdienst-Mitarbeiter ein. Außerhalb des öffentlichen Dienstes sind allerdings in der Regel nur Berufshaftpflichtversicherungen im Angebot, die für einen Notfallsanitäter, Rettungsassistenten oder -sanitäter kaum bezahlbar sein dürften. Die einschlägigen Berufsverbände und Gewerkschaften haben sich deshalb bemüht, für ihre Mitglieder entsprechende Versicherungspakete zusammenzustellen.

(Text: Bernd Spengler, Rettungssanitäter, Rechtsanwalt u.a. mit Schwerpunkt Rettungsdienst, Fachanwalt für Arbeitsrecht; Foto: Sebastian Duda/fotolia; zuletzt aktualisiert: 28.11.2017) [3276]

Infusionstherapie bei brandverletzten Kindern

$
0
0

Brandverletzte-Kinder_580Bremen (rd_de) – Einen besonderen Fall im Zusammenhang mit Hypovolämie stellen Verbrennungen bei Kindern dar. Präklinisch besteht leicht die Gefahr einer Überinfusion.

Als „schwer“-brandverletzt wird ein Patient mit einer verbrannten Körperoberfläche (VKOF) von über 20 Prozent bezeichnet. Wegen der erhöhten Thermo- und Hydrolabilität besteht bei Kindern jedoch bereits ab fünf bis acht Prozent VKOF Schockgefahr.

Um das Ausmaß der betroffenen Körperoberfläche abzuschätzen, wird die so genannte „9er-Regel“ angewendet. Dabei wird bei der 9er-Regel zwischen Erwachsenen und Kindern unterschieden:

9er Regel

Statistisch liegt die Wahrscheinlichkeit, bei einem Notarzteinsatz auf einen Schwerbrandverletzten zu treffen, bei unter einem Promille. Entsprechend gering – speziell bei Kindern – ist meist die Erfahrung des Rettungsteams und umso größer die therapeutische Unsicherheit. Dabei wird der Handlungsdruck oft überschätzt und schlägt sich beispielsweise in einer oft zu beobachtenden Überinfusion nieder.

Es existieren zwar Formeln zur Berechnung des Flüssigkeitsbedarfs, diese werden aber in der Regel falsch angewandt. Auch der VKOF wird oftmals überschätzt.

Darüber hinaus ist die Anwendung derartiger Formeln aufgrund der kurzen Rettungszeit entbehrlich. Die Folgeerscheinungen der Verbrennung sind ohnehin erst nach mehreren Stunden voll ausgeprägt. Ein sich bereits am Unfallort abzeichnender Schock muss das Rettungsteam deshalb darauf aufmerksam machen, dass womöglich Begleitverletzungen vorliegen.

(Text: Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 11.12.2017) [1265]

Höhenkrankheit vorbeugen – Symptome erkennen

$
0
0

Bremen (rd_de) – Die Höhenkrankheit ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Schnell gelangen auch durchschnittliche Touristen in Regionen über 2.500 Meter. Treten dann die typischen Höhenkrankheit-Symptome auf, ist es wichtig, schnell und angemessen zu reagieren. Besser noch, man kann der Höhenkrankheit vorbeugen. Was Besucher in den Bergen wissen müssen.

Ende Mai 2014 wiesen Mediziner des Südtiroler EURAC-Instituts für Alpine Notfallmedizin anlässlich eines Kongresses in Bozen (Italien) darauf hin, dass die Höhenkrankheit bereits ab 2.500 Metern auftreten kann. In Deutschland kommen hier zum Beispiel die Zugspitze (2962 m) und der Watzmann (2713 m) in Betracht.

Charakteristisch für die Höhenkrankheit sind leichte Beschwerden wie Kopfschmerzen und Schwindel. Schwere Formen der Krankheit können indes zum Tod führen.

Höhenkrankheit: Symptome beginnen mit Kopfschmerz

Als Leitsymptom der akuten Höhenkrankheit gilt der Kopfschmerz. Er tritt in Kombination mit einer der nachfolgenden Symptome auf:

  • Müdigkeit,
  • Schwäche,
  • Appetitlosigkeit,
  • Übelkeit,
  • Erhöhung der Herzfrequenz in Ruhe > 20 %,
  • Belastungsdyspnoe,
  • Schlaflosigkeit,
  • häufige nächtliche Apnoephasen,
  • Apathie,
  • periphere Ödeme oder
  • Flüssigkeitsretention (verringerte 24-Stunden-Urinmenge).

Typisch für die Erkrankung ist das Auftreten der Symptome sechs bis zwölf Stunden nach der Ankunft in großer Höhe.

Besteht der Verdacht auf Höhenkrankheit, sollte eine Pause eingelegt werden. Besser noch, der Betroffene wird wieder hinunter auf ein Niveau gebracht, auf dem keine Probleme bestanden. Die weiteren Maßnahmen im Einzelnen:

  • Hyperventilation, um die Sauerstoffversorgung zu verbessern und den Hirndruck zu senken,
  • körperliche Aktivität vermeiden; andernfalls könnte das Krankheitsbild verstärkt werden,
  • hinsetzen; Oberkörper 30 Grad erhöht lagern,
  • Ruhe; vielfach klingen die Beschwerden dann nach 24 – 48 Stunden vollständig ab,
  • Sauerstoffgabe über Maske; anfangs 6 – 10 l/min, später 2 – 4 l/min über O2-Brille.

Höhenkrankheit vorbeugen

Noch nicht vollständig geklärt ist, welche Faktoren die akute Höhenkrankheit hervorrufen. Es handelt sich dabei um eine schwere Form der Höhenkrankheit, bei der ein Hirn- oder Lungenödem eintreten kann. Sie gehört zur häufigsten Todesursache unter Höhenbergsteigern.

Neueste Studien lassen die Vermutung zu, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Höhenkrankheit und der Vergrößerung des Sehnervs gibt. Dies konnte mithilfe von Ultraschall nachgewiesen werden. Eventuell lässt sich auf diesem Weg frühzeitig das Risiko der Höhenkrankheit diagnostizieren und so eine Höhenkrankheit vorbeugen.

Kleiner Trost: Auch Menschen, die in Bergregionen leben und arbeiten, können unter Höhenkrankheit leiden. Höhenmedizinische Studien belegen, dass rund 15 Prozent der Bevölkerung in den südamerikanischen Anden unter chronischer Höhenkrankheit mit schweren Beeinträchtigungen des alltäglichen Lebens leiden.

Die Menschen in Nepal und Tibet scheinen hingegen weitgehend resistent gegen die Höhenkrankheit zu sein. Eine genetische Anpassung, die über viele Generationen erfolgt ist, wird als Grund vermutet.

Höhenkrankheit: Medikamente helfen

Neben einer ausreichenden Akklimatisation gibt es auch Medikamente, die einer Höhenkrankheit vorbeugen. Als Mittel der Wahl gilt Acetazolamid, unter anderem als „Diamox“ im Handel erhältlich. Eine Alternative ist Dexamethason. Es kommt vor allem bei Unverträglichkeit von Acetazolamid zum Einsatz. Um ein Höhenlungenödem zu vermeiden, werden auch Nifedipin, Tadalafil oder Dexamethason verschrieben.

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Chefredakteur www.rettungsdienst.de, und Dr. Ingo Blank, Notarzt; zuletzt aktualisiert: 13.12.2017) [3448]

Rettungsdienst: Aufgabenverteilung an der Einsatzstelle

$
0
0

Aufgabenverteilung_Rettungsdienst_Notfallsanitäter_IIBremen (rd_de) – An einer Einsatzstelle treffen oftmals verschiedene Kräfte und Einheiten aufeinander. Nicht immer kennt man sich; die Aufgabenverteilung zwischen den Einsatzkräften ist mitunter unklar: Welche Aufgaben sollte beispielsweise ein Notfallsanitäter bzw. Rettungsassistent übernehmen, und welche kann auch ein Rettungssanitäter bewältigen? Die Antworten erhalten Sie hier.

Hapert es mit der Absprache im Team, fehlt gar eine abgestimmte Aufgabenverteilung, gefährdet das den Einsatzerfolg. Die Einsatzkräfte arbeiten dann möglicherweise neben- statt miteinander. Das Vorgehen und die einzelnen Maßnahmen werden untereinander nicht abgeglichen.

Schnell können solche Situationen entstehen, wenn verschiedene Einheiten erstmalig an einer Einsatzstelle zusammentreffen. Unter den besonderen Bedingungen eines medizinischen Notfalls zusammenzuarbeiten, ohne die Fähigkeiten und Qualifikationen des anderen zu kennen, ist schwierig. Gleichwohl ist es ein alltägliches Problem. Grund: Unterschiedliche Rettungsmittel und Rettungsfachkräfte treffen von verschiedenen, räumlich getrennten Standorten an der Einsatzstelle aufeinander: Besatzungen von Rettungsfahrzeugen und -hubschraubern, Voraushelfer, Feuerwehrkräfte und beispielsweise Polizeibeamte.

Für den Erfolg des Einsatzes – und insbesondere für die Versorgungsqualität der Notfallpatienten – ist es wichtig, dass eine eindeutige Aufgabenverteilung zwischen den Rettungskräften hergestellt wird.

Aufgabenverteilung: Wer ist wofür zuständig?

Bereits zu Dienstbeginn klärt das Rettungsteam unter sich, wer welche Aufgaben übernimmt und wofür der einzelne zuständig ist. Mitunter ergibt sich die Einteilung bereits aufgrund der Qualifikation. So ist der Rettungsassistent oder künftig der Notfallsanitäter für die korrekte Durchführung der geforderten Tests gemäß Medizinproduktgesetz, die Überprüfung der Vollständigkeit der Ausstattung sowie die Schichtanmeldung bei der Leitstelle verantwortlich.

Der Rettungssanitäter kümmert sich um die Verkehrssicherheit des Rettungsfahrzeugs. Er inspiziert den Rettungswagen während eines Rundgangs äußerlich. Dabei achtet er vor allem auf mögliche Schäden oder andere Auffälligkeiten. Ferner hat er die Tankanzeige zu kontrollieren. Dieser Punkt wird häufig sehr locker gehandhabt. Auch wenn nur 20 Liter im Tank fehlen, ist dies ein Grund, das Fahrzeug unverzüglich voll zu tanken und dies nicht auf später zu verschieben. Weil das erfahrungsgemäß nicht jeder so sieht, regeln viele Rettungswachen diese Frage mittels Dienstanweisung.

Ist ein Praktikant an Bord, muss dieser ausführlich über seine Aufgaben und Verhaltensweisen aufgeklärt werden. Das kann, muss aber nicht zwingend der Rettungsassistent beziehungsweise Notfallsanitäter erledigen. Auch ein erfahrener Rettungssanitäter kann diese Aufgabe übernehmen. Es geht bei diesem Gespräch nämlich nicht darum, dem Neuling in dessen erster Schicht zum Beispiel die Einstellungsmöglichkeiten eines Beatmungsgerätes oder die Ableitung eines 12-Kanal EKGs vorzustellen. Elementare Dinge sind erst mal wichtiger:

  • Wie steige ich an der Einsatzstelle sicher aus dem Fahrzeug aus?
  • Wie funktioniert das Handling des klappbaren Betreuersitzes?
  • Wie lässt sich die Innenraumbeleuchtung bedienen?
  • Wie geht man richtig mit der Fahrtrage um?

Rückt die Besatzung nach einem Einsatz wieder ein, fallen bestimmte Arbeiten an. Der Fahrer (Rettungssanitäter) ist für den Zustand des Fahrzeugs verantwortlich. Kleinere Mängel – falscher Luftdruck; eine defekte Glühbirne im Scheinwerfer –, die aus Bequemlichkeit nicht gleich behoben werden, können sich später nachteilig bemerkbar machen.

Das Desinfektions- und Reinigungsarbeiten sowie die Fahrzeugpflege nicht zu den Lieblingstätigkeiten von Rettungsdienst-Mitarbeitern gehören, ist bekannt. Sie sind aber für einen reibungslosen Einsatz genauso wichtig und notwendig wie ein funktionsfähiges EKG-Gerät. Insofern ist nicht nur das beim letzten Einsatz verbrauchte Material wieder aufzufüllen, sondern auch das Einsatzfahrzeug zu reinigen.

Der Schichtführer (Rettungsassistent/Notfallsanitäter) kümmert sich derweil um die vollständige Dokumentation. Im Hinblick auf das Qualitätsmanagement nimmt sie eine immer wichtigere Rolle im Einsatzalltag ein. Im selben Arbeitsschritt erfolgt gleich auch die Abrechnung. Fehlende Angaben können jetzt noch durch einen kurzen Anruf zum Beispiel in der aufnehmenden Klinik erfragt werden. Später kann das schwierig und zeitaufwändig sein.

Im Notfalleinsatz kennt jeder seinen Platz

Die sinnvolle Aufgabenverteilung ist aber noch lange nicht alles, damit die Teamarbeit funktioniert. Jeder im Team kennt seinen Platz – sowohl im Fahrzeug als auch an der Einsatzstelle. Beim Eintreffen am Notfallort ist es daher Aufgabe des Fahrers (Rettungssanitäter), die Einsatzstelle abzusichern. Befindet sich der Patient in einem Gebäude, genügt es in der Regel, am Fahrzeug die Warnblinkanlage einzuschalten. Liegt die Einsatzstelle im Freien, zum Beispiel auf der Straße, kann es angebracht sein, zusätzlich das Blaulicht eingeschaltet zu lassen.

Kommunikation im Einsatz. Absprache erleichtert die Aufgabenverteilung und trägt zum Einsatzerfolg bei.

Kommunikation im Einsatz. Absprache erleichtert die Aufgabenverteilung und trägt zum Einsatzerfolg bei.

Beim Notfallpatienten angekommen, führt der Rettungssanitäter das Monitoring und die Basismaßnahmen durch. Der Rettungsassistent oder Notfallsanitäter als Kopf des Rettungs-Teams übernimmt derweil den diagnostischen Block. Er gibt den Ablauf aller Maßnahmen vor, weist also beispielsweise an, dass der Patient 12 Liter Sauerstoff pro Minute mittels Highflow-Maske erhält.

Für den ausführenden Kollegen – zum Beispiel der Rettungssanitäter – ist diese Aufgabe nicht damit abgeschlossen, dass er dem Patienten die Sauerstoffmaske aufsetzt. Er hat zudem zu kontrollieren, ob der Schlauch mit der Sauerstoffflasche richtig verbunden und die Flasche aufgedreht ist. Erst wenn ein kompletter Vorgang überprüft und abgeschlossen ist, signalisiert er dem Rettungsassistenten deutlich, dass der Auftrag erledigt wurde.

Trivial? Keineswegs! Im Einsatzalltag ist immer wieder zu beobachten, wie einem Patienten zwar die Sauerstoffmaske aufgesetzt, aber nicht das Flaschenventil aufgedreht wird. Oder der Sauerstoffschlauch unbemerkt vom Konnektor der Maske rutscht.

Kommunikation im Einsatz ist wichtig – Diskussion aber unerwünscht

Auch bei der EKG-Ableitung treten immer wieder solch banale Fehler auf: Die Elektroden werden aufgeklebt, das Patientenkabel ist an den Elektroden angeschlossen – aber nicht mit dem EKG-Gerät verbunden.

Gründe für solche Pannen sind unter anderem mangelnde Kommunikation im Rettungs-Team und nicht abgestimmte Maßnahmen. Dies passiert, wenn zwei Teammitglieder, ohne sich zu besprechen, die gleichen Tätigkeiten machen möchten. Man wird durch die aktuelle Situation abgelenkt und vergisst die erste Aufgabe einfach. Wird ein Schritt angefangen, aber nicht zu Ende gebracht, kann dies die Versorgung negativ beeinflussen.

Die Kommunikation im Rettungsdienst-Einsatz ist an klare Vorgaben gebunden. Die vorgeschriebenen Algorithmen, anhand derer Notfälle abgearbeitet werden, bieten wenig Spielraum für Diskussionen. Daher ist der Ablauf in der Kommunikation von Auftrag und Rückmeldung durch den Durchführenden wichtig.

Bei einem Großteil der Rettungsdienst-Einsätze sind die meisten Abläufe sehr ähnlich. Hierdurch kommt es zu einem standardisierten Vorgehen, wozu auch die Aufgabenteilung im Rettungs-Team zählt. Ein auf dem RTW eingeteilter Praktikant ist hierbei ins Team einzubeziehen.

Sind Angehörige am Einsatzort, werden diese ebenfalls in die Versorgung einbezogen. Sie können sowohl die Krankenkassenkarte oder einen Medikationsplan herbeiholen bzw. Fragen im Rahmen der Fremdanamnese beantworten.

Aufgaben-Verteilung: Wenn der Notarzt dazukommt

Das Vorgenannte gilt auch für Notfall-Einsätze, bei denen ein Notarzt hinzukommt. Dieser trifft in der Regel mit einem Notarzt-Einsatzfahrzeug (NEF) oder Rettungshubschrauber (RTH) ein und bringt einen weiteren Notfallsanitäter, Rettungsassistenten bzw. -sanitäter mit.

Sobald das Notarzt-Team eingetroffen ist, hat der Schichtführer des RTW eine klare Übergabe durchzuführen. Hierbei ist darauf zu achten, dass nur zwei Personen – Rettungsassistent beziehungsweise Notfallsanitäter des RTW und Notarzt – miteinander reden. Jeder am Einsatz beteiligte mag seine eigene Meinung haben, hat sie an dieser Stelle aber nicht kundzutun. Dies würde das Übergabegespräch (unnötig) in die Länge ziehen. Es bestünde zudem die Gefahr, dass wesentliche Informationen vergessen würden und Missverständnisse entstünden.

Jede Rettungsfachkraft im Notfalleinsatz sollte ihr Aufgabengebiet kennen. Foto: fotolia/Kzenon

Jede Rettungsfachkraft sollte im Notfalleinsatz ihr Aufgabengebiet kennen. Foto: fotolia/Kzenon

Bei dieser Übergabe wechselt die Verantwortung für den medizinischen Notfalleinsatz vom Rettungsassistenten oder Notfallsanitäter des RTW auf den Notarzt. Letztgenannter wird damit zum neuen Teamleiter und gibt die weiteren Versorgungsschritte vor. Während die RTW-Besatzung dem Notarzt bei der Versorgung des Patienten assistiert, kümmert sich der NEF-Fahrer um die Dokumentation und Voranmeldung des Patienten in der Klinik.

Die Aufgabenteilung im Rettungs-Team ist von Wache zu Wache und je nach Rettungsdienstbereich unterschiedlich. Gleich ist jedoch an allen Standorten, dass eine klare Aufgabenteilung und Kommunikation die Grundlage für eine gute Patientenversorgung bildet.

Ist ein Rettungshubschrauber eingebunden, müssen sich alle Beteiligten gut absprechen. Von einem Hubschrauber gehen im Vergleich zu bodengebundenen Rettungsmitteln mehr Gefahren aus. Bergen die Rotoren schon eine große Unfallgefahr in sich, können auch aufgewirbelte Gegenstände bei Umstehenden zu Verletzungen führen. Um sich nicht unnötigen Risiken auszusetzen, sollte die Rettungsfachkräfte im Umfeld des Hubschraubers immer nur nach Rücksprache mit der Crew gearbeitet werden. Das gilt zum Beispiel für die Entnahme von Ausrüstungsgegenständen und das Einschieben der Trage.

Einsatz in der Arztpraxis

Befindet sich die Einsatzstelle in einer Arztpraxis, einer Privatklinik oder einem Pflegeheimen, ist es unerlässlich, das Personal der Einrichtung einzubinden. Sie kennen die Krankengeschichte „ihres“ Patienten und dessen Besonderheiten.

Gerade in der heutigen Zeit, in der sich Kliniken zunehmend spezialisieren, werden Maßnahmen an den Patienten vorgenommen, die Rettungsfachkräften unbekannt sind. Teilweise handelt es sich dabei um Hochrisikopatienten. Deshalb ist ein abgestimmtes Vorgehen unabdingbar, um den Patienten nicht unnötig zu gefährden.

Anhand des Überleitungsprotokolls werden Besonderheiten durchgesprochen. Es zeugt von Verantwortungsgefühl, wenn das Rettungsfachpersonal an Stellen, die nicht verstanden wurden, nochmals nachfragt. Einen Patienten hingegen zu übernehmen, obwohl wissentlich noch Unklarheiten bestehen, ist fahrlässig und unprofessionell. Bei Rückfragen gibt das Pflegepersonal Auskunft. Es erläutert beispielsweise nochmals eine bestimmte Lagerungstechnik oder wichtige Aufgaben während des Transports.

Bei der Versorgung des Notfallpatienten kann die medizintechnische Ausstattung der jeweiligen Einrichtung (zum Beispiel Pflegeheim) hinzugezogen werden. So leisten fahrbare Infusionsständer oder Bettenlifte beim Umlagern und für den Transport des Patienten gute Dienste. Hierbei zeigt sich einmal mehr, wie wertvoll eine klar abgestimmte Aufgabenteilung im Einsatz sein kann.

Aufgabenverteilung bei Großschadenslagen

Neben dem so genannten Tagesgeschäft ereignen sich auch Einsätze, die – neben der Versorgung von Notfallpatienten – auch operativ-taktische Überlegungen erfordern. Hier ist dann eine besondere Abstimmung zwischen den Rettungskräften erforderlich.

In diese Kategorie von Einsätzen fällt unter anderem der Massenanfall von Verletzten (MANV) genauso wie Katastropheneinsätze. Neben dem Rettungsdienst sind dann weitere Fachdienste wie Feuerwehr, Polizei, Technisches Hilfswerk sowie verschiedene Schnell-Einsatz-Gruppen oder Berg- und Wasserrettung beteiligt.

Auch die Aufgabenverteilung zischen unterschiedlichen Hilfsorganisationen ist geregelt. Foto: fotolia/benjaminnolte

Auch die Aufgabenverteilung zwischen unterschiedlichen Fachdiensten ist geregelt. Foto: fotolia/benjaminnolte

In solchen Lagen geht es um die Aufgabenverteilung sowie die taktischen Strukturen. Verantwortlich sind die entsprechenden Personen mit Führungsaufgaben: Einsatzleiter Rettungsdienst, Feuerwehrkommandant oder Einsatzabschnittsleiter. Sie ordnen den Raum und legen fest, wo beispielsweise die Patientenablage oder der Rettungsmittelhalteplatz eingerichtet werden. Zu erkennen sind diese Führungskräfte an entsprechenden farbigen Westen.

Auch in solchen Situationen ist kein Platz für Diskussionen. Weist der Einsatzleiter oder dessen Führungsassistent einem Rettungswagen einen Patienten zu, ist dieser von der RTW-Besatzung ohne Debatte zu übernehmen. Eine Diskussion ist hier insofern nicht angebracht, als dass nur die Führungskraft den Gesamtüberblick hat und für die richtige Aufgabenverteilung verantwortlich ist. Kritik kann im Rahmen einer Nachbesprechung geübt werden.

Die Zahl an Personen und Einheiten an einer Einsatzstelle ist nahezu unendlich erweiterbar. Hierunter fallen Funktionsträger genauso wie Mitarbeiter von Behörden und der Straßenmeisterei, Pressevertreter oder sich zufällig an der Einsatzstelle befindliche Ersthelfer. Sind die Aufgaben auch noch so unterschiedlich, dennoch ist auf einen guten Informationsaustausch zu achten. Nur durch eine klar strukturierte Kommunikation und Aufgabenverteilung an der Einsatzstelle können komplexe Lagen erfolgreich gemeistert werden.

Die beschriebenen Empfehlungen funktionieren nur dann, wenn nach dem Einsatz das Rettungs-Team gemeinsam den Ablauf bewertet. Sicherlich gibt es bei einem alt eingespielten Team meist weniger Probleme, als wenn man in dieser Konstellation erstmals zusammengearbeitet hat. Gleich ist aber bei allen, dass eine Reflektion nicht nur im Team, sondern auch für sich selbst dazu beiträgt, Wiederholungsfehler zu vermeiden.

(Text: Uwe Kippnich, Dozent im Rettungsdienst, Krankenpfleger, OrgL, Örtlicher Einsatzleiter, EU-Team-Leader; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 19.12.2017)
[1129]

Medizinische Abkürzungen helfen bei der Versorgung

$
0
0

Bremen (rd_de) – Mit Einführung standardisierter Versorgungskonzepte hat auch die Zahl so genannter Merkhilfen rapide zugenommen. APGAR, SAMP-LE(R) und nicht zuletzt das ABCDE-Schema dürften bekannte medizinische Abkürzungen sein. Jeder Buchstabe steht dabei für ein Symptom oder Charakteristikum. Doch es gibt weitaus mehr Akronyme, die einem Notfallsanitäter, Rettungsassistenten oder Rettungssanitäter helfen können, wichtige Dinge im Einsatz nicht zu übersehen.

 Internationale medizinische Abkürzungen

Schon bei der ersten Annäherung an den Patienten unterstützt zum Beispiel das AVPU-Schema die Einsatzkräfte. Es dient dazu, den Wachheitsgrad zu beurteilen. A steht für „alert“, was bedeutet, dass der Patient wach und ansprechbar ist. Alle Befunde, die ungünstiger als „alert“ sind, sollten die Helfer veranlassen, nach den Gründen zu suchen.

V steht beim AVPU-Schema für „verbal response“, das heißt, der Patient reagiert erst auf laute Ansprache. P bedeutet „painful stimuli“. Der Patient reagiert erst auf Schmerzreize. Und U ist gleichbedeutend mit „unresponsive“, also nicht ansprechbar.

Gerade in Notfallsituationen ist es wichtig, die Anamnese zügig zu erheben. Wichtige Details dürfen dabei nicht vergessen werden. Hier gibt es gleich mehrere medizinische Abkürzungen, zum Beispiel SAMPLE(R) und OPQRST.

Bei SAMPLE(R) geht es mit „signs and symptoms“, also Zeichen und Symptome, los. A erinnert die Rettungsfachkraft, nach möglichen Allergien (allergies) zu fragen. Die M-Frage erkundigt sich nach Medikamenten (medications), die vom Patienten regelmäßig eingenommen werden. „Past medical history“ (P), die Krankengeschichte des Patienten, gibt Aufschluss über durchgemachte Erkrankungen, frühere Operationen, Verletzungen oder eine mögliche Schwangerschaft. Auch das L – „last oral intake“ – ist wichtig, weil sich der Helfer hiermit nach der letzten Nahrungsaufnahme erkundigt. Blieben noch die „events prior to illness/injury“ (E), also Ereignisse bzw. Handlungen, die der Patient vollzog, als die Beschwerden einsetzten, und „risk factors“ (R). Damit sind Risikofaktoren wie beispielsweise Vorerkrankungen, Nikotin- und Alkoholkonsum, aber auch familiäre Vorbelastungen gemeint.

Während SAMPLE(R) eher die Vergangenheit abfragt, hilft OPQRST dabei, die aktuellen Beschwerden oder Schmerzen besser einzuschätzen.

Der Buchstabe O steht bei OPQRST für „onset“ – Beginn oder Ausbruch einer Erkrankung. So erfährt das Rettungsfachpersonal beispielsweise, ob die Beschwerden plötzlich oder eher langsam aufgetreten sind. Hinter P stecken „provocation“ und „palliation“. Damit wird zum einen gefragt, was die Beschwerden verschlimmert (provoziert), zum anderen, was sie lindert. Q steht für „quality“ (Qualität). Hierbei geht es darum zu erfragen, welcher Art beispielsweise die Schmerzen sind (stechend, brennend, krampfartig…). R erinnert an „radiation“ – Ausstrahlung – und soll helfen herauszufinden, wo sich der Schmerz genau befindet. „Severity“ verbirgt sich hinter dem S von OPQRST und heißt übersetzt „Schwere“. Damit wird umschrieben, wie stark die Schmerzen bzw. Beschwerden sind. Das T (time) klärt schließlich, wie lange die Beschwerden schon bestehen.

DCAP-BTLS gehört zu den medizinischen Abkürzungen, um Verletzungen bei der Patientenuntersuchung aufzuspüren. DCAP-BTLS steht für:

•    Deformities (Deformierungen)
•    Contusions (Prellungen)
•    Abrasions (Abschürfungen)
•    Penetrations (Eintrittswunden)
•    Burns (Verbrennungen)
•    Tenderness (Empfindlichkeit)
•    Lacerations (Risswunde)
•    Swelling (Schwellung)

Medizinische Abkürzungen: ein Überblick

ABCDE (Schema zur Beurteilung von Notfallpatienten)
AEIOU-TIPS (Ursachen für Bewusstseinsstörungen)
APGAR (Neugeborenenbeurteilung)
AVPU (Beurteilung des Bewusstseinsgrades)
BONES (Indikator für eine schwierige Maskenbeatmung)
CARDIO (beta-mimetische Wirkungen am Herzen)
CIAMPEDS (Anamneseerhebung bei Kindernotfällen)
DCAP-BTLS (Hinweise auf Verletzungen)
DOPE (Hinweise auf eine inadäquate Ventilation oder Oxygenierung bei intubierten Patienten)
FAST (Erkennung initialer Schlaganfallsymptome)
LEMON (Indikatoren für eine schwierige Intubation)
MONA (Therapieschema bei ACS)
OPQRST (Beurteilung der aktuellen Beschwerden bzw. Schmerzen)
PERRL (Beurteilung der Pupillen)
SMASHED (Beurteilung von akuten Veränderungen des neurologischen Status)
SNOT (Initiale Beurteilung eines veränderten neurologischen Status)
TICLS (Beurteilung des Erscheinungsbildes bei Kindern; pädiatrisches Beurteilungsdreieck)
TICS (Hinweise auf Verletzungen)

Im Rettungs-Magazin, Ausgabe 2/2012, finden Sie Erläuterungen zu den hier genannten Abkürzungen. Die Digitalausgabe finden Sie hier.

(Text: Thomas Semmel, Notfallsanitäter, Dozent im Rettungsdienst, ERC Educator und ALS-Instruktor; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 20.12.2017)[1012]

TECC: Taktische Verwundetenversorgung in Terror-Lagen

$
0
0

TECC_290Offenbach/Queich (rd_de) – Taktische Verwundetenversorgung in Terror-Lagen: Auch in Deutschland fragen sich  Rettungskräfte, wie bzw. ob sie auf solch eine Situation vorbereitet sind. Die Akademie des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst (DBRD) vermittelt seit 2015 in einem zweitägigen Kurs das erforderliche Know-how.

Tactical Emergency Casualty Care-Guidelines“ (TECC) nennt sich ein Konzept, das die DBRD-Akademie ihren Kursteilnehmern näherbringt. Es leitet sich aus militärischen Versorgungsstrategien der US-Army ab (TCCC – Tactical Combat Casualty Care) und wurde unter anderem für zivile Rettungsdienste sowie Feuerwehren modifiziert. Es handelt sich insofern um in der Praxis bewährte Leitlinien, keine starren Protokolle.

TECC: Taktische Verwundetenversorgung

„Gerade die Erfahrungen, die während der Anschläge um den Boston-Marathon gemacht wurden, haben gezeigt, dass IEDs (improvisierte Sprengkörper) auch außerhalb militärischer Gefechtszonen zu finden sind“, erklärt Marco K. König, 1. Vorsitzender des DBRD und Nationaler Koordinator TCCC Deutschland. Deshalb wolle man mit den TECC-Kursen auch taktisch nicht ausgebildetes Rettungsfachpersonal ansprechen. Die zivilen Notärzte, Notfallsanitäter und Rettungsassistenten unterstützen die Polizei vielfach in solchen Lagen und sind für die Versorgung der Verletzten zuständig. Deshalb lernen die Teilnehmer, wie sie in diesen speziellen Situationen adäquat zu reagieren haben und medizinisch lebensrettende Maßnahmen durchführen können (taktische Wundversorgung).

Die Teilnehmer des TECC-Kurses lernen, wie sie in Gefahrenlagen adäquat zu reagieren haben und medizinisch lebensrettende Maßnahmen durchführen können. Foto: DBRD

Die Teilnehmer des TECC-Kurses lernen, wie sie in Gefahrenlagen adäquat zu reagieren haben und medizinisch lebensrettende Maßnahmen durchführen können. Foto: DBRD

Zum Lehrstoff gehört unter anderem:

 

  • Verwundete aus der Gefahrenzone retten.
  • Blutstillung mittels Tourniquet.
  • Durchführung eines adäquaten Atemwegsmanagements bis hin zur Koniotomie.
  • Versorgung von Thoraxverletzungen bis hin zur Entlastungspunktion.
  • Einsatz von Hämostyptika und Packing zur Blutungskontrolle.
  • Etablierung eines adäquaten Zuganges (i.v./i.o.) und Bestückung.
  • Management des hämorrhagischen Schocks (Volumengabe, Gabe von Tranexamsäure).
  • Therapiestrategien: Gabe von Analgetika, Antibiotika.
  • Evakuierung und zielgerichteter Abtransport.

Das Board der National Association of Emergency Medical Technicians (NAEMT) führe die TECC-Kurse unter der Schirmherrschaft ihres PHTLS-Programms durch. Die Teilnehmer des Kursformats würden nach den laufend aktualisierten TECC-Guidelines ausgebildet und trainiert, heißt es auf der Website der DBRD-Akademie.

„Der Kurs kombiniert auf diese Weise die Prinzipien von PHTLS und TCCC mit den TECC-Guidelines und den Empfehlungen aus dem ‚Hartford Consensus Document‘ zu Amok- und Scharfschützenlagen“, erläutert König.

Weitere, ähnlich gelagerte Kurse bieten in Deutschland zum Beispiel folgende Institutionen an:

•    Tactical Rescue & Emergency Medicine Association (TREMA),
•    Sanitätsschule Nord,
•    Trainingszentrum für Erste Hilfe & Notfallmedizin, Hamburg,
•    Tactical Responder,
•    CTC Medical.

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Rettungsassistent, Chefredakteur www.rettungsdienst.de; Symbolfotos: DBRD; zuletzt aktualisiert: 21.12.2017)[1184]

Lebensgefahr bei der Ruptur eines Aortenaneurysmas

$
0
0

AortenaneurysmaBremen (rd_de) – Das Bauchaortenaneurysma führt in der Regel nicht zu einer spezifischen Symptomatik. Symptome entstehen erst bei Kompression benachbarter Strukturen wie Wirbelkörper oder Nerven. Rücken- oder Flankenschmerzen und diffuse Beschwerden im Mittelbauch können auf ein Aortenaneurysma hinweisen, sind aber nicht typisch für diese Erkrankung. Die Beschwerden werden oftmals fehlegedeutet.

Die Erweiterung des Blutgefäßes kann in allen Körperregionen auftreten, beispielsweise in Hirn- und Beckenarterien. Am häufigsten betrifft es aber die Bauchschlagader. Der Durchmesser der abdominellen Aorta ist abhängig von Alter, Geschlecht sowie von der Körpergröße. Er nimmt mit Alter und Körpergröße zu; weiterhin haben Männer einen größeren Aorten-Durchmesser als Frauen.

Quelle: Bilderzwerg/fotolia.com

Die häufigste Ursache für die Entstehung eines Aneurysmas ist eine degenerative Veränderung des Bindegewebes in der mittleren und äußeren Schicht der Arterienwand. Das Gefüge der Kollagenfasern lockert sich, weiterhin nehmen die elastischen Rückstellkräfte ab. Die Folge ist die Bildung eines Aneurysmas. Seltenere Ursachen sind erbliche Bindegewebserkrankungen wie das Marfan-Syndrom oder das Ehlers-Danlos-Syndrom. Der wichtigste kardiovaskuläre Risikofaktor für die Entstehung und die Progression eines Aortenaneurysmas ist Rauchen. Auch ein erhöhter Blutdruck beschleunigt das Wachstum eines Aortenaneurysmas.

Ruptur eines Aneurysmas

Die Hauptgefahr besteht darin, dass ein Aneurysma plötzlich platzt und es zur inneren Verblutung kommt. Sie führt in der Regel zu einem plötzlich einsetzenden, heftigen Rücken- oder Flankenschmerz. Durch den Blutverlust in das Retroperitoneum tritt ein Schock ein mit Hypotonie, Tachykardie und eventuell Bewusstseinsverlust.

 

Immer dabei: Mit unserem AboPlus können Sie das Rettungs-Magazin klassisch als Heft und jederzeit als digitales ePaper zum Beispiel auf einem Tablet lesen

 

Unter Umständen kann es durch die Füllung des Retroperitoneums zur Tamponade der Blutung kommen. Dadurch kann sich der Patient zwischenzeitlich stabilisieren. Platzt das Aneurysma allerdings ungedeckt in die Bauchhöhle, ist durch die extrem starke Blutung ein Tod durch Verblutung die Folge. Andere Risiken bestehen beispielsweise in der Bildung von Blutgerinnsel im Aneurysma, die zu akuten Gefäßverschlüssen in den Beinen führen können.

Mitunter ist dem Patienten ein Aneurysma bekannt und kann dies beim Anamnesegespräch angeben. Kleinere Aneurysmen sollten in regelmäßigen Abständen mit Ultraschall überwacht werden – es gibt auch einen Aneurysma-Screeningpass. Insofern sollte daran gedacht werden, den Patienten bzw. dessen Angehörige danach zu fragen.

Je größer ein Bauchaortenaneurysma ist, desto höher ist die Rupturgefahr:

< 5 cm: 2 bis 4 Prozent,
> 5 cm: 25 Prozent,
> 7 cm: 75 Prozent.

Ab einer Größe von mehr als 5 cm sollte das Aneurysma operativ behandelt werden, wodurch sich die Sterblichkeit um etwa 45 Prozent senken lässt.

Diagnose eines Bauchaortenaneurysmas

Die Diagnostik bei Verdacht auf ein Bauchaortenaneurysma umfasst unter anderem die Abtastung des Abdomens. Möglicherweise ist hier ein pulsierender Tumor festzustellen. Gedeckt rupturierte Aneurysmen sind durch eine dauerhaft schmerzhafte, pulsierende Resistenz im Abdomen und/oder Schmerzausstrahlung in den Rücken und Flankenbereich gekennzeichnet. Die Patienten berichten vielfach von einem plötzlichen Beginn. Die Kreislaufparameter sind mitunter nicht beeinträchtigt. Die freie Ruptur des Aneurysmas wird durch das akute Abdomen mit plötzlich einsetzenden Schmerzen mit rapidem Kreislaufabfall gekennzeichnet.

Zwei mögliche Verfahren stehen in der Klinik für Aortenaneurysmen zur Auswahl: Eine offene Operation mittels eines Bauchschnitts und Einführen einer Kunststoffprothese. Oder die Einführung eines Stents, der über die Leistenarterien in die Aorta vorgeschoben und erst dort aufgespannt und verankert wird. Dieser Eingriff dauert wesentlich kürzer als die offene Operation und ist weitaus schonender, allerdings nicht bei jedem Patienten möglich.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt; Grafiken: Fotolia.com; 27.12.2017)[2596]


Frühchen-Transport: Was Rettungsdienst-Mitarbeiter wissen müssen

$
0
0

Ueberlebenschance_Fruehchen_1_580Lübeck (pm) – Frühchen sind oftmals ein Grund, dass der Rettungsdienst alarmiert wird. Meist treten unerwartet heftige Wehen bei der Mutter auf. Die Schwangere wird dann vielfach in die örtliche Klinik gebracht. Später erfolgt die Verlegung in eine Spezialklinik. Und die Überlebenschance? Frühchen haben heute grundsätzlich eine deutlich bessere Prognose, wie dieser Bericht zeigt.

Der Rettungsdienst bringt eine werdende Mutter ins örtliche Krankenhaus. Die Fruchtblase ist geplatzt. Viel zu früh. Per Kaiserschnitt holen die Ärzte das Kind. Das Geburtsgewicht beträgt nur 470 Gramm– nicht einmal so viel wie eine halbe Milchtüte wiegt.

Das Frühchen (24. SSW) atmet schwach. Seine Haut ist noch sehr dünn; der Körper sieht dunkel aus. Durch die pergamentartige Oberfläche schimmern die Blutbahnen und verleihen dem Frühchen die charakteristisch rotbraune Hautfarbe. Ungeschützt würde der kleine Körper außerhalb des Bauchs der Mutter innerhalb weniger Minuten auskühlen.

Frühchen: Überlebenschance steigt

Das örtliche Krankenhaus versorgt das Frühchen so gut es geht. Über eine eigene neonatologische Intensivstation verfügt die Klinik aber nicht. Rasch wird daher der Transport in die nächstgelegene Spezialklinik für Frühgeborene vorbereitet. Sie ist 30 Kilometer entfernt. Der Baby-Notarztwagen ist bereits angefordert.

Alles läuft routiniert ab. Eine halbe Stunde später steht der Baby-Notarztwagen bereit. An Bord befindet sich ein Intensivpflegeteam für Frühchen. Bei besonders kleinen Frühchen begleitet neben einer Kinderkrankenschwester und dem Notarzt ein Neonatologe den Transport.

Das Transportsystem für Frühchen ist ein stabiler Metallrahmen, der auf das Fahrgestell einer Krankentrage montiert ist. Das System besteht im Einzelnen aus:

  • bis zu vier Atemgasflaschen,
  • einem Monitor,
  • einem mobilen Beatmungsgerät,
  • einem Regalsystem für Infusionspumpen und
  • dem speziellen Transportinkubator,

in den die Kinderkrankenschwester jetzt das Frühchen legt. In der doppelwandigen Box aus Plexiglas ist das Zusammenspiel von Temperatur, Sauerstoffgehalt, Akustik und Licht genau aufeinander abgestimmt. Vom mobilen Beatmungsgerät führt der Beatmungsschlauch durch eine kleine Öffnung der Inkubator-Haube zu den Atemwegen des Frühchens. Der integrierte Atemgasanfeuchter erwärmt und befeuchtet die Atemluft, sodass das Frühchen auch auf dem Transport eine Beatmungsqualität auf Klinikniveau erhält.

Gute Überlebenschance: Frühchen in der Mini-Neonatologie-Station

Ein neonatales Transportsystem umfasst alles, was ein Neu- oder Frühgeborenes auf seinem Weg in die Klinik braucht. Angefangen beim Transportinkubator, der für eine gleichmäßige Wärme bis 38 Grad Celsius sorgt, um das Baby vor dem Auskühlen zu schützen.

Da vor allem bei extremen Frühgeborenen (Frühchen, 24 SSW) die Lunge noch nicht vollständig ausgebildet ist, benötigen sie Atemunterstützung. Das gilt auch für Frühchen, bei denen das Surfactant, das die Lungenbläschen geöffnet hält, noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden ist. Ein besonders kompaktes Intensiv-Beatmungsgerät liefert wahlweise druck- oder volumenkontrollierte Atemhübe sowie aktive Anfeuchtung und Erwärmung der Atemluft.

Die Frühchen-Überlebenschance steigt nicht zuletzt durch solche Transportinkubatoren. Foto: Dräger

Die Frühchen-Überlebenschance steigt nicht zuletzt durch solche Transportinkubatoren. Foto: Dräger

Für Babys, die schon selbstständig atmen können, bietet das Beatmungsgerät Modi an, die spontan Atemzüge zwischen den maschinellen Hüben oder auch eine vollständige Eigenatmung zulassen und unterstützen. Die für die Beatmung benötigten Gasflaschen befinden sich beim Dräger Globe-Trotter GT5400-Transportsystem in einer Ablage unter dem Transportinkubator. Bis zu vier angeschlossene Flaschen mit Gasen wie Luft und Sauerstoff können hier untergebracht und bei Bedarf herausgezogen werden. Das Transportsystem zeigt ihren aktuellen Füllstand laufend auf einem Display an der Vorderseite.

Frühchen-Transport im Rettungshubschrauber

Kurz vor Fahrtbeginn meldet die Leitstelle einen Stau auf der geplanten Route. Das Team muss umdisponieren. Der Transport soll jetzt mit einem Rettungshubschrauber erfolgen.

Der Baby-Notarztwagen fährt zum nahegelegenen Landeplatz. „In solchen Situationen kann viel Zeit verloren gehen, wenn beispielsweise das Frühchen aus dem Inkubator für Baby-Notarztwagen erst noch in einen Transportinkubator für Hubschrauber und Flugzeuge umgelagert werden muss“, berichtet Peter Dietl von Dräger, der auch als Rettungsassistent im Einsatz ist.

Mittels eines Monitors kann der GT5400 das Überwachen der Kohlendioxid-Konzentration während der Beatmung ermöglichen. Optional liefert ein weiterer Bildschirm ständig Informationen über die Vitaldaten des Frühchens wie Herzfrequenz, Blutdruck und Sauerstoffkonzentration im Blut. Der Globe-Trotter GT5400 verfügt darüber hinaus über ein Regalsystem mit vier mechanisch gesicherten Halterungen für Spritzenpumpen.

Frühchen: Die Mutter bietet die beste Transportumgebung für das ungeborene Kind. Foto: Dräger

Frühchen: Die Mutter bietet die beste Transportumgebung für das ungeborene Kind. Foto: Dräger

„Früher gab es separate Transportsysteme für Rettungsfahrzeuge und Hubschrauber. Das lag nicht zuletzt am unterschiedlichen Platzangebot der Fahrzeuge“, berichtet Dietl. Er weiß, wie sehr sich die Halterungssysteme für die Transportgestelle nicht nur zwischen Flugzeug und Rettungswagen, sondern auch zwischen den diversen Fahrzeugtypen unterscheiden. Der GT5400 ist ein universell einsetzbares Frühchen-Transportsystem, das sowohl zu Lande als auch in der Luft verwendet werden kann.

Sicher beim Transport

„Die Mutter bietet die beste Transportumgebung für das ungeborene Kind“, erklärt Dr. Jens Siegel, Oberarzt auf der Frühchen-Station des Kinder-und Jugendkrankenhauses „Auf der Bult“ in Hannover. Daher versucht er bei sich abzeichnender Frühgeburt möglichst das Baby noch „in utero“ – im Bauch der Mutter – in die Spezialklinik zu verlegen. So können nicht nur Kosten, sondern auch mögliche Komplikationen reduziert werden. Zu den Risikofaktoren zählen

  • Vibrationen,
  • Licht,
  • Geräusche und
  • Temperatur,

die beim Frühchen Stress hervorrufen können.

Einige Einflüsse hat Dr. Siegel untersucht. So seien Vibrationen am stärksten bei Frühchen-Transporten in einem normalen Rettungswagen, am wenigsten dagegen in einem Baby-Notarztwagen zu spüren.

Am stärksten würden Beschleunigungskräfte auf den kleinen Körper bei längs im Wagen eingebauten Transportinkubatoren wirken. Besser wäre es daher, Transporte möglichst quer zur Fahrbahn durchzuführen.

„Wenn ein Transport notwendig ist, sollte der Baby-Notarztwagen zudem so langsam wie möglich fahren. Bei ganz kleinen Frühchen sollte das Personal zusätzlich auch den Kopf halten, um die Erschütterungen weitgehend zu reduzieren“, so der Oberarzt. Doch auch Änderungen am Chassis, bei den Shock-Absorbern unter dem Inkubator oder am Schwingtisch könnten schon Verbesserungen bringen.

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Chefredakteur www.rettungsdienst.de; Symbolfotos: Dräger; zuletzt aktualisiert: 29.12.2017)

Anamnese: Rezeptfreie Medikamente nicht vergessen!

$
0
0

Rezeptfreie Medikamente_580Bremen (rd_de) – Wer sich das Angebot von Internetapotheken anschaut, findet eine breite Palette an rezeptfreien Medikamenten. Zu den frei verkäuflichen Präparaten gehören zum Beispiel auch Blutdrucksenker sowie Schmerz- und Beruhigungsmittel. Die angebotene Beratung beim Kauf wird vielfach nicht wahrgenommen. Zeigen sich Inkompatibilitäten oder gefährliche Nebenwirkungen, tritt der Rettungsdienst auf den Plan.

Notfallsanitäter, Rettungsassistenten und Rettungssanitäter lernen, Patienten grundsätzlich nach dem ABCDE-Schema zu beurteilen und zu behandeln. Hierzu gehört auch eine Kurzanamnese gemäß der SAMPLER-Regel. Das „M“ steht dabei für die Frage nach der Medikation. Hierbei wird unterschieden zwischen:

  • Dauermedikation,
  • Bedarfsmedikamenten und
  • vorübergehender Medikation.

Wichtig ist, dass sich der Rettungsdienst nicht nur nach Medikamenten erkundigt, die von einem Arzt verschrieben worden sind. Rezeptfreie Medikamente dürfen nicht vergessen werden! Grundsätzlich gilt: Rezeptfreie Medikamente können – genauso wie rezeptpflichtige Präparate – einen Hinweis auf die Erkrankung bzw. das aktuelle gesundheitliche Problem des Patienten geben.

Weiterhin sollte auch nach Nahrungsergänzungsmitteln, rezeptfreien Getränken und Tees gefragt werden. Deren Inhaltstoffe können zu Inkompatibilitäten mit anderen, vom Patienten eingenommenen Wirkstoffen führen. Sie können aber auch der Auslöser für anaphylaktische Reaktionen sein.

Rezeptfreie Medikamente: Gefahr für Kinder

Nicht immer erhalten Kinder die Medikamente, die für sie geeignet sind. Dies gilt sowohl für rezeptpflichtige als auch für rezeptfreie Medikamente. Mögliche Folgen sind Intoxikationen.

Bei den meisten Vergiftungen im Kindesalter handelt es sich um Unfälle. Medikamente stellen hierbei die zweithäufigste Vergiftungsursache im Kindesalter dar. Medikamente, die normalerweise für einen Erwachsenen verschrieben wurden, sind dann zur Behandlung von kindlichen Beschwerden eingesetzt worden. Deshalb sollte bei der Anamnese-Erhebung immer danach gefragt werden, ob das verabreichte Medikament für den betreffenden Patienten (hier: das Kind) verordnet wurde.

Diphenhydramin, Dimenhydrinat und Doxylamin sind auch in rezeptfreien Medikamenten für Kinder enthalten. Diese Präparate werden als Schlafmittel, Antiemetika oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen als Husten- oder Erkältungsmittel eingesetzt. Die Präparate tragen so harmlose Namen wie „Halbmond“ oder „Sediat“. Doxylamin befindet sich zum Beispiel auch in dem Erkältungssirup „Wick MediNait“.

Neben der antihistaminischen und antiallergischen Wirkung kommt es durch diese Wirkstoffe zu zentralnervösen und anticholinergen Effekten. Die allergische Symptomatik wird durch die Blockade der peripheren Histamin-1-Rezeptoren hervorgerufen. Über eine Blockade der zerebralen Histamin-1-Rezeptoren kommt es möglicherweise zu zentralvenösen Symptomen. In therapeutischer Dosierung tritt bereits eine über 24 Stunden anhaltende Sedierung ein. Diese führt bei älteren Kindern unter anderem zu Benommenheit. Leichte Vergiftungen äußern sich in Form von:

  • Desorientiertheit,
  • Angst,
  • Halluzinationen,
  • weiten Pupillen,
  • Schwindel,
  • Muskelzittern,
  • leichter Tachykardie,
  • leichter Hypertension und
  • erhöhter Temperatur.

Bei einer schweren Vergiftung kommt es zu Bewusstseinsveränderungen bis hin zum Koma, Krampfanfällen, Blutdruckabfall oder -anstieg, Herzrhythmusstörungen, einer respiratorischen Insuffizienz und womöglich Atemstillstand.

(Text: Thomas Semmel, Dozent im Rettungsdienst, ERC Educator und ALS-Instruktor; Symbolfoto: ABDA; zuletzt aktualisiert: 02.01.2018) [1660]

Arterieller Gefäßverschluss: Bein tief lagern

$
0
0

Gefaessverschluss-Bein_580Bremen (rd_de) – Der akute arterielle Gefäßverschluss ist als schwerwiegende Erkrankung einzustufen, die schnellstmöglich einer klinischen Behandlung bedarf. Statistisch stirbt jährlich einer von 10.000 Patienten mit dieser Erkrankung. Das Wichtigste zu Ursachen, Symptome und Maßnahmen.

Gefäßverschluss: Bein tief lagern

Wer sich die normale Physiologie des Blutstromes vergegenwärtigt, wird sofort verstehen, weshalb die betroffene Extremität – zum Beispiel ein Bein – nach unten hängend gelagert wird. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass so möglicherweise zumindest eine geringe Durchblutung aufrechterhalten werden kann. Beim Gefäßverschluss gilt: Bein der Betroffenen tief lagern.

Gefäßverschluss: Ursachen

Die häufigste Ursache für eine Embolie ist ein kardialer Embolus aus dem linken Herzen. Er ist über die Aorta in die Extremitätenarterien geschwemmt worden.

Ein solcher Embolus entsteht meist im Rahmen eines unbehandelten bzw. ungenügend behandelten Vorhofflimmerns oder im Rahmen von Herzklappenerkrankungen sowie in Folge einer Herzklappen-OP. Aber auch die klassische Arteriosklerose kann eine solche akute Komplikation hervorrufen.

Gefäßverschluss: Symptome

Typisch für den akuten arteriellen Gefäßverschluss ist der plötzlich einschießende, heftige Schmerz in der entsprechenden Extremität, begleitet von weiteren ischämiebedingten Symptomen. Diese sind als die „6 Ps“ bekannt:

•    Pain (Schmerzen),
•    Paleness (Blässe),
•    Pulselessnes (nicht tastbarer Pulse distal des Verschlusses),
•    Prostration (Schock),
•    Paralysis (Lähmung) und
•    Paraesthesian (Gefühlsstörungen).

Diese durchaus als Notfall einzustufende Erkrankung kann über die beschriebenen Symptome in der Regel diagnostiziert werden.

Gefäßverschluss: Maßnahmen

Besteht der Verdacht auf einen Gefäßverschluss, muss der Transport unbedingt schnellstmöglich in die nächste Klinik mit gefäßchirurgischer Interventionsmöglichkeit erfolgen. Bis dahin zählt zu den wichtigsten therapeutischen Maßnahmen des Betroffenen eine ausreichende Analgesie. Hier sollte auch nicht vor Opiaten zurückgeschreckt werden. Zum einen sollte jeder Patient möglichst schnell von seinen Schmerzen befreit werden. Zum anderen besteht eine nicht unerhebliche Schockgefahr, die durch die Ausschüttung von Stresshormonen verstärkt werden kann. Zusätzlich zu weiteren kreislaufstabilisierenden Maßnahmen sollte auch die Heparingabe erfolgen.

Im Krankenhaus wird dann entsprechend der Befunde versucht, das Gefäß wieder zu öffnen. Hierfür stehen verschiedene Verfahren wie zum Beispiel die lokale Firbinolyse oder die Embolektomie zur Verfügung. Bei dem letztgenannten Verfahren handelt es sich um eine offene chirurgische Entfernung des Gerinnsels.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; aktualisiert 03.01.2018) [1297]

Kinder besuchen den Rettungsdienst: So wird’s ein Erfolg

$
0
0

RDESNT Rewa Kirchheim Kazi PR-Arbeit ÖffentlichkeitsarbeitBremen (rd_de) – Rettungswagen haben auf viele Kinder eine faszinierende Wirkung. Die Mischung aus Neugierde und heimlicher Furcht führt dazu, dass sie sich von den „schnellen roten Autos mit dem Blaulicht“ angezogen fühlen. Kein Wunder, dass bei Kindern ein Besuch der örtlichen Rettungswache äußerst beliebt ist. Der bevorstehende Besuch junger Gäste konfrontiert die Verantwortlichen des Rettungsdienstes allerdings mit der Frage: Was, um Himmels willen, können wir den Kindern zeigen?

 

Welche Ziele verfolgt der Wachenbesuch?

Zunächst gilt es, sich zu fragen, was mit dem Besuch der Rettungswache bezweckt werden soll. Klar, die Kinder finden das Thema „spannend“ und möchten gerne mal „gefahrlos“ einen Rettungswagen von innen sehen.

Aus Sicht Erwachsener dürfte die Notfallpädagogik die wichtigere Rolle spielen. Die Kinder sollen unverkrampft an das Thema „Erste Hilfe“ herangeführt werden. Sie können sich bei solch einem Besuch mit dem Rettungsdienst vertraut machen, und man kann ihnen spielerisch die möglicherweise vorhandene Berührungsangst nehmen. Darüber hinaus gelingt es einem vielleicht, „Helfer von Morgen“ zu gewinnen und – je nach Alter – zur Gründung bzw. Mitarbeit in einem Schulsanitätsdienst zu motivieren. In jedem Fall bietet sich die Chance, sie schon frühzeitig für soziale Verantwortung zu sensibilisieren.

Vorbereitung, die sich lohnt

Ohne etwas Vorbereitung wird der Besuch einer Kindergartengruppe oder Schulklasse auf der Rettungswache kaum zum Highlight werden. Insofern ist etwas Planung erforderlich. Steht das Programm aber erst mal, lässt sich bei weiteren Besuchen anderer Kindergruppen darauf zurückgreifen.

Erfahrungsgemäß ist von einer Besuchsdauer auszugehen, die zwei bis drei Stunden beträgt. Der Rettungsdienst- oder Wachenleiter muss zwei Mitarbeiter bestimmen, die sich um die Gäste kümmern sollen – es sei denn, er übernimmt diese Aufgabe selbst. Die „Gästeführer“ sollten sich freiwillig zur Verfügung stellen und nicht nur Spaß, sondern auch etwas Erfahrung im Umgang mit Kindern haben. Je nach Konstellation kann es sinnvoll und hilfreich sein, Mitglieder der eigenen Jugendabteilung (zum Beispiel Jugendrotkreuz oder Malteser-Jugend) hinzuzuziehen.

Zu unterscheiden ist, von wem die Initiative für den Besuch ausgeht. Eine Hilfsorganisation oder ein privater Rettungsdienst hat die Möglichkeit, den Wachenbesuch im Rahmen eines Erste-Hilfe-Kurses für Kinder oder als Aktion anlässlich des Sommerferienprogramms durchzuführen. Schulen oder Kindergärten können den Ausflug zur örtlichen Rettungswache ins Auge fassen, wenn sie das Thema „Erste Hilfe“ im Unterricht behandeln. In jedem Fall ist es wichtig, dass den Kindern zuvor altersgemäß in Theorie und Praxis die Erste Hilfe vermittelt wurde – sie also nicht gänzlich unvorbereitet zum Rettungsdienstbesuch aufbrechen.

Sollte ein Besuch der Wache nicht möglich sein, sich der Rettungsdienst aber dennoch den jüngsten Bürgern der Gemeinde gerne vorstellen wollen, besteht eventuell die Möglichkeit einer Kooperation. Sowohl Krankenhäuser als auch Feuerwehren empfangen immer wieder Kindergruppen, um ihnen ihre Räumlichkeiten und Geräte vorzustellen. In diesem Rahmen könnte sich der Rettungsdienst „einklinken“ und den Programmpunkt „Vorstellung eines Rettungswagens“ beisteuern.

Ablauf auf der Rettungswache

Kommt die Kindergruppe zur Rettungswache, steht als erster Programmpunkt die Begrüßung an. Man kann sich hierfür zum Beispiel im Unterrichtsraum der Wache in einem Stuhlkreis zusammensetzen. Um das Eis zu brechen, bietet es sich an, den Kindern Fragen zu stellen und sie erzählen zu lassen:

•    Was wisst ihr über den Rettungsdienst?
•    Habt ihr schon einmal Einsätze zum Beispiel in der Schule oder in der Familie erlebt?
•    Ist vielleicht einer von euch selbst schon einmal mit einem „Krankenwagen“ ins Krankenhaus gebracht worden? Wie war das für dich?

Der anschließende theoretische Teil – also zum Beispiel die Beschreibung des Zuständigkeitsgebietes und die unterschiedlichen Rettungsmittel – müssen dem Alter der Kinder angemessen erfolgen. Andernfalls droht schnell die Gefahr einer „Abstrafung“ in Form von Unruhe. Bei Kindern im Alter zwischen vier und sieben Jahren können zum Beispiel Modell- oder Spielzeugautos genutzt werden; zwischen acht und 16 Jahren darf es etwas abstrakter sein, beispielsweise in Form von Karten oder Bildern.

Nach der Begrüßungsrunde folgt die Kurzvorstellung der Rettungswache. Nicht alle Räume werden für Kinder „spannend“ sein. Lohnenswert sind aber unter anderem der Desinfektionsraum, das Materiallager und – sofern vorhanden – Vitrinen mit alten/historischen Rettungs- oder Funkgeräten. Den Abschluss des Rundgangs bildet die Fahrzeughalle. Hier wird ein Rettungswagen, der während der Zeit des Besuchs außer Dienst ist, als Vorführmodell herangezogen. Soweit möglich, kann dabei kurz auf die Unterschiede zu den anderen Einsatzfahrzeugen in der Halle hingewiesen werden.

Überraschend viele Ausrüstungsgegenstände in einem Rettungswagen lassen sich nutzen, um Kindern zu verdeutlichen, dass ein Großteil der Maßnahmen ohne Schmerzen durchgeführt wird:

•    EKG aufkleben lassen und ableiten,
•    auf der Trage festschnallen,
•    auf eine Vakuummatratze legen und von den anderen Kindern die Luft absaugen lassen,
•    ein Pulsoxymeter oder eine HWS-Schiene anlegen,
•    den Herzschlag mit einem Stethoskop hören.

Um die Arbeit des Rettungsdienstes kindgerecht vorzustellen, kann auf dem Gelände der Wache ein Einsatz simuliert werden. Dabei sollte ein harmloses Szenario gewählt werden, in das Kinder selbst geraten können, zum Beispiel der Sturz mit einem Fahrrad. Dieser Notfall kann mit den Kindern zusammen durchgespielt werden. Die jungen Besucher lernen dabei

•    wie sie am Telefon einen Notruf absetzen,
•    wie sie einen Erwachsenen zu Hilfe holen können,
•    wie sie das verletzte Kind betreuen können, bis der Rettungsdienst eintrifft.

Je nachdem, wie die Leitstelle eingebunden werden kann, ist zum Beispiel auch die probeweise Auslösung eines Funkmelders denkbar.

Kinder besuchen Rettungswache_2_580

In allen Fällen sollten die Kinder die ihnen an die Hand gegebenen Geräte selbst ausprobieren dürfen. Symbolfoto: Michael Rüffer

Die Versorgung des Patienten können die Kinder unter Anleitung durchführen. Sie wenden dabei ihre zuvor im Kindergarten oder in der Schule erlernten Kenntnisse praktisch an. Größeren Kindern kann man anbieten, sich Wunden zu schminken und diese anschließend zu verbinden. Für kleinere Kinder (vier bis sieben Jahre) kann stattdessen ein „Teddy-Krankenhaus“ eingerichtet werden. Hier können die Kinder ihre von zuhause mitgebrachten Kuscheltiere oder Puppen selbst behandeln. In allen Fällen sollten die Kinder die ihnen an die Hand gegebenen Geräte selbst ausprobieren dürfen. Das baut ebenfalls Berührungsängste ab und ermutigt sie, anderen zu helfen.

Nicht vergessen: Feedback der Kinder

Nach zwei bis drei Stunden wird sich der Wachenbesuch dem Ende zuneigen. Zeit, die Kinder zu fragen, wie ihnen ihr Besuch gefallen hat. So lässt sich heraushören, wie das Programm unter Umständen vor der nächsten Gruppe nachjustiert werden muss. Die „Feedbackrunde“ kann bei Saft, Keksen und eventuell Eis stattfinden. Und ein Gruppenfoto vor dem Rettungswagen sowie eventuell ein Souvenir aus dem Marketingfundus der Hilfsorganisation (Pixi-Buch, Cap oder Ähnliches) werden dazu beitragen, dass die begeisterten Erzählungen der Kinder ihre Eltern daran erinnern, wie lange deren letzter Erste-Hilfe-Kurs schon zurückliegt.

(Text: Lars Schmitz-Eggen, Rettungsassistent, Chefredakteur Rettungs-Magazin und www.rettungsdienst.de; Symbolfotos: Markus Brändli und Michael Rüffer; zuletzt aktualisiert: 08.01.2018) [1603]

Mesenterialinfarkt: Lebensgefahr bei Darminfarkt

$
0
0

Bremen (rd_de) – Bei den Mesenterialgefäßen handelt es sich um die Gefäße, die unter anderem den Darm mit Blut versorgen. Sie werden daher auch als Eingeweidearterien bezeichnet. Kommt es hier zu Durchblutungsstörungen oder einen Gefäßverschluss, ist schnelles Handeln wichtig.

Wie alle anderen Blutbahnen können Mesenterialgefäße ebenfalls von einer chronischen oder akuten Durchblutungsstörung betroffen sein. In den meisten Fällen kommt es auch hier im Rahmen einer akuten arteriellen Embolie zu einer Minderperfusion des entsprechenden Darmabschnitts. Häufig handelt es sich dann um eine Komplikation des Vorhofflimmerns oder eines zuvor stattgehabten gefäßchirurgischen Eingriffs. Durch die Minderperfusion treten eine Infarzierung („Darminfarkt“) und nachfolgend eine Nekrose des Gewebes auf.

Der Mesenterialinfarkt verläuft in drei Phasen:

1. Zunächst treten stärkste Bauchschmerzen kolikartigen Charakters auf. Bei der Palpation des Abdomens können jedoch keine gravierenden Auffälligkeiten festgestellt werden.
2. Nach einigen Stunden kommt es dann zu einer vorübergehenden Besserung der Beschwerden. In dieser Phase lässt – bedingt durch die bereits eintretende Nekrose – die Darmperistaltik nach. Man spricht hier auch häufig vom so genannten „trügerischen“ oder „faulen Frieden“.
3. Im weiteren Verlauf kommt es dann wieder zu massiven Schmerzen. Zusätzlich tritt nun eine rasch zunehmende Durchwanderungsperitonitis auf.

In diesem Stadium der irreversiblen Darmnekorse kann ein paralytischer Ileus (Darmverschluss) entstehen. Des Weiteren kann es in dieser dritten Phase zur Entwicklung eines Schocks und zu einer Sepsis kommen. Insbesondere bei Patienten mit bekanntem Vorhofflimmern sollte bei entsprechender Symptomatik immer an dieses Geschehen gedacht werden.

Die Sterblichkeit für Patienten mit einer Sepsis (Blutvergiftung) liegt höher als für Menschen mit einem akuten Koronarsyndrom oder einem Schlaganfall. Wird sie rechtzeitig erkannt, steigen die Überlebenschancen deutlich.

Lesen Sie in unserem eDossier „Sepsis – Symptome einer Blutvergiftung“ alles zum Thema.

>> Gleich hier bestellen, für nur 1,50 € <<

Analog zur Angina pectoris wird bei chronischen Engstellen der Mesenterialarterien von einer Angina abdominalis gesprochen. Die Beschwerden treten hier vielfach nach dem Essen auf, da der Darm im Rahmen der Verdauung einen größeren Blutbedarf hat. Durch die verminderte Durchblutung kann dieser aber nicht gedeckt werden.

Aufgrund der fehlenden präklinischen Möglichkeit der Diagnosesicherung beschränkt sich die Therapie auf die Symptomkontrolle und Kreislaufstabilisierung.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 10.01.2017) [3640]

Viewing all 473 articles
Browse latest View live
<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>