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Digitalisierung im Rettungsdienst – Telemedizin

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Telemedizin_Rettungsdienst_Digitalisierung_TabletBremen (rd_de) – In den letzten Jahren hat sich die Telemedizin im Rettungsdienst merklich entwickelt. Angetrieben durch verbesserte medizinische und technische Möglichkeiten, unterstützt die Telemedizin die Patientenversorgung nicht zuletzt in der Präklinik. Was mit Forschungsprojekten und Pilotstudien an einzelnen Standorten in verschiedenen Bundesländern begann, hält jetzt zunehmend Einzug in die Regelversorgung.

Ist von Telemedizin die Rede, kommt man sehr schnell zur Telematik. Dieser Begriff setzt sich aus „Telekommunikation“ und „Informatik“ zusammen. Vereinfacht ausgedrückt, beschreibt Telematik die elektronische Datenübertragung zwischen zwei Informationssystemen. Die Telemedizin ist ein Teilbereich der Telematik im Gesundheitswesen. Hierunter fallen die Diagnostik und die Therapie an räumlich getrennten Orten und/oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten (asynchron).

Im klinischen Bereich bildeten sich in den vergangen Jahren telemedizinische Netzwerke. Sie verbinden die verschiedensten Fachdisziplinen und decken insofern diverse Krankheitsbilder ab.

Telemedizin im Rettungsdienst

In Bezug auf den Rettungsdienst stellt die Telemedizin kein wirklich neues Verfahren dar. Die Seenotkreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger verfügen schon seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts über ein so genanntes Tele-EKG. Es ermöglicht ein Medico-Gespräch zwischen den Seenotrettern und einem Arzt im Stadtkrankenhaus Cuxhaven. Auch andere Schiffsbesatzungen können diese funkärztliche Beratung bei medizinischen Notfällen auf hoher See weltweit in Anspruch nehmen.

Der landgebundene Rettungsdienst arbeitet unter anderen Bedingungen. Hier hat die Telemedizin erst in den letzten Jahren Einzug gehalten. Lösungsmöglichkeiten und Anwendungsszenarien werden zunächst in Pilotprojekten auf ihre Machbarkeit und Alltagstauglichkeit getestet. Hierbei wird ein Standard-Rettungswagen mit zusätzlichen Geräten wie Kameras, verschiedenen Mobilfunk- und Übertragungsgeräten sowie Tablet-PCs ausgestattet. Durch diese zusätzliche Ausstattung ist das Notfallteam vor Ort direkt über Videotechnik und Datentransfer mit einem Facharzt verbunden. Dieser kann auf Grundlage der empfangenen Befunde und Informationen an das nichtärztliche Personal Handlungsempfehlungen aussprechen, ohne selbst beim Patienten sein zu müssen.

Durch die hohen Investitionskosten der zusätzlichen Ausstattung der Einsatzfahrzeuge und der angebundenen Kliniken sowie die Vorhaltung speziell geschulter Ärzte stehen diese Systeme nur an ausgewählten Standorten zur Verfügung. Bei der Wahl des jeweiligen Standortes spielen Forschungsaspekte eine wesentliche Rolle.

Telemedizin Projekte: ANGELsystems

Telemedizinische Lösungen in Form von Tablet-PCs als Kommunikations- und Dokumentationsmittel werden beim Stroke-Angel-Projekt erfolgreich eingesetzt. Was als Forschungsprojekt im Jahr 2005 mit einer Studie begann, wird seit 2009 in der Regelversorgung angewandt. Hierbei werden bereits vom Notfallort aus die Stammdaten sowie schlaganfallspezifische Parameter erfragt. Hierzu gehören:

  • Vitalparameter
  • Vorerkrankungen
  • Dauermedikation
  • Symptombeginn
  • Schlaganfall-Screening-Score.

Die Daten werden via Mobilfunk an die Klinik übertragen. Anhand der empfangenen Informationen werden die notwendigen Ressourcen wie Notaufnahme-Team und Diagnostik, Ultraschall und CT vorbereitet. Beim Eintreffen in der Klinik kann der Patient unverzüglich diagnostiziert und behandelt werden.

Zwischenzeitlich hat sich das Stroke-Angel-System auf weitere Indikation ausgeweitet. Es wird unter der Bezeichnung ANGELsystems sowohl für spezifische Krankheitsbilder wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Polytrauma als auch für die allgemeine Voranmeldung des Rettungsdienstes bei der Notaufnahme eingesetzt.

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Telemedizin Projekte: „Telematik II“

Alle Rettungsfahrzeuge der verschiedenen Rettungsdienste in Bayern sind unter der Koordination und Leitung des Bayerischen Roten Kreuzes mit mobilen Datenerfassungsgeräten ausgestattet worden. Die Initiative läuft unter dem Projektnamen „Telematik II“. Neben der Abrechnung wird bei diesem Projekt auch die Dokumentation des Einsatzes (Protokoll) durch das Rettungsfachpersonal papierlos vorgenommen. Das Protokoll wird direkt vom Tablet-PC im Rettungswagen auf einem mobilen Drucker oder in der Klinik ausgedruckt und mit dem Patienten dem Aufnahmeteam übergeben. Den Kliniken wird auch die Möglichkeit eingeräumt, das Protokoll vollständig digital über ein elektronisches Postfach abzuholen.

Bei Einsatzende wird die Dokumentation auf dem gesicherten Server der Rettungswache abgelegt und archiviert. Die Patientendaten stehen der Abrechnungsstelle für die Erstellung der Rechnung zur Verfügung. So wird in Zukunft die Dokumentation, Übergabe und Abrechnung nahezu vollautomatisch durchgeführt.

Telemedizin_Rettungsdienst_Digitalisierung_Tablet_III

So könnte es in Zukunft vielerorts aussehen: Durch eine Kamera im RTW ist das Team vor Ort direkt über Videotechnik und Datentransfer mit einem Facharzt verbunden.

Die flächendeckende Digitalisierung der Dokumentation des bayerischen Rettungsdienstes ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Notfallversorgung. Erstmalig stehen nicht nur die klassischen Einsatzdaten wie Name, Kostenträger und Wohnort zur Verfügung. Auch Vitalparameter, Krankheitsbild, Verletzungsmuster, Anamnese und die durchgeführten präklinischen Maßnahmen werden digital erfasst. Dadurch besteht die Möglichkeit, einheitlich definierte Kennzahlen auszuwerten, die für Planungen und Bewertung der Qualität von zentraler Bedeutung sind.

Optional besteht die Möglichkeit, dass die Kliniken mittels ANGELsystems an den Rettungsdienst angebunden werden. In der Klinik wird hierfür ein Monitor installiert, der die angemeldeten Einsätze auflistet. Die erforderlichen Daten werden vom Rettungsdienst an den Monitor geschickt. Neben Alter und Geschlecht des Patienten werden auch die Verdachtsdiagnose und der Zustand des Patienten übertragen. Die Klinik ist so stets darüber im Bilde, zu welcher Uhrzeit ein neuer Patient eintrifft. Die innerklinischen Prozesse lassen sich so optimieren.

Da im Vorfeld schon bekannt ist, ob es sich um einen Patienten mit kritischen Kreislaufverhältnissen oder eventuell einer Infektionskrankheit handelt, kann sich das Klinik-Team rechtzeitig vorbereiten. Die heute noch alltäglichen Übermittlungsfehler zwischen Rettungswagen und Klinik dürften dank dieses Verfahrens nicht mehr auftreten.

Telemedizin: Voraussetzungen und Ausblick

Um telemedizinische Lösungen erfolgreich einzusetzen, ist es sehr wichtig, dass die Benutzer sie akzeptieren. Um dies zu erreichen, muss dem Anwender der Nutzen klar sein. Ferner muss die Technik stabil arbeiten. Bei der Einführung des Systems müssen die künftigen Anwender sowohl im Umgang mit der Technik als auch mit den veränderten Abläufen vertraut gemacht werden.

Auch wenn die Telemedizin heute noch nicht flächendeckend in allen Rettungsdienst-Bereichen zum Einsatz kommt: Es ist abzusehen, dass sie in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. So wird demnächst die medizinische Gerätetechnik mit dem digitalen Dokumentationssystem drahtlos erfolgen und vollautomatisch verbunden sein. Neben den Vitalparametern wie Puls und Blutdruck werden dann auch Beatmungswerte automatisch im Einsatzprotokoll dokumentiert. Schon heute verfügt ANGELsystems über Schnittstellen zum Lifepack bzw. Corpuls 08/16 und C3. Das EKG und andere Werte lassen sich barrierefrei auf allen aktuellen Tablet-PCs darstellen. In fünf bis zehn Jahren wird standardmäßig nicht nur der Notfallrucksack, sondern auch ein Tablet-PC immer mitgenommen. Es wird die Notfallsanitäter bei der Diagnostik, Therapie und dem Patientenmanagement unterstützen.

Telemedizin_Rettungsdienst_Digitalisierung_Tablet_II

ANGELsystems macht‘s möglich: Wie am Flughafen oder Bahnhof, werden die in Kürze eintreffenden Notfallpatienten auf einer digitalen Tafel angezeigt. Die Informationen liefert der Rettungsdienst von der Einsatzstelle.

Dank der Telematik werden alle Daten beliebig miteinander verglichen werden können. So gelingt es, Arbeitsabläufe zu optimieren und Behandlungserfolge zu überprüfen. Die Ergebnisse sind neutral und objektiv. Mit diesen Daten können zudem eine Vielzahl von wissenschaftlichen Erkenntnissen gewonnen werden. Sie dienen wiederum dazu, Handlungsempfehlungen zu aktualisieren.

Ein zentraler Punkt bei all den hier beschriebenen Lösungen stellt die Kommunikation der Beteiligten untereinander dar. In jüngster Zeit entstehen mit staatlicher Förderung neue Dienstleistungsbranchen wie das Zentrum für Telemedizin in Bad Kissingen oder die Bayerische Telemed-Allianz in Ingolstadt  Sie sind beauftragt worden, die telemedizinischen Systeme für Präklinik, Klinik, Rehabilitation und häusliche Pflege weiterzuentwickeln. Ziel ist die Begleitung des Patienten vom Symptombeginn bis zur Wiedereingliederung in den Alltag. Telemedizin kann demnach eine enorme Verbesserung des Outcomes und somit der Lebensqualität bedeuten.

(Text: Uwe Kippnich, Dozent im Rettungsdienst, Krankenpfleger, OrgL, Örtlicher Einsatzleiter (ÖEL), EU-Team-Leader; Fotos: Markus Brändli / Uwe Kippnich; zuletzt aktualisiert: 26.09.2017) [2355]


Psychologische Erste Hilfe: Tipps für die Praxis

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Psychologische Erste Hilfe_580Bremen (rd_de) – Nicht nur Verletzte, auch psychisch traumatisierte Menschen brauchen Hilfe. Freunde oder Angehörige sind jetzt wichtig. Sie stehen aber nicht immer und sofort zur Verfügung. Auch Notfallseelsorger oder das Kriseninterventionsteam benötigen Zeit, um zur Einsatzstelle zu kommen. Jeder Notfallsanitäter, Rettungsassistent und Rettungssanitäter sollte daher auch ohne Ausbildung in Krisenintervention die Grundlagen der psychologischen Ersten Hilfe kennen.

  1. Leisten Sie „psychische Erste Hilfe“: Heutzutage kann es als Qualitätsmerkmal eines ganzheitlich ausgerichteten und professionellen Rettungsdienstes betrachtet werden.
  2. Unterstützung von nahestehenden Menschen: Verwandte und Freunde kommen hier primär in Frage. Da diese an einer Einsatzstelle aber nicht immer zur Verfügung stehen, fällt Mitarbeitern des Rettungsdienstes eine wichtige Rolle zu.
  3. Eigene Ressourcen mobilisieren: Krisenintervention ist größtenteils Hilfe zur Selbsthilfe.
  4. Die Handlungsfähigkeit wieder herstellen: Dabei gilt es abzuwägen, welche Handlungen man einem Betroffenen zumuten kann bzw. welche Handlungen eine Überforderung darstellen würden.
  5. Struktur ins Chaos bringen: Krisenintervention durch Einsatzkräfte kann Betroffene auch darin unterstützen, das gerade Erlebte zu begreifen und das Gedanken- und Gefühlschaos zu strukturieren.
  6. Informieren: Eine Person, der die Todesnachricht eines nahen Verwandten mitgeteilt wurde, möchte die Umstände erfahren. Ihr nach und nach diese Informationen zu geben, hilft, das Geschehene zu begreifen.
  7. Aufmerksamkeit verlagern: Auf unbeschwerte Momente, schöne Erlebnisse in der Beziehung zwischen dem Betroffenen und dem gerade Verstorbenen hinzuweisen, ist kein Ablenken von der Realität, sondern sorgt für Entlastung.
  8. Setting schaffen: Komplexität des Notfallerlebens für den Betroffenen reduzieren, gleichzeitig deutlich machen, dass seine Bedürfnisse berücksichtigt werden. Vorsicht, Bevormundung vermeiden!
  9. Dosierte Informationen: Den Betroffenen mit Details nicht „überfluten“. Nur Relevantes mitteilen. Er kann dann durch Nachfragen selbst bestimmen, wann er weitere Informationen wünscht.
  10. Psychoedukation: Informationen darüber, welche körperlichen und emotionalen Reaktionen in der Zeit nach einem belastenden Ereignis auftreten können.
  11. Individuelles Vorgehen: Die beschriebenen Interventionsformen haben sich in vielen Fällen als hilfreich erwiesen. Eine Garantie, dass sie immer wirksam sind, gibt es nicht.
  12. Effektive Hilfe: Der Rettungsdienst-Mitarbeiter darf darauf vertrauen, dass der Betroffene in der Lage ist zu signalisieren, ob ein Angebot für ihn hilfreich ist.

(Text: Timo Grünbacher, kath. Theologe, Sozialpädagoge, Rettungssanitäter und Mitarbeiter des ASB-Kriseninterventionsteams, München; Symbolfoto: Johanniter; zuletzt aktualisiert: 27.09.2017) [2377]

Akute Appendizitis: Zeichen und Diagnostik

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Appendizitis_580Bremen (rd_de) – Eine akute Appendizitis ist eine Entzündung des Blinddarms. Die Erkrankung tritt mit einer Häufigkeit von 100 pro 100.000 Einwohner im Jahr auf – und keinesfalls nur bei Kindern, wie mancher glaubt.

Rund sieben Prozent der Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Blinddarmentzündung.

Der allgemein bekannte Schmerz im rechten Unterbauch ist eigentlich erst die zweite Beschwerdephase. Meist beginnt die Symptomatik einer akuten Appendizitis mit Schmerzen im Epigastrium und in der Region um den Bauchnabel. Erst danach verlagern sie sich in Richtung des Blinddarms. Begleitend leiden die Patienten unter Übelkeit, Unwohlsein und Erbrechen. Zusätzlich treten die allgemeinen Symptome eines Infektes wie Fieber, Verschlechterung des Allgemeinzustands und Tachykardie auf.

Titel_RM_eDossier2015_Antiemetika_100Übelkeit? Erbrechen? Alles Wichtige zu diesen Symptomen in unserem eDossier „Rettungsdienst: Welches Medikament gegen Übelkeit?“

Allgemein bekannt ist der McBurney-Punkt im rechten Unterbauch, an dem sich der typische Loslassschmerz provozieren lässt. Der Lanz-Punkt liegt im linken Unterbauch und kann bei Druckschmerzhaftigkeit ebenfalls auf die Erkrankung hinweisen.

Bei Kindern denken viele bei dieser Symptomkonstellation sofort an eine akute Appendizitis. Aber auch bei älteren Patienten kommt dieses Krankheitsbild vor und darf in den differenzialdiagnostischen Überlegungen eines Akuten Abdomens nicht fehlen.

Nach wie vor erfolgt bei einem ausreichend begründeten Verdacht die zeitnahe operative Entfernung des Blinddarmes (Appendektomie). Ein abwartendes Vorgehen mit konservativer Therapie kann begründet sein. Allerdings zeigt sich bei knapp einem Drittel der Patienten bei einer Operation bereits eine Appendix-Perforation. Diese geht mit einer Sterblichkeitsrate von bis zu zehn Prozent einher.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; 29.07.2017) [2396]

Herzrhythmusstörungen – was Sie wissen sollten

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Frankfurt/Main (rd_de) – Allein in Deutschland werden jedes Jahr über 400.000 Patienten aufgrund von Herzrhythmusstörungen in Kliniken eingeliefert. Laut dem „Herzbericht 2016“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie steigt gerade bei der Herzrhythmusstörung die Sterblichkeit weiter an. Die häufigste Herzrhythmusstörung ist das Vorhofflimmern. Etwa 1,8 Millionen Menschen leiden darunter in Deutschland. Hier die wichtigsten Fakten zu Herzrhythmusstörungen.

Das Herz:

Es befördert das Blut durch unseren Kreislauf und versorgt damit die Organe unseres Körpers mit Sauerstoff, Nährstoffen und anderen lebensnotwendigen Substanzen. Das Herz ist ein Hohlmuskel, der sich regelmäßig 60- bis 90-mal pro Minute (100.000-mal pro Tag) zusammenzieht und wieder erschlafft. Dabei werden 4 – 6 Liter Blut pro Minute (rund 7.000 Liter am Tag) durch die Blutgefäße gepumpt.

Herzfrequenz:

Normale Herzschlagfolge: 60 – 90 Schläge pro Minute. Bei seelischer oder körperlicher Belastung: 160 bis 180 Schläge pro Minute, Anstieg normal. Nachts sinkt die Herzfrequenz auf 45 – 55 Schläge pro Minute. Als untere Grenze zum krankhaften Befund gelten etwa 40 Schläge pro Minute. Als krankhaft gilt, wenn es zu einem schlagartigen Umspringen von normaler Herzschlagfolge auf sehr hohe/sehr niedrige Herzfrequenz kommt.

Vorhofflimmern:

Blutgerinnsel im linken Vorhof.

Blutgerinnsel im linken Vorhof.

Häufigste Herzrhythmusstörung, etwa 1,8 Million Betroffene in Deutschland, in Europa etwa 9 Millionen, verursacht 30.000 Schlaganfälle pro Jahr in Deutschland.

Das Herz gerät dabei völlig aus dem Takt; es rast mit einem Puls von bis zu 160 Schlägen pro Minute, selten sogar noch schneller. Oft sind Herzstolpern und Herzrasen verbunden mit innerer Unruhe, Angstgefühlen, Abgeschlagenheit, einer Neigung zu schwitzen, Atemnot und einer Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Das Risiko, von Vorhofflimmern betroffen zu werden, steigt mit dem Alter. Die Häufigkeit liegt bei Menschen unter 50 Jahren deutlich unter 1%, bei den über 60-Jährigen liegt sie bei 4-6% und bei den über 80-Jährigen bei 9-16%.

Akuter Herzinfarkt:

Ein akuter Herzinfarkt kann durch die entstandene Gewebeschädigung am Herzen eine Ursache für Herzrhythmusstörungen sein. Wenngleich die Sterblichkeit bei Herzrhythmusstörungen weiter zunimmt, geht das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, weiter zurück. Zwischen den Jahren 1990 und 2013 ist laut „Herzbericht 2015“ ein Rückgang um rund 40 Prozent festzustellen.

Dazu tragen unter anderem verbesserte therapeutische Maßnahmen wie beispielsweise ein Notfall-Kathetereingriff bei. Ebenso konnte die Zeit im Rettungswagen bis zum Erreichen des Krankenhauses verkürzt und das Notarztsystem in den letzten Jahren ausgebaut werden.

Herzschrittmacher:

Er gibt bei starker Verlangsamung des Herzschlags regelmäßig elektrische Impulse ab und erregt dadurch das Herz so, dass es sich zusammenzuzieht. Der erste Herzschrittmacher wurde im Jahre 1958 implantiert. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 108.193 Herzschrittmacher implantiert (stationär).

Defibrillator:

Mit Hilfe eines Defibrillators wird Kammerflimmern durch elektrische Schocks beendet. Bei Herzrasen und zu langsamen Herzschlagfolgen gibt er die rettenden Impulse. Bei implantierten Defibrillatoren wird ein Langzeit-EKG aufgezeichnet, das kontinuierlich auch alle Herzrhythmusstörungen seines Trägers registriert. Neuere Geräte können sich selbst überwachen. Der erste Defibrillator wurde im Jahre 1980 implantiert. Implantationen (stationär) in Deutschland: 58.677 ICD im Jahr 2014.

Katheterablation:

Hierbei werden Herzzellen mithilfe der Kathetertechnik gezielt durch Hochfrequenzstrom oder Kälte so verödet, dass Herzrhythmusstörungen nicht mehr entstehen können. Weltweit wird dieses Verfahren jährlich bei mehr als 100.000 Patienten durchgeführt.

Reizleitungssystem des Herzens.

Reizleitungssystem des Herzens.

Plötzlicher Herztod:

In Deutschland wird die Zahl der Menschen, die einem plötzlichen Herztod erliegen, je nach Definition mit 65.000 bis 200.000 (pro Jahr) angegeben. In etwa 80% der Fälle wird der Herz-Kreislauf-Stillstand durch eine sehr schnelle Herzrhythmusstörung (Kammertachykardie, Kammerflattern, Kammerflimmern) hervorgerufen. Von 100 Menschen, die einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden, werden lediglich acht erfolgreich wiederbelebt. In 75% der Fälle liegt dem Plötzlichen Herztod eine koronare Herzkrankheit zugrunde, die durch Verengungen in den Herzkranzgefäßen charakterisiert ist.

Erste Hilfe:

  1. Vergewissern Sie sich, dass die betroffene Person bewusstlos ist, indem sie nicht auf lautes Zurufen, auf Zwicken oder Kneifen reagiert und nicht normal atmet. Wichtig: Schnappen und Röcheln gelten nicht als normale Atmung!
  2. Rufen Sie als nächstes den Rettungsdienst über die Nummer 112.

    Den Rettungsdienst über die Nummer 112 verständigen.

  3. Danach beginnen Sie sofort mit der Wiederbelebung. Verschwenden Sie keine Zeit damit, nach dem Puls zu suchen!
  4. Legen Sie die betroffene Person auf den Rücken auf eine harte Unterlage (am besten auf den Boden).
  5. Greifen Sie mit einer Hand an die Stirn der bewusstlosen Person und heben mit der anderen das Kinn leicht an. Prüfen Sie, ob Speisereste oder etwas anderes im Mund sind und die Atemwege blockieren. Entfernen Sie Fremdkörper.

    Der bewusstlosen Person wird das Kinn leicht angehoben.

    Der bewusstlosen Person wird das Kinn leicht angehoben.

  6. Führen Sie sofort die Herzdruckmassage durch. Dazu knien Sie sich neben die bewusstlose Person. Legen Sie einen Handballen in der Mitte zwischen den Brustwarzen auf das Brustbein. Dann legen Sie den Handballen der anderen Hand auf Ihre erste Hand und strecken die Ellbogen durch. Jetzt drücken Sie mit Unterstützung durch Ihr eigenes Gewicht das Brustbein mindestens 5 cm tief ein und lassen dann den Druck wieder nach, so dass das Brustbein wieder in seine Ausgangslage zu rückkehren kann. Darauf folgt die nächste Herzdruckmassage. Das Tempo ist optimal, wenn Sie das Brustbein pro Minute mindestens 100-mal eindrücken.
    Das Brustbein pro Minute mindestens 100-mal eindrücken.

    Das Brustbein pro Minute mindestens 100-mal eindrücken.

    Das sind fast zwei Kompressionen pro Sekunde. Setzen Sie die Herzdruckmassage fort, bis der Rettungsdienst eintrifft. Sind mehrere Helfer anwesend, wechseln Sie sich alle 2 bis 3 Minuten ab, denn Herzdruckmassage ist anstrengend.

    Das Brustbein wird mindestens 5 cm tief eingedrückt.

    Das Brustbein wird mindestens 5 cm tief eingedrückt.

  7. Wenn Sie in Herz-Lungen-Wiederbelebung ausgebildet sind und die Mund-zu-Mund-Beatmung sicher beherrschen: Beginnen Sie ebenso mit der Herzdruckmassage. Nach 30-maligem Drücken werden dann zwei Atemspenden gegeben. Wiederholen Sie diese beiden Schritte aus 30-mal Herzdruckmassage und 2-mal Atemspenden so lange, bis der Rettungsdienst eintrifft.

(Informationen, Grafiken und Fotos: Deutsche Herz-Stiftung; Titelfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 29.09.2017, [2406]) 

Pseudokrupp und Epiglottitis

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Pseudokrupp und Epiglottitis_580Bremen (rd_de) – Zwei für Kinder typische Gründe, dass sie eine akute Atemnot entwickeln, sind Pseudokrupp und Epiglottitis. Bei der Epiglottitis (Haemophilus influenzae) handelt es sich um eine Erkrankung des Kehlkopfes. Auslöser ist vielfach eine bakterielle Infektion, durch die sich der Kehldeckel entzündet. Für Pseudokrupp sind hingegen eine leise, kloßige Stimme ohne Heiserkeit sowie der so genannte Krupphusten charakteristisch.

Die Epiglottitis ist als potentiell vital bedrohlich anzusehen. Die Letalität beträgt bis zu 20 Prozent. Erreger der Infektionskrankheit ist in der Regel das Bakterium Haemophilus influenzae Typ B, gegen den es seit vielen Jahren einen sehr wirksamen Impfstoff gibt.

Diese Impfung wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) dringend empfohlen. Sie wird in der Regel im Rahmen der Sechsfach-Impfung im Säuglings- und Kleinkindesalter gegeben und ist im Impfpass meist als HIB abgekürzt.

Der Erkrankungsgipfel liegt bei einer Epiglottitis zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr. Seit Einführung der Impfung ist die Zahl der an dieser Erkrankung verstorbenen Kinder deutlich zurückgegangen. Dieser Infekt verursacht ein schweres Krankheitsbild, für das hohes Fieber, schmerzhaftes Schlucken, kloßige Sprache und schwere Atemnot sowie vermehrter Speichelfluss charakteristisch sind. Besonders typisch ist der inspiratorische Stridor, häufig kombiniert mit einem exspiratorischen „Schnarchen“.

Besteht bei einem Kind auch nur der geringste Verdacht auf eine solche Erkrankung, ist der schnellstmögliche Transport in ein Krankenhaus erforderlich. Um einen Rückgang der Schwellung zu erreichen, sollte frühzeitig Kortison verabreicht werden. Ergänzt werden sollte die Behandlung durch Inhalationen mit Adrenalin über einen Vernebler.

Insgesamt ist es ratsam, möglichst wenige Maßnahmen an dem Kind durchzuführen. So werden zusätzliche Stressfaktoren vermieden. Insbesondere sollte die Inspektion vom Rachenraum zum Beispiel mit einem Spatel unbedingt unterlassen werden. Die Gefahr, dass es durch die Manipulation zu einer Zunahme der bedrohlichen Schwellung oder gar zu einem Laryngospasmus kommt, ist enorm hoch.

Eine Intubation sollte nach Möglichkeit – insbesondere in der präklinischen Situation – tunlichst vermieden werden. Bei der Epiglottitis muss immer mit besonders erschwerten Bedingungen gerechnet werden. In jedem Fall ist der Transport in eine Klinik indiziiert.

Kinder mit Pseudokrupp

Deutlich weniger dramatisch ist hingegen Pseudokrupp. Durch die Ähnlichkeit der Beschwerden wird Pseudokrupp oftmals mit einer Kehldeckelentzündung verwechselt. Beim Pseudokrupp handelt es sich um eine stenosierende subglottische Laryngitis. Diese Erkrankung der oberen Atemwege verläuft meist harmlos. Von der virusbedingten Infektion sind in der Regel Kinder zwischen einem und drei Jahren betroffen.

Die Kinder, die unter den Folgen der Schleimhautschwellung unterhalb der Stimmlippen leiden, haben im Vergleich zur Epiglotittis bei weitem kein so gravierendes Krankheitsbild. Das Fieber ist beim Pseudokrupp nicht so hoch, und auch die Halsschmerzen beim Schlucken fehlen meist.

Charakteristisch ist neben Heiserkeit und dem pfeifenden, inspiratorischen Stridor der typische, trockene bellende Husten (Krupphusten). Bei schwereren Verläufen lassen sich zum Teil als Zeichen der Atemnot Einziehungen der Zwischenrippenräume und der Jugularregion feststellen. Meist tritt die Atemnot bei eigentlich bis dato gesunden Kindern mitten in der Nacht plötzlich und unerwartet auf. Die Eltern verständigen dann aus Sorge den Kinderarzt oder einen anderen erreichbaren Arzt bzw. den Rettungsdienst. Manchmal besteht beim Pseudokrupp schon ein Infekt der Atemwege im Vorfeld. Typisch ist auch der Erkrankungsgipfel, der im Herbst und Winter auftritt.

Medikamente vernebeln_580

Bei schwerem Pseudokrupp kann Adrenalin über einen Vernebler angewendet werden. Foto: Brändli

Das wichtigste ist wie so oft bei einem derartigen Notfall, sowohl auf das Kind als auch die Eltern beruhigend einzuwirken. Zusätzlicher Stress würde Symptome wie Atemnot nur noch verstärken.

Als Erste-Hilfe-Maßnahme wird oft das Inhalieren feuchter Luft empfohlen. Gerade bei sehr kalter Außentemperatur bietet es sich an, das Kind warm eingepackt ins Bad mitzunehmen, das Fenster zu öffnen und heißes Wasser in der Badewanne laufen zu lassen. Der so erzeugte Dampf wird dann vom Kind automatisch eingeatmet. Allein die kalte Winterluft bewirkt oft schon eine Besserung.

Es gibt zwar Studien, die keinen Nutzen dieser Maßnahme beim Pseudokrupp nachweisen konnten; die Erfahrung aus dem Alltag zeigt aber, dass an dieser altbekannten Methode zur Selbsthilfe doch etwas dran sein muss.

Therapie der Wahl mit wissenschaftlich erwiesener Wirksamkeit ist die Gabe von Glukokortikoiden. Eltern haben häufiger in der häuslichen Notfallapotheke Kortisonzäpfchen vorrätig. Eine gängige Substanz wäre zum Beispiel Rectodelt 100 mg. Es besteht aber auch die Möglichkeit, Kortisonsäfte in Abhängigkeit vom Gewicht des Kindes zu verabreichen. Sie stellt nach aktueller Studienlage die am ehesten empfohlene Variante dar. Diese beiden Applikationsformen sind insbesondere bei kleinen Kindern der vom Arzt durchgeführten intravenösen Gabe – wenn möglich – vorzuziehen.

Lautet die Diagnose „schwererer Pseudokrupp“, kann auch hier die zusätzliche Inhalation von Adrenalin über einen Vernebler angewandt werden. Ob eine Klinikeinweisung erforderlich ist, muss der Arzt bzw. Notarzt im Einzelfall entscheiden. Neben den rein objektivierbaren Kriterien des Patientenzustandes spielen auch individuelle Fähigkeiten und Erfahrungen der Eltern eine Rolle.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 02.10.2017)

Medikamentengabe: Standards und Alternativen

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intravenoeser-Zugang_580Bremen (rd_de) – Die Standard-Medikamentengabe erfolgt in der Notfallrettung intravenös. Doch es gibt auch Alternativen. Ob die Medikamentengabe nun zum Beispiel sublingual oder inhalativ erfolgt, hängt nicht zuletzt von der jeweiligen Situation ab. Eine Übersicht über Standards und Alternativen.

Die intravenöse (i.v.) Gabe von Medikamenten spielt in der Notfallmedizin die größte Rolle. Aufgrund des raschen Wirkeintritts und gesicherter Aufnahme sowie Verteilung im Körper eignet sie sich besonders für zeitkritische Situationen mit hohem Handlungsdruck. Sie setzt jedoch die Anlage eines i.v.-Zugangs voraus. Dies stellt bei manchen Patienten wie zum Beispiel Kindern, adipösen Menschen oder Patienten im Zustand nach einer Chemotherapie eine Herausforderung dar.

In speziellen Situationen ist ein intravenöser Zustand sogar unerwünscht: beispielsweise bei Kindern, im Rahmen einer ambulanten Versorgung oder einer Nadelphobie.

Download Antiemetika – Übelkeit und Erbrechen: klassische Symptome vieler Patienten. Die möglichen Ursachen und die richtige Medikation.

Rektale Medikamentengabe

An rektal zu verabreichenden Medikamenten werden für Kinder meist

•    Midazolam-Klistiere (Krampfanfall),
•    Kortikoid- (Pseudokrupp) und
•    Paracetamol- bzw. Ibuprofen-Suppositorien (Fieber)

vorgehalten. Aufgrund der langen Anschlagzeit und relativ geringen analgetischen Potenzen von Ibuprofen und vor allem Paracetamol sind Letztere für die Akuttherapie starker Schmerzen aber kaum geeignet. Über einen Rektalapplikator oder eine kurz abgeschnittene Infusionsleitung kann alternativ beispielsweise Ketamin verabreicht werden (Off Label Use).

intranasale-Medikamentengabe_580Nasale Medikamentengabe

Eine Anschlagzeit von drei bis fünf Minuten wird bei der nasalen Medikamentengabe erreicht. Sie kann sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen angewendet werden. Bei Erwachsenen ergibt sich die Indikation meist dann, wenn es unmöglich ist, eine Venenpunktion durchzuführen.

Steht die Schmerztherapie im Vordergrund, empfiehlt sich die nasale Applikation. Dabei sollte ein Mucosal Atomization Device (MAD) verwendet werden. Es sorgt dafür, dass das Medikament durch Zerstäuben optimal auf der gesamten Nasenschleimhaut verteilt wird. Zu beachten ist, dass pro Nasenloch nicht mehr als 1 ml (besser: 0,5 ml) appliziert werden.

Als Medikamente für den nasalen Applikationsweg bieten sich

•    Ketanest,
•    Midazolam,
•    Morphin,
•    Fentanyl und auch
•    Naloxon

an. Aufgrund inkompletter Resorption muss die Dosierung im Vergleich zur i.v.-Gabe etwas erhöht werden. Neben der Behandlung akuter Schmerzen bietet sich das MAD auch zur Sedation und Anxiolyse (Bekämpfung von Angstzuständen), bei epileptischen Anfällen oder bei der Überdosierung von Opiaten an.

Intraossäre Medikamentengabe

Als Alternative zum i.v.-Zugang kann ein intraossärer Zugang gelegt werden. Je dringender ein Gefäßzugang benötigt wird und je schwieriger die venösen Verhältnisse sind, desto großzügiger ist die Indikationen für eine i.o.-Punktion zu stellen. Dabei handelt es sich um eine Infusion in den Gefäßraum des roten Knochenmarks.

Prinzipiell können alle Notfallmedikamente und Flüssigkeiten, die intravenös gegeben werden, auch intraossär verabreicht werden. Die Dosierungen und Volumina sowie Anschlagzeit und Wirkdauer entsprechen denjenigen der i.v.-Gabe.

Download Vernebelung von Medikamenten – Asthma, COPD oder schwerer Bronchitis: In all diesen Fällen hilft die Inhalation bzw. Vernebelung von Medikamenten. Unsere Praxistipps für den Rettungsdienst.

Endobronchiale Medikamentengabe

Diese Methode ist wegen unklarer Dosierung sowie Resorption und damit unkalkulierbarer Wirkung im Rahmen einer Reanimation in den Hintergrund getreten. Trotzdem eignet sich die Lunge zur (inhalativen) Medikamentenverabreichung. Beim Pseudokrupp, Asthma-Anfall und der exazerbierten COPD werden Kortikoide, Sympathomimetika wie Salbutamol oder Adrenalin und Anticholinergika, zum Beispiel Ipratropiumbromid, erfolgreich inhalativ eingesetzt. Diese wirken nicht nur lokal in den Bronchien, sondern werden über die Alveolen systemisch resorbiert.

Nitro-Spray_580Sublinguale Medikamentengabe

Sublingual werden vor allem

•    Nitrate (Nitrospray),
•    Ca-Antagonisten (Nitrendipin) und
•    Benzodiazepine (Lorazepam)

verabreicht. Erfahrungsgemäß lassen sich auf diesem Wege verabreichte Wirkstoffe gut über die durchblutete Schleimhaut rasch resorbieren. Sie entfalten dann unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes ihre Wirkung.

Eine sublinguale Therapie mit Nitrendipin oder Lorazepam bietet den Vorteil, keinen i.v.-Zugang legen zu müssen. Dies ist vor allem bei einer ambulanten Versorgung interessant. Für Nitrospray gilt dies allerdings nicht: Vor der Verabreichung sollte hier zwingend ein Zugang gelegt werden. Nur so können mögliche Blutdruckabfälle und Rhythmusstörungen rasch therapiert werden.

Subkutane Medikamentengabe

Die Applikation von (niedermolekularem) Heparin erfolgt im Krankenhaus überwiegend subkutan, wo es seine Wirkung langsam entfaltet. In der Notfallmedizin sind schnelle Wirkspiegel und gesicherte Resorption erwünscht. Aus diesem Grund wird Heparin intravenös gespritzt.

Intramuskuläre und orale Medikamentengabe

Eine intramuskuläre Medikamentengabe ist schmerzhaft und komplikationsträchtig. So drohen zum Beispiel Infektionen und Nervenschäden. Teilweise ist sie aber auch per se kontraindiziert, zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Lyse.

Als Faustformel gilt: Die i.m.-Gabe ist in der Notfallmedizin sicher nie alternativlos und sollte daher keine Rolle spielen.

Oral verabreichte Medikamente setzen einen kooperativen Patienten, funktionierende enterale Resorption und das Tolerieren einer gewissen Zeitspanne bis zum Wirkeintritt voraus. Bereits letztgenannter Punkt macht eine orale Medikamentengabe für die Notfallmedizin unbrauchbar. Ausnahme: Clopidogrel. Es ist nur als Tablette erhältlich und wird beim ST-Hebungsinfarkt häufig bereits präklinisch gegeben.

(Text: Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt, Ltd. Notarzt Landkreis Unterallgäu; Fotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 06.10.2017)[2510]

 

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Thoraxdrainage legen: So wird’s gemacht

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Thoraxdrainage legenBremen (rd_de) – Um eine Thoraxdrainage legen zu können, bedarf es guter Anatomiekenntnisse, einer sicheren Beherrschung der Technik und eines zumindest grundlegenden Wissens in Chirurgie. In der Notfallmedizin kommt es immer wieder vor, dass Thoraxdrainagen auch präklinisch gelegt werden müssen. Rettungskräfte assistieren dabei dem Notarzt.

Voraussetzungen, um eine Thoraxdrainage legen zu können, sind Hautdesinfektion, Verwendung steriler Handschuhe und eines sterilen (Loch-)tuchs. Beim wachen Patienten erfolgt eine vorherige Infiltration der Haut mit einem Lokalanästhetikum. Anschließend wird eine Minithorakotomie durch einen 3 bis 4 cm langen Hautschnitt durchgeführt. Danach wird stumpf – also nicht mit einem Trokar! – bis zur Pleura präpariert und diese dann mit dem Finger durchstoßen.

Wichtig zu wissen ist, dass die Gefäße sowie Nerven im Intercostalraum (ICR) am Unterrand der Rippen verlaufen und geschont werden müssen.

Alles Wichtige zum Thema „Thoraxdrainagen legen“ finden Sie in unserem eDossier „Skills-Training für Notfallsanitäter“. Unter anderem: Wie entsteht ein Pneumothorax? Was sind die wichtigsten Basismaßnahmen? Welche Gefahren bestehen bei einer Punktion? usw.

Prinzipiell kommen zwei Punktionsorte in Frage, um eine Thoraxdrainage zu legen: der 2. ICR mediocla-vicular („Monaldi“) oder der 4./5. ICR der mittleren Axillarlinie („Bülau“).

Nachdem sich Blut und Ergüsse eher basal im Pleuraraum sammeln, bietet sich hier die Bülau-Position an. Luft lässt sich hingegen eher apikal durch eine Monaldi-Position drainieren. Die Drainage kann aber auch aus der Bülau-Position nach oben geführt werden und so einen Pneu ebenfalls suffizient entlasten.

Ab Pleuradurchtritt wird die Pleuradrainage etwa 15 bis 20 cm vorgeschoben, anschließend festgenäht und gegen Dislokation gesichert. Beim beatmeten Patienten ist der Anschluss an ein Saugsystem oder ein (Heimlich-)Ventil nicht zwingend nötig, empfiehlt sich aber aus hygienischen Gründen. Beim spontan atmenden Patienten entsteht während der Inspiration ein Unterdruck im Pleuraspalt, weshalb hier ein Ventil erforderlich ist. In der Klinik werden meist Zwei- oder Drei-Kammer-Systeme mit Wasserschloss, Sekretkammer und Anschluss an ein Vakuum verwendet. Alternativ gibt es mittlerweile auch elektrisch betriebene Pumpen.

Thoraxdrainage legen: Komplikationen

Schwerwiegende Komplikationen wie Organperforationen oder massive Blutung sind bei korrekter – insbesondere stumpfer – Durchführung selten. Der größte Risikofaktor für eine Organperforation ist eine vorausgegangene Operation des Thorax. Mögliche Risiken und Komplikationen im Detail:

•    Dislokation oder Verstopfung der Kanülenspitze. Dadurch würde ein neuer Spannungspneumothorax entstehen.
•    Verletzung von Blutgefäßen und/oder Nerven am Unterrand der Rippen im ICR.
•    Organperforation und/oder starke Blutungen durch unsachgemäßes Vorgehen oder vorausgegangene Thoraxoperation.
•    Fehllagen (subkutan, intrapulmonal oder intraabdominell) durch zu starkes bzw. weites Vorschieben des Drains.
•    Infektion, weil unhygienisch gearbeitet wurde.
•    Pleuraempyeme.

Beim beatmeten Patienten sollte die Drainage in der Exspiration erfolgen; dies reduziert das Risiko einer intrapulmonalen Lage. Am häufigsten werden in der Literatur unter dem Aspekt „Komplikationen“ Infektionen und Pleuraemphyseme beschrieben. Dies tritt bei präklinisch angelegten Drainagen interessanterweise nicht häufiger als bei innerklinisch gelegten auf. Fehllagen können zum Beispiel subkutan, intrapulmonal oder intraabdominell sein.

Thoraxdrainage legen in 10 Schritten

  1. Patient wird auf dem Rücken gelagert. Soll eine Bülau-Drainage gelegt werden, muss der Arm an der Seite, an der der Thorax punktiert wird, abgewinkelt gelagert werden. Um eine Monaldi-Drainage zu legen, ist der entsprechende Arm des Patienten anzuwinkeln.

  2. Die Punktionsstelle wird gründlich desinfiziert.

  3. Der entsprechende Thoraxbereich wird mit einem sterilen Lochtuch abgedeckt.

  4. Ist der Patient ansprechbar, wird die Punktionsstelle mit einem Lokalanästhetikum umspritzt.

  5. 3 – 5 cm langer Hautschnitt mittels Skalpell.

  6. Präparierschere einführen und leicht spreizen. Ein Finger übernimmt hierbei die Führung. Auf diese Weise wird ein Tunnel in Richtung der darüber liegenden Rippe geschaffen.

  7. Die Pleura wird mit dem Finger eröffnet.

  8. Während der Finger im Tunnel verbleibt, wird die Drainage an dem Finger vorsichtig vorgeschoben. Hierbei ist der in der Drainage liegende Trokar zurückgezogen.

  9. Naht der Wunde, Anschluss eines Drainagebeutels oder Ventils und Abdeckung der fixierten Thoraxdrainage mittels Kompresse.

  10. Sollte kein Notarzt zur Stelle sein, kann ein Notfallsanitäter zur unverzüglichen Entlastungspunktion eine großlumige i.v.-Kanüle (2,0 mm) im 2. – 3. ICR der betroffenen Seite in der Medioklavikularlinie (Rippenoberrand) platzieren.

(Text: Jürgen Auerhammer, Anästhesist, Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 10.10.2017)[2535]

Kohlenmonoxid-Melder: Warum ein CO-Messgerät so wertvoll ist

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BilderBremen (rd_de) – Immer wieder sorgen Fälle für Schlagzeilen, bei denen Personen eine starke Kohlenmonoxid-Vergiftung erlitten haben. Da das giftige Kohlenmonoxid-Gas sowohl farb- als auch geruchslos ist, sind die eintreffenden Rettungskräfte auf ein CO-Messgerät – auch Kohlenmonoxid-Melder genannt – angewiesen. Andernfalls würden sie umgehend selbst zum Kohlenmonoxid-Opfer.

Tritt Kohlenmonoxid aus, schützt sich die Feuerwehr mit umluftunabhängigen Atemschutzgeräten. Der Rettungsdienst hat diese Möglichkeit in der Regel nicht. Der Rettungsassistent, Notfallsanitäter oder Rettungssanitäter muss insofern frühzeitig an die Gefahr denken – oder sich durch einen Kohlenmonoxid-Melder warnen lassen.

Bei einem Kohlenmonoxid-Melder handelt es sich in der Regel um ein Eingasmessgeräte. Ein solches CO-Messgerät ist klein, robust, ergonomisch und wartungsarm. Die Melder haben die Größe eines Handys und überwachen permanent die Umgebungsluft hinsichtlich einer zu hohen Kohlenstoffmonoxid-Konzentrationen. Sollte der kritische Grenzwert erreicht werden, warnt der Kohlenmonoxid-Melder die Einsatzkräfte mittels optischem und akustischem Alarm sowie Vibration.

 

Download CO-Warngeräte: Mobile CO-Warngeräte im Überblick. Wie sich Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Rettungsdienstes mit Hilfe der Warngeräte vor den Gefahren des Kohlenmonoxid-Gases schützen können.

 

Kohlenmonoxid-Melder: regelmäßig testen

Eingas-Messgeräte haben bei dauerhaft eingeschaltetem Betrieb eine Standzeit von mindestens 13 Monaten ohne Batteriewechsel und müssen in Deutschland halbjährlich kalibriert werden. Die Hersteller empfehlen zusätzlich einen regelmäßigen Anzeigetest zur Kontrolle der Funktionstüchtigkeit. Dieser kann mit einer Test-Station automatisiert bei Schichtbeginn durchgeführt werden. Während des Tests wird eine definierte Konzentration Kohlenstoffmonoxid auf den Sensor gegeben und so geprüft, ob dieser auf das Gas ordnungsgemäß reagiert und das CO-Messgerät den Alarm korrekt anzeigt. Nur die regelmäßige Überprüfung der Melder garantiert die Sicherheit der Einsatzkräfte.

Die Einsatzkräfte tragen den Kohlenmonoxid-Melder an der Einsatzkleidung oder zum Beispiel am Notfallrucksack. Die Befestigung am Rucksack hat den Vorteil, dass das CO-Messgerät immer mitgeführt werden kann, es die Einsatzkräfte aber nicht zusätzlich behindert.

Der Einsatztoleranzwert für Kohlenstoffmonoxid liegt bei 33 ppm (parts per million). Unterhalb dieses Werts ist die Leistungsfähigkeit der Rettungskräfte bei einem etwa vierstündigen Einsatz nicht beeinträchtigt. Liegt der Wert darüber, müssen sich die Helfer schützen. So ist beispielsweise beim Eingasmessgerät für Kohlenstoffmonoxid Pac 5500 der Voralarm bei 30 ppm und der Hauptalarm bei 60 ppm voreingestellt. Diese Schwellenwerte des Melders lassen sich auch individuell anpassen.

Zum Hintergrund: Kohlenmonoxid wird hauptsächlich über die Atemwege aufgenommen und schränkt die Fähigkeit des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin ein, Sauerstoff zu binden und zu transportieren. Die lokale Sauerstoff-Unterversorgung schädigt das Gewebe. Organe mit einem hohen Sauerstoffbedarf wie Herz und Gehirn sind davon besonders betroffen. Speziell Kinder sind gefährdet. Sie haben aufgrund ihres schnelleren Stoffwechsels einen erhöhten Sauerstoffbedarf und nehmen so schneller als Erwachsene schädliche Konzentrationen auf.

Symptome einer CO-Vergiftung:

< 15 – 20% COHb: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Sehstörunge
21- 40% COHb: Verwirrtheit, Synkopen, Brustschmerz, Atemstörungen, Tachykardie, Tachypnoe, Schwäche
41 – 59% COHb: Arrhythmien, Blutdruckabfall, Atemstillstand, Lungenödem, Krampfanfälle, Herz-/Kreislaufstillstand
> 60% COHb: Tod

Der Spitzenverband Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) veröffentlichte vor Kurzem das Infoblatt „Einsatz von Kohlenmonoxidwarngeräten bei Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen“.

Das Infoblatt ist an der Praxis orientiert. Es soll Führungskräfte der Hilfeleistungsorganisationen und Feuerwehren bei der Einsatzplanung und Einsatzdurchführung im Zusammenhang mit Kohlenmonoxid-Freisetzungen unterstützen. Übersichtlich und grafisch ansprechend erläutert es wichtige Punkte, die beim Einsatz des Kohlenmonoxid-Melder zu beachten sind und gibt Hinweise für den Eigenschutz und die Gefahrenabwehr.

Das Info-Blatt kann unter folgendem Link kostenfrei herunterladen werden:

Einsatz von Kohlenmonoxidwarngeräten bei Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen

(Text: Leif Brünslow, Rettungssanitäter, BSc der Sicherheitstechnik; Symbolfotos: Dräger; zuletzt aktualisiert: 11.10.2017)[2570]

Mehr zum Thema Kohlenmonoxid-Melder:

Fachempfehlung zu Einsätzen mit Kohlenmonoxid


Perfusor: 10 Sicherheitstipps für Rettungskräfte

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Bremen (rd_de) – Eine Spritzenpumpe, wie der Braun Perfusor markenneutral heißt, gehört zur Normbeladung eines jeden arztbesetzten Rettungsmittels. Im täglichen Einsatzdienst wird der Perfusor aber eher selten genutzt. Entsprechend ungeübt sind manche Rettungskräfte im Umgang mit diesem Gerät. Die folgenden 10 Tipps sollen die Arbeit mit dem Perfusor sicherer machen.

Grundsätzlich ist das Feld möglicher Anwenderfehler bei Spritzenpumpen wie dem Perfusor sehr komplex. Die Hersteller der Geräte liefern zwar Gebrauchsanweisungen zur korrekten Inbetriebnahme. Allerdings bezieht sich die Einweisung in der Regel auf die korrekte technische Bedienung. Sicherheitshinweise zur Vermeidung von Fehlern bei der Programmierung der Infusionsrate werden in der Regel nicht angesprochen. Gerade dabei passieren jedoch die schwerwiegendsten Fehler.

1. Die Spritze muss zur Spritzenpumpe passen

Spritzenpumpen unterschiedlicher Hersteller weisen trotz desselben Füllvolumens möglicherweise Abweichungen im Aufbau auf. Insofern ist nicht auszuschließen, dass Medikamente fehlerhaft appliziert werden, sollte eine x-beliebige Infusionsspritze verwendet werden. Damit würde die Sicherheit des Patienten gefährdet! Die Hersteller von Perfusor & Co. müssen deshalb bei der Baumusterprüfung festlegen, welche Spritzen und Zubehörteile für ihr jeweiliges Produkt benutzt werden dürfen. Anderes Zubehör darf nicht eingesetzt werden.

2. Ladezustand der Perfusor-Akkus prüfen

Gerade wenn (längere) Transporte bevorstehen, muss der Notfallsanitäter im Umgang mit einer Spritzenpumpe einige Dinge beachten. Dazu gehören vor allem volle Akkus. Durch die dauernde Ladung können je nach Art der Akkus Probleme auftreten (Stichwort: „Memory-Effekt“). Das bedeutet, die Kapazität der Nickel-Cadmium-Akkus verringert sich drastisch. Es kommt zu einem frühen Spannungsabfall und einer verringerten Nutzung des Perfusors, da dieser eine Mindestspannung benötigt. Deshalb sollten zum Transport neben entsprechenden Kabeln zur Stromversorgung (230 Volt, 12 Volt) auch möglichst immer Ersatzakkus mitgenommen oder die (teureren) Lithium-Ionen-Akkus verwendet werden.

Alles Wichtige zum Umgang mit Perfusoren finden Sie in unserem eDossier „Skills-Training für Notfallsanitäter“. Unter anderem: unterschiedliche Bauformen von Spritzenpumpen; klassische Medikamente für die Perfusor-Anwendung; sicherheitstechnische Aspekte usw.

3. Perfusor-Spritzen luftfrei aufziehen

Die Spritzen sind stets luftfrei aufzuziehen. Insbesondere bei Bewegung der Spritzenpumpe während eines Transports oder beim Umlagern kann es zu einer Verschiebung einer möglicherweise vorhandenen Luftblase in den Spritzenansatz kommen. Somit würde die Luftblase in die Spritzenpumpenleitung wandern. Wenn man bedenkt, dass der Inhalt einer solchen Leitung – je nach Hersteller und Länge – zwischen 0,5 und 3 ml beträgt und eine Laufgeschwindigkeit von 5 ml/h eingestellt wäre, würde dies immerhin einen Wirkstoffausfall von mehr als 15 Minuten bedeuten.

Generell ist ein Lufteintritt in die Blutbahn auch in noch so geringer Menge kritisch. Die Folgen stehen in direktem Zusammenhang mit dem Zustand des Betroffenen, dem Luftvolumen sowie der Geschwindigkeit, mit der die Luftmenge infundiert wird. Klinische Komplikationen können ein vermindertes Herz-Zeit-Volumen, Schock und Tod sein.

4. Probleme beim Wechsel der Perfusor-Spritze

Probleme können auftreten, soll eine Spritze gewechselt werden. Erstens kommt es zu einem Wirkstoffverlust während des Wechsels selbst; zweitens besteht in der Folge die Gefahr der ungewollten Bolusinjektion. Diese kann sowohl beim Konnektieren an die Spritzenpumpenleitung als auch beim Einspannen der Spritze in den Perfusor passieren.

Vermeiden lässt sich dies, indem die Medikamentengabe parallel über zwei Spritzenpumpen erfolgt. So kann in der einen Pumpe das Infusat regelrecht appliziert werden, während in der anderen Spritzenpumpe eine neue Spritze „stand by“ zur Verfügung steht. Löst nun der erste Braun Perfusor einen Voralarm aus, kann über einen zwischengeschalteten Dreiwegehahn komplikationslos die Spritzenpumpe gewechselt werden. Der Ausfall der Wirkstoffe wird auf diese Weise auf ein Minimum reduziert.

5. Gefahr durch unkontrollierte Bolusgabe

Auch die Verstopfung eines venösen Zugangs kann zu einer unkontrollierten Bolusgabe führen. Und zwar, sobald sich die Verstopfung wieder löst. Besonders bei kreislaufwirksamen Medikamenten wie beispielsweise Katecholaminen, Beta-Blockern oder Nitraten kann dies schwerwiegende Folgen für den Patienten nach sich ziehen.

6. Niveauveränderung des Perfusors hat Folgen

Untersuchungen haben gezeigt, dass vertikale Niveauveränderungen einer Spritzenpumpe die Flussrate bereits in klinisch relevantem Ausmaß schwanken lassen. Dies kommt beispielsweise beim Umlagern oder während des Transportes in eine Klinik häufig vor und ist besonders kritisch, wenn hochwirksame Medikamente appliziert werden.

Zurückzuführen sind diese Schwankungen auf Veränderungen des hydrostatischen Drucks innerhalb der Infusion: Senkt man die Spritzenpumpe ab, führt das zum „Pooling“; das Infusat strömt hierbei ins Infusionssystem. Wird die Pumpe hingegen wieder auf das Ausgangsniveau angehoben, entleert sich ein Infusionsbolus.

7. Parallelinfusionen vermeiden

Parallelinfusionen sollten nicht erfolgen. Das heißt, die gleichzeitige Kombination von einer Schwerkraftinfusion und einem Perfusor sind ungünstig. Bei der parallelen Benutzung von maschinell verabreichten Lösungen und frei tropfenden Lösungen kann es bei Verschluss der Infusionsleitung zu Komplikationen kommen. Die freie Infusion wird möglicherweise in die maschinell verabreichte Lösung hochgepumpt, ohne dass ein Alarm erfolgt. Folge: Der Medikamentenwirkstoff in der Spritzenpumpe gelangt nicht mehr in den Patienten, sondern vermischt sich mit der Schwerkraftinfusion.

8. Inkompatibilität

Beim Zusammenführen von Pharmaka in Infusionsleitungen kann es zu Inkompatibilitätsreaktionen mit schwerwiegenden Folgen für den Patienten kommen. Für die Durchführung einer sicheren Therapie müssen Entscheidungen zur Wahl geeigneter Trägerlösungen, der Stabilität des Pharmakons in dieser Trägerlösung und zur Wechselwirkung mit anderen Lösungen im Zugang oder System getroffen werden. Zusätzlich ist ein geeigneter Zugang bzw. bei Mehrlumenkathetern das geeignete Lumen auszuwählen.

9. falsche Programmierung

Zu beachten sind auch eventuelle Medikationsfehler, die auf eine fehlerhafte Anwendung von Spritzenpumpen zurückzuführen sind. An erster Stelle steht hier die falsche Programmierung des Perfusors.

10. Vorsicht bei der Propofol-Dosierung!

Eine bekannte Gefahrenquelle stellen die beiden Zubereitungen Propofol 1% und Propofol 2% dar. Wenn auch die beiden Ampullentypen selbst deutlich farblich gekennzeichnet sind, lässt sich die einmal aufgezogene Lösung nicht mehr voneinander unterscheiden. So kann es ungewollt und unbemerkt zur Verdopplung der Propofol-Dosis kommen.

(Text: Dr. Ingo Blank, Chirurg und Notarzt; Symbolfoto: Markus Brändli; 12.04.2017)[2599]

Praktikum an Lehrrettungswachen

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Praktikum LehrrettungswacheBremen (rd_de) –Die Ausbildung zum Rettungssanitäter umfasst 520 Stunden und beinhaltet auch ein Praktikum an einer Rettungswache. Nicht überall ist vorgeschrieben, dass dieses Praktikum an einer Lehrrettungswache zu erfolgen hat. Doch es ist wünschenswert. Weshalb, lesen Sie hier.

Angehende Rettungssanitäter (RS) kommen an einem Wachenpraktikum nicht vorbei. Mindestens 160 Stunden müssen nachgewiesen werden, davon möglichst die Hälfte an einer Wache mit Notarztdienst. Insgesamt soll der Praktikant Erfahrungen sowohl auf einem Krankentransportwagen (KTW) als auch Rettungswagen (RTW) oder Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) sammeln. Diese Erfahrungen sind wichtig für seine Ausbildung.

Download Praktikum im Rettungsdienst: Die Ausbildung ist zu Ende, der Einsatz kann kommen. Rettungsdienst hat aber viel mit Erfahrung zu tun. Zum Glück gibt’s Tipps, die den Einstieg erleichtern.

Fragen an ein Praktikum im Rettungsdienst:

• Welche Voraussetzungen muss eine Lehrrettungswache erfüllen?
• Wie und wo finde ich einen Praktikumsplatz?
• Wie erkenne ich eine gute Lehrrettungswache?
• Welche Rolle spielt der Lehrrettungsassistent bzw. Praxisanleiter?
• Welche technische und räumliche Ausstattung muss die Wache besitzen?
• Gibt es ein Abschlussgespräch?

Praktikum an einer Lehrrettungswache: die Voraussetzungen

Lehrrettungswachen sind personell und materiell darauf ausgerichtet, Berufsanfängern das erforderliche praktische Wissen zu vermitteln. Von diesen Besonderheiten abgesehen, handelt es sich um „normale“ Rettungswachen, an denen zumindest ein Rettungswagen im 24-Stunden-Betrieb vorgehalten werden muss.

Die Entscheidung, ob sich eine Wache „Lehrrettungswache“ nennen darf, trifft die zuständige Behörde. In manchen Ländern wird die Zulassung zum Beispiel vom Innen- oder Sozialministerium geregelt. In anderen liegt die Zuständigkeit bei den Bezirksregierungen oder Landkreisen bzw. kreisfreien Kommunen. Durch das Notfallsanitätergesetz haben sich die Kriterien für Lehrrettungswachen verschärft.

Praktikumsplatz: Wie und wo finden?

Obwohl ein Praktikum im Rahmen der Ausbildung vorgeschrieben ist, heißt das nicht, dass die ausbildende Rettungsdienstschule oder der entsendende Verband automatisch Praktikumsplätze an Rettungswachen vermittelt. Für angehende Notfallsanitäter ist dies vorgeschrieben, für Rettungssanitäter hingegen nicht. Es spricht insofern für die Lehranstalt, wenn sie dem RS-Schüler Wachen benennt, mit denen sie regelmäßig kooperiert und die bevorzugt Praktikanten dieser Schule aufnehmen. Dadurch dürfte sichergestellt sein, dass die Lehrrettungswache über den Wissensstand des neuen Praktikanten orientiert ist.

In der Regel bekommen die Schüler von der Rettungsdienstschule aber nur eine mehr oder minder umfangreiche Liste mit Adressen von Lehrrettungswachen. Es bleibt dann den Schülern überlassen, sich selbst um einen freien Platz zu kümmern. Ob die Bewerbung um einen Praktikumsplatz an den Kreis- bzw. Ortsverband der Hilfsorganisation oder die Wache geschickt werden muss, ist unterschiedlich geregelt.

Download Krankenhaus-Praktikum: Jeder im Rettungsdienst muss ein Krankenhaus-Praktikum absolvieren. Hier lesen Sie, wie’s ein Erfolg wird.

Praktikum an einer Lehrrettungswache: Wie man eine gute Lehrrettungswache erkennt

Abgesehen von subjektiven Faktoren, nach denen man sich für oder gegen bestimmte Lehrrettungswachen entscheidet (zum Beispiel Nähe zum Heimatort), gibt es auch objektiv wichtige Gründe, auf die jeder achten sollte.

Die „Gemeinsamen Grundsätze der ausbildenden Hilfsorganisationen (ASB, DRK, JUH, MHD) für die Ausbildung von Praktikanten an Lehrrettungswachen“ liefern wichtige Anhaltspunkte. Neben den genannten Organisationen richten sich heute auch viele Rettungsdienste in privater oder kommunaler Trägerschaft nach diesen Empfehlungen.

Ein wichtiges Kriterium stellen die personellen Voraussetzungen dar. So sollte jede Lehrrettungswache über einen Arzt mit Rettungsdiensterfahrung verfügen. Der Arzt muss nicht permanent auf der Wache anwesend sein. Seine Aufgabe ist es vielmehr, für eine einheitliche Lehre auf Grundlage der allgemein anerkannten Ausbildungsvorschriften an der Wache zu sorgen. Dadurch wird sichergestellt, dass dem Praktikanten bestimmte Maßnahmen von mehreren Personen nicht widersprüchlich erklärt werden und er in die Lage versetzt wird, seine Kenntnisse später auch in anderen Rettungsdienstbezirken anzuwenden.

Praktikum an einer Lehrrettungswachen: Technische und räumliche Ausstattung

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Wahl der Lehrrettungswache ist die technische und räumliche Ausstattung. Die Vorhaltung eines, in den öffentlichen Rettungsdienst eingebundenen RTW ist vorgeschrieben. Je Rettungswagen und Schicht sollte nur ein Praktikant eingeplant sein. Werden zusätzlich auch KTW und Notarzteinsatzfahrzeug vorgehalten, erweitert das die Möglichkeiten, praktische Erfahrungen auf verschiedenen Rettungsmitteln zu sammeln.

Download Skills-Training: Die wichtigsten Fertigkeiten (Skills), die Notfallsanitäter kennen und beherrschen müssen.

Von den Fahrzeugen abgesehen, muss ein Raum vorhanden sein, der für Unterrichtszwecke geeignet ist. Er muss eine ausreichende Größe haben, um zum Beispiel auch mit Übungsphantomen zu arbeiten. Ferner sind Unterrichtsmittel vorzuhalten. Hierzu gehören vor allem Geräte, mit denen eine Herz-Lungen-Wiederbelebung für Erwachsene sowie Säuglinge simuliert werden kann. Auch Intubations- und Infusionstrainer sind wünschenswert.

Nachschlagewerke und andere Literaturquellen, beispielsweise digitale Datenbanken oder Internetzugang, sind wichtig. Hierdurch kann sich der Auszubildende in der einsatzfreien Zeit fortbilden und Einsätze nachbereiten. Die „Wachenbibliothek“ sollte die gängigen Lehrbücher und Fachzeitschriften ebenso wie thematische Fachbücher (Anatomie, Physiologie, spezielle Krankheitslehre usw.) umfassen und auf dem aktuellen Stand sein.

Wünschenswert am Ende des Praktikums: das Abschlussgespräch

Bevor das Praktikum beginnt, werden dem Auszubildenden der Ablauf seines Praktikums, Lernziele und besondere Regelungen an der Wache erklärt. Hierzu zählt zum Beispiel das System des Dienstplans.

Am Ende des Praktikums sollte ein Abschlussgespräch stattfinden. Es wird von dem Auszubildenden zum Beispiel mit dem Wach- oder Rettungsdienstleiter geführt. Sinn dieses Gespräches ist es, festzustellen, ob der Praktikant die Ausbildung an der Rettungswache erfolgreich absolviert hat. Eine Prüfung findet nicht statt. Die folgt im Anschluss während des Abschlusslehrgangs (40 Stunden) an der Rettungsdienstschule.

(Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 13.10.2017)[2622]

Rauchgasvergiftung: Symptome und Therapie

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Reanimation_580Bremen (rd_de) – Eine Rauchgasvergiftung ist die häufigste Todesursache bei Wohnhausbränden. Der Brandrauch ist toxisch, und die Zusammensetzung der Rauchgase kann ganz unterschiedlich sein. Sie hängt nicht zuletzt von den verbrannten Gegenständen ab. Kohlenstoffdioxid (CO2) kann bei Zimmerbränden eine Konzentration entwickeln, die innerhalb von einer Minute zum Tod führt. Nicht nur der Feuerwehr sollte das bekannt sein. Kohlenstoffdioxid kann bei Zimmerbränden eine Konzentration entwickeln, die innerhalb von einer Minute zum Tod führt.

Fast täglich erreichen uns Nachrichten, wonach Bewohner von Häusern zum Opfer von Brandrauch geworden sind. Die Ursachen sind sehr verschieden. In allen Fällen aber haben die Betroffenen die im Rauch enthaltenen Atemgifte aufgenommen. Diese Gifte können durch Veränderung der Durchlässigkeit des Lungengewebes zu einem toxischen Lungenödem führen.

Dies muss allerdings nicht zwangsläufig sofort entstehen. Je nach Konzentration der inhalierten toxischen Substanzen kann es auch erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung entstehen. Deswegen wird empfohlen, Patienten mit einer vermuteten Rauchvergiftung für 24 Stunden stationär zu überwachen. Dies gilt selbst dann, wenn zunächst kaum Symptome vorliegen. Zweifellos handelt es sich dabei aber um eine sehr individuelle Entscheidung. Wichtig ist im Falle einer ambulanten Behandlung aber, dass die Patienten eingehend aufgeklärt werden.

Rauchgasvergiftung: Therapie im Rettungsdienst

Die empfohlene Therapie besteht in der Akutphase vor allem in der Inhalation von Sauerstoff. Die früher standardmäßig applizierten kortisonhaltigen Inhalativa wie Auxiloson oder Ventolair verlieren zunehmend an Bedeutung. Der Nutzen scheint nicht eindeutig belegt zu sein. Allerdings schaden sie nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht.

Anders sieht es beim intravenös verabreichten Cortison aus. Davon wird mittlerweile auch bei bestehender Bronchospastik abgeraten. Es hat sich gezeigt, dass das Outcome von Patienten, die Kortisonpräparate bei einer schweren Rauchgasvergiftung erhalten haben, deutlich schlechter war als bei Patienten ohne diese Therapie. Einer der Gründe hierfür liegt in der immunsuppressiven Wirkung von Kortikoiden.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 16.10.2017) [2644]

eDossier DyspnoeWelche Maßnahmen der Rettungsdienst ergreifen muss, sollte er Patienten mit akuter Atemnot antreffen, erfahren Sie in unserem eDossier „Leitsymptom Dyspnoe“, das Sie hier herunterladen können.

Intraossärer Zugang: Die EZ IO im Rettungseinsatz

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Intraossaerer_ZugangBremen (rd_de) – Ein intraossärer Zugang (i.o.) war lange Zeit eine Maßnahme, die in Deutschland nur bei pädiatrischen Notfällen zur Anwendung kam. Mehr als 400 wissenschaftliche Arbeiten haben sich in den letzten Jahrzehnten mit dem i.o.-Zugang beschäftigt. Erst die ERC-Guidelines von 2005 führten dazu, dass sich Notfallmediziner hierzulande stärker für diesen alternativen Zugangsweg zu interessieren begannen. Teilweise dürfen mittlerweile auch Rettungsassistenten den i.o.-Zugang nutzen. Am Beispiel der EZ IO erklären wir die korrekte Handhabung.

Und so wird’s gemacht:

Intraossärer Zugang, hier die EZ IO von Fa. Vidacare.

Intraossärer Zugang, hier die EZ IO von Teleflex.

 

Ertasten der Punktionsstelle an der proximalen Tibia.

Ertasten der Punktionsstelle an der proximalen Tibia.

 

Die Haut wird nach der Desinfektion an der Punktionsstelle durchstochen, bis der Widerstand des Knochens gespürt wird.

Die Haut wird nach der Desinfektion an der Punktionsstelle durchstochen, bis der Widerstand des Knochens gespürt wird.

 

Die EZ IO wird senkrecht nach oben entfernt und zur Seite gelegt.

Die EZ IO wird senkrecht nach oben entfernt und zur Seite gelegt.

 

Der Trokar wird mit 2 - 3 Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn aus der i.o.-Nadel gezogen.

Der Trokar wird mit 2 – 3 Umdrehungen gegen den Uhrzeigersinn aus der i.o.-Nadel gezogen.

 

Aufspülen des Intraossärraums mit 10 ml Kochsalzlösung.

Aufspülen des Intraossärraums mit 5 – 10 ml Kochsalzlösung.

 

Intraossärer Zugang: 10 Tipps für die Praxis

  1. Alle kritisch kranken oder verletzten Patienten, die innerhalb kürzester Zeit Flüssigkeiten und/oder Medikamente benötigen und bei denen das Legen eines peripher-venösen Zugangs sehr zeitaufwendig ist bzw. nicht gelingt, benötigen einen i.o.-Zugang.
  2. Die benötigte Zeit bis zum Erreichen notwendiger Plasmakonzentrationen ist vergleichbar mit einer Medikamentengabe über einen zentralvenösen Katheter. In dieser Hinsicht ist ein intraossärer Zugang dem peripher-venösen Zugang also deutlich überlegen.
  3. Insbesondere im Hinblick auf den i.o.-Zugang wird die Epiphysenfuge häufig als besondere Gefahrenstelle hervorgehoben. Auch wenn nicht bekannt ist, dass es nach einer versehentlichen Punktion dieser Fuge zu Wachstumsstörungen oder Knochendeformierungen gekommen ist, sollte dieser Bereich zur Punktion gemieden werden.
  4. Dislokationen und eine nachfolgende Extravasation können vermieden werden, wenn die Intraossär-Nadel nach der Platzierung umgehend manuell fixiert und direkte Manipulationen an der Nadel unterlassen werden.
  5. Schmerzen entstehen beim i.o.-Zugang kaum. Auf einer Skala von 0 bis 10 wird der Punktionsschmerz bei Patienten (GCS ≥ 13) mit 3,3 bzw. 3,4 angegeben.
  6. Ein intraossärer Zugang darf nicht verwendet werden, wenn der für die Punktion vorgesehene Knochen frakturiert ist. Insbesondere dann, wenn die Fraktur proximal des geplanten Punktionsortes liegt.
  7. Untersuchungen haben gezeigt, dass beispielweise nach Punktion des proximalen Humerus höhere Infusionsraten, eine schnellere Wirksamkeit von Medikamenten und geringere Schmerzen bei der Applikation der Flüssigkeiten oder Medikamente erzielt werden konnten.
  8. Unabhängig, für welchen Punktionsort man sich entscheidet, direkt nach dem Aufsuchen muss der Punktionsort ausreichend desinfiziert werden. Es ist darauf zu achten, dass die Einwirkzeit des Desinfektionsmittels eingehalten wird.
  9. Zuerst durch die Haut stechen, bis der Widerstand des Knochens spürbar ist. Erst jetzt wird bei der EZ IO der Bohrerschalter bedient und die Nadel in den Knochen gedreht. Hierbei ist es wichtig, dass ohne Kraftaufwand gebohrt wird. Die EZ IO allein verrichtet die Arbeit.
  10. Während der Infusionstherapie sollte die Punktionsstelle immer wieder kontrolliert werden. So lassen sich Probleme frühzeitig erkennen und rechtzeitig beheben.

Bericht auf rettungsmagazinTV zur EZ IO:

(Text und Fotos: Thomas Semmel, Notfallsanitäter, Dozent im Rettungsdienst, ERC Educator und ALS-Instruktor; zuletzt aktualisiert: 17.10.2017)[2671]

Alten- und Pflegeheime: So stellt sich der Rettungsdienst auf eine MANV-Lage ein

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Bremen (rd_de) – Kliniken sowie Alten- und Pflegeheime verfügen in der Regel über einen Brandschutzplan, der landläufig auch Feuerwehrplan genannt wird. Es handelt sich dabei um einen Gebäudegrundriss, der unter anderem Angriffswege, Löscheinrichtungen und Gefahrenschwerpunkte zeigt. Für Kräfte des Rettungsdienstes ist dieser Plan nur zum Teil hilfreich. Deshalb müssen sie andere Möglichkeiten suchen, um sich auf große Einsatzlagen in diesen Einrichtungen einzustellen.

Kritische Infrastruktur

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe definiert als Kritische Infrastruktur, „Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden“.

Gefühlt vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein Pflegeheim oder eine Klinik von einem Feuer heimgesucht wird. Ferner sind diese Einrichtungen besonders bei Hochwasserlagen oder von Infektionswellen betroffen. Bei derartigen Einsätzen sind immer wieder auch Tote zu beklagen.

Der Verlauf ist meist deshalb so dramatisch, weil es sich bei den Betroffenen in der Regel um Menschen handelt, die nur eingeschränkt mobil oder gar bettlägerig sind. Sie sind bei Rettungsaktionen daher auf fremde Hilfe angewiesen. Nur mit deren Unterstützung können sie den Gefahrenbereich rechtzeitig verlassen und Sammelräume aufsuchen.

Dasselbe gilt für besonders gesicherte Abteilungen, zum Beispiel Stationen für Forensik. Sie sind zusätzlich gesichert und können nicht so einfach verlassen oder betreten werden. Das heißt, auch diese Bewohner gelangen nur mit fremder Hilfe zu den Notausgängen oder Sammelplätzen.

FeuerwehrplanEvakuierung in Kliniken und Pflegeeinrichtungen: Dieser Trainerguide unterstützt bei der praxistauglichen Alarm- und Einsatzplanung für die Evakuierung von Kliniken und Pflegeeinrichtungen.

Gefährdungsanalyse erstellen

Soll zum Beispiel für ein Alten- oder Pflegeheim ein Einsatzplan erarbeitet werden, der ähnlich einem Feuerwehrplan funktioniert, primär aber für Rettungskräfte gedacht ist, muss zunächst eine Gefährdungsanalyse durchgeführt werden. Nur mit deren Hilfe kann eine verlässliche Bewertung des Objekts vorgenommen werden.

Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse ist durch die jeweilige Alarm- und Einsatzzentrale das Objekt zu beplanen. Der Plan wird für die Alarm- und Ausrückeordnung zugrundegelegt. Sind die Resultate der Begehung und die gewonnenen Erkenntnisse im Alarmplan eingearbeitet, ist dieser nochmals mit allen Beteiligten durchzusprechen, bevor er im Rahmen einer Übung auf seine Effektivität überprüft wird.

Hiermit wird Phase zwei erreicht. Zur Planbesprechung müssen neben den Vertretern der zuständigen Behörden auch die örtlichen Führungskräfte des Brand- und Katastrophenschutzes eingeladen werden.

Auf unangekündigte Übungen sollte in Hinblick auf die Patienten bzw. Bewohner verzichtet werden. Vorab sind der Zeitraum, Umfang und Zweck der Übung bekanntzugeben. Als Patientendarsteller kommen nur Personen der beteiligten Einheiten infrage.

Bevor eine Großübung durchgeführt wird, ist es zweckmäßig, zunächst alle Maßnahmen im kleineren Umfang zu testen. So können die gewonnenen Erkenntnisse in die Vollübung mit aufgenommen werden. Bei der ersten Übung geht es dann nicht darum, wie viel Zeit ein Fahrzeug vom Standort zur Einsatzstelle benötigt. Vielmehr steht die Bewältigung der angenommenen Situation im Fokus.

Klink- und Pflegepersonal aktiv einbeziehen

Bei dieser Übung ist auch das Klink- und Pflegepersonal aktiv mit einzubinden. Die Mitarbeiter kennen die Patienten und sind für sie als Bezugspersonen wichtig. Das Pflegepersonal ist über das Krankheitsbild informiert und weiß zum Beispiel, ob ein Patient an einer ansteckenden Krankheit leidet, speziell gelagert werden muss oder psychische Erkrankungen vorliegen. Darüber hinaus verfügen sie über die erforderliche Ortskenntnis und Zutrittsberechtigungen, um externen Einsatzkräften zu helfen.

Die gesamte Übung muss von Beobachtern begleitet werden. Sie müssen als solche gekennzeichnet und über das Übungsziel informiert sein. Ihnen werden bestimmte Abschnitte zugewiesen, sodass sie gemäß ihrer Kompetenz beispielsweise die Maßnahmen der Brandbekämpfung, Menschenrettung, Kommunikation oder taktische Organisation beurteilen können.

Die Beobachtungen werden anhand eines einheitlichen Schemas dokumentiert, zum Beispiel mit Hilfe eines Bewertungsbogens. So ist gewährleistet, dass die Übungsergebnisse anschließend ausgewertet und verglichen werden können.

Die Übungsleitung kann nicht gleichzeitig die Einsatzleitung übernehmen. Deshalb muss sie räumlich getrennt von der Einsatzleitung untergebracht werden und fortwährend über den Stand und Verlauf der Übung informiert sein. Es obliegt ausschließlich der Leitung, die Übung jederzeit zu unterbrechen oder unter bestimmten Umständen vorzeitig zu beenden. Dies kann der Fall sein, wenn sich für die Beteiligten eine unvorhergesehene Gefährdung ergibt oder außerplanmäßig größere Sachschäden drohen.

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Übung auswerten

Für die Beteiligten ist es wichtig, ein objektives und nachvollziehbares Feedback zu erhalten. Nur so können Fehler erkannt und bei künftigen Einsätzen vermieden werden. Den beteiligten Einsatzkräften sollten bereits bei Übungsende erste Erkenntnisse mitgeteilt werden. Hierbei ist sehr sensibel vorzugehen. So dürfen keine Einzelpersonen öffentlich negativ kritisiert werden.

Stattdessen ist es ratsam, allgemeine Verbesserungspotentiale darzulegen. Dies steigert die Motivation zu weiteren Übungen, da die Teilnehmer sofort Verbesserungsvorschläge bekommen und jeder seine durchgeführten Maßnahmen reflektieren kann. Allen Beteiligten muss zudem die Möglichkeit gegeben werden, ihre Erfahrungen und Erkenntnisse den Beobachtern mitzuteilen.

Wünschenswert ist es, die Übung mit denselben Kräften möglichst gleich im Anschluss noch einmal durchzuführen. So kann jeder Teilnehmer die gewonnenen Erkenntnisse umsetzen und im zweiten Durchgang die alten Fehler vermeiden.

Erkenntnisse in Einsatzpläne übernehmen

Die Erkenntnisse der Übungsbeobachter bilden die Basis für den nächsten Schritt: Die gewonnenen Erkenntnisse müssen zeitnah in den Einsatzplänen aufgenommen werden. Im Abstand von ein bis zwei Jahren sind die Pläne sodann auf ihre Funktionalität und Praktikabilität hin zu überprüfen. Im Rahmen dessen muss auch kontrolliert werden, ob hinterlegte Telefonnummern noch aktuell sind und Dienststellen erreicht werden können.

Die Überprüfung muss nicht immer im Rahmen einer Übung erfolgen. Zum Teil genügt es, wenn einzelne Aspekte wie zum Beispiel die Erreichbarkeit wichtiger Personen anlässlich einer Dienstbesprechung überprüft werden. Auch dadurch werden alle Beteiligten regelmäßig an die Bedeutung des Katastrophenschutzes erinnert und sensibilisiert.

(Text und Foto: Uwe Kippnich, Dozent im Rettungsdienst, Krankenpfleger, OrgL, Örtlicher Einsatzleiter, EU-Team-Leader; 18.10.2017)[2617]

Grand mal-Anfall: Ursachen und Symptome

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Grand mal AnfallBremen (rd_de) – Ist von einem epileptischen Krampfanfall die Rede, wird dieser Begriff häufig unscharf verwendet. Er hält als genereller Sammelbegriff für einen zerebralen Krampfanfall her. Als klassischer Krampfanfall gilt für viele der Grand mal-Anfall.

Typischerweise stellen solche Anfälle meist unwillkürliche „Zuckungen“ oder „Krämpfe“ des gesamten Körpers oder verschiedener Körperregionen dar. Insofern wird hier zwischen generalisierten und fokalen Krampfanfällen unterschieden. Diese werden durch gleichzeitige Erregung vieler verschiedener Nervengruppen im Gehirn, mit daraus resultierenden unwillkürlichen Entäußerungen ausgelöst. Sie können mit und ohne Bewusstseinsverlust einhergehen.

Eine Unterscheidung wird hierbei auch zwischen dem Grand mal-Anfall und dem Petit mal-Anfall getroffen. Die Einteilung der Anfälle kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen; also zum Beispiel tonisch oder klonisch, generalisiert oder fokal.

Grand mal: Phasen des Anfalls

Der so genannte Grand mal-Anfall oder auch tonisch-klonischer Krampfanfall genannt, läuft typischerweise in mehreren Phasen ab. Manche Patienten haben eine gewisse unspezifische Vorahnung, die jedoch meist nicht genauer definiert werden kann und unterschiedlich lange dauert. Mediziner sprechen in solch einem Fall von einer Aura. Eine Aura ist aber nicht zwingend Bestandteil eines zerebralen Krampfanfalles.

Mehr zum Grand mal-Anfall und Status epilepticus in unserem eDossier „Zerebraler Krampfanfall“, das hier heruntergeladen werden kann.

Die nächste Phase geht mit Bewusstlosigkeit und plötzlich eintretenden Versteifungen aller Muskeln einher. Dies ist die tonische Phase des Anfalls, die in der Regel sehr kurz dauert. In dieser Phase kommt es durch die plötzliche Muskelversteifung – kombiniert mit dem Bewusstseinsverlust – häufig zu Stürzen mit teils schweren Begleitverletzungen. Letztere treten auf, da sämtliche Abwehr- oder Abstützreaktionen beim Sturz fehlen. In diesem Teil des Krampfanfalls entsteht auch der typische Zungenbiss. Häufig geben die Patienten einen so genannten „Initialschrei“ von sich.

Anschließend geht der Anfall in die klonische Phase über, die mehrere Minuten dauern kann. Selten hält sie länger als drei Minuten an. Hier entstehen durch die abwechselnde Kontraktion und Entspannung verschiedener Muskelgruppen die typischen Zuckungen.

Da die zur geordneten In- und Exspiration erforderliche Muskulatur ebenfalls dieser unkontrollierbaren Muskelarbeit ausgesetzt ist, erfolgt auch keine suffiziente Atmung. Die Folge ist eine teils ausgeprägte Zyanose. Zusätzlich zeigt sich vielfach ein starkes Speicheln, was sich als „Schaum vor dem Mund“ darstellt.

Im Anschluss daran tritt die postiktale Phase (Erholungsphase) ein. Hier befindet sich der Patient in einem bis zu Stunden dauernden sehr tiefen Schlaf. Bis die volle Orientierung wieder zurückkehrt, dauert es unterschiedlich lange. Diese Erholungsphase ist Ausdruck des enormen Energieverlustes in erster Linie des Gehirns, aber auch der Muskulatur. Neben Kopfschmerzen und Schmerzen aufgrund eines möglichen Zungenbisses leiden die Patienten häufig auch unter einem stark ausgeprägten Muskelkater.

Status epilepticus kann lebensbedrohlich sein

Der Großteil der zerebralen Krampfanfälle klingt von allein ab. Besteht der Anfall jedoch fort oder kommt es in kurzer Zeit zu immer wieder auftretenden Anfällen, liegt ein Status epilepticus vor. Dieser kann durchaus lebensbedrohlich sein und bedarf der umgehenden medikamentösen Therapie.

Neben den teils schweren Sturzverletzungen liegt die potentielle vitale Bedrohung vor allem an dem möglichen Übergreifen der neuronalen Übererregbarkeit auf das Stammhirn. Hier befinden sich das Atem- und das Kreislaufzentrum.

Im klinischen Alltag hat sich eine pragmatische Definition des Status epilepticus durchgesetzt: Mediziner sprechen im Allgemeinen von einem solchen generalisierten tonisch-klonischen Anfallsstatus, wenn er länger als fünf Minuten dauert oder mehrere Sequenzen ohne vollständige Erholung in Folge auftreten. Handelt es sich um einen fokalen Anfall oder eine Abscence, wird ab einer Dauer von 20 bis 30 Minuten von einem Status epilepticus gesprochen.

Epilepsie: Erste-Hilfe-Maßnahmen

Sollte der Patient beim Eintreffen des Rettungsdienstes noch krampfen, ist möglichst schnell ein venöser Zugang zu legen. Durch diese Behandlung kann der Anfall medikamentös durchbrochen werden.

Erfahrungsgemäß gestaltet sich die Venenpunktion jedoch in genau diesen Fällen ausgesprochen schwierig. Deshalb gilt: Sollte die zeitnahe Punktion einer peripheren Vene nicht gelingen, darf auch vor einem intraossären Zugang nicht zurückgeschreckt werden. Über diesen können die antikonvulsiven Medikamente analog der intravenösen Dosierung verabreicht werden.

Allerdings stehen auch weniger invasive Wege der Medikamentenapplikation zur Verfügung. Mittlerweile gut etabliert ist die nasale Applikation zum Beispiel von Midazolam über einen Zerstäuber (Vorsicht, Off Label Use!). Tavor kann sublingual bzw. buccal (in die Wangentasche) verabreicht werden. Insbesondere bei Kindern bietet sich auch die rektale Diazepamgabe über ein Zäpfchen oder eine Rektiole an.

(Text: Dr. Philipp Prause, Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Chirotherapie; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 20.10.2017)[2737]

Unterlassene Hilfeleistung: Strafe fürs Wegschauen

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Bremen (rd_de) – Viele Menschen scheinen keine Erste Hilfe leisten zu wollen, weil sie rechtliche Konsequenzen befürchten. Zu Recht? Unterlassene Hilfeleistung: Strafe droht nur demjenigen, der bewusst wegschaut. Hier die klassischen Argumente von Erste-Hilfe-Muffeln – und was man ihnen erwidern kann.

Inhalt
Unterlassene Hilfeleistung: Wann droht eine Strafe?
Was fällt unter unterlassene Hilfeleistung?
Strafe bei Fahrlässigkeit?

Unterlassene Hilfeleistung: Wann droht eine Strafe?

Unterlassene Hilfeleistung: Strafe droht grundsätzlich jedem, der bei einem Unglücksfall nicht unverzüglich die ihm bestmögliche und seinen Fähigkeiten entsprechende Hilfe leistet. So steht es im Strafgesetzbuch (StGB). Der Laie nennt das unterlassene Hilfeleistung (StGB § 323c, „Pflicht zur Hilfeleistung“). Hiervon befreien einen auch nicht körperliche Einschränkungen, Behinderungen oder Altersgebrechlichkeit. Selbst wenn weitere Maßnahmen dem Helfer zum Beispiel wegen Eigengefährdung nicht möglich sind – einen Notruf abzusetzen bzw. die Unglücksstelle abzusichern, ist jedem zumutbar.

Strafgesetzbuch (StGB), § 323c Unterlassene Hilfeleistung:

„Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft“.

Des Weiteren wird man Maßnahmen wie Blutstillung, stabile Seitenlage und Herz-Lungen-Wiederbelebung von einem gesunden Ersthelfer verlangen dürfen. Das gilt umso mehr, wenn er Führerscheininhaber ist.

Was fällt unter unterlassene Hilfeleistung?

Ausnahmen kennt das Gesetz nur wenige. Hierzu zählen die Eigengefährdung (brennendes Haus, reißendes Gewässer) oder die Verletzung anderer wichtiger Pflichten durch die unmittelbare Hilfeleistung. Wie verhält es sich also mit den klassischen Argumenten, die Erste-Hilfe-Muffel vorbringen?

  • Klassiker: Frau auf einsamer Landstraße. Die Autofahrerin ist allein unterwegs und kommt nachts auf einen Unfall zu. Muss sie helfen, obwohl sie Angst vor einer Sittlichkeitstat hat? Der Fall ist zwar eher konstruiert. Dennoch würde auch hier zumindest immer noch die Pflicht, den Unfallort abzusichern und einen Notruf abzusetzen, bestehen. Spätestens wenn ein weiterer Verkehrsteilnehmer stoppt, wäre ihr dies zuzumuten.
  • Klassiker: Grundschullehrerin ist mit Schulklasse unterwegs. Dies ist ein Beispiel für die „Verletzung anderer wichtiger Pflichten“. Sie dürfte ihre Klasse an einer vierspurigen Schnellstraße nicht unbeaufsichtigt zurücklassen, um einem verunglückten Autofahrer Erste Hilfe zu leisten. Ein wichtiger Geschäftstermin oder der gebuchte Flug zählen hingegen nicht zu den „wichtigen Pflichten“.

Unterlassene Hilfeleistung: Strafe bei Fahrlässigkeit?

Merke: Jeden trifft die Pflicht, zu helfen und die erlernten Maßnahmen einzusetzen. Strafbar macht sich, wer eine Hilfeleistung unterlässt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass einer verletzten oder erkrankten Person keine Hilfe zuteilwird.

Ergreift der Ersthelfer mit der gebotenen Sorgfalt und seinen Fähigkeiten entsprechende Maßnahmen, entfällt eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung. Der Ersthelfer befindet sich in einer akuten Ausnahmesituation und ist kein medizinischer Profi. Insofern trifft ihn nicht einmal dann ein Schuldvorwurf, wenn sich der Gesundheitszustand durch eine falsche Maßnahme wider Erwarten verschlechtert.

  • Klassiker: der auseinanderfallende Schädel nach der Helmabnahme beim Motorradfahrer. Ein solcher Fall ist sehr unwahrscheinlich. Abgesehen davon haben viele Unfallopfer ohne fremde Hilfe oft keine Überlebenschance. Der Ersthelfer wird also auch in diesem Fall nicht belangt. Es gilt die Vermutung, dass der Verletzte, der seinen Willen nicht äußern konnte, jeglichem Versuch der Hilfeleistung in seinem Interesse zugestimmt hätte.
  • Klassiker: die Angst vor einer Sachbeschädigung. Diese Ausrede gehört eher zu den unrühmlichen Begründungen. Das Zerschneiden von Kleidung oder das Einschlagen von Fenstern sind immer im Rahmen des „rechtfertigenden Notstandes“ (Paragraph 34 StGB) zulässig. Bei der Rechtsgüterabwägung überwiegt „Leben und Gesundheit“ im Verhältnis zu einer „Sache“.

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  • Klassiker: der Ersthelfer kann auf Schadenersatz oder gar Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Auch diese Behauptung ist falsch: Nur wenn die Hilfeleistung grob fahrlässig, unsachgemäß durchgeführt wurde, entstünde ein Schadenersatzanspruch. Von einer solchen groben Fahrlässigkeit gehen die Gerichte aber nur dann aus, wenn der Ersthelfer einfachste, jedem einleuchtende Überlegungen bei der Ersten Hilfe nicht anstellt. Hierzu zählt zum Beispiel der Versuch, eine blutende Kopfplatzwunde dadurch zu behandeln, dass eine Abbindung am Hals angelegt wird.
  • Klassiker: „Zum Schluss dankt mir das keiner und ich habe noch meine Kleidung ruiniert.“ Auch das stimmt so nicht. Der Ersthelfer kann den Ersatz seiner Schäden und Aufwendungen vom Unfallopfer verlangen. Im Übrigen gilt aber auch: Wer in der Freizeit, zu Hause oder im Urlaub Erste Hilfe leistet, ist über die gesetzliche Unfallversicherung gegen alle Personen- und Sachschäden versichert. Also auch wer sich bei der Hilfeleistung selbst verletzt, erhält kostenlose Heilbehandlung, Verletztengeld oder sogar Verletztenrente.

Deshalb gilt grundsätzlich: Kein Ersthelfer muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn er seinen Fähigkeiten entsprechend die bestmögliche Hilfe leistet und so handelt, wie er es gelernt hat. Selbst wenn ihm Fehler unterlaufen, besteht kein Risiko.

Rechtlich am gefährlichsten ist eindeutig das „Wegschauen“. Dem Gesetzgeber kommt es gerade darauf an, dass anderen Erste Hilfe geleistet wird. Bestraft wird also das sozialschädliche Verhalten, nicht der unbeabsichtigte Fehler.

(Text: Bernd Spengler, Rettungssanitäter, Rechtsanwalt u.a. mit Schwerpunkt Rettungsdienst, Fachanwalt für Arbeitsrecht, und Johannes Treutlein, Rechtsreferendar, BRK-Mitarbeiter; Symbolfoto: Johanniter-Unfall-Hilfe; zuletzt aktualisiert: 23.10.2017)[2752]


Larynxtubus-Anwendung: Schritt für Schritt erklärt

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Larynxtubus_580Bremen (rd_de) – Die Larynxtubus-Anwendung (LT) hat längst Eingang in den rettungsdienstlichen Alltag gefunden. Der LT hat die notfallmäßige, chirurgische Atemwegssicherung im Rettungsdienst zu einer Ultima-Ratio-Maßnahme gemacht. Eigentlich als Rückfallebene bei schwieriger bzw. unmöglicher endotrachealer Intubation gedacht, wird aber vor allem im Rettungsdienst das Larynxtubus-Set oft auch primär angewandt. So wird der Larynxtubus gerade in Reanimationssituationen häufig noch vor Eintreffen des Notarztes vom Rettungsfachpersonal eingesetzt. In diesen Situationen sollte grundsätzlich ein Larynxtubus mit zusätzlichem Drainagekanal verwendet werden.

(Text: Thomas Semmel, Notfallsanitäter, Dozent im Rettungsdienst, ERC Educator und ALS-Instruktor; Fotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 24.10.2017)[2760]

Und so wird’s gemacht:

1. Larynxtubus-Set: Larynxtuben werden in verschiedenen Größen für Kinder und Erwachsene angeboten.

1. Larynxtubus-Set: Larynxtuben werden in verschiedenen Größen für Kinder und Erwachsene angeboten.

 

3. Vor Einführung des Tubus muss der Cuff entblockt und der Tubus mit Gleitmittel versehen werden.

2. Vor Einführung des Tubus muss der Cuff entblockt und der Tubus mit Gleitmittel versehen werden.

 

 

 

 

4. Mund öffnen und Tubus bis zur mittleren Zahnreihenmarkierung in den Mund-Rachen-Raum einführen.

3. Den Mund idealerweise mit dem so genannten Kreuzgriff öffnen und den Larynxtubus in den Mund-Rachen-Raum bis zur oberen Zahnreihenmarkierung einführen.

5. Mittels Farbcodierung ist das erforderliche Füllvolumen für den Cuff einfach zu applizieren. Hierbei verlagert sich der Tubus nochmals leicht.

4. Den Cuff mittels der farbcodierten Spritze mit dem empfohlenen Volumen füllen. Hierbei verlagert sich der Tubus nochmals leicht. Anschließend mit einem Cuffdruckmesser den Cuffdruck kontrollieren.

5. Tubuslage und anschließende Beatmung mittels Kapnografie überwachen. Zusätzlich kann auch eine Auskultation erfolgen.

 

6. Korrekte Lage des Larynx-Tubus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

NEF-Dienst: Diese Punkte sollten Sie beherrschen

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NEF Kirchheim Vito Allrad 5/82-1 mit Karsten Wallawitz und Georg Stein

Bremen (rd.de) – Die Fahrer von Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) spielen in der Wahrnehmung vielfach eine untergeordnete Rolle. Sie chauffieren den Arzt zum Patienten, nehmen dessen Daten auf und kümmern sich um die Voranmeldung. Ist das alles? Nein! Welche Kompetenzen eine Rettungsfachkraft für den NEF-Dienst besitzen sollte.

  1. Fahrerisches Können: jährliche Einweisung für das Fahren mit Sonder- und Wegerechten. Wünschenswert ist auch ein regelmäßiges Fahrsicherheitstraining.
  2. Ortskenntnis: neben den offiziellen Straßenbezeichnungen müssen auch Abkürzungen, Feldwege, markante Gebäude und Firmen sowie inoffizielle, in der Bevölkerung aber gebräuchliche Ortsbezeichnungen bekannt sein.
  3. Umgang mit Medizinprodukten: Neben den klassischen Geräten wie Defibrillator/EKG und Beatmungsgerät hat ein Notarzteinsatzfahrzeug oft auch spezielle Ausrüstung an Bord, zum Beispiel Reanimationshilfe oder Hilfsmittel für die i.o. Punktion. Alle diese Geräte muss eine Rettungsfachkraft, die auf dem NEF eingesetzt wird, beherrschen.
  4. Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten: für diese Fälle ist eine Führungsgrundausbildung sinnvoll (OrgL). So kann die Zeit bis zum Eintreffen des Einsatzführungsdienstes überbrückt werden. Anschließend bietet sich der „NEF-Fahrer“ für die Führungsunterstützung an.
  5. Klinikstruktur: die nächstgelegenen Stroke- und Chest Pain Units, Kinderkliniken, Schockräume und Kliniken der Maximalversorgung müssen bekannt sein.
  6. Kommunikation: Rücksprache mit der Leitstelle („Erste Meldung“), Nachforderung weiterer Kräfte bzw. Rettungsmittel, zum Beispiel Hubschrauber, Abklärung des Transportziels und Voranmeldung in der Klinik.
  7. Dokumentation: Ausfüllen von Transportscheinen und Notarztprotokollen, aber auch im Rahmen eines MANV-Einsatzes (Stichwort „Übersichtsliste“).
  8. Sozialkompetenz: Als erster Ansprechpartner für den Notarzt und direkter Kollege des RTW-Teams kann er zwischen den beiden Gruppen vermitteln. Dafür sind Menschenkenntnis, Einsatzerfahrung und Fingerspitzengefühl erforderlich.

Merke: Jeder gute Notarzt hat einen guten NEF-Fahrer verdient, jeder schlechte Notarzt hat ihn dringend nötig.

(Text: Dr. Maximilian Kippnich, Bezirksbereitschaftsarzt Bayerisches Rotes Kreuz in Unterfranken; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 25.10.2017)[2777]

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PSNV für Rettungsfachkräfte: eine Todesnachricht überbringen

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Bremen (rd_de) – Der Tod eines jungen Menschen birgt immer eine besondere Tragik in sich. Notärzte, Rettungsfachkräfte und Mitarbeiter von PSNV-Teams müssen deshalb wissen, wie sie eine Todesnachricht überbringen, wenn ein Kind verstorben ist. Was es zu berücksichtigen und vermeiden gilt, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

Der Tod eines jungen Menschen hinterlässt die Hinterbliebenen, aber auch die Helfer hilflos und oft sprachlos. Kommt die Nachricht, dass das eigene Kind von einem Unfall oder einem „Großschadensereignis“ betroffen sein könnte, konzentrieren sich die Familien meist auf wenige wichtige Fragen:

•    Lebt mein Kind?
•    Ist es verletzt und wenn ja, wie schwer?

Die Angehörigen brauchen dann möglichst rasch genaue, sachliche Informationen über das Geschehen. Wer eine Todesnachricht überbringen muss, sollte die Information so schnell und deutlich wie möglich mitteilen.

Hinterbliebene sind auch unter Schock in der Regel klar im Denken und Aufnehmen. Sie wissen, was sie wollen, und spüren instinktiv, wie viel sie verkraften können. In dieser ohnehin traumatischen Situation wird ihre Hilflosigkeit verstärkt, wenn wohlmeinende Helfer sie entmündigen und ihnen vorschreiben, was zu tun ist oder wie sie sich zu verhalten haben.

Die meisten Eltern haben zunächst nur einen Wunsch: das Kind so schnell wie möglich zu sehen, es vielleicht in den Arm zu nehmen, einfach bei ihm zu sein. Diese Möglichkeit sollte jeder Hinterbliebene sobald als möglich haben, auch wenn der Verstorbene schwer verletzt ist. Es gibt hier nur wenige Ausnahmen, zum Beispiel Brandopfer.

Genauso ist zu respektieren, wenn die Angehörigen es sich nicht zutrauen, den Toten nochmals anzuschauen. Der Begleitende kann Hilfsangebote machen. Beispiel: „Ich begleite Sie, damit Sie nicht alleine sind.“ Er sollte aber keinesfalls einen klar geäußerten Wunsch beeinflussen.

Die meisten wissen, dass es keine lindernden Worte für Eltern gibt, deren Kind gerade gestorben ist. Trotzdem kann das Verlangen, etwas Tröstliches sagen zu wollen, übermächtig werden, schon allein um das schreckliche Schweigen zu brechen. Doch in der akuten Situation gibt es keine Worte des Trostes, die gut tun. Sie helfen lediglich dem Begleiter in seiner eigenen Hilflosigkeit.

Todesnachricht überbringen – das ist zu berücksichtigen:

•    Informieren Sie die Angehörigen so schnell wie möglich.
•    Sprechen Sie klar und deutlich. Wiederholen Sie die Information, falls notwendig. Versuchen Sie, behutsam Blickkontakt herzustellen.
•    Sagen Sie die Wahrheit, auch wenn sie schwer ist und es Ihnen schwerfällt.
•    Nennen Sie den Verstorbenen beim Namen, denn er ist als Person präsent.
•    Geben Sie den Hinterbliebenen die Möglichkeit, den Verstorbenen anzusehen.
•    Versuchen Sie genau hinzuhören und zu spüren, was die Trauernden/Traumatisierten brauchen und wollen.
•    Denken Sie an praktische Hilfsangebote, delegieren Sie wenn möglich.
•    Vergessen Sie nie, die Geschwisterkinder mit zu betreuen.
•    Achten Sie die Grenzen der Betroffenen.
•    Achten Sie auf Ihre eigenen Grenzen und holen Sie sich Hilfe, wenn Sie diese brauchen.

Todesnachricht überbringen – das ist zu vermeiden:

•    Vermeiden Sie leere Worte und falsche Tröstungsversuche.
•    Bestimmen Sie nicht, was für die Trauernden/Traumatisierten gut ist, denn Sie wissen es nicht.
•    Vermeiden Sie das Wort „müssen“.
•    Vermeiden Sie jede Form von Schuldzuweisung.
•    Urteilen Sie nie über Reaktionen oder Verhaltensweisen der Hinterbliebenen.
•    Verfallen Sie nicht aus Hilflosigkeit in Aktionismus.
•    Überlassen Sie die Angehörigen nach der traumatischen Situation nicht sich selbst, sondern sorgen Sie für ein stabilisierendes Umfeld.
•    Lassen Sie nicht bei Betroffenen das Gefühl entstehen, abgeschoben und abgewiesen zu werden.
•    Vermeiden Sie scheinbare Hektik, schauen Sie nicht auf die Uhr.
•    Vermeiden Sie eine allzu starke Identifikation mit den Hinterbliebenen, indem Sie Ihre Aufgabe abschließen.

Text: Hanne Shah, 1. Vorsitzende des Arbeitskreises trauernde Eltern und Geschwister in Baden-Württemberg (ATEG-BW ist Regionalstelle von VEID/Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland); Beate Bahnert, Pressesprecherin des Bundesverbandes Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland; Symbolfoto: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 30.10.2017 [2831]

Überregionaler Stromausfall: Die Folgen für den Rettungsdienst

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shooting füer RettMag Thema StromausfallBremen (rd_de) – Was wäre, wenn in ganz Norddeutschland für 18 Stunden der Strom ausfiele? Vor welchen Herausforderungen stünden Einsatzleitung und Rettungsfachpersonal in einer solchen Situation? Anhand eines fiktiven Beispiels zeigen wir die möglichen Folgen eines Stromausfalls für den Rettungsdienst.

Plötzlich war ganz Norddeutschland nachts ohne Elektrizität. In Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen brach das Stromversorgungsnetz zusammen.

Der Ausfall der Stromverbindung in den nördlichen Bundesländern überlastete die von Westen und Osten kommenden Versorgungstrassen. Die Folge war ein Dominoeffekt, der die Stromversorgung in Norddeutschland zum Kollabieren brachte.

Manchem mag dieses Szenario wie aus einem Science-Fiction-Roman vorkommen. Tatsache ist aber, dass alle elf Jahre die Sonne eine erhöhte Aktivität zeigt. Astronomen erkennen diese Aktivitäten an der Zahl der Sonnenflecken.

Und einen großflächigen Blackout durch einen Sonnensturm hat es schon einmal gegeben: Am 13. März 1989 brach das Netz eines regionalen Stromversorgers in der Provinz Quebec (Kanada) zusammen. Binnen 90 Sekunden saßen sechs Millionen Menschen im Dunkeln – für neun Stunden.

Der durch die Teilchenstrahlung erzeugte Magnetsturm koppelte sich in die langen Überlandleitungen ein; die Verteilerstationen und Transformatoren brachen daraufhin unter der Fremdlast zusammen.

Blackout – Morgen ist es zu spät (Hörbuch): An einem kalten Februartag brechen in Europa alle Stromnetze zusammen. Der spannende Roman von Marc Elsberg als Hörbuch (MP3-CD).

Rettung im Licht von Pupillenleuchten

Im fiktiven Beispiel neigt sich die Nachtschicht auf der Rettungswache langsam dem Ende zu. Auch hier haben die Einsatzkräfte den Stromausfall registriert. Kurz danach geht um 05.30 Uhr der Piepser los.

Im fahlen Licht der Fluchtwegebeleuchtung macht sich das Rettungsteam auf den Weg zum Einsatzfahrzeug. Der Funk ist stark gestört. Minuten brauchen die Rettungsassistenten, um mit der Notkurbel das schwere Rolltor hochzuziehen. Geprobt wurde so etwas noch nie.

Auf dem Weg zur Einsatzstelle sind die Straßen leer und dunkel. Alle Ampeln sind ausgefallen. Eintreffen am Einsatzort; der Notarzt ist schon da. Auch hier: Alles ist stockdunkel. Das Rettungsteam nimmt Handscheinwerfer aus den Fahrzeugen mit. Die Finsternis macht der Patientin Angst und verstärkt ihre Atemprobleme.

Eine Versorgung quasi im Lichtkegel von Pupillenleuchten hat keinen Zweck. Nachbarn leuchten deshalb mit Taschenlampen den Weg aus, als die Frau durch das Treppenhaus zum RTW getragen wird.

Züge bleiben stehen

Es ist mittlerweile 06.45 Uhr: der Berufsverkehr hat eingesetzt. Obwohl die wenigsten Menschen an ihrem Arbeitsplatz ohne Strom viel ausrichten können, versuchen unzählige an ihre Arbeitsplätze zu gelangen. Wer kann, macht sich im Auto auf den Weg. Schnell sind die Straßen verstopft. Es kommt zu zahlreichen kleineren Unfällen.

Übung mit THW, Feuerwehr, DRK auf dem Truppenübungsplatz bei Stetten am kalten Markt. Julian Bauder

Käme es zu einem langandauernden, umfangreichen Stromausfall, wären auch die Betreuungseinheiten der Hilfsorganisationen gefordert.

Ein Nachtzug und drei Regionalzüge sind beim Stromausfall auf freier Strecke stehengeblieben. Die Züge müssen von Einsatzkräften evakuiert werden. Immerhin sind die U-Bahnen in vielen Städten so abgesichert, dass sie noch den nächsten Haltepunkt erreichen.

„3-83-1, fahren Sie mal Hinkebeinstraße 19. Meldung kam über ein paar Ecken, unklarer internistischer Notfall.“ Am Einsatzort steht eine Altenpflegerin mit einem Beatmungsbeutel in der Hand neben einem privat gepflegten Tracheostoma-Patienten. Der Akku des Beatmungsgeräts ist leer. Der Mann muss dringend in einer Klinik weiter beatmet werden.

Auch die KTW-Besatzungen haben alle Hände voll zu tun. Sie wollen die vorbestellten Fahrten abarbeiten, stoßen allenthalben auf Probleme. Die Krankenhäuser berichten über volle Ambulanzen, Arztpraxen können nur manuelle Untersuchungen durchführen. Eine Dialysepraxis nimmt wegen des Stromausfalls derzeit keine Patienten auf. Eine KTW-Besatzung muss deshalb ihre Patientin unverrichteter Dinge wieder ins Pflegeheim zurückbringen.

Dialyse fällt heute aus

Der Oberbürgermeister stellt aufgrund der Lage um kurz nach 08.00 Uhr den Katastrophenfall fest. Damit kann nun im großen Umfang Unterstützung des Technischen Hilfswerks (THW) und der Bundeswehr angefordert werden.

Der Krisenstab bittet das THW, besonders zu schützende Einrichtungen mit Notstrom zu versorgen. Welche Einrichtungen das sind, bestimmt der Notfallplan.

Nachdem die Energieversorger nur wenig Hoffnung machen, die Stromversorgung in den nächsten Stunden wieder herstellen zu können, rückt die Frage nach der Sicherstellung der Treibstoffversorgung in den Mittelpunkt der Bemühungen. Bundesweit gab es 2008 gerade einmal 15 öffentliche Tankstellen mit eigenem Notstromaggregat.

Um für die zu treffenden Maßnahmen Zeit zu gewinnen, werden alle Rettungs- und Krankenwagen angewiesen, nach Übergabe von Patienten am Zielort Standwache zu beziehen. So sollen unnütze Leerfahrten vermieden werden.

Die Stadtverwaltung möchte derweil am Güterbahnhof vier Zapfsäulen notstromfähig machen lassen. Die Zapfsäulen sollen ausschließlich Einsatzfahrzeugen zur Verfügung stehen. Für das Vorhaben soll eine Elektrikerfirma beauftragt werden. Wegen Problemenmit der telefonischen Erreichbarkeit suchen Mitarbeiter des Ordnungsamtes schließlich das Unternehmen gegen 08.30 Uhr persönlich auf.

An der Tankstelle am Güterbahnhof stellt eine DRK-Bereitschaft das Aggregat ihres Lichtmastfahrzeugs bereit. Die Elektriker sollen nun einen provisorischen Stromeinspeisepunkt und eine Erdung herstellen, damit die Zapfsäulen sicher in Betrieb gehen können.

Rettungswagen im Verlegungsstress

In der Zwischenzeit melden sich zwei Pflegeheime fast zeitgleich in der Leitstelle und bitten dringend um Hilfe: Die unterbrechungsfreien Stromversorgungen der Pflegestationen sind aufgebraucht. Auch hier gibt es beatmete Pflegepatienten.

shooting füer RettMag Thema Stromausfall

Das Öffnen eines elektrischen Garagentors von Hand dürften die wenigsten Einsatzkräfte geübt haben.

Um nicht weitere Rettungswagen mit Beatmungspatienten zu blockieren, sollen pneumatische Beatmungsgeräte aus Katastrophenschutzbeständen eingesetzt werden. So will man die Zeit überbrückt, bis die Patienten nach und nach in Krankenhäuser verlegt werden können. Der Plan schlägt allerdings fehl, weil die Pflegepatienten assistiert beatmet werden sollen. Es hilft nichts: Der Rettungsdienst muss die Beatmungsfahrten sofort durchführen.

Im Beispielszenario scheint sich gegen 10.00 Uhr die Lage zu beruhigen. Immer weniger Notrufe erreichen die Leitstelle. Der Grund für die scheinbare Entspannung liegt allerdings darin, dass inzwischen das Mobilfunknetz weitgehend ausgefallen ist.

Die Netzknoten sind mit Notstromdieseln zwar für bis zu einer Woche gegen Stromausfall gesichert. Die gewöhnlichen Mobilfunkmasten halten bei Stromausfall den Betrieb mit Akkus aber nur für sechs bis 18 Stunden aufrecht. Durch die hohe Netzlast sind die Akkus an den Sendemasten der Mobilfunknetze schnell aufgebraucht.

Notrufproblem erzeugt Fehlfahrten

Immerhin: Das Telefon-Festnetz, ISDN und sogar Internet-DSL sind noch betriebsbereit. Das Telefonnetz kann für mehrere Tage per Notstrom aufrechterhalten werden. Ein Problem ist aber, dass die wenigsten privat genutzten Telefone über einen Akku zur Überbrückung eines Netzstromausfalls verfügen. Die Leuchten an NTBA und DSL-Splitter signalisieren also unverdrossen Betriebsbereitschaft. Das DSL-Modem benötigt aber eine externe Versorgungsspannung, die beim Stromausfall fehlt.

Das Internet könnten Notebook-Nutzer mit eingebautem Analogmodem und vollem Akku noch nutzen – vorausgesetzt, sie haben die Zugangsnummer eines Internet-by-call-Anbieters zur Hand.

Einen Notruf abzusetzen, ist in dieser Situation also schwierig. Viele Betroffene wenden sich daher hilfesuchend an Krankenhäuser, Rettungswachen, Feuerwehrhäuser und Polizeistationen. Sogar Taxistände werden aufgesucht, um Notfälle zu melden.

Telefonverbindungen zwischen Feuer- und Rettungsleitstellen sowie der Polizei – in manchen Städten auch zu Krankenhäusern – sind ausfallsicher. Vorausschauend wurden sie in einem separaten analogen Schalttelefonnetz zusammengeschlossen. Strenggenommen ein Relikt aus den Zeiten des Kalten Krieges. Heute fallen sie deshalb nicht selten den aktuellen Leitstellenmodernisierungen zum Opfer.

Kein Digitalfunk mehr in Niedersachsen

Das Notrufproblem sorgt für Unruhe in der Bevölkerung. Viele müssen feststellen, dass sie sich auf den Notruf 112 nicht mehr wie gewohnt verlassen können. Folge: Der Rettungsdienst registriert einen deutlichen Anstieg von Fehlfahrten, weil die Patienten zwischenzeitlich mit anderen Transportmitteln ins Krankenhaus gebracht wurden.

Stromausfall_Rettungsdienst_Global Blackout_Krisenmanagement

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Derweil kann der digitale Einsatzfunk in Bremen und Niedersachsen nicht mehr genutzt werden. Die Funkzellen des digitalen BOS-Funks sind in den beiden Bundesländern nur mit zwei Stunden Akku-Überbrückung versehen.

Zwar schlossen die Länder Kooperationsverträge mit dem THW, um sich für solche Situationen zu schützen. Allerdings können die Versorgungsaggregate nach DIN 14 685 derzeit noch nicht an die Basisstationen angeschlossen werden. Nur in Hamburg kann noch digital gefunkt werden, weil dort viele TETRA-Basisstationen mit festen Notstromaggregaten ausgestattet worden sind.

In Niedersachsen wurden fünf von 430 TETRA-Basisstationen zwar mit Wasserstoff-Notstromeinrichtungen ausgerüstet, die wenigstens 48 Stunden Strom liefern sollen. Doch die Kapazitäten sind zu schwach, um den Digitalfunk in dieser Situation zu „retten“.

Treibstofflogistik organisieren

Der Krisenstab entscheidet daher, zwei analoge BOS-Relaisstationen mit externem Notstrom zu versorgen. Hier sind die Einspeisepunkte und Erdungsmöglichkeiten der Anlagen genau bekannt. Zwei mobile Stromerzeuger werden vom DRK bereitgestellt.

Die Frage nach der Treibstofflogistik wird drängender. Auch das Technische Hilfswerk weist auf dieses Problem hin, kann materiell aber nicht weiterhelfen. Die THW-Stützpunkte bevorraten nämlich keine Gefahrstoffe, also auch kein Benzin für solche Schadenslagen. Die ersten Notstromaggregate sind in Betrieb, ihre Laufzeiten hängen von der entnommenen Stromlast ab. Genau Angaben, wann welches Stromaggregat leerläuft, gibt es nicht.

Stromausfall_Rettungsdienst_Global Blackout_Krisenmanagement_III

Versorgungszüge sind darauf eingestellt, binnen kurzer Zeit eine größere Zahl von Personen mit Essen und Trinken zu versorgen.

Im hier geschilderten fiktiven Szenario geht die Tankstelle für Einsatzfahrzeuge gegen 12.00 Uhr in Betrieb. Die Leitstelle beordert die Rettungsmittel in kleinen Gruppen zur Tankstelle, weil sich sonst ein großer Stau bilden würde.

Die Stadtwerke melden gegen 14.00 Uhr einen verminderten Wasserdruck im Stadtgebiet. In der Regel sind die Grundwasserpumpstationen mit einer Notstromversorgung gekoppelt, die eine Wasserversorgung für Zeiträume zwischen zwölf und 24 Stunden gewährleistet. In Hochhäusern oder Hanglagen werden die Druckerhöher jedoch nicht mit Notstrom abgedeckt. Fließendes Wasser gibt es in Städten deshalb vermutlich nur noch bis zum dritten Obergeschoss.

Auch die Feuerwehr muss sich auf den geringeren Druck einstellen. Die Hydranten werden weniger Wasser liefern als üblich. Gleichzeitig steigt die Zahl von Bränden. So endet der Versuch einer Frau, einen alten Campingkocher in Betrieb zu nehmen, mit einer Verpuffung. In den Abendstunden verursachen unbeaufsichtigte Kerzen zahlreiche Zimmerbrände. Darüber hinaus erleiden diverse Personen Kohlenmonoxid- Vergiftungen, weil sie unwissend Holzkohlegrills im Wohnzimmer angezündet hatten.

Hilfsorganisationen haben mittlerweile an diversen Stellen in der Stadt Feldküchen aufgebaut. Hier gibt es kostenlos Tee und eine warme Mahlzeit für die Bevölkerung. Langsam bekommt man die Lage in den Griff. Die Maßnahmen greifen, das Chaos lichtet sich. Und gegen 22.00 Uhr gehen tatsächlich in den ersten Bezirken die Lichter wieder an. Der Alptraum geht zu Ende.

(Text: Mario Gongolsky, Rettungsassistent, OrgL, Absolvent der Weiterbildung „Management in Hilfeleistungsunternehmen“; Fotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 06.11.2017)[2899]

Berufseinstieg: 20 Tipps damit es klappt (Tipps 1 bis 5)

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Malteser NT auf dem Festplatz OberboihingenBremen (rd_de) – Rettungsdienst hat viel mit Routine und Erfahrung zu tun. Neulingen mangelt es hieran zwangsläufig. Wir haben 20 Tipps zusammengestellt, die den Einstieg in den Berufsalltag erleichtern werden. In diesem Beitrag geht es beispielsweise um die Kommunikation im Rettungsdienst und die Zusammenarbeit mit dem Notarzt. Hier die ersten 5 von 20 Tipps.

Tipp 1: Den Rettungswagen richtig abstellen

Auch nach dem Erreichen der Einsatzstelle ist Sicherheit – wie schon auf der Anfahrt – das höchste Gebot. Ein oftmals vernachlässigter Aspekt ist dabei die korrekte Parkstellung des Rettungswagens.

Um die Einsatzstelle als solche zu markieren, sollte neben dem schon bei der Anfahrt eingeschalteten Abblendlicht und der Warnblinkanlage grundsätzlich das blaue Blinklicht und – wenn vorhanden – die Umfeldbeleuchtung genutzt werden. Dies hat zweierlei Gründe: Zum einen werden vorbeifahrende Fahrzeugführer daran erinnert, ausreichend Sicherheitsabstand zu halten. Zum anderen ist die Einsatzstelle für nachrückende Rettungsmittel wie Notarzt- Einsatzfahrzeug oder Rettungshubschrauber schon von weitem bzw. aus der Luft erkennbar.

Die Einsatzstelle sollte zudem möglichst „überfahren“ werden. Das bedeutet, dass nicht unmittelbar vor einem Wohnhaus gehalten werden soll, sondern fünf bis zehn Meter weiter. So kann die Patientenfahrtrage direkt im Eingangsbereich vorbereitet werden, ohne sich selbst im Weg zu stehen.

Handelt es sich um einen Verkehrsunfall, muss individuell entschieden werden, wo der Rettungswagen zum Halten kommen soll. Entweder, der Fahrer stellt seinen RTW vor der Unfallstelle ab, um diese vor dem noch laufenden Verkehr zu schützen. Oder er überfährt, wie oben beschrieben, die Einsatzstelle, um in einem sichereren Bereich arbeiten zu können.

Rettungsdienst - Notarzt

Abgestellte Rettungswagen an der Einsatzstelle.

Ist die Feuerwehr zwecks technischer Hilfeleistung ebenfalls erforderlich, daran denken, dass zum Beispiel ein Rüstwagen relativ dicht an die unmittelbare Unfallstelle platziert werden muss. Zuvor eingetroffene Rettungsfahrzeuge können da leicht zu Hindernissen werden. Zum Teil gibt es regionale Absprachen zwischen den Fachdiensten, wie geparkt werden sollte.

Prinzipiell ist es ratsam, Rettungswagen in einer schrägen Parkposition abzustellen. Gerade bei einem Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten (MANV) oder bei der Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Polizei, ist das wichtig. So können die Rettungsfahrzeuge problemlos abrücken, und das Ein- bzw. Ausladen beispielsweise der Trage wird ebenfalls nicht behindert.

Tipp 2: Notarzt – ja oder nein?

Wird ein RTW-Team ohne Notarzt zu einem Notfall geschickt, gilt es, vor Ort möglichst zügig herauszufinden, ob nicht doch ein Arzt erforderlich ist.

Um in allen Situationen und auch unter Stress richtig entscheiden zu können, empfiehlt es sich, nach Algorithmus vorzugehen. Auch wenn es anfangs ungewohnt sein mag, immer dieselben Fragen zu stellen und dieselben Arbeitsschritte durchzuführen, ist es wichtig, konsequent vorzugehen.

Am verbreitetsten dürfte das ABCDE-Schema sein. Egal, ob Unterschenkelfraktur oder Herzinfarkt, Hyperventilation oder Schlaganfall – immer gilt es abzuklären: Sind die Atemwege frei? Ist die Atmung suffizient? Wie ist die Kreislaufsituation? Zeigt der Patient neurologische Ausfälle und wie ist der Blutzucker? Liegen Begleitverletzungen vor und wie sind die äußeren Umstände der Verletzung bzw. der Erkrankung? Außerdem gilt es, die Schmerzsituation zu beachten.

Ist ein Organsystem gestört, mit Komplikationen zu rechnen oder ist die Situation nur mit erweiterten medizinischen Maßnahmen zu beherrschen, muss ein Notarzt nachalarmiert werden. Auch wenn sich ein Patient dazu entscheidet, den Transport zu verweigern, sollte ein Notarzt hinzugezogen werden.

Prinzipiell gilt: Wer im Zweifel ist, ob ein Notarzt benötigt wird oder nicht, sollte ihn nachfordern.   

Tipp 3: An den Eigenschutz denken!

Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) dient der Einsatzkraft als Schutz vor diversen Gefahren unterschiedlichster Art. Angefangen bei der Kontamination mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten bis zu herabstürzenden Gegenständen, kann die PSA wortwörtlich lebensrettend sein.

Standard bei jedem Einsatz sind S3- Sicherheitsschuhe zusammen mit einer Einsatzhose mit Reflexstreifen und einem T-Shirt bzw. Poloshirt oder einem Hemd. Letztere sollten grundsätzlich in der Hose getragen werden, um einem Hängenbleiben vorzubeugen.

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Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) dient der Einsatzkraft als Schutz vor diversen Gefahren unterschiedlichster Art. Foto: Maximilian Kippnich

Konsequent sollten möglichst schon auf der Anfahrt Einmalhandschuhe angezogen werden. Diese sind während der gesamten Einsatzdauer zu tragen bzw. gegen neue auszutauschen. Bei einigen Meldebildern kann es indiziert sein, ein zweites Paar überzuziehen. Eine Ausnahme stellt der Fahrer dar. Er sollte während der Fahrt noch keine Einmalhandschuhe tragen oder diese mit Erreichen des Zielortes gegen ein neues Paar austauschen. Die Gefahr, dass die Handschuhe während des Fahrens Schaden nehmen und dadurch ihre Schutzwirkung einbüßen, ist groß.

Erweitert wird die PSA bei schlechtem Wetter, bei Einsätzen im Straßenverkehr sowie bei der technischen Rettung um eine genormte Einsatzjacke. Bei Bränden, Verkehrsunfällen oder der Rettung aus einem Gefahrenbereich muss die PSA um einen Helm ergänzt werden. Auch schwerere „TH-Handschuhe“ können beim Umgang mit Schaufeltrage, Spineboard und Tragestuhl im engen Treppenhaus hilfreich sein.

In angloamerikanischen Rettungsdiensten ist es bereits vorgeschrieben, Schutzbrille und Mundschutz bei invasiven Maßnahmen wie Intubation, Legen einer Thoraxdrainage oder einer großlumigen i.v.-Kanüle anzuziehen. Besteht die Gefahr, mit Körperflüssigkeiten des Patienten in Kontakt zu kommen, sollte daran gedacht werden.

Tipp 4: Was mitgenommen werden sollte

Das Meldebild der Leitstelle kann stark von der tatsächlich Situationen abweichen, auf welche die Rettungskräfte vor Ort treffen. Aus diesem Grund ist es schwer vorherzusagen, welche Geräte und welche Ausrüstung bei der Versorgung des Notfallpatienten benötigt werden.

Mit Notfallrucksack, EKG/Defi, Beatmungsgerät sowie Absaugpumpe lassen sich in der Regel alle Szenarien beherrschen. Deshalb sollte diese Ausrüstung standardmäßig mit zum Notfallpatienten genommen werden.

Eine wichtige Ausnahme stellen Kindernotfälle dar. Taucht bei der Meldung ein Hinweis auf ein beteiligtes Kind oder einen Jugendlichen auf, ist das erwähnte Set um den Kindernotfallkoffer zu ergänzen.

Zusätzliche Spezialausrüstung wird oft auf Notarzt-Einsatzfahrzeugen mitgeführt. Vom NEF-Fahrer muss daher auf der Anfahrt überlegt werden, ob bestimmte Ausrüstungsgegenstände benötigt werden könnten. Ist eine Reanimation zu erwarten, wäre dies zum Beispiel eine automatisierte Thoraxkompressions- Hilfe.

Bei traumatologischen Notfällen bzw. Einsatzstellen in größerer Entfernung empfiehlt es sich, Spineboard mit Zervikalstütze, Notfallrucksack, Absaugpumpe und Sauerstoffeinheit mit Beatmungsgerät auf die Fahrtrage zu legen und das gesamte Equipment zum Patienten mitzunehmen. Das spart Kraft und Zeit.

Tipp 5: Kommunikation im Rettungsdienst ist das A und O

Der Team-Gedanke sollte bei einer RTW-Besatzung einen hohen Stellenwert haben. Um im Einsatz als Einheit zu funktionieren, ist Kommunikation das A und O. Alle sollten zu jedem Zeitpunkt auf demselben Informationsstand sein und wissen, was die anderen im Team gerade machen.

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Um im Einsatz als Einheit zu funktionieren, ist Kommunikation das A und O. Foto: Markus Brändli

Umso mehr Rettungskräfte an der Patientenversorgung beteiligt sind, desto schwieriger wird dies. Deshalb ist es von größter Bedeutung, jeden Arbeitsschritt und jede Information klar an alle Teammitglieder weiterzugeben.

Das kann wie folgt aussehen: Der Rettungsassistent überträgt dem Rettungssanitäter die Aufgabe, ein 12-Kanal-EKG anzulegen. Erst wenn alle Elektroden angebracht sind, ein EKG von guter Qualität angezeigt wird, der QRS-Ton eingeschaltet ist und ein Rhythmusstreifen ausgedruckt wurde, meldet der Rettungssanitäter Vollzug: „Das 12-Kanal- EKG ist ohne Probleme angelegt, hier der Rhythmusstreifen.“

Aus diesem recht einfachen Satz kann der Rettungsassistent mehrere Schlüsse ziehen. Der Prozess ist abgeschlossen; es gab keine Schwierigkeiten. Der Rettungssanitäter ist bereit für seine nächste Aufgabe.

Auch wenn ein Notarzt hinzukommt, sollte so verfahren werden. Laut und deutlich sollte der Arzt zum Beispiel seine Verdachtsdiagnose dem Team mitteilen. Nur so können Rettungsassistent und -sanitäter mitdenken und die weiteren Schritte angehen.

Zusammengefasst: Es müssen immer klare Aufträge formuliert werden und diese dem Durchführenden mitgeteilt werden. Dieser bestätigt den Auftrag und gibt Rückmeldung, sobald er seinen Auftrag erfüllt hat.

(Text: Dr. Maximilian Kippnich, Bereitschaftsarzt und Zugführer im Bayerischen Roten Kreuz; Symbolfotos: Markus Brändli; zuletzt aktualisiert: 08.05.2017) [2954]

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